Woher wissen Menschen, wann sie sterben?
Ich habe davon jetzt schon öfters gehört und heute erzählte mir eine Freundin wieder davon: Ihr Opa war schon älter (85) und das es in einem solchen Alter immer wahrscheinlicher wird, dass man stirbt, ist klar, aber er hat eigentlich keine Symptome gehabt, die darauf hindeuteten.
Vor einigen Wochen kam er nun zu ihr, weil er sie „noch einmal“ sehen wollte. Sie haben sich sehr lange unterhalten und er meinte schließlich, dass er sich nur von ihr verabschieden wollte, da er in nächster Zukunft sterben würde. Meine Freundin war natürlich schockiert und hat versucht, ihm diesen düsteren Gedanken auszureden. Aber er bestand darauf. Natürlich ist sie nicht davon ausgegangen, dass er wirklich sterben würde, wie gesagt, er war nicht krank.
Aber zwei Tage später starb er. Laut den Ärzten an Altersschwäche. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass er auch noch seine anderen Lieben besucht hatte um sich von ihnen zu „verabschieden“, es war also kein daher gesagter Satz.
Ich finde das schon ein wenig unheimlich. Woher können Menschen wissen, wenn sie sterben. War es doch ein Zufall? Wie gesagt: Ihrem Opa ging es eigentlich blendend. Kann man den nahenden Tod spüren? Habt ihr schon einmal von so etwas gehört? Gibt es dafür möglicherweise eine logische Erklärung? Muss es nicht schrecklich sein, zu wissen, wann man stirbt, wie können Menschen damit so gelassen umgehen?
Meine Oma ist mittlerweile auch 89 Jahre alt und kommt oft mit ihren Sprüchen: "Wahrscheindlich ist es eh bald vorbei" oder "Lange lebe ich sowieso nicht mehr". Dies begann jedoch schon mit 85 Jahren und sie lebt (gott sei dank) noch immer. Trotzdem kommt es mir schon vor, als würde sie sehr im "jetzt" leben, es ist ihr sozusagen egal, ob sie ihren neunzigsten Geburtstag noch erlebt.
Ich finde es auch ein bisschen komisch, dass die alten Menschen so zu reden beginnen. Jedoch glaube ich auch, dass sich im Laufe des Alters irgend ein neuer "Sinn" entwickelt, der ihnen eben ein Zeichen gibt, wie lange sie noch ungefähr leben werden.
Ich weiß nicht, woher Menschen wissen, dass sie sterben werden, aber finde, dass das eine sehr interessante Frage ist. In einer Zeitschrift habe ich neulich gelesen, dass es in einem Pflegehospiz - ich glaube in den USA - eine Katze gibt, die spüren kann, wann die alten Menschen dort auf den Tod zugehen. Die Katze setzt sich dann einige Stunden vorher auf das Bett des Kranken und weicht ihm nicht mehr von der Seite, bis derjenige stirbt. Damit liegt er in den allermeisten Fällen richtig.
So wie diese Katze also zu spüren scheint, wann jemand stirbt, könnte es ja auch sein, dass die Menschen es selbst spüren.
Ich glaube auch daran, dass viele Menschen spüren können, wenn sie bald sterben werden. Wie sie es merken, wird man vielleicht nur schwer erklären können, es wird einfach eine Gefühlssache beziehungsweise ein Instinkt sein.
Vielleicht kann man das Gefühl auch mit einer Mutter-Kind-Beziehung vergleichen? Ich denke da ist es ähnlich. Meine Mama passt gelegentlich auf meinen Sohn auf. Das klappt in der Regel auch ganz gut. An einem Nachmittag war es auch wie gewohnt, nur wurde ich relativ bald sehr unruhig und irgendwie dachte ich nur an meinen Sohn und wollte nur noch so schnell wie möglich zu ihm. Ich habe dann meine Mama angerufen um zu fragen, ob alles passt und sie hat gemeint, sie weiß auch nicht, was heute los sei, aber er weint die ganze Zeit nur.
Das hätte ich ja so auch nicht wissen können. Es ging ihm den ganzen Tag gut und auch bei der Verabschiedung war alles vollkommen ok. Es ist einfach eine innere Verbindung und ein inneres Gefühl, dass etwas nicht passt. So ähnlich kann ich es mir mit sterbenden Menschen vorstellen. Ein inneres Gefühl wird es einem verraten.
Ich denke auch, dass Tiere oft diesen Instinkt haben. Es gibt ja auch genügend Katzen zum Beispiel, die kurz vor ihrem Tod plötzlich nicht mehr zurückkommen. Die Katze meiner Eltern war zum Beispiel so. Eigentlich war sie mehr oder weniger eine Hauskatze, hatte aber jederzeit die Möglichkeit ins Freie und in den Garten zu gehen. Das hat sie auch immer wieder gemacht, nur waren ihre Ausflüge nie lang. Eines Tages kam sie nicht mehr zurück. Einige Tage später hat sie eine Nachbarin in einer Scheune gefunden. Sie ist an Altersschwäche gestorben.
Ich glaube nicht, daß mein Opa gewußt hat, daß er genau an meinem achten Geburtstag sterben wird. Aber er hatte auf jeden Fall eine gewisse Ahnung, daß es bald soweit ist. Er war gerade erst 63 Jahre alt und eigentlich, bis auf einen Herzinfarkt, topfit. Trotzdem war meine Familie sehr verwundert, daß er bereits zu Lebzeiten alle Dokumente für seinen Todesfall vorbereitet hatte. Es war gar nicht seine Art, für solche Dinge Sorge zu tragen.
Erst Jahre später sind wir diesem Rätsel auf die Schliche gekommen. Wir fanden beim Aufräumen eine handschriftlich verfaßte Notiz. Darauf erzählte Opa von seinen Träumen. Ihm erschien im Schlaf eine Gestalt, welche meinem Großvater darauf hinwies, daß er leider bald "gehen" müsse. Mein Opa war zwar ein gläubiger Mann aber von Hokuspokus und dergleichen, hielt er nichts. Also schrieb er, daß er dem zunächst keine Notiz schenkte.
Allerdings wiederholte sich der Traum in den nächsten Nächten noch zweimal. Er schrieb, daß die Person immer eindringlicher auf seinen nahenden Tod hindeute. Die Gestalt wurde immer deutlicher und warnte meinen Opa, sich um alle Angelegenheiten zu kümmern und mit seinen Liebenden im Reinen zu sein.
Ich kann mich noch gut erinnern, daß der Mann nicht immer wirklich freundlich zu seinen Mitmenschen gewesen ist. Aber gerade zu der Zeit erschien er uns besonders gut gelaunt. Umso unheimlicher finde ich es, daß er sterben mußte, weil er seinen Nachbar im Garten geholfen hat. Dieser hatt es im Kreuz. Er bat meinen Opa den schweren Blumenkübel für ihn hochzuheben. Dabei erlitt er einen zweiten Herzinfarkt, an dem er letztendlich verstarb.
Es ist wirklich kein Ammenmärchen, sondern ein Teil unserer Familiengeschichte. Ich habe diesen Brief selber gesehen und gelesen. Selbst meine Mutter, die wirklich eine echte Realistin ist, erschüttert diese Unerklärlichkeit immer wieder. Wir haben dafür keine Erklärung und lassen die Sache eben so sein, wie sie war.
Ich fürchte, hier werden in solchen Fragen oftmals verschiedenste Dinge, Aneinanderreihungen von unterschiedlichen Zufällen und Unglücksfällen, im Nachhinein und mit Hilfe der Zeit, welche viele Details einfach anders wirken lässt, ins unheimliche verdreht. Es ist eben nicht so, dass irgendwelche Wesen einem den Tod voraussagen können. Auch nicht in den Träumen. Ebenso spürt man kaum seinen Tod.
Das einzige, was der Mensch weiß, ist das er kommt. Mehr aber nicht. Wenn nun alte Leute anfangen, mit dem Leben abzuschließen, dann kann das einfach deshalb der Fall sein, weil sie sich bewusst gemacht haben, dass vermutlich viele (wohl die allermeisten) ihrer Freunde schon verstorben sind - ohne sich zu verabschieden oder alles notwendige für den Fall danach zu regeln.
Es gibt noch die Situation, dass Menschen einfach sonderbar werden. Was übrigens, so hart das klingen mag, auch ein Zeichen für den mentalen Abbau sein kann. Auch oder gerade die Biomasse "Mensch" verfällt einfach mit dem Alter. Wie und ob man diesen Prozess steuern bzw. verlangsamen kann, daran wird ja nun geforscht.
JulietMay hat geschrieben:Muss es nicht schrecklich sein, zu wissen, wann man stirbt, wie können Menschen damit so gelassen umgehen?
Schrecklich wäre dies nicht. Eigentlich ist so was eher eine einmalige Chance, eben alle Hinterbliebenen entsprechend der eigenen Wünsche zu verabschieden und auch allen Papierkram zu erledigen. Leider leben viele (ich auch sehr oft) das Leben so, als gäbe es ein Probeleben und das wirkliche würde erst noch anstehen. Aber jeden Tag so zu sehen, als wäre es der letzte, ist oftmals sicher nicht verkehrt.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass man es spürt, wenn die "Zeit abgelaufen" ist. Ich denke mir, dass es so eine Art Urinstinkt sein könnte. Wie sich das anfühlt beziehungsweise ob es jetzt eine Art Vorahnung oder auch eine Art Schwäche ist, die man in diesen Momenten spürt, weis ich nicht. Das Wissen vielleicht nicht einmal die Menschen, die dieses Gefühl haben. Jedenfalls denke ich mir schon, dass es da etwas gibt, das zeigen kann, dass die innere Uhr abläuft.
Allerdings gibt es gerade bei älteren Menschen viele, die davon ausgehen, dass sie bald sterben, nur weil sie ein gewisses Alter erreicht haben. Das zu unterscheiden und als Außenstehender zu wissen, ob es nun "ernst" ist oder nicht, ist natürlich schwer. Aber man kennt ja die Angehörigen und weis dann vielleicht ob man diese Vorahnung glauben kann oder nicht.
Meiner Meinung nach hat man einen inneren Instinkt, der einem sagt, wenn es bald zu ende ist. Das können wir alle noch nicht so richtig wissen, da wir einfach noch nicht in diesem Alter ist, in dem man diesen Instinkt bekommt. Aber alte Menschen spüren so etwas, entweder direkt durch Schmerzen oder indirekt durch den Instinkt.
Ich finde es aber auch erstaunlich, dass diese Leute einfach so darüber sprechen können, dass sie bald sterben werden. Ich glaube jedoch, dass diese alten Menschen auch keine Angst vor dem Tod haben oder es einfach nur auf sich zukommen lassen. Sie erledigen halt den Papierkram und verabschieden sich von ihren Lieben bevor es zu spät ist.
Manche sehen den Tod sogar als Erlösung (nicht im religiösen Sinn) an, da sie dann vom Leiden erlöst werden und den seelischen oder physischen Schmerz nicht mehr ertragen müssen. Das kann ich ehrlich gesagt nicht so richtig verstehen.
Ich persönlich kenne zwar niemanden, der mir oder irgendjemandem gesagt hat, dass er oder sie bald sterben wird. Ich wüsste auch nicht, wie ich mich in so einem Fall verhalten würde, da das ja eine ganz schön verzwickte Situation darstellt. Ich meine, was soll man da sagen? Mir fällt da nichts ein, was ich dazu sagen könnte oder sollte.
Ich werde versuchen deine Frage einmal zu beantworten.
Das ist eigentlich nicht schwer zu beantworten. Menschen die, nahe am Ableben sind, sterben, wenn sie mit dem Leben abgeschlossen haben und den Tod akzeptiert haben. Die meisten (sehr) alten Menschen, sagen von sich selber, dass sie alles erlebt haben, was sie erleben wollten. Also haben sie sich an den Gedanken, bald nicht mehr da zu sein, gewöhnt.
Die Angst vor dem Tod ist natürlich immer noch da, da kein Mensch mit Sicherheit sagen, kann, was danach passiert. Allerdings fühlen sich alte Menschen, die betreut werden müssen, oft als Ballast oder Belastung für Freunde und Familie, obwohl dass natürlich in den Meisten Fällen Quatsch ist.
Oft ist es auch so, dass todkranke Menschen so lange leben, bis sie eine letzte große Aufgabe erfüllt haben, z.B das Versöhnen mit einem nahestehendem Familienmitglied.
Der Lebenswille wird oft unterschätzt. Es gibt sogar Menschen, die sterben, weil ihr geliebter Partner gestorben ist und sie nun keinen Sinn mehr im Leben sehen. Oft hört man auch Sätze wie "an gebrochenem Herzen gestorben".
Ein weiteres Indiz, welches meine Theorie stützt, ist, dass alte Menschen, die ihren Ehepartner verloren haben, kurze Zeit danach selber sterben, weil das Leben ohne ihren Partner keinen Sinn mehr macht und sie hoffen, nach dem Tod wieder mit demjenigen verbunden sein zu können.
Das ist eine schwere Frage und wohl kaum zu beantworten. Denn man konnte keinen dieser Leute fragen warum sie es erahnt haben und ob es einfach Zufall ist, dass sie wirklich kurz nach diesem Gedanken gestorben sind.
Ich denke eher, dass es so ist, dass viele ab einem gewissen Alter auch einfach denken, dass sie nun schon lange genug auf dieser Welt sind und sie "Platz" machen müssen und wenn sie dann kurz darauf sterben heißt es, dass sie es geahnt haben. Aber dass es die wenigsten Menschen sind, die wirklich kurz nach diesem Gedanken gehen müssen, sieht in dem Moment keiner. Denn viele leben dann noch einige Jahre.
Bei manchen Menschen ist es auch so, dass die Angehörigen gar nicht wissen, wie krank sie sind und es erst nach dem Tod desjenigen erfahren und der kranke Mensch weiß natürlich, dass er nicht noch Jahre leben wird. Denn die Ärzte können schon Prognosen stellen und den Patienten einweihen.
Ich denke aber auch, dass man, wenn der Tod direkt vor der Tür steht, also man wirklich nur noch wenige Minuten zu leben hat, es spüren kann, wenn das Leben aus dem Körper weicht. Aber auch das ist nur eine Mutmaßung von mir. Und richtig wissenschaftliche Beweise wird es wohl nie dazu geben, weil man niemals Erfahrungsberichte bekommen kann.
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