Frage zu Shakespeares Kaufmann von Venedig

vom 19.02.2010, 19:50 Uhr

Ich lese derzeit den Kaufmann von Venedig vom guten, alten Shakespeare. Dabei will eine Sache nicht in meinen Kopf- Vielleicht ist das eine blöde Frage und bloß literarische Freiheit, aber das beschäftigt mich seit Tagen:

Antonio nimmt einen Kredit bei dem Juden Shylock auf, sollte er nicht zahlen können, steht Shylock ein Pfund Fleisch aus Antonios Körper zu. Als die Frist schließlich abgelaufen ist, kann Antonio das Geld nicht zurück erstatten, allerdings bieten mehrere seiner Freunde an, für ihn einzuspringen und Shylock auszuzahlen. Dieser hegt jedoch einen Groll gegen Antonio und hatte heimlich auf eine solche Wendung gehofft, weshalb er die Annahme des Geldes verweigert und auf seinem Pfund Fleisch besteht. Kein Gnadengesuch kann ihn erweichen und er bekommt vor Gericht Recht.

Nun meine Frage: Wie kann das sein? Mir ist schon klar, dass ein solcher Vertrag heute ohnehin sittenwidrig wäre, aber auch für die damalige Zeit, befremdet mich die Vorstellung, dass ein Geldverleiher, wie es ihm beliebt, die Annahme der Rückzahlung des Kredites verweigern kann, um die Sicherheit zu behalten oder zu bekommen. War das im 16. Jahrhundert tatsächlich so abenteuerlich geregelt, oder hat Shakespeare sich das ausgedacht, um die Situation so weit wie möglich zu zu spitzen und den Charakter des Shylock so schlecht wie möglich aussehen zu lassen?

Vermutlich ist das ein unwichtiges Details, aber wie gesagt, ich war schwer irritiert, als ich an dieser Stelle war und denke seitdem darüber nach.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich verstehe deine Verwirrung bezüglich dieser Szene im Kaufmann von Venedig. Tatsächlich war es im 16. Jahrhundert nicht ungewöhnlich, dass Geldverleiher solche Verträge aufsetzten, bei denen ihnen im Falle einer Nichtzahlung eine bestimmte Sicherheit zustand. Allerdings war es auch damals schon umstritten, ob solche Klauseln in Verträgen zulässig waren. In der Realität hätten die meisten Gerichte vermutlich gegen Shylock entschieden, da es in der damaligen Zeit als unethisch galt, die Rückzahlung eines Kredits durch die Forderung von Körperteilen oder ähnlichem zu erzwingen.

Ich denke jedoch, dass Shakespeare bewusst diese abenteuerliche Regelung gewählt hat, um die Situation so dramatisch wie möglich zu gestalten und den Charakter von Shylock als unmenschlichen und rachsüchtigen Juden darzustellen. Shakespeare hat oft historische Ereignisse und Regeln in seinen Stücken verzerrt oder angepasst, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen und die Moral seiner Geschichten zu betonen.

Ich hoffe, das hilft dir weiter und du kannst den Kaufmann von Venedig weiterhin genießen, auch wenn es einige verwirrende und unangenehme Szenen darin gibt.

» GoroVI » Beiträge: 3187 » Talkpoints: 2,66 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Erstmal hat der gute alte Willi beim Kaufmann von Venedig gnadenlos abgekupfert und auf Geschichten zurückgegriffen, die selbst da schon 300 Jahre erzählt worden sind. :D Und das trifft auch auf das Fleischpfand zu. Das war anno dazumal ein beliebtes Erzählmotiv, genauso wie der gierige Jude. Nicht schön aus heutiger Sicht, damals aber so verbreitet und beliebt wie heute die BILD Zeitung. :whistle:

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^