Unsere Azubis sind zu dumm für eine Lehrstelle

vom 09.03.2010, 17:10 Uhr

Erst dachte ich auch "Das ist ne Alterserscheinung, das mir die Jugendlichen oftmals so unendlich deppert vorkommen", dann allerdings fing ich an mal die (leicht altersschwachen) Ohren genauer zu spitzen, denn eigentlich hatte ich immer vermieden"die" Jugendlichen alle in den gleichen großen Topf zu stecken. Dann aber fiel mir auf, das bestimmte Klagen von Freunden immer öfter kamen, jenen Freunden die direkt mit Auszubildenden zu tun haben und teilweise sich fragen, was auf den Schulen und in den Elternhäusern eigentlich gruseliges passiert - denn was sie da zu Gesicht bekommen ist ziemlich oft arg zombiefiziert im Hirn.

Und in den Fällen weiß ich, das die Voraussetzungen an die Auszubildenden nicht wahnwitzig hochgeschraubt sind, sondern an den jeweiligen Beruf angepasst und ansonsten eher "bang hoffnungsvoll". Nur, was will ich als Betrieb mit
- einem Auszubildenden in der Hotelbranche, der einen Gast, der nach frischen Handtüchern fragt, anraunzt "Ist das mein Problem? Weiß ich nicht!"
- einem Kochlehrling der Hände waschen vor der Zubereitung der Lebensmittel auch noch nach einem halben Jahr für herzlich überflüssig hält
- einem Bäckerlehrling der mal eben eine ganze Ladung im Backofen zu Kohle wandeln lässt, weil er die Frühstückspause unmöglich um ca. vier Minuten verschieben konnte
- diversen Azubis die irgendwie in der unendlichen Zigarettenpause verschollen gingen (wir vermuten inzwischen eine Art Azubi fressendes Monster dahinter)
- Azubis aus allen Branchen welche ihre Berichte in offensichtlich eigenen Sprachen abfassten, denn: Deutsch war das nicht mal ansatzweise
- und dem vermutlich schönsten Beispiel für "Na das hätte dir aber vorher klar sein sollen": Der Dachdeckerlehrling mit wirklich extremer Höhenangst

Da kommt man sich vor wie in einer schlechten Comedyshow. Da musste teilweise konkret Nachhilfe in rudimentären Schreibkenntnissen und Textverständnis gegeben werden, unfassbar oft ging es darum, Jugendlichen wenigstens die einfachsten Höflichkeitsregen beizubiegen (bei ständigen Kundenkontakt durchaus wichtig) und bei Themen wie Pünktlichkeit und Umgangston bekommen diese Bekannten alle nur noch nervöse Zuckungen. Immerhin haben sie so die Azubis die nicht aus der Hölle kamen besser zu schätzen gelernt, was ja auch erfreulich ist, nur: Es läuft da wirklich etwas schief.

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» Nephele » Beiträge: 1047 » Talkpoints: 2,22 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



In meiner Ausbildung musste ich leider auch feststellen, dass viele den Anforderungen nicht gewachsen sind. Es war eine Ausbildung, bei der EIGENTLICH ein Realschulabschluss und praktische Erfahrung, zum Beispiel in Form eines Praktikumsjahres oder ähnliches gefordert war. Qualifikation nach oben hin allerdings offen. Und nach unten auch, denn es wurde auch den Hauptschülern die Chance eingeräumt, die Ausbildung zu machen und NEBENBEI den Realschulabschluss nachzuholen. Diese haben aber meistens nach höchstens einem halben Jahr hingeschmissen, weil sie nicht mehr konnten...

Die meisten in meiner Klasse waren der Meinung, dass sie nachher eh keine Arbeit bekommen und schon irgendwie durch die Ausbildung kommen werden, weil die Schule ja kein schlechtes Licht auf sich werfen will, indem sie jemanden nicht bestehen lässt, denn dann bekommen sie ja keine neuen Schüler. Die Schulzeit war geprägt von Langeweile, Melancholie und Null-Bock-Stimmung, immerhin bei 90% der Klasse. Das hat es für die, die diese Ausbildung wirklich wollten und etwas erreichen wollten, zum Teil sehr schwer, zum Teil aber auch wesentlich einfacher gemacht.

Ich denke, es liegt daran, dass die Jugendlichen schon früh eingeimpft bekommen, dass sie es zu nichts bringen werden und dass sie keine Perspektive haben, denn wie viele haben eine sehr gute Ausbildung und sind seit Jahren arbeitslos. Dass sich dann keiner mehr richtig anstrengt, weil sie eigentlich schon total resigniert haben, ist irgendwie klar.

Außerdem glaube ich auch, dass das Bildungssystem irgendwie nur darauf ausgelegt ist, die besonders "schlauen" Kinder zu fördern und dass sich aufgrund der großen Klassen kein Lehrer mit den schwächeren beschäftigen kann, diese werden entweder irgendwie mit durchgezogen oder abgeschoben.

Die Medien zeigen ja oft auch nur die Langzeitarbeitslosen, die vergebens seit Jahren versuchen, einen Job zu finden, oder die super-erfolgreichen Manager, die ein Jahresgehalt in Höhen haben, in denen keiner rechnen kann. Wo bitte sind die Normal-Arbeiter, die Schule und Ausbildung gut geschafft haben und einen gut-bezahlten Job haben? Man muss sich ja mit irgendetwas identifizieren, und welcher Jugendliche hat das Selbstbewusstsein, sich mit den Überverdienern zu vergleichen, wenn er in seiner Umgebung und zu den Bestsendezeiten im Fernsehen immer nur die sieht, die es nicht schaffen?!

Die "Coolen" sind doch meistens die, die rumlungern und Stress machen, und die "Uncoolen", die Streber haben doch immer hart gearbeitet und keine Freizeit, keine Freunde und keinen Spaß.

Welcher Jugendliche hat den Mumm, diese negativen Sachen auf sich zu nehmen, um erfolgreich zu sein? Es liegt an der unmittelbaren Umwelt der Jugendlichen und in großem Maß an den Medien (und ganz sicher auch an der Erziehung), was mal aus einem Menschen wird und was nicht. Außerdem ist es auch nachvollziehbar, dass "kluge" und erfolgreiche Eltern meist ein erfolgreiches Kind großziehen und dass Arbeitslosenfamilien meist auch arbeitslose Kinder haben werden... Alles andere ist meiner Meinung nach eher die Ausnahme...

» ALaJanny » Beiträge: 17 » Talkpoints: 0,16 »


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