Wenn man die eigenen Eltern nie erreichen kann

Ich wohne nicht mehr zu Hause und meine Eltern leben etwa 50 Kilometer von mir entfernt. Es hat sich mittlerweile so eingebürgert, dass nur ich sie besuche, weil sie einfach nicht so die Leute sind, die mal auf einen Kaffee bei mir vorbeikommen würden. Das ist auch in Ordnung. Ich habe derzeit sowieso eine nicht funktionierende Waschmaschine und bin ganz froh darum, wenn ich direkt meine Wäsche mitbringen kann.

Unter der Woche sind diese Besuche aber sehr schwierig und deshalb beschränken sie sich auf den Samstag oder den Sonntag. Jetzt ist es aber ständig so, dass ich gerne zu Hause anrufen und mich anmelden würde, dass meine Eltern aber nie erreichbar sind. Sie haben vor zwei Jahren ihr Festnetztelefon angemeldet, weil sie das angeblich nicht mehr gebraucht haben. Beide haben zwar ein Handy, aber das ist so gut wie immer ausgeschalten. Jetzt wollte ich schon gestern Abend anrufen um zu sagen, dass ich heute recht früh vorbeikomme, aber es war keiner von beiden erreichbar und auch heute Morgen hat sich daran nichts geändert. Für mich ist das natürlich wichtig, weil ich sie nicht besuchen komme, wenn sie gar nicht zu Hause sind und sie sind schon die Leute, die öfter mal spontan die Koffer packen.

Aber immer, wenn ich etwas dazu sage und mich etwas darübere ärgere, dass ich sie einfach nie erreichen kann, fühlen sie sich total bedrängt und finden, das würde ihr Leben einschränken, wenn sie immer erreichbar wären. Dabei meine ich es ja gar nicht böse, aber ich kann nicht immer auf gut Glück nach Hause fahren und nacher wieder alleine zu Hause sitzen, weil keiner da ist.

Dieses Problem kenne ich nur zu gut. Ich habe aber weniger das Problem meine Eltern zu Hause zu erreichen (ans Haustelefon gehen sie meistens ran) als wenn sie unterwegs sind. Beide Elternteile besitzen ein Handy, doch beide haben die Funktion dieses Gerätes anscheinend noch nicht wirklich erfasst. Wenn ich zu Hause bin und rufe meine Mutter auf ihrem Handy an, um ihr mitzuteilen sie solle sich beeilen, weil ich nämlich das Auto brauche, kommt das Klingeln natürlich aus dem Schalfzimmer, wo das Handy friedlich auf dem Nachtschränkchen liegt und vor sich hin summt.

Versuche ich meinen Vater zu erreichen, höre ich das Handyklingeln meist aus der Küche, wo das Handy gut versteckt unter einem Zeitungshaufen liegt. Und wenn ich dann mal meine Eltern daran erinnere ihr Handy mitzunehmen, weil ich sie unbedingt erreichen muss, wird das Handy meist in irgendeine Tasche gesteckt und im Auto vergessen oder es bleibt in der Jacke die an der Garderobe hängt. Das finde ich wirklich nervig. Und ich habe überhaupt keine Ahnung, wie man Eltern sowas abgewöhnen kann!

Das kann aber auch einfach daran liegen, dass sie im Umgang damit nicht so fit sind und es deshalb einfach vergessen. Sie finden das sicherlich deshalb unwichtig, weil sie es nicht gewohnt sind. Und sie haben ja ein Telefon zu Hause, wodurch es dir grundsätzlich ja immerhin möglich ist, sie irgendwie zu erreichen. Ich wäre alleine dafür schon sehr dankbar.

Stattdessen ist es meist so, dass ich eher auf gut Glück nach Hause fahre und wenn ansonsten unter der Woche mal was ist, muss ich drauf warten, dass sich einer von ihnen bei mir meldet. Wenn sie denn mal zurückrufen (sie sehen ja meine Nummer in der Regel, wenn sie ihre Geräte wieder einschalten), dann meist auch erst zwei oder drei Tage später.

Ich kann deine Gedanken nachvollziehen, wenn du jedes Mal 50 km umsonst fährst, um dann vor verschlossener Tür zu stehen, ist das natürlich wenig erfreulich für dich. Auf der anderen Seite verstehe ich noch nicht ganz, ob es deine Eltern denn gar nicht stört, wenn du dann ja automatisch unangemeldet vor deren Tür stehst. Vielleicht gibt es ja auch mal Tage, an denen sie ganz andere Dinge geplant haben. Und das konntest du ja dann auch nicht wissen, wenn du vorher nicht anrufen konntest.

Ich würde nochmal versuchen mit deinen Eltern zu sprechen, vielleicht könnt ihr euch auf einen Kompromiss einigen. Eventuell sind sie ja bereit wenigstens eines der beiden Handys eingeschaltet zu lassen und dieses dann auf lautlos zu stellen, so dass sie eben nicht von Handy-Klingeln genervt werden und das ihren Tagesablauf nicht beeinträchtigt. Wenn ihr Handy dann aber lautlos gestellt ist, können sie ja dann irgendwann sehen, dass du angerufen hast und ihr könnt euch vielleicht darauf einigen, dass sie dich zurückrufen, so dass ihr gemeinsam einen Zeitpunkt ausmachen könnt, an dem sie zu Hause sind, wenn du sie besuchen kommen möchtest.

Es gibt ja viele Menschen, denen ist es wichtig nicht ständig erreichbar zu sein, daher sind deine Eltern in der Hinsicht keine "Exoten". Mir geht es auch manchmal so, dass ich keine Lust habe ans Telefon zu gehen und dann lasse ich es eben bleiben und rufe zurück, wenn mir danach ist. Also, vielleicht kannst du dich ja mit deinen Eltern auf eine solche Alternative einigen, denn so wie es jetzt läuft, kann das ja auf Dauer auch nicht funktionieren.

Es geht ja nur indirekt darum, dass ich anrufen möchte, bevor ich vorbei komme. Ich habe ja einen Schlüssel zu meinem Elternhaus und stehe dann eben nicht vor verschlossener Tür, sondern kann immerhin rein gehen und meine Wäsche waschen - Das stört meine Eltern nicht, wenn ich mich hier frei bewege als wäre es mein zu Hause.

Aber du hast Recht: Wäre ich meine Eltern, würde ich gerne wissen, wann Besuch kommt. Aber der kann sich bei ihnen eben gar nicht abmelden. Ich sage schon seit langer Zeit, dass sie ihr Festnetztelefon wieder einstecken sollen, damit man sie wenigstens erreichen kann, wenn sie zu Hause sind. So haben sie unterwegs ihre Ruhe und zu wenn etwas Wichtigste ist, kann ich sie daheim anrufen. Aber das wollten sie nicht, weil sie ihrer Ansicht nach ja Mobiltelefone haben. Es ist ziemlich mühselig in der Hinsicht ein Gespräch zu führen, weil sie einfach finden, dass niemand SIE erreichen muss. Es ist ihnen aber wichtig, dass sie andere Leute erreichen können, wenn sie Lust haben und dann machen sie eben ihr Handy an. Geht ja nicht nur um die Besuche: Ich erreiche sie auch sonst nie, wenn ich etwas mit ihnen bereden möchte. Manchmal passiert es, dass ich eine Woche lang vergeblich anrufe und nur die Mailbox zu hören komme und plötzlich nach einer Woche ruft meine Mutter mich an um mir zu erzählen, dass meine Cousine ihr Kind bekommen hat.

Hallo Sippschaft, kann es sein, dass da mal ein grundsätzliches Gespräch nötig wäre? Mir erscheint es fast so, als wollten sich Deine Eltern von Dir abnabeln, haben es aber entweder noch nicht für nötig befunden oder haben Angst davor Dir zu sagen, dass Du Dich eben langsam mal abnabeln solltest. Da kann man wohl gar nichts machen, außer das eben zu akzeptieren.

Das kann aber gar nicht sein. Sie sagen mir ständig, dass ich vorbei kommen soll und dass sie mir lieber das Benzingeld bezahlen, damit ich sie besuchen kommen kann, als dass ich nicht komme. Ich glaube, wenn ich sie wirklich stören würde, hätten sie mir das schon gesagt.

Vielleicht haben sie aber Angst, mir MANCHMAL einfach zu sagen, dass es nicht passt, dass ich sie besuchen kommen?! Ich habe auch schon daran gedacht, aber das wiederum passt gar nicht zu dem, was sie sonst sagen: Dass ich nämlich unbedingt mindestens einmal die Woche zum Besuch kommen soll. Ich wohne ja nun schon seit einigen Jahren nicht mehr zu Hause und anfangs fanden meine Eltern das ganz furchtbar, dass ich nicht mehr da bin. Wir haben uns eben irgendwann mal darauf geeinigt, dass ein Besuch am Wochenende über 2, 3 Stunden OK ist.

Es ist doch aber manches Mal so, dass man etwas sagt, was von einem erwartet wird, aber ganz anders fühlt. So könnte es gut sein, dass Deine Eltern eben mehr Abstand wollen und das eben aus bestimmten Gründen nicht sagen wollen. Unter anderem auch, weil es sich nicht so gehört - d. h., es muss gar nicht an Dir liegen sondern vielleicht spüren Deinen Eltern diesen Druck auch von ihren Bekannten.

Vielleicht hast du Recht. Es würde mir aber schon arg weh tun, wenn meine Eltern heimlich finden würden, dass ein Besuch über zwei Stunden pro Woche zu aufdringlich ist Aber es ist ja ihr Leben und ihre Entscheidung. Ich kann sie nochmal drauf ansprechen, aber wenn sich daran nichts ändert, kann ich auch nichts machen. Dann wäre es wohl das Beste, ich würde dann auch nicht mehr kommen solange sie mich nicht darum gebeten oder mir die Erlaubnis dafür gegeben haben.

Es muss ja nicht sein, dass Deine Eltern Dich gar nicht mehr sehen wollen. Ich kenne es nur von meinen Eltern, dass sie sich erst auch schwer damit taten, dass beide Kinder kurz nacheinander aus dem Haus gingen und auch meine Großeltern zu diesem Zeitpunkt nicht mehr im Hause waren. Nach vielen Jahren Großfamilie durchaus verständlich. Zu diesem Zeitpunkt wollten sie sich auch nur schwer damit abfinden.

Allerdings kam dann schnell die Erkenntnis, dass es ja auch schön ist, so ganz ohne irgendwelche Verpflichtungen. Da haben sie dann auch schon mal genervt gewirkt, wenn eines der Kinder doch mal immer regelmäßig vorbei kam und auch noch erwartete, dass die Eltern dann auch greifbar sind. Dass dann aber wieder zu kommunizieren, war gar nicht so einfach. Inzwischen ist das auch geklärt. Das dauert aber eben alles eine Weile - mensch ist ja doch irgendwie ein Gewohnheitstier.