Weißbrot nur an Sonntagen?

vom 11.02.2010, 19:21 Uhr

Vor einiger Zeit habe ich Urlaub am Bodensee gemacht. Wir wohnten dort in einer Ferienwohnung auf einem Bauernhof. Die Betreiber des Hofes, ein Ehepaar, welches so um die 70 Jahre alt war, lebten sehr bescheiden.

So waren wir auch ein paar Mal in ihren privaten Räumen eingeladen und wir hatten uns über vieles alltägliches unterhalten. Dabei kamen wir auf das Thema Frühstück. Der Bauer erzählte mir, seine Tage wären einer wie der andere, gerade weil sie auch noch Tiere hatten, die bewirtschaftet werden mussten. Nur der Sonntag wäre ein besonderer Tag. An diesem Tag gäbe es kein normales Brot, sondern Weißbrot. Er würde also nur am Weißbrot merken, das Sonntag ist.

Das hat mich sehr nachdenklich gemacht. Zum einen lebten sie wirklich bescheiden, zum anderen war es für den Bauern und seine Frau das Größte, am Sonntag sich den Luxus leisten zu können, Weißbrot zu essen. Das ist etwas, was für uns normal ist, wir entscheiden doch irgendwie jeden Tag aufs Neue, ob wir Brot, Vollkornbrot, Brötchen oder Toast essen möchten.

» urilemmi » Beiträge: 2263 » Talkpoints: 7,31 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Die meisten alten Leute haben sich noch nicht so an diese Zeit gewöhnt und leben noch immer wie vor vielen, vielen Jahren. Das kenne ich auch.

Früher mußten sie sparsam sein und so gab es besondere Geschichten halt nur am Sonntag. Das für einen Bauern, der noch Vieh hat, jeder Tag wie der andere ist kenne ich. Ich bin selber auf einem Bauernhof aufgewachsen. Man kann nicht einfach sagen, heute arbeite ich nicht, weil Sonntag ist. Die Tiere wollen auch gemolken und versorgt werden.

Als ich noch klein war gab es auch am Sonntag Semmeln, die es unter der Woche kaum gab und noch ein paar so extras. Mittlerweile hat sich das aber geändert und man lebt wie jeder andere auch. Aber die alten Leute wollen das meistens gar nicht. Sie haben ihre Gewohnheiten lieb gewonnen.

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» torka » Beiträge: 4376 » Talkpoints: 7,91 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Bei mir ist es sogar jetzt noch ähnlich: unter der Woche gibts Müsli oder Kornflakes und am Wochenende Brötchen. Finde ich ganz in Ordnung, da man sich dann an diesen Luxus nicht gewöhnt und eine frische Brezel immernoch etwas Besonderes ist. So bleibt die Freude an etwas erhalten!

Das aktuelle Leben im Überschwang ist gar nicht so toll, wie es andauernd proklamiert wird. Zum einen gibt es dann kaum noch eine Steigerung, es sei denn man gibt immer mehr Geld aus oder gräbt im hinterletzen Eck, um etwas Neues zu finden und zum anderen wird dadurch der Druck auf den Konsumenten unglaublich hoch. Da wären wir dann bei dem Mein-Freund-Hat-Lacoste-Schuhe-Und-Ich-Nicht - Dilemma, worauf ich aber nicht näher eingehen möchte (offtopic, es sei denn eine etwas ausschweifendere Diskussion sei erlaubt).

Maßlosigkeit ist eine Todsünde und wir werden alle dazu verleitet. Deshalb halte ich ein Durchhaltevermögen, wie es dieser Bauer zu Tage legt, bewundernswert. Und ich wette, er ist damit glücklicher als manch Überreicher, der mit Golduhr und Bugatti seinen Hals immernoch nicht voll genug bekommen kann. Denn Vorfreude ist oft schöner als der Gegenstand der Vorfreude selbst.

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» Muttersoehnchen » Beiträge: 134 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Bei uns gab es früher nur am Wochenende Brötchen und während der Woche meistens zwei oder drei Sorten Brot, meistens Toast und Graubrot und manchmal auch Schwarzbrot. Daher waren Brötchen für mich am Wochenende immer ein Highlight. Unter der Woche gab es einfach niemanden, der morgens früh noch Brötchen holen konnte. Die Fahrt zum Bäcker nimmt ja auch immer zusätzliche Zeit in Anspruch, die man morgens meistens aufgrund von Arbeit, Schule oder Uni nicht hat.

Ich denke schon, dass man sich mehr über ein bestimmtes, leckeres Nahrungsmittel freut, wenn man dieses nicht täglich isst. Daher kann ich gut nachvollziehen, dass die Betreiber des Hofs, wo ihr euren Urlaub verbracht habt, sich richtig auf den Sonntag freuen. Gerade auf einem Bauernhof gibt es ja kein wirkliches Wochenende, da die Tiere natürlich jeden Tag gleich gut versorgt werden müssen. Daher ist es umso schöner, wenn man sich dann ein anderes Highlight schafft. Dieses besondere Frühstück bedeutet den Hofbesitzern dann vielleicht ebenso viel wie einem Angestellten sein freier Sonntag.

Auf der einen Seite finde ich es sehr schön, wenn man jede Woche noch einen kleinen Höhepunkt hat, auf den man sich freuen kann. Dadurch ist man dann auch nach Jahren noch in der Lage, auch kleine Dinge wertzuschätzen, die sonst selbstverständlich werden, wenn man immer alles zur Verfügung hat. Allerdings ist es für mich ein Stück weit Gewohnheit geworden, eine größere Auswahl zu haben und ich glaube, dass es mir schon schwerfallen würde, auf manche Dinge einfach zu verzichten. Auf Weißbrot beziehungsweise Toast könnte ich kaum verzichten, da ich fast kein anderes Brot esse. Brötchen mag ich noch lieber, aber diese hole ich mir auch nicht jeden Morgen. Dennoch mag ich den Gedanken, dass ich ja theoretisch auch jeden Morgen Brötchen essen könnte.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich kenne recht viele Leute, die unter der Woche recht spartanisch frühstücken, aber sonntags dann ein halbes Buffett aufbauen, mit Weißbrot, weichgekochten Eiern, Obst nach Saison, frisch gepresstem Orangensaft und noch anderen Sachen. Auch bei älteren Leuten, also rentnern, die dafür auch in der Woche ja durchaus Zeit hätten.

Vermutlich hat sich das aber einfach so eingebürgert bei den Betreffenden. Als sie noch gearbeitet haben, war während den Wochentagen keine Zeit, morgens lange etwas vorzubereiten und dann lange zu frühstücken, also machte man das am Sonntag. Und das ist dann eben so geblieben.

Bei einem Bauern, der noch Tiere hat, wird es so sein, dass er trotz seines Alters sicherlich immer noch mit anpacken muss. Da ist der Sonntag dann eben ein besonderer tag. Zumal gerade in ländlichen Regionen wirklich oft noch die Sonntagsruhe herrscht, während man in größeren Städten kaum mitbekommt, dass Sonntag ist.

» Morgaine » Beiträge: 2701 » Talkpoints: 9,09 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Vergleichbar ist es ja in etwa mit dem, wenn Leute nur an Sonntagen zum Beispiel Fleisch essen und es maximal auch am Folgetag zu sich nehmen, da Reste übrig sind. Leider hast Du nicht dazu geschrieben, was es denn anstelle von dem Weißbrot gab. Handelt es sich dabei um Graubrot oder ein Mischbrot? Ich kenne es eigentlich auch so, dass wir selbst am Samstag Brötchen gegessen haben, die es an anderen Wochentagen nicht gegeben hat und sonntags wurde der Toaster heraus geholt, unter der Woche gab es auch keinen Toast, sondern normales Brot. Damit war es etwas besonderes und ich habe mich beispielsweise auch immer auf Brötchen am Samstag gefreut!

Da es scheinbar schon ein Leben lang bei diesem Ehepaar so war, dass sie nur sonntags Weißbrot gegessen haben, muss es nicht unbedingt etwas mit Bescheidenheit zu tun gehabt haben, sondern damit, dass sie es so gewohnt waren und ab einem gewissen Alter sind Gewohnheiten nun einmal so vorhanden, die sich nicht mehr beseitigen lassen. Immerhin wäre damit auch wiederum eine Umstellung verbunden, die man hier vielleicht gar nicht gewollt hätte.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Viele alte Leute aßen lange Zeit nur sehr selten Weißbrot. Meine Oma erzählt mir öfter, dass sie nur, wenn jemand aus der Familie Geburtstag hat, Weißbrot bekommen. Jeden Sonntag aßen sie nach der Kirche Schwarzbrot und zum Schluss gab es ein Stück Kuchen. Dieser Kuchen war entweder ein Mohnkuchen oder ein Nusskuchen, doch so billig zubereitet, dass es heutzutage kein Kind mehr essen möchte. Toast oder Brötchen bekam man früher auch nicht zu essen. Manche Familien ernähren die Kinder ohne Schwarzbrot. Das ist natürlich nicht gesund und auch teurer. Wenn die Kinder dann bei den Großeltern mal Schwarzbrot oder Vollkornbrot essen müssen, wollen sie das nicht, denn sie sind von Zuhause nur Weißbrot gewohnt.

» Andy123 » Beiträge: 92 » Talkpoints: 8,68 »



Ich kenne es von meinen Eltern her so, dass es Sonntags ein Weißbrot gab. Unter der Woche dann normales Mischbrot oder Schwarzbrot. Auch Vollkornbrot war oft vorhanden, da hat meine Mama immer für Abwechslung gesorgt. Aber das Weißbrot Sonntags war immer irgendwie etwas Besonderes.

Heute mag ich Weißbrot eigentlich nicht mehr essen. Es ist so wabbelig und hat beinahe keinen Nährwert. Man ist danach schnell wieder hungrig und das ist für mich nicht der Sinn eines Frühstückes, zumal ich nur am Wochenende anständig und ausgiebig frühstücke.

Warum meine Mama nur am Sonntag das Weißbrot gekauft hat, weiß ich nun allerdings nicht. Es war damals als Kind so und ich meine, sie macht es heute noch immer so. Samstags wird ein Weißbrot geholt, was man dann Sonntags zum Frühstück isst.

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» P-P » Beiträge: 3246 » Talkpoints: 1,58 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Eigentlich sieht man auf dem Lande Weißbrot nicht oder besser gesagt nicht mehr als Luxus an. Es braucht ja nicht sehr viel, um ein schmackhaftes Weißbrot zu backen. Man muss nur Mehl haben und den Rest findet man eigentlich immer in ausreichender Menge in seiner Küche. In Zeiten, in denen das Getreide knapp und teuer gewesen ist, da war Weißbrot echter Luxus.

Ich kenne tatsächlich viele Familien, in denen das Weißbrot nur am Wochenende auf den Tisch kommt. Und das aus zwei Gründen. Der eine ist, dass es einfach nicht so gesund ist, das man es heutzutage die ganze Woche über essen möchte. Aber der zweite und viel wichtigere ist, dass es einfach sehr gut schmeckt. Außerdem schmeckt es definitiv anders, als fast jede andere Brotsorte. Und deswegen gibt es am Wochenende eben Weißbrot mit Käse anstatt Schwarzbrot mit Wurst.

Es ist doch eigentlich etwas schönes, wenn man sich und seiner Familie zumindest eine Kleinigkeit gönnt wie eben dieses Weißbrot und wenn man an alten Traditionen festhält. Nachdenklich würde mich die geschilderte Begebenheit eigentlich nicht stimmen, jedenfalls nicht im negativen Sinne. Mich würde es eher erfreuen und dazu verleiten darüber nachzudenken, ob es in der eigenen Familie auch eine ähnliche Tradition gibt oder ob man eine einführen könnte, damit das Frühstück am Sonntag oder am gesamten Wochenende zu etwas besonderem wird.

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» olisykes91 » Beiträge: 5370 » Talkpoints: 24,75 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Ich finde das irgendwie schön. Es kommt mir genau so vor, wie dieser Sonntagsbraten. Es gab ja zu dieser Zeit nur am Sonntag Fleisch, weil man sich das einfach sonst nicht leisten konnte. Es war für diese Menschen aber auch etwas besonderes, am Sonntag Fleisch zu essen. Genau so, wie du das mit dem Brot beschreibst.

Etwas, das alltäglich ist, verliert den Reiz und ist nichts mehr besonderes mehr. Ich finde, nun gerade beim Fleisch sollten wir wieder zurück zum Ursprung kommen. Fleisch sollte für uns immer noch etwas besonderes sein und wir sollten es nur ein- bis zweimal wöchentlich zu uns nehmen. Erstens würde es auch mit der Ernährungspyramide zusammen stimmen- wir würden also gesünder leben. Zum anderen würden wir der sinnlosen Übermenge an Fleisch und den damit verbundenen sinnlos verbundenen Elend der Tiere den Garaus machen.

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