Griechenland soll Inseln verkaufen
Der erste Aprilscherz des Jahres kam heute früh aus Berlin. Josef Schlarmann hatte in der Bild-Zeitung den Griechen diesen tollen Tipp gegeben. Und er ist kein Hinterbänkler der Union, er ist Vorsitzender der CDU-Mittelstandsvereinigung.
Und in seinem Inselreich Absurdistan ist er nicht alleine unterwegs: Koalitionskollege Frank Schäffler, immerhin als Finanzexperte bei den Liberalen gehandelt, findet die Idee grandios. Griechenland hat zwar viele Inseln, sehr viele sogar. Aber die Inseln sind klein, verfügen über keinerlei Infrastruktur und sind somit für Investoren schlicht unbrauchbar. Griechenland hat fast 10.000 Inseln, verkaufen kann man aber natürlich nur die, die dem Staat alleine gehören und keine privaten Ansprüche bestehen.
Zugegeben, Schäffler hatte noch mehr Ideen. Man könnte auch den Rest noch privatisieren, wenn da noch was übrig wäre. Telekommunikationsunternehmen gehören Deutschen und Briten, viele ehemals staatliche Hotels sind auch schon fest in europäischer Hand, selbst Häfen werden von anderen betrieben. Was die Griechen wirklich noch haben sind Wälder und Wiesen, Busse und Bahnen, Krankenhäuser. Bereiche, in denen wohl kaum jemand freiwillig investiert, schon gar nicht jetzt.
Und selbst wenn sich ein paar Sachen verkaufen lassen. Griechenland hat mindestens 300 Milliarden Euro Staatsschulden, selbst wenn der Staat sein letztes Tafelsilber versilbert, was machen drei Milliarden Euro da noch aus. Und drei Milliarden sind noch hoch angesetzt. Anstatt den Griechen tolle Ratschläge aus dem fernen Berlin zu erteilen sollten sich die Herrschaften lieber Gedanken machen wie es in Deutschland weiter gehen soll.
Es ist doch faszinierend welche Ideen manche Damen und Herren so haben. Nunja, eine eigene Insel in Griechenland hat sicher etwas, doch glaube ich nicht, dass der Verkauf unbewohnter Inseln (denn nur diese können überhaupt verkauft werden, da kein Privatbesitz darauf besteht) den Staat retten könnte. Die Höhe der Schulden dürfte durch den Verkauf von Land nicht zu decken sein. Auch die Privatisierung von staatlichen Einrichtungen (wie Flughäfen oder Hotelanlagen) dürfte nicht in dem Maße Gewinn bringen um die Schulden ansatzweise zu decken. Ich denke, dass im Falle Griechenland noch einiges vorgeschlagen und wieder verworfen wird.
Dass sich Deutschland weigert Staatsanleihen für Griechenland locker zu machen kann ich nur unterstützen. Ich sehe es nicht so ganz ein, warum der deutsche Steuerzahler für Misswirtschaft zahlen soll. Auch wenn ich weiß, dass dies jeden Tag wieder der Fall ist. Doch sollte man in diesem Fall auch ein gewisses Statement zeigen. Sozialstaat hin oder her, prinzipiell ist der Staat für die eigenen Bürger da. Gewisse außenpolitische Probleme sollten einfach hinter das eigene Volk gestellt werden können. Ich denke wir haben innenpolitisch selbst genug zu tun und die Krise noch lange nicht überstanden. Jedoch ist leider zu beobachten, dass es für manche Minister viel einfacher ist, sich um andere Dinge außerhalb ihres Aufgabenbereiches zu kümmern. So sollten sich gewisse Personen weniger aus dem Fenster lehnen und mehr ihrer Arbeit nachgehen. Kreative Einfälle täten manch deutschem Problem auch ganz gut. Doch ist es doch so viel leichter von vorhandenen Problemen abzulenken anstatt sie anzugehen...
Abschließend bleibt die Frage: wie soll es mit Griechenland weitergehen? Was passiert wenn ein Staat pleite ist? Unternehmen gehen insolvent und verschwinden, doch ein Staat ist mehr als eine Fabrik, die geschlossen werden kann. Sollte man die Einwohner für Fehler in der Kalkulation nun restlos ohne Instandhaltung der Infrastruktur sitzen lassen ? Es wird zwangsweise auf Einschnitte in der Finanzierung öffentlicher Dienstleistungen herauslaufen.
Betablocker hat geschrieben:Ich sehe es nicht so ganz ein, warum der deutsche Steuerzahler für Misswirtschaft zahlen soll.
Weil wir a) mit den Griechen im gleichen Boot hocken bzw. unsere tolle Wirtschaft auch auf die Griechen angewiesen ist und b) der Fall eintreten kann, dass hier im Rahmen der EU ausgeholfen werden muss.
Betablocker hat geschrieben:Sozialstaat hin oder her, prinzipiell ist der Staat für die eigenen Bürger da.
Hast Du den Begriff Sozialstaat überhaupt verstanden? Logisch, dass sich dieses Modell nur auf die eigenen Staatsgrenzen erstreckt und nicht längerübergreifend. Mal abgesehen davon, dass das nu für Bürger und nicht für staatliche Institutionen gilt.
Betablocker hat geschrieben:Jedoch ist leider zu beobachten, dass es für manche Minister viel einfacher ist, sich um andere Dinge außerhalb ihres Aufgabenbereiches zu kümmern.
Josef Schlarmann und Frank Schäffler sind wie schon in der Eröffnung zu lesen keine Minister - nur zur Aufklärung: Nur weil man irgendein 08/15 Amt innehat wird man nicht gleich Minister, wär ja auch noch schöner.
Betablocker hat geschrieben:Was passiert wenn ein Staat pleite ist? [...] Sollte man die Einwohner für Fehler in der Kalkulation nun restlos ohne Instandhaltung der Infrastruktur sitzen lasse
Erstens ist Griechenland lange noch nicht pleite, auch wenn das oft beschrien wird und zweitens ist bei einer echten Staatspleite alles drin - von Zwangsmaßnahmen bis hin zur Zwangsverwaltung - und da wird nicht der Staat bis auf`s letzte ausgesaugt, sondern man versucht ihn weitestgehend "bürgerfreundlich" zu sanieren, allein schon um Unruhen vorzubeugen.
So jetzt mal weg vom Gewäsch: CDU und FDP fallen ja laufend mit hirnlosen Ideen auf, jetzt halt diese. Da sieht man auch wieder, dass man von nichts eine Ahnung braucht, erst gar nicht von Wirtschaft, um sich in der Bild äußern zu können da Griechenland (noch) genug Reserven hat sich aus eigener Kraft wieder auf die Beine zu stellen. Der griechische Staat zeigt gerade vorbildlich wie man sehr gut Kosten sparen kann ohne das System in sich zusammenbrechen zu lassen. Im Grunde haben die Griechen sowieso kein echtes Problem wenn sie endlich mal die Steuerhinterziehung und Korruption im eigenen Land eindämmen würden. Klar, sowas gibt`s immer und im unteren einstelligen Prozentbereich ist das völlig normal, aber über 40 % des BIP, das schaffen sonst nur irgendwelche Bananenrepubliken oder Staaten, in denen es keine echte öffentliche Ordnung durchgesetzt von einer Zentralgewalt gibt.
Wenn die Griechen das in den Griff bekommen und hier hart durchgreifen wär`s das schon, auch wenn man noch nicht am Ziel wäre. 50 % Reduzierung würden beim jetzigen Steueraufkommen schon ausreichen, bei über 75 % wären sie schon in der Gewinnzone. Und das ohne hirnrissige Ideen wie die von Schlarmann umzusetzen - vielleicht sollte man ihm auch mal nahelegen, wie Mathematik funktioniert...
Ich weiß gar nicht, warum der Wirbel um Griechenland so groß ist. Zumal Griechenland nicht das einzige und erste EU-Land ist, dass mit enormer Verschuldung zu kämpfen hat. Irland war doch auch kurz vor dem Staatsbankrott und hat weiterhin mit ihrer hohen Verschuldung zu kämpfen. Italien ist doch aus enorm verschuldet. Hat man das denn schon vergessen?
Griechenland kann mit einer Sparpolitik, die sie bereits durchführen, ihre Verschuldung selbst abbauen. Natürlich muss auch die Korruption und das Verfälschen von Daten bekämpft werden. Wenn man bedenkt, dass die Griechen ihre Verschuldungszahlen verfälschen konnten, um der Währungsunion beitreten zu können, ist die EU da auch nicht fehlerfrei. Sie hätte kontrollieren müssen, ob die Daten wirklich stimmen können.
Ich habe mal ein lustiges Beispiel von einem griechischen Bekannten. Und zwar erzählte er mir, dass die Bauern in Griechenland durch die EU subventioniert wurden. Sie erhielten pro ha Fläche eine bestimmte Summe von der EU. Die Eintragung der Fläche lief über griechische Behörden. Durch Korruption konnten die Bauern mehr Fläche eintragen lassen, als das sie besaßen. Nach ein paar Jahren war schon mehr Fläche eingetragen, als Griechenland an Staatsfläche überhaupt besaß.
Naja CDU/FDP und Mathematik/Wirtschaftspolitik haben noch nie zusammengepasst, wieso sollte es diesmal der Fall sein?
LG Anjitsch
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