1. Klasse: Rechtschreibung selber beibringen

vom 24.02.2010, 12:46 Uhr

Eben rief mich eine Freundin an und ich habe gedacht, dass ich nicht richtig höre. Der Sohn ist in der 1. Klasse und wenn sie Hausaufgaben aufhaben, wo sie Wörter oder Sätze diktiert bekommen, sollen die Kinder so schreiben, wie sie es hören und die Eltern sollen auf gar keinen Fall die falschen Wörter kritisieren oder verbessern. Sie sollen so schreiben, wie sie es hören.

So passiert es, dass auch die Kinder, die zu Hause eher in Mundart sprechen bzw. platt sprechen, es auch so schreiben, weil manche Eltern ja auch nicht mit Hochdeutsch aufgewachsen sind. So sagt man hier zum Beispiel für "Paderborn", wenn die Paderborner es sagen "Padaboarn" und wenn die Kinder das dann so schreiben, weil sie es ja überall so hören, dann wird das nicht als falsch angesehen.

Rechtschreibung, wie sie richtig ist, wird erst im 2. Schuljahr gelehrt und dann müssen die Kinder von heute auf morgen auch richtig schreiben. Ich halte das für völligen Blödsinn, weil einmal was falsch beigebracht sitzt es grade in Kinderköpfen fest. Und wenn sie dann auf einmal richtig schreiben müssen und es auch benotet wird, dann sind meiner Meinung nach wieder viele Kinder, die angeblich eine Rechtschreibschwäche haben. Sowas fördert doch eher die Rechtschreibschwäche, oder?

Die Lehrerin meinte, dass das die neue Methode in der Schulreform ist, wie die Kinder das richtige Schreiben besser lernen und dass es dieses Jahr wohl so gemacht wird, weil sie glauben, dass die Kinder dadurch auch lernen zuzuhören. Aber mal ehrlich, da kann man doch noch so gut hören. Deswegen kann ein Kind nicht richtig schreiben lernen, wenn man nicht sagt, wie Wörter richtig geschrieben werden.

Wie soll man sich als Mutter (oder Vater) nun zu Hause verhalten, wenn die Kinder auch trotz richtigem Aussprechen der Wörter es so hören, wie es falsch geschrieben wird? Soll man wirklich nicht dem Kind erklären, wie ein Wort richtig geschrieben wird? Wird es bei euch auch so gehandhabt? Meint ihr, dass Rechtschreibung so eher wirklich gelernt wird? Ich kann mir vorstellen, dass man sich so erklären kann, warum in Foren eher zum Beispiel "aba" statt "aber" von den jüngeren Usern geschrieben wird und warum die ganzen Fehler entstehen.

Auf Großschreibung wird in der ersten Klasse dabei natürlich auch nicht geachtet. Den Kindern wird auch nicht erklärt, wann ein Wort groß geschrieben wird. Ich weiß noch, dass man meinen Kindern gesagt hat "Alles was man anfassen kann wird groß geschrieben". So wußten sie wenigstens, dass Hauptwörter groß geschrieben werden.

Benutzeravatar

» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Hallo Diamante!

Es mag ja richtig sein, dass die Kinder, die Wort durch richtiges zuhören aufschreiben sollen. Aber ich denke nicht, dass sie die richtige Rechtschreibung dadurch lernen, dass dann falsch geschrieben Wörter nicht berichtigt werden.

Anscheinend wird die Schulreform immer verrückter. Man sollte doch eigentlich wissen, dass es für Kinder dann irgendwann schwer ist, die Wörter richtig zu schreiben, wenn sie es bisher immer falsch gemacht haben. Ich finde es unmöglich, dass dann im 2. Schuljahr verlangt wird, dass die Kinder die Rechtschreibung beherrschen. Wären es meine Kinder, dann würde ich doch zu Hause mit ihnen die falsch geschriebenen Wörter durchgehen und sie ihnen richtig beibringen. Alles andere fördert meiner Meinung nach eher eine Rechtschreibschwäche und wie du schon schreibst ,braucht man sich dann über die steigenden Zahlen der Kinder mit so einer Schwäche, wundern.

Benutzeravatar

» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Diamante hat geschrieben:Rechtschreibung, wie sie richtig ist, wird erst im 2. Schuljahr gelehrt und dann müssen die Kinder von heute auf morgen auch richtig schreiben. Ich halte das für völligen Blödsinn, weil einmal was falsch beigebracht sitzt es grade in Kinderköpfen fest.

Sehe ich genauso, was soll denn das für eine Experimentalschule sein? Es ist schon erkennbar, welche Motivation dahinter steckt, aber von den angehenden Pädagogen die ich kenne wird das in der Form angewandt, dass man sich Wörter deren Schreibweise man nicht kennt hochdeutsch vorsprechen soll und dann versuchen soll umzusetzen - und nicht einfach irgendwas zu schreiben, was so klingt wie das was man hört. Und naja, sowas klappt auch nur in Gegenden, wo man auch Deutsch spricht und nicht irgendein Kauderwelsch (also Bayern z. B.).

Das einzige was mir dazu einfällt ist, dass man durch "phonologische Bewusstheit" schon im Vorfeld gerne Legastheniker aussortiert um mit diesen dann speziell zu üben, eben indem diese Wörter so schreiben sollen (in Laute zerlegen sollen) wie sie sie "verstehen" - das wird aber nicht das ganze Schuljahr über gemacht, sondern dafür gibt es einmalige 30 Minuten bis 60 Minuten Tests die dann ausgewertet werden.

Diamante hat geschrieben:Und wenn sie dann auf einmal richtig schreiben müssen und es auch benotet wird, dann sind meiner Meinung nach wieder viele Kinder, die angeblich eine Rechtschreibschwäche haben. Sowas fördert doch eher die Rechtschreibschwäche, oder?

Naja, diese ist angeblich zu großen Teilen genetisch bedingt und weniger durch Erziehung.

Diamante hat geschrieben:Ich kann mir vorstellen, dass man sich so erklären kann, warum in Foren eher zum Beispiel "aba" statt "aber" von den jüngeren Usern geschrieben wird und warum die ganzen Fehler entstehen.

Naja, die sind aber meist schon etwas länger auf der Welt die so schreiben bzw. das Internet benutzen können. Und ich glaube auch nicht, dass das großartig etwas mit Legasthenie zu tun hat, denn viele sind halt einfach nur asozial und können kein ordentliches Deutsch sprechen. Sieht man ja auch an Idiotenfehlern wie Standart / Standard oder entgültig / endgültig usw. - denn das stimmt schon, dass man 99 % aller Rechtsschreibfehler vermeidet wenn man die Aussprache gut beherrscht. Aber das muss man eben auch erst einmal können und das können fast nur alle oberhalb der A38er Linie ;) von Geburt an, der Rest muss auch das erst lernen.

Benutzeravatar

» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



So ist das bei meinem Sohn auch gewesen. Naja, ich halte nichts davon. Nun ist Kai in der 2 Klasse und nun müssen die Wörter sitzen, aber in der 1 Klasse wurde nach Gehör geschrieben. Das war dann richtig. Es wurde so erklärt, dass die Kinder sich was zutrauen sollen und frei schreiben sollen.

Es ginge da auch mehr drum, dass sie die Buchstaben lernen und "hören" lernen. Nun sind wir in der 2 Klasse und es ist alles anders und ich finde die Kinder tun sich dadurch schwer.

Benutzeravatar

» MoneFö » Beiträge: 2938 » Talkpoints: -3,73 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich finde das sehr, sehr fragwürdig. Warum bitte kann man den Kindern die Rechtschreibung nicht von Anfang an beibringen? So prägen Sie sich falsche Schreibweisen von Wörtern ein, und diese dann aus dem Kopf zu bekommen wird zunehmend schwierig.

Man kann das Ganze ja auch ohne großen Druck praktizieren, es gibt meines Wissens nach eh keine Benotung im 1. Schuljahr, aber dennoch sollte man den Kindern doch die korrekte Rechtschreibung vermitteln. Denn sonst ist es für die Kinder doch auch psychisch belastend. Erst ist alles richtig und okay und dann, in der 2. Klasse, heißt es auf einmal "nein, das Wort XY schreibt man nicht so". Ich finde das aus der Sicht eines Kindes doch sehr belastend und verwirrend und frage mich, welche pädagogischen Asse sich das nun wieder ausgedacht haben.

Benutzeravatar

» netti78 » Beiträge: 3238 » Talkpoints: 18,35 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Der Gedanke dahinter ist wahrscheinlich, dass die Kinder ein Gefühl dafür bekommen sollen wie man das Gehörte in Text umsetzt. Aber abgesehen von der schon angesprochenen Tatsache, dass natürlich nicht jeder perfektes Hochdeutsch spricht, sehe ich auch noch ein ganz anderes Problem.

Es ist doch total verwirrend für ein Kind, wenn es in der zweiten Klasse plötzlich mit der Tatsache konfrontiert wird, dass es eine verbindliche Rechtschreibung gibt. In einem Jahr kann man sich wahrscheinlich noch nicht so viel an falschen Schreibweisen angewöhnen, aber bei einfachen Wörtern kann das vielleicht schon vorkommen und dann muss man diese dem Kind mühsam wieder abgewöhnen.

Ich halte es aber für genauso verwirrend, wenn die Eltern zu Hause die Rechtschreibung des Kindes korrigieren, während das in der Schule nicht passiert. Da ist es wahrscheinlich sinnvoller dem Kind Bücher zu Verfügung zu stellen, es gibt ja genug Bücher speziell für Leseanfänger.

Benutzeravatar

» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Statt nur zu meckern, dass das Schulsystem immer schlechter wird, sollte man vielleicht einfach mal Neuerungen weniger kritisch gegenüber stehen. Die Ammenmärchen a la: "Man lernt etwas falsch und dann wird man nie wieder verstehen, wie Rechtschreibung funktioniert" ist seit den 70igern veraltet - dank Elternprotesten konnten sich aber "neue" Lehrmethoden bisher nicht so wirklich durchsetzen. Zum Glück ist man seit PISA etwas gieriger, was Lehrevolution betrifft.

Dass in der Grundschule sofort mit Rechtschreibregeln angefangen wird war Jahrzehntelang blödsinnige Realität, Regeln kann man später genau so gut lernen. Durch phonetische Schreibung können aber Grundschüler schon ganze Texte schreiben, das Textverständnis, die Ausdruckskraft, Wortschatz und Abstraktionsvermögen werden dadurch geschult und die Schüler werden nicht gleich mit Regeln und Verboten drangsaliert.

Unterm Strich werden mit diesen Methoden vergleichbare Ergebnisse erzielt, wie mit dem herkömmlichen Schriftspracherwerb mit Tendenz nach oben. Dabei haben fremdsprachige Kinder mehr Förderung erhalten und durch die erworbene phonologische Bewusstheit wird den Kindern einiges Wissen für den Fremdspracherwerb mitgegeben.

Benutzeravatar

» Feuerputz » Beiträge: 1415 » Talkpoints: 7,29 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Feuerputz hat geschrieben:Die Ammenmärchen a la: "Man lernt etwas falsch und dann wird man nie wieder verstehen, wie Rechtschreibung funktioniert" ist seit den 70igern veraltet.

Natürlich ist das Quatsch und die Tatsache, dass sich die meisten von uns wahrscheinlich irgendwann mal mit der Umstellung auf die neue Rechtschreibung befassen mussten beweist das ja auch. Aber die Frage ist doch - wenn man etwas von Anfang an richtig lernen kann, warum sollte man es dann falsch lernen und den Fehler später korrigieren? Das ist doch absolut ineffektiv.

Ich finde es jedenfalls völlig unlogisch zu glauben, dass man Rechtschreibung besser ohne Regeln lernen kann, denn irgendwann muss man die Regeln doch sowieso lernen. Sicher wird das Lernen der Regeln das Textverständnis und so weiter etwas verlangsamen - aber ob im ersten Schuljahr nun hauptsächlich Textverständnis und im zweiten Schuljahr hauptsächlich Regeln gelernt werden oder ob in den Schuljahren beides parallel passiert kommt doch im Endeffekt auf das gleiche raus, oder?

Benutzeravatar

» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Nein, eben nicht. Die Schüler fangen eben zunächst an Texte zu schreiben, so wie sie denken, dass es richtig ist. Man hat sich ewig damit herumgeschlagen Schreibanlässe für Schüler zu schaffen, aber weil sich diese durch Rechtschreibregeln zu sehr beengt gefühlt haben kamen dann nur solche Schotten wie "Ali mag Oma" bei heraus. Ihnen fehlte es also an Ausdruckskraft, Sprachverständnis und Logik.

Jetzt lernen die Schüler Sprache anzuwenden, dann werden ihnen nach und nach Kategorien beigebracht, in die sie ihr Wissen rückwirkend einordnen können. Phonologisch bedingte Rechtschreibfehler sind nämlich durchaus strukturiert und können dann schablonenartig nach und nach durch regelkonforme Wortteile ersetzt werden. Sobald es dann in der fünften Klasse daran geht eine Fremdsprache zu lernen, kann dieses Strukturwissen erneut angewendet werden, die Kinder haben also die Fähigkeit erlangt universales Wissen über den Aufbau einer Sprache auf einen Wortschatz anzuwenden.

Die Idee dabei ist, dass Schriftsprache eben nicht hierarchisch über mündlicher Sprache steht. Wenn man also beim Lernen dort ansetzt, wo Kinder schon ganz automatisch Wissen erlangt haben, der mundsprachlichen Verwendung, kann man einen höheren Wissensstand erlangen, als wenn man ihnen erst alles Wissen über Sprache abspricht.

Benutzeravatar

» Feuerputz » Beiträge: 1415 » Talkpoints: 7,29 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Wie vielleicht manchen hier bereits bekannt ist, habe ich selber einen sieben Jahre alten Sohn. Er geht mittlerweile in die zweite Klasse. Aber als ich die ersten Korrekturen seiner damaligen Lehrerin gelesen hatte, sie übten das Schreiben, ist mir die Kinnlade runtergefallen. Ich habe mein Kind gefragt, ob sie das wirklich durchgelesen hätte. Die Wörter und Sätze waren voller Rechtschreibfehler.

Dabei ging es nicht nur um Groß- und Kleinschreibung, nein, auch der komplette Wortaufbau war zum Teil falsch. Zuerst habe ich gedacht, daß sie vielleicht einen schlechten Tag gehabt hat. Wie selbstverständlich habe ich meinem Sohn die richtige Schreibweise gezeigt. Er konnte zu dem Zeitpunkt sowieso schon lesen und manches schreiben, denn er wollte dieses vor seiner Einschulung lernen. Das kam mir hier natürlich zu gute, da er meine Verbesserungsvorschläge ohne Murren annahm. Er war es ja gewohnt von mir unterrichtet zu werden. Aber das ist bestimmt nicht überall so.

Ich kann mir aber gut vorstellen, daß einige Mütter eventuell bei dem Versuch ihren Sprößlingen das Richtige beizubringen scheitern könnten. Gemäß dem Motto, die oder der Lehrer hats gesagt und dann ist es auch richtig. Für mich stand von Anfang an außer Zweifel, daß ich immer eine Korrektur vornehmen werde. Ich halte gar nichts davon Kindern die Rechtschreibung in der ersten Klasse vorzuenthalten. Und ich denke auch, daß Kinder in der Lage sind Ausdruchkskraft, Logik, Sprachverständnis und so weiter zu lernen, aber gleichzeitig die Wörter zu schreiben, wie sie im deutschen Duden verankert sind.

Bin ja mal gespannt, wie lange dieser Unfug an manchen Schulen praktiziert werden wird. Spätestens wenn die Lehrmethode faule Früchte trägt, wird die Sache hoffentlich wieder verschwinden. Ich meine, die älteren Generationen haben es doch auch geschafft. Wieso traut man das den jetzigen nicht mehr zu?

» Fabienne3 » Beiträge: 824 » Talkpoints: 23,73 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^