Abiturientenzahl wächst stetig
Der Anteil der Abiturienten in den jeweiligen Schülerjahrgängen wächst laut der KMK (Kultusministerkonferenz) stetig an – stellten sie im Jahre 2005 noch 42,5 % aller Schüler so lag der Anteil 2006 schon bei 43,5 %. In Zahlen sind das übrigens 415.000 Absolventen.
Davon erhofft man sich eine wachsende Zahl an Studenten, denn wenn nur 40 % eines Jahrgangs ein Hochschulstudium aufnehmen würden, sei das ein Erfolg der Bildungspolitik da momentan vor allem Spitzenkräfte gebraucht werden würden und sich hier in Zukunft ein Mangel abzeichnen würde. Momentan liegt der Anteil der Studienanfänger jedoch bei eher mageren 36,6 %.
Da die Zahl der Abiturienten weiter steigt sinkt logischerweise auch der Anteil der Hauptschüler und Realschüler.
So gesehen ist es natürlich sehr gut, dass die Zahl der Abiturienten gestiegen ist. Allerdings gibt es dadurch auch viele Nachteile! Vor allem für die Menschen, die kein Abitur haben. Die bleiben einfach auf der Strecke. Bei der hohen Arbeitlosenzahl und den zahlreichen Bewerbern auf eine Stelle, können die Betriebe sich natürlich aussuchen, wen sie haben möchten..genügend Auswahl besteht ja. Und dann ist es natürlich nicht verwunderlich, dass sie lieber Abiturienten einstellen als einen Realschüler! Für die Realschüler bleibt dann nur noch ein Beruf, der eigentlich für Hauptschüler angesetzt war und wo bleiben dann die Hauptschüler? Alles Sozialfälle? Wo soll das hinführen? Ich übertreibe natürlich ein wenig...aber ich habe es selbst erlebt! Ich habe dieses Jahr mein Abitur gemacht und mich für Industriekauffrau, Immobilienkauffrau und ähnliches beworben und selbst ich hatte keine Chance. Ich kann schon nicht mehr zählen wieviele Bewerbungen und Vorstellungsgespräche ich bereits erfolglos hinter mich gebracht habe! Ein paar Freunde und BEkannte von mir mit Abitur hatten mehr Glück und hatten eine Firma gefunden, die sie einstellt! Aber aus meiner Abschlussklasse sind mindestens 60 % arbeitslos und das mit Abitur! Da frag ich mich wirklich, was die Firmen heutzutage noch verlangen. Aber wie gesagt sie haben ja auch die Wahl...
cassianna, ich sehe es ähnlich wie du mit dieser Entwicklung.
Deshalb bin ich auch, auch wenn das zuerst einmal sadistisch klingt (weil das scheinbar wirklich hart sein muss), für das G8 in Bayern, weil es eben durch seine "Unausgereiftheit" (eigentlich ist das nur "mehr Anspruch") zu einer höheren "Durchfallquote" "verhilft" und somit vielleicht auch auf längere Zeit weniger Abiturienten generiert.
Ich finde es eben ziemlich schade, wenn das Abitur an sich dementsprechend drastisch in seinem Wert sinkt, dass es praktisch nichts mehr wert ist und nur noch zum "Blankoscheck" für ein Studium wird, denn das sollte es eigentlich nicht sein.
Und wenn ich selbst merke, dass an meinem alten Gymnasium die Klassen immer größer werden und dann trotzdem mittlerweile bis zum Buchstaben "f" gehen, während bereits ein weiterer Anbau errichtet wird, dann frage ich mich wirklich, was erstens das Abitur noch "bringt" und zweitens, was mit dem "Rest" passiert.
Ich sehe allerdings eine ähnlich schlechte Entwicklung bei den Hochschulen: Die Industrie braucht momentan ja wieder Unmengen an Fachkräften, so zum Beispiel beim Ingenieurwesen im Allgemeinen. Aber statt die vielen "alten" Ingenieure einzustellen und fortzubilden, versucht man mit aller Gewalt, immer mehr Abiturienten zu einem Ingenieurs-Studiengang zu bringen, wodurch dieses "Rad der Arbeitslosigkeit" nur noch weiter vorangetrieben werden, denn eins muss uns klar sein: Die Technologien werden immer schneller erneuert. Was früher 10 Jahre gebraucht hat, bis man nicht mehr auf dem Stand der Dinge war und somit "unbrauchbar" für das Unternehmen, braucht jetzt dann vielleicht nur noch 4 Jahre. Das würde heißen, dass noch schneller noch mehr Ingenieure nach einer gewissen Zeit arbeitslos werden.
Das ist natürlich jetzt nur theoretisch, aber hier sehe ich eben genau das gleiche Problem wie bei den Gymnasien: Das Ganze läuft immer mehr in eine "Wegwerfgesellschaft der Bildung" hinaus, sprich, man animiert eine große Masse zu einer gewissen Qualifikation, damit man dann daraus einen kleinen Teil der Elite herauspickt und den Rest "wegwirft".
Ich sehe seit Längerem ständig größer werdende Oberstufenklassen. Wennn ich mir aber mal den Anspruch ansehe, so sinkt der (leider) gleichzeitig. Was heute Realschülern abverlangt wird, war früher schon Hauptschulniveau und auch das Abitur hat nicht mehr den Anspruch. Mit sinkendem Anspruch gibt es dann auch immer mehr Schüler, die einen höheren Abschluss erreichen. Deshalb zweifle ich daran, dass die wachsende Abiturientenzahl wirklich ein so großer Erfolg ist.
Dass weniger alte Ingenenieure eingestellt werden, liegt sicher auch daran, dass die frisch ausgebildeten Ingenieure nicht noch weiter ausgebildet werden müssen. Andererseits kann man diese Jungen auch noch nach eigenem Bedarf formen. Gerade das ist bei älteren Menschen ja doch schwieriger.
JotJot, da stimme ich dir zu, auch das muss ich zugeben.
Ich sehe da allerdings noch ein anderes Problem: Ich weiß nicht so genau, wie das "früher" war, aber ich weiß zumindest aus eigener Erfahrung, dass das Wissen, welches an Realschulen gelehrt wird, eigentlich in fast nichts dem der Gymnasien nachsteht. Wie das mit den Hauptschulen ist, kann ich nicht genau sagen, aber ich finde das schon "traurig" genug, dass Realschüler eigentlich vom Wissen her fast das Gleiche drauf haben und zudem noch weitaus spezifischer ausgebildet werden als Gymnasiasten (was aber natürlich auch seine Vorteile hat).
Naja, das ist natürlich logisch, aber genau darum geht es doch: Wenn jetzt dann wieder neue Ingenieure eingestellt werden, dann sind diese nach noch kürzerer Zeit nicht mehr "up to date" und werden "aussortiert", welche dann noch zu dem großen "Berg" an "Alt-Ingenieuren" hinzukommen, und so wird das immer schneller laufen. Das ist natürlich für die Wirtschaft toll, immer "Frischfleisch" zu haben, aber eben für die Betroffenen ist das eben nicht sonderlich toll, und ich sage einfach mal ganz pauschal, dass das eben immer schlimmer wird.
Hm, ich weiß ja nicht wie alt Du bist (ich 24) aber zu meiner Zeit war das so nicht mehr festzustellen, also es gab schon erhebliche Unterschiede zwischen dem Wissensschatz von Realschülern und Abiturienten, vor allem in den Naturwissenschaftlichen Fächern und geisteswissenschaftlichen Bereichen.
Ein Freund von mir ging nach der 8. Klasse auf die Realschule ab aus privaten Gründen und hatte bei uns einen Schnitt von 3,2 und musste trotzdem viel lernen. Dazu hatten wir ein Jahr keinen echten Französischunterricht, da unsere Lehrerin wegen eins Falles in der Familie von heute auf morgen im ersten Quartal des Schuljahres in die Klappse musste und wir das Jahr über keinen echten Ersatz hatten, dazu kam dass wir schon ein Jahr später Französich hatten, lag an der Klassenform. Auf der Realschule angekommen hatte er auf einmal einen Schnitt von 1,2 ohne dass er lernen musste, sogar in Französisch. Nur als Beispiel.
Das mit den Ingenieuren ist halt ein Debakel, dazu kommt, dass es viele weibliche Ingenieure gibt, die man nicht einstellen will obwohl die die gleiche Ausbildung wie männliche haben. Aber die älteren haben den Nachteil, dass es in den letzten 10 Jahren hier zu weitgreifenden und tiefgehenden Umbrüchen kam, so dass 80 % des Wissens nicht mehr gefragt waren. CAD usw.
Die Erfahrungen von cassiana kann ich auch bestätigen, dass Hauptschüler nicht mehr gefragt sind. Subbos Onkel, macht irgendwas mit KFZ und hat so eine Werkstattkette, hab ich mal am Tisch mitbekommen, hat sich mal ausgiebig darüber ausgelassen, dass ein Hauptschüler heute nichts mehr taugt und man ihm ja fast alles in der Ausbildung komplett neu beibringen muss und er nur noch Realschüler als Azubis nimmt (für Stellen die vorher mit Hauptschülern besetzt waren und statt Realschülern nur noch Abiturienten und er es nicht einsieht, Defizite in der schulischen Ausbildung im Betrieb kostenintensiv nachzubessern. Provokant hat er mich dann gefragt, ob wir in der Schule eigentlich überhaupt noch was lernen oder da nur unsere Zeit absitzen und die Lehrer froh sind, wenn wir bestehen...
Negativ an dieser Entwicklung ist doch, dass viele Abiturienten eben nicht studieren, eben aus verschiedenen Gründen, obwohl hier ein großer Bedarf, vor allem in den Naturwissenschaften, besteht.
DerDaene hat geschrieben:Ich weiß nicht so genau, wie das "früher" war
Das sind Beobachtungen der letzten 15 Jahre. Und zwar aus genau der Sicht, die KrashKidd schilderte, zukünftige Azubis. Obwohl es auch etwas Positives gibt: Die Schulabgänger können sich besser verkaufen.
Ich bin selbst Abiturientin und muss sagen, dass sehr viele bei mir im Jahrgang nicht studieren wollen...
Ich bin mir nicht sicher, ob wir auf 40 Prozent kommen. Ich glaube es eher nicht. In vielen Ausbildungsberufen wird allerdings heute auch schon ein Abitur erwartet, so dass man mit einem anderne Abschluss sehr eingeschränkt ist!
Na dann schreib ich mal meine Erfahrungen dazu.
Ich war auf einer Gesamtschule wo ich sozusagen den direkten Leistungsvergleich hatte zwischen dem was ein Gymnasiast und ein Realschüler können müßte. Leider ist das Konzept der Gesamtschule total unausgereift und obwohl in der Theorie die Leistungsstarken gefördert und die Leistungsschwachen unterstützt werden soll, läuft es am Ende doch darauf hinaus, dass zu 90% die Leistungsschwachen unterstützt werden und die Leistungsstarken Däumchen drehen.
Worauf ich hinaus will. Ich war damals einer der wenigen, der den Absprung in die Oberstufte und ins Studium geschafft hat. Meine Mitschüler zur damaligen Zeiten waren weit entfernt davon die Qualifikation für die Oberstufte zu schaffen.
Heute hat von den damaligen Mitschülern fast jeder 3. sein Abitur nachgemacht (Abendschule etc.) und studiert ebenso wie ich. Nun lässt sich sicherlich darüber streiten, ob das Abitur was die gemacht haben gleichzusetzen ist mit dem Abitur was ich gemacht habe...ich bezweifel es ganz stark, kann es aber natürlich nicht beweisen.
Weitere Beobachtungen die ich gemacht habe: Ich war Jahre lang Mentor an meiner Fakultät und habe Studienanfänger betreut. Leider mußte ich dort auch von Jahr zu Jahr feststellen, dass diese immer weniger Qualifkationen und Allgemeinwissen mitbringen. Oft hört man dann "habe Ausbildung XXX gemacht, dann Abitur nachgemacht und studiere nun BWL".
Sprich: An der Zahl der immatrikulierten Neustudenten und an dem gleichzeitigen Leistungsschwund frage ich mich, ob wir da in die richtige Richtige laufen, wenn heute jeder das Abitur und somit die Zulassung zum Hochstudium erhält.
Ich bin der Meinung, dass es den Menschen vorbehalten bleiben sollten, die wirklich leistungsbereit und wissbegierig sind, anstelle von denen, die ein Abitur/Hochschulstudium nur ansteuern weil sie denken, dass sie damit Karriere machen können.
Durch die höhere Anzahl der Abiturienten und dem gleichzeitigen Niveauverlust müssen die Hochschulen immer mehr Leistung erbringen um die Studenten in die Richtung auszubilden welches längst als Schulwissen vorrausgesetzt werden sollte.
Bsp. Mathe für BWLer..mußte ich leider besuchen und war als damals noch Neu-Student empört darüber, dass einige nicht mal ne einfach Ableitung oder Differentialgleichung lösen können.
Ein weiterer Punkt ist die Vergleichbarkeit des Abiturs. Ein Abitur in Bayern lässt sich nicht mit einem Abitur in Sachsen oder Sachsen-Anhalt vergleichen. Ich kann nur von meiner Erfahrung als Abiturient in Hamburg sprechen und sagen, dass die wenigsten kontinuierlich mehr als 11 Punkte bekommen haben. Am Ende lag der Abischnitt um 2.5
Von Erzählungen habe ich erfahren, dass es da z.B. in Sachsen ganz anders aussieht. Da beendet fast jeder sein Abitur mit 1.x. Sprich die Lehrer scheinen dort großzügiger bei der Notenvergabe zu sein...
Treffen nun diese Menschen aufeinander, kann es sein, dass jemand der ein Abitur in Bayern mit 2.5 gemacht hat leistungsstärker sein kann als jemand der in bpsw. Sachsen sein Abitur mit 1.4 gemacht hat. Die Note ist also kein geeigneter Wert zum Messen der Leistung. Und so kann es sein, dasss jemand mit 2.5 Abi sein Studium besser absolviert als jemand mit 1.3.
Wo für das ganz hin? Irgendwann hat jeder sein Abitur und dieses ist absolut nix mehr wert, da man nicht mehr sagen kann, dass nur Leistungsstarke das wirklich schaffen.
Naja, der Beitrag hääte ganz gut hier, Deutschlands Schulsystem, gepasst .
Ditschi hat geschrieben:Von Erzählungen habe ich erfahren, dass es da z.B. in Sachsen ganz anders aussieht. Da beendet fast jeder sein Abitur mit 1.x. Sprich die Lehrer scheinen dort großzügiger bei der Notenvergabe zu sein...
Irgendwie erzählt das jeder nur keiner kann es bestätigen, der selber dort in einem Abitursjahrgang war. Also ich habe selbst das Abitur in Sachsen abgelegt mit 2,1 - der Abitursschniit liegt hier in der Regel eher bei 2.x als bei 1.x. Zudem ist das Abitur und das Gymnasium in Sachen relativ hart, ich glaube allein aus meinem Jahrgang sind von anfänglich 80 Leuten knapp 10 bis zum Abitur auf der Strekce geblieben und noch einmal 3 im Abitur. So gesehen wird hier relativ hart selektiert und bis zur 12. Klasse herrscht schon eine harte Gangart nach dem Motto "Friß oder stirb", auch was die Lehrpläne angeht. Was die meist besseren Leistungen angeht, klingt da bei vielen Lehrern vielleicht noch etwas Ostalgie durch, denn in der DDR war halt nicht nur der Schüler der Depp, wenn er schlechte Leistungen erbrachte, sondern auch der Lehrer stand in der Kreide, warum der Schüler bei ihm so schlechte Leistungen erbringt, aber ist ein anderes Feld und hier spielen auch noch andere Faktoren (bei dieser Frage eine Rolle).
Wenn dort jeder das Abi geschenkt bekommen würde, wonach 1.x ja klingt, hätte ein Freund von mir der nach der 11. Klasse nach Bayern umgezogen ist dort nicht ebenfalls mit 1.5 abgeschlossen. Von ihm kam auch öfters die Aussage, dass er es in Bayern schwerer erwartet hätte und er den Großteil der 12. Klasse nur rumsaß und sein Abitur ausfbessern konnte, da wir das alles schon der 11. hatten, teilweise (da natürlich Abweichungen im Lehrplan existierten).
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