Die Beschneidung der Frau - ein grausamer Brauch

vom 15.02.2010, 03:47 Uhr

Hallo liebe Community,

ich schneide hier mal ein Thema an, das mich sehr bewegt. In vielen Ländern, besonders in Somalia, Guinea und Ägypten, ist die Beschneidung der weiblichen Genitalien ein Brauch, der eigentlich verboten werden sollte.

Für diejenigen, die sich mit der Thematik nicht so gut auskennen, aber mitreden wollen, stelle ich an dieser Stelle ein paar Zahlen und Fakten rein:

Die Anzahl der bereits beschnittenen Frauen weltweit, liegt nach Schätzungen der Unicef bei rund 130 Millionen. Jährlich kommen zwei Millionen hinzu. Im Durchschnitt macht das 6000 Beschneidungen pro Tag. Der Eingriff wird normalerweise im Kindesalter vorgenommen. Die Mädchen sind dabei höchstens zwölf Jahre alt. 5 bis 10 Prozent von ihnen sterben an den direkten Folgen der Beschneidung, sie verbluten qualvoll. Weitere 20 Prozent sterben an den Spätfolgen, wie einer Infektion der mangelhaft behandelten Wunde. Die Genitalverstümmelung wird in 30 afrikanischen Ländern, einigen Golfstaaten und teilweise auch im asiatischen Raum (z.B. Malaysia oder Indonesien) durchgeführt.

Wie läuft die Beschneidung ab?
Die Verstümmelung der weiblichen Genitalien ist wesentlich gefährlicher und umstrittener, als die Beschneidung der männlichen Vorhaut. Der Eingriff erfolgt nicht unter medizinischer Obhut, sondern mitten in der Wildnis. Weder die Wunde, noch die Werkzeuge werden desinfiziert. Verbände werden - wenn überhaupt - provisorisch aus alten Stoffen oder Kleidern gefertigt. Keines der Mädchen wird betäubt. Das bedeutet, dass sie die unbeschreiblichen Schmerzen bei vollem Bewusstsein miterleben müssen. Die Eltern der Mädchen entscheiden, wann ihr Kind beschnitten werden soll. Sie kontaktieren eine traditionelle Hebamme, die den Eingriff durchführen soll. Ein Treffen wird vereinbart. Das Mädchen legt den Kopf dabei in den Schoß ihrer Mutter und schließt die Augen. Mit Hilfe einer alten Rasierklinge oder eines stumpfen Messers werden dann die äußeren Bestandteile der Vagina abgetrennt. Wie viel entfernt wird, ist kulturabhängig. Nach der Beschneidung wird die Wunde zugenäht. Dornen fungieren als Nadel, ein einfacher Strick als Nähgarn. Die Öffnung, die zurückbleibt, ist nicht größer als der Kopf eines Wattestäbchens.

Gesundheitliche Folgen:
Neben dem erhöhten Infektionsrisiko durch den unhygienischen Ablauf der Genitalverstümmelung, gibt es noch weitere Risiken, die die beschnittenen Mädchen ein Leben lang verfolgen. Da die Öffnung so klein ist, hat die Mehrheit der Betroffenen Probleme beim Stuhlgang oder während der Monatsblutung. Die nächste Tortur ist die Hochzeitsnacht, in der der Ehemann die Naht gewaltsam aufreißen darf. Am schlimmsten wirken sich die Folgen der Beschneidung jedoch bei der Entbindung aus. Einige der frischgebackenen Mütter verbluten nach einem Marathon an Schmerzen. Neben den physischen Folgen tragen die beschnittenen Frauen auch seelische Schäden davon. Niemals werden sie den Eingriff vergessen können. Viele Beschnittene leben in der ständigen Angst, die Wunde könnte einreißen oder eitern. Dennoch wird die Genitalverstümmelung auch von ihnen nicht selten als etwas Schönes, etwas Unbedingtes anerkannt.

Gründe und Zwänge:
Aus medizinischer Sicht lässt sich die Beschneidung der Frau in keinster Weise begründen. Leider wird diese Tatsache vehement verkannt. Anstatt sich gegen den Eingriff zu wehren, verlangen die Mädchen sogar oftmals nach ihm. Denn erst nachdem sie beschnitten sind, werden sie in ihrer Gesellschaft als reine und wertvolle Frauen anerkannt. Nur dann haben sie Chancen, einen reicheren Mann zu heiraten und ihrem wirtschaftlichen Elend zu entkommen. Unbeschnittene Mädchen werden von der Gesellschaft verstoßen, von ihren Familien ausgesetzt. Die Idealvorstellung der beschnittenen Frau stammt angeblich aus dem Koran. Allerdings gibt es darin keinen Vers, der diese These belegt. Dass die Frauen dennoch an das glauben, was ihre Männer ihnen erzählen, liegt daran, dass die Mehrheit der Mädchen nicht zur Schule gehen darf. Folglich können sie nicht lesen, auch nicht den Koran. Aber warum wollen die Männer eine beschnittene Frau? Ein mögliches Motiv wäre der Wunsch, eine Jungfrau zu heiraten. Zugenähte Mädchen können beweisen, dass sie nie zuvor Geschlechtsverkehr gehabt haben. Ein zweites Motiv wäre der Wunsch nach einer treuen Frau. Der Ehemann will sicher sein, dass seine Frau keine Lust empfindet, sich darum also nicht nach anderen Männern umsieht. Verallgemeinernd kann man wohl sagen, dass die Genitalverstümmelung der Mädchen einzig und allein auf den Wünschen der Männer basiert. Grausame Tatsache ist: Frauen sind in diesen Kulturkreisen weniger wert als Männer und demnach ist es egal, was sie wollen oder fühlen.

Was kann man tun?
Solange die Frauen nicht aufgeklärt werden und sich gegen das ihnen wiederfahrene Unrecht stark machen, ist die Aussicht auf eine Verbesserung der Situation gering. Organisationen, wie die Unicef oder kleinere lokale Fraueninitiativen, setzen sich engagiert für die Aufmerksamkeit der Gesellschaft und die medizinische Versorgung der verstümmelten Mädchen ein. Frauenschutzhäuser sollen Frauen, die sich gegen die Beschneidung entscheiden, ein neues Zuhause bieten. Eine weitere Maßnahme ist die Einführung neuer Traditionen und Riten, um den kulturellen Identitätsverlust auszugleichen. Helfen Sie mit, dass das Thema im Blickpunkt der Öffentlichkeit bleibt und nicht vergessen wird. Denn nur dann bleibt in Zukunft mehr und mehr Mädchen die lebenslange, unmenschliche Qual erspart.

Tut mir Leid, dass ich hier so viel schreibe, aber das Thema geht mir sehr nahe und ich würde gern etwas dagegen tun, aber wie nur? Ich verweise hier auch gern nochmal auf das Buch "Die Wüstenblume" von Waris Dirie, die diese grausame Erfahrung leider auch gemacht hat. Es gibt inzwischen auch einen Film zum Buch.

Ich würde mich freuen, wenn ihr ein paar Gedanken zur Thematik äußert.

Liebe Grüße,
Orchidee

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» Orchidee » Beiträge: 37 » Talkpoints: 0,23 »



Ich habe zum ersten Mal davon gehört, als wir im Philosophie dieses Thema kurz anschnitten in Bezug zum Thema Frauchenrechte weltweit, und war ehrlich geschockt das es so etwas Schreckliches gibt und Frauen dies den Kindern freiwillig antun und davon auch noch überzeugt sind.

Inzwischen habe ich einige Berichte darüber gelesen und so schrecklich und ekelerregend alleine schon das Lesen war, habe ich mich weiter über dieses Thema informiert, denn ich finde man sollte auch solche Sachen wissen. Erst vor ein paar Monaten lief ein wirklich schrecklicher Bericht auf Prosieben, der mich fast zur Toilette liefen lies, denn dort waren zwei Reporter in einem Dorf, das diesen Brauch betreibt. Man konnte eine Beschneidung teilweise sogar im Fernsehen wiedergeben und es war wirklich entwürdigend, grausam und widerlich. Dem Kleinen Mädchen wurde erzählt das etwas Schönes passieren würde und man hat sie in ein hübsches Kleidchen gesteckt und dann in einen Raum gebracht. Als sie die Rasierklingen sag hat auch sie gemerkt das irgendwas nicht stimmte und hat angefangen zu schrien. Ohne Betäubung und ohne auf sie zu achten, hat man ihr das angetan und sie dann später einfach liegen gelassen und gesagt sie wäre jetzt eine Frau. Ich musste während der ganzen Sendung so bitterlich weinen und konnte nicht fassen, wie man einem Kind so etwas antun kann.

Ich find den gesamten Akt einfach grausam, niederträchtig, und absolut kaltherzig, mal ganz abgesehen davon das es gesundheitlich auch absolut gefährlich ist und die Mädchen später starke Probleme bekommen können, oder sogar direkt danach sterben, fand ich es erschreckend das die Frauen die dies dem Mädchen antaten, gar kein Mitleid mit der Kleinen zu haben schienen. Das hat mich echt geschockt. Es war für sie so selbstverständlich und toll und sie waren auch noch stolz auf die Kleine, die gar nicht wusste was ihr Schlimmes da geschah.

Das Reporterteam hat jedoch versucht aufzuklären und wollte ein paar Mädchen mit zu einer Tagung nehmen, die über ihre Zukunft in der Hinsicht entscheiden sollte. Die Mädchen waren teilweise schon besschnitten, oder sollten es noch werden. Es gelang den Reportern sogar, das Dorf und die Familien zu überreden das die Mädchen mit zur Tagung dürfen, ob diese jedoch viel gebracht hat, bleibt leider abzuwarten. Ich hoffe jedoch sehr das man vielleicht für ein wenig Aufklärung schaffen konnte. Denn schon abgesehen von der Beschneodung selbst, haben die Mädchen oft noch jahrelange Schmerzen und müssten mehrmals operiert werden. Ich hoffe sehr, das die Menschen dieser Völker und Dörfer irgendwann erkennen, das sie nicht den Wert ihrer Töchter steigern, sondern diese verstümmeln und seelisch vernichten und etwas dagegen unternehmen werden.

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» pichimaus » Beiträge: 2016 » Talkpoints: 6,99 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ich bin ja der Meinung, dass man jede Kultur und Religion akzeptieren sollte. Es wäre schwachsinnig in jede Angelegenheit einzumischen und andere Kulturen davon zu überzeugen was gut und was schlecht ist. Denn genau das kann man nicht sagen, weil wir unsere Kultur hineingeboren wurden und nicht wirklich neutral darüber urteilen können.

Bei Beschneidungen ist das aber etwas anders, wie ich finde. Denn dort werden kleine Kinder meist im Alter von 5-7 Jahren "operiert" ohne dass sie wirklich wissen wozu das ist. Das wichtigste für die Menschen dort ist, DASS es passiert nicht WARUM es sein muss. Da ist die unhygienische Art und Weise nur ein Kritikpunkt.

Ich wünsche mir nicht, dass andere Länder sagen, dass es abgeschafft werden muss. Am besten wäre es, wenn man dort von alleine diesen Brauch abschafft bzw. nicht an Kindern ausübt, die meist gezwungen werden.

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» LastGen » Beiträge: 411 » Talkpoints: 0,10 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Hallo ihr Lieben,

danke für eure Antworten. Ich finde es sehr schlimm, wenn einige Männer (nicht hier, aber in anderen Foren) behaupten, die Beschneidung des Mannes wäre doch nichts anderes. Da könnte ich jedes mal ausrasten.

Schon allein die Tatsache, dass die Beschneidung der Frau ohne Betäubung und Desinfektion stattfindet, ist einfach nur grausam und unvorstellbar.

Das Problem ist wirklich die Aufklärung. In den Ländern, in denen das praktiziert wird, können oftmals nur die Jungen und Männer lesen, Mädchen bekommen so gut wie nie die Chance, in die Schule zu gehen. Sie können nicht Lesen und müssen darum den Männern glauben, was angeblich im Koran steht. Diese behaupten dann, dass dort etwas von der Beschneidung steht, was natürlich der absolute Unsinn ist.

Es gibt auch Frauen, die sich dagegen wehren und sich weigern, ihre Töchter beschneiden zu lassen. Eine nicht-beschnittene Frau hat in diesen Kulturkreisen aber keine Chance auf einen Ehemann und wird darum dann oft von der Familie verstoßen. Man müsste ein paar mehr Einrichtungen günden, in denen die Frauen dann Zuflucht finden. Ein paar davon gibt es ja bereits.

Ich fände es auch wichtig, dass die Bevölkerung selbst erkennt, was das für ein unfug und Unrecht ist. Denn nur so kann das Problem langfristig gelöst werden. Ein Verbot durch ein anderes Land hilft nicht für immer, denn früher oder später würden die Menschen Wege finden, um damit weiterzumachen.

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» Orchidee » Beiträge: 37 » Talkpoints: 0,23 »



Orchidee hat geschrieben:Ein Verbot durch ein anderes Land hilft nicht für immer, denn früher oder später würden die Menschen Wege finden, um damit weiterzumachen.


Das würde nicht einmal funktionieren, wenn es sich als strafbar erweisen würde. In den Ländern ist der Glauben wesentlich wichtiger als eine Staatsgewalt. Ein wichtiger Punkt ist - wie du schon sagtest -, dass nirgends steht, dass eine beschnittene Frau sauber und unbefleckt ist. Unbeschnittene Frauen finden so gut wie keinen Ehemann. So doof es auch klingt: Da kann ich die Sorgen der Eltern verstehen, denen das Kind dann vermutlich nur zur Last fallen wird. Für die geht es doch auch um´s Geld.

So ist es zum Beispiel in Afghanistan so, dass Drogen angebaut werden, weil man damit mehr Geld verdient als mit Rosen. Selbst wenn US-Soldaten kommen und die Felder vernichten, wird in einpaar Wochen wieder neu angebaut. Die ziehen ihr eigenes Ding durch, egal ob strafbar oder nicht. Für die geht es meist um´s Überleben oder ein angenehmes Leben.

Ich glaube in Indien ist es so, dass Neugeborene des weiblichen Geschlechts umgebracht werden, weil sie nichts "nützen". Ein Junge/Mann bringt bei der Hochzeit den Vorteil mit, dass die Familie der Frau Geld an die Familie des Mannes zahlen soll - irgendwann gibt es dort mehr Männer als Frauen.

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» LastGen » Beiträge: 411 » Talkpoints: 0,10 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Das mit den Drogen und die Sache mit Indien wusste ich noch nicht. Aber sehr interessant, was es alles gibt - und auch sehr erschreckend.

Ich glaube auch, dass die religiösen Vorstellungen (die ja ansich nur auf Lügen basieren) den Kulturen wichtiger sind, als Gesetze und Menschenrechte. Vielleicht sollte man den Eltern, die ihr Kind nicht zwangsverheiraten und beschneiden lassen einen extra Preis anbieten. Quasi einen höheren Preis, als der künftige Ehemann zahlen würde. Ob das was bringen würde? Aber selbst wenn, könnte das vermutlich niemand finanzieren.

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» Orchidee » Beiträge: 37 » Talkpoints: 0,23 »


Ich finde den Film "Die Wüstenblume" zu diesem Thema auch sehr angemessen. Es gibt übrigens auch das gleichnamige Buch dazu. Die Geschichte handelt von dem Model Waris Dirie. Waris, die in einer Nomadenfamilie in der somalischen Wüste aufwuchs, wurde bereits im zarten Alter von nur fünf Jahren beschnitten und floh mit 13 Jahren zu Verwandten, da sie sich weigerte den Mann zu heiraten den ihre Eltern für sie ausgesucht hatten. Von dort wurde sie zu einem Onkel nach London gebracht, wo sie 4 Jahre lang als Hausmädchen arbeitete, bis sie schließlich als Model entdeckt wurde.

Irgendwann fasste sie sich jedoch ein Herz und machte die Öffentlichkeit endlich auf das weltweite Problem der Gentialverstümmelung aufmerksam aufmerksam. Waris Dirie war die erste Frau die bewusst das Thema der weiblichen Genitialbeschneidung in die Medien brachte und dagegen ankämpfte. Bis heute kämpft sie als Sonderbotschafterin der UNO gegen das Problem an.
Hier ein Link zur offiziellen Website des Buches/Films:
http://www.wuestenblume-film.de/

Meiner Meinung nach wurde das Thema viel zu lange verschwiegen. Ich finde es absolut schrecklich, dass sogar hier in Deutschland diese fürchterliche Tradition weitergeführt wird! Ein solches Vergehen, an meist auch noch sehr jungen Mädchen, sollte härter unter Strafe gestellt und ohne Ausnahme verboten werden! Ich wüsste auch gerne, ob es Organisationen gibt in denen man sich bewusste gegen diese Tradition einsetzten kann. Damit meine ich allerdings nicht Geld spenden! Kennt jemand solche Organisationen?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



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