Selbstständigkeit aufgeben - peinlich?
Ich frage mich gerade, ob es wirklich so peinlich ist, wenn man seine berufliche Selbstständigkeit aufgibt, ein Gewerbe abmeldet oder eben ein Unternehmen aufgibt. Darauf gekommen bin ich beim zufälligen Wiedertreffen eines Bekannten. Dieser ist seit einiger Zeit selbstständig, hat aber noch nie gut damit verdient, so dass er immer auf Förderung von der ARGE angewiesen ist. Diese schaute sich den Zustand einige Jahre an und meinte nun, dass er sich bitte um eine Arbeit kümmern möge, die es ihm ermöglicht, dass er allein mit seinem Einkommen seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Diese Bemühungen muss er nun allmonatlich nachweisen und da er über eine sehr gute Qualifikation verfügt, wäre das auch kein Problem - er würde problemlos einen solchen Job finden. Nur leider möchte er das nicht, da er es peinlich findet, wieder ins Angestelltenleben zu wechseln. Da würde man über ihn lachen usw. usf.
Wie denkt Ihr darüber? Sollte man wirklich unter allen Umständen an einer Selbstständigkeit festhalten? Wenn ja warum? Ich denke nämlich eher, dass man in einem solchen Fall zumindest hauptberuflich erst mal wieder angestellt arbeiten sollte und dann nebenberuflich weiter an der Selbstständigkeit feilen sollte. Was soll daran schlimm sein? Ich würde es in dieser Situation schlimmer finden, mich andauernd bei der ARGE vorstellen und scheinbar verteidigen zu müssen.
Ich denke auch, dass er auf jeden Fall zumindest hauptberuflich wo anders arbeiten sollte. Immerhin steckt doch ordentlich viel Aufwand dahinter und wenn er dann auf eine Förderung auch noch angewiesen ist, sollte er sich lieber einen Job suchen, wo er besser verdient.
Ich finde, dass so etwas überhaupt nicht peinlich ist. Ich fände es peinlich, wenn er seine Firma unfreiwillig komplett zusperren müsste, aber so ist es meiner Meinung nach keine Schande.
Das ist eine schwierige Situation vor der wir auch schon gestanden sind. Die Entscheidung zu treffen die Firma aufzugeben ist nicht so einfach, manchmal aber lebensnotwendig.
Wir hatten auch eine EDV Firma und die lief halt gerade so das man davon leben konnte. Komme aus Österreich und da bekamen wir keinen Zuschuss von der Arge und mußten so zusammenkommen. Irgendwann standen wir auch vor der Entscheidung wie wir weitermachen, denn so konnte es nicht mehr weiter gehen.
Schließlich haben wir die Firma aufgegeben und die Reaktion der Mitmenschen war zum teil Verständnisvoll und zum Teil so wie man es befürchtet. Es kommen blöde Meldungen und so weiter. Aber es hat keinen Sinn etwas zu machen und mehr zu arbeiten als wenn man wo angestellt ist und im Endeffekt noch weniger rauskommt.
Also ich würde an der Stelle deines Bekannten die Firma aufgeben, auch wenn es schwer fällt. Manchmal ist es eine Erleichterung und wenn man dann einen Job gefunden hat der einem gefällt ist man wahrscheinlich früh über die Entscheidung.
Ich fände es eher peinlich, wenn man erkennt, daß ein Unternehmen zum Scheitern verurteilt ist, und man auf Biegen und Brechen daran festhält. Manchmal ist es klüger ein Vorhaben aufzugeben und zu versuchen das Beste aus der Situation zu machen, anstatt sich vollkommen zu verschulden.
Meinem Schwager ist genau das passiert. Er ist mit Sicherheit ein guter Handwerker. Aber die Auftragslage war eben so schlecht, daß er seine Familie nicht davon ernähren konnte. Anstatt noch lange herumzudoktorn, gab er seine Selbstständigkeit auf und ging zurück ins Angestelltenverhältnis. Er bekam sehr schnell eine gute Stelle und hat jetzt keine finanziellen Probleme.
Meine ehemalige Nachbarin hingegen, hat sich ohne die nötigen Unternehmenskenntnisse eine Imbissbude gekauft und hängt nun schon nach kurzer Zeit in den Miesen. Sie ist kurz davor Insolvenz anmelden zu müssen. Und die Rechnungen werden immer mehr. Dadurch hebt sich natürlich der Schuldenberg. Aber sie ist zu stolz ihre Selbstständigkeit aufzugeben und treibt sich damit, meiner Meinung nach, in den Ruin. Es wäre höchste Zeit den Imbiss wieder zu verkaufen um nicht noch mehr Schulden zu machen.
Da auch dieser Schritt schlauer wäre, anstatt sich weiterhin in der Schuldenmühle zu bewegen, ist es nicht peinlich einen Schritt in die andere Richtung zu machen. Ich sage mit Absicht, daß es nicht unbedingt ein Schritt zurück sein muß, sondern nur eben ein anderer Weg.
Er muss doch nirgends bei einem Vorstellungsgespräch sagen, warum er wieder ins Angestelltenverhältnis wechselt. Die Lebensumstände haben sich eben geändert und das sollte so akzeptiert werden. Es liegt doch in seiner Hand in wieweit andere etwas über diese Umstände erfahren.
Ich war auch vor rund 15 Jahren im Versicherungsgeschäft tätig. Musste das dann aber aufgeben, weil zu ehrlich war. Das hab ich auch immer offen so gesagt. Und mich hat deswegen niemand schief angesehen.
Ehrlich gesagt finde ich es viel peinlicher, Monat für Monat bei der ARGE vorstellig zu werden. Auch wenn er selbständig ist, ist er so ja immerhin auch Hartz IV-Empfänger, wenn ich das richtig verstehe. Da finde ich ein festes Angestelltenverhältnis schon erstrebenswerter.
Wenn einem die Selbständigkeit sehr am Herzen liegt, kann man diese ja nebenberuflich fortsetzen, besonders wenn man keine familiären Verpflichtungen hat, ist das ja kein Problem. So kann man ja sogar Teile des Verdientes der hauptberuflichen Tätigkeit eventuell dazu nutzen, die Selbständigkeit voranzutreiben (für Werbeausgaben z.B.)
Klar wird dein Bekannter bei einem Vorstellungsgespräch gefragt werden, was er vorher getan hat, aber er muss ja auch nicht ins Detail gehen. Er kann einfach nur erwähnen, dass er bis dato selbständig war und davon aber nicht mehr leben kann. Gerade in Zeiten der Krise kann das wohl jeder Arbeitgeber nachvollziehen, dass einem eine sichere Beschäftigung lieber ist als eine Selbständigkeit, wo einem unter Umständen die Kunden stetig wegbröckeln.
Im Gegenteil würde ich sogar sagen, dass Selbständige unter Umständen ganz gerne als Arbeitnehmer gesehen sind. Zumindest haben es Personen, bis dato einer Erwerbstätigkeit nachgingen, sei es nun selbständig oder angestellt, doch bessere Chancen, als Personen, die beispielsweise jahrelang ausschließlich von der ARGE gelebt haben. Selbständige gelten ja meist als verantwortungsbewußt, und als Organisationstalente. Das trifft natürlich nicht auf jede Person zu, die einen Gewerbeschein hat, aber man muss sich schließlich nur richtig verkaufen.
Ich glaube das kommt einmal auf die eigenen Empfindungen an und auch auf das Gewerbe, welches man mit seiner Selbstständigkeit ausgeübt hat.
Wenn ich von irgend jemand lese oder höre, der hat sich mit irgendwas dubiosen oder schon tausendmal dagewesenem selbstständig gemacht und Wochen später dann lese oder höre, derjenige geht wieder Vollzeit angestellt arbeiten, denke ich mir meistens meinen Teil. Ich denke da an so Sachen wie in einer Grossstadt ein Schreibbüro zu eröffnen. Gut das kann man von daheim aus machen, aber in einer Grossstadt gibt es halt genügend andere Möglichkeiten. Oder ein Hausmeisterservice. In Wohnanlagen gibt es meistens einen angestellten Hausmeister und eine Einzelperson lässt für ihre Mietwohnung dann eher den Vermieter oder gleich einen Handwerker kommen. Vorallem da man als Nicht- Handwerker mit so einem Dienst, viele Tätigkeiten gar nicht machen darf. Oder die gefühlte 10000ste Tagesmutter in einer Grossstadt, die meint, weil sie zwei eigene Kinder hat, kann sie noch fünf fremde Kinder mitversorgen und bespassen. Aber bitte ausserhalb der Schlafenszeiten der eigenen Kinder.
Ich selbst scheue die Selbstständigkeit auch aus Angst vor der Niederlage. Wobei es für mich halt generell eh schwierige wäre, generell wieder einen festen Arbeitsplatz zu finden.
Allerdings habe ich meine Lebzeiten miterlebt, wie schwer Selbstständigkeit sein kann. Und habe jahrelang den Kampf meines Vaters miterlebt. Immer zu stolz zuzugeben, das sein Geschäft nicht mehr tragbar ist. Sicherlich auch zu "eigen" um angestellt in einem anderen Betrieb zu arbeiten. Den Schlussstrich für sein Geschäft hat er viel zu spät gezogen. Er hat mit Mühe und Not eine Festanstellung bekommen und wurde behandelt wie eine Hilfskraft. Erwartet wurden aber Leistungen eines Meisters. Und bezahlt wurde er schlechter als eine frisch ausgelernte Kraft. Nur weiter bewerben wollte er sich nicht, aus Angst vor der Arbeitslosigkeit. Und so zog er das Ganze bis zu seiner Rente durch. Und zum Teil für einen bitteren Lohn.
Warum sollte das denn peinlich sein? Es ist nun mal in den letzten Jahren immer schwerer geworden, ein eigenes Geschäft aufzubauen, da unsere Wirtschaftslage nicht dazu neigt besser zu werden. Ich denke nicht das es da irgendjemand als peinlich oder gescheitert ansieht, denn immerhin hatte er den Mut es zu versuchen.
Jetzt muss er jedoch auch die Größe beweisen und davon ablassen. Es kann nun mal nicht jedes Geschäft erfolgreich sein und manche Unternehmen haben auch nur gewisse Boomzeiten und sind danach nicht mehr trendy sodass auch diese weichen müssen. Das ist einfach ganz normal, man muss nur schnell genug den Sprung wagen, das man unverschuldet aus solch einer Angelegenheit herauskommt. Denn oftmals die unverständliche "Peinlichkeit" ist doch oft der Grund das sie Menschen nicht loslassen können und erst dann davon ablassen, wenn sie hochverschuldet sind und gar keine andere Mögölichkeit mehr haben.
Außerdem in wie weit hat er es denn bitte in die Selbstständigkeit geschafft? Das bedeutet für mich auf keine anderweitigen finanziellen Leistungen abhängig zu sein und er ist doch nie von der Zahlung der ARGE abgekommen und war somit indirekt immer ein Angestellter. Da finde ich es viel peinlicher sich selbstständig zu nennen, jedoch ständig finanzielle Zuschüsse zu kassieren.
Noch dazu ist es weder peinlich selbsständig zu sein, oder angestellt zu sein. Im Gegenteil in unserer wirtschaftlichen Lage ist es wohl weit angesehener in einem gut bezahlten Beruf zu arbeiten und dort recht sicher angestellt zu sein, als in unsicheren Zeit ein unsicheres Unternehmen zu haben, das einen letztlich eh nur dazu neigt einen aufzufressen.
Hallo zusammen!
Ich finde gar nichts peinlich daran, wenn man eine Selbstständigkeit wieder aufgeben muss. Es zeigt doch nur, dass man den Mut hatte, etwas eigenes zu versuchen. Ich denke, dass es dann viel vernünftiger ist, die Selbstständigkeit wieder aufzugeben und sich einen Job zu suchen, bei dem man jeden Monat sein festes Gehalt bekommt und sich eben nicht mehr fragen muss, wie man über die Runden kommt.
Mir wäre es auch viel peinlicher, wenn ich jeden Monat Geld von der ARGE dazu bekommen würde, um irgendwie auszukommen. Da ist es doch viel sinniger, wenn man sich eben als Angestellter bemüht, eine Stelle zu bekommen. Sicherlich ist erstmal schwer, wieder als Angestellter zu arbeiten, wenn man gerade aus der Selbstständigkeit kommt. Aber es bringt doch auch Vorteile mit sich. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, dass wirklich über deinen Bekannten gelacht würde, wenn er sich eine Arbeit suchen würde. Es wird wohl eher über ihn geredet, wenn weiterhin so wenig Umsatz macht, dass er Zuzahlungen der ARGE braucht.
Also in dem von dir geschilderten Fall ginge es mir gleich, wie dir an dieser Stelle, Jotjot! Ich würde mich eher schämen, mich andauernd bei der ARGE melden zu müssen, weil ich trotz meiner Selbstständigkeit kein Geld habe. Es wäre doch viel besser für deinen Bekannten, wenn er einen Beruf ergreift, den er gelernt hat und dann nicht mehr selbstständig ist, aber doch selbstständiger als jetzt, nämlich in Bezug auf das Geld und der Unabhängigkeit. Selbstständig bedeutet nämlich im Fall deines Bekannten genau das Gegenteil. Wirklich selbstständig ist er ja nicht, wenn das Geld hinten und vorne nicht reicht.
Falls es in deiner Macht steht, würde ich versuchen, den Bekannten davon zu überzeugen, dass es im rundherum besser geht, wenn er sich einen "normalen Job" sucht. Allem Voran: Warum sollten ihn die anderen dann auslachen? Viele haben doch nicht einmal den Schritt zur Selbstständigkeit gewagt? Egal wie es ausgegangen ist, er kann doch trotzdem stolz auf sich sein und seine neuen Arbeitskollegen werden ihn dadurch sicher nicht auf die Schippe nehmen, das kann ich mir nicht vorstellen. Er muss ja nicht unbedingt den Grund wegen dem Geld nennen. Er kann ja einfach sagen, dass sich die Arbeit, die er investiert hat, nicht gelohnt hat- ist ja auch so. So hat er in keinem Wort das Geld erwähnt und alle werden denken, dass er Recht hat!
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