Leichenschmaus nach der Beerdigung - Spaßveranstaltung?

vom 28.01.2010, 19:08 Uhr

Ich war bisher nur dreimal beim Leichenschmaus und fand es ehrlich gesagt ganz angenehm, dass diese drei Essen nicht so krampfhaft traurig waren wie ich das eigentlich erwartet hätte. Die Stimmung war allerdings nicht übertrieben lustig, sondern überwiegend normal. Natürlich gab es auch witzige Anekdoten, aber von einer Spaßveranstaltung waren diese drei Essen weit entfernt.

Ich frage mich gerade, warum du den Leichenschmaus in einen Zusammenhang mit Heuchlerei bringst. Beim Leichenschmaus sind die Leute in der Regel so, wie sie im Alltag auch sind. Die Heuchlerei findet nicht beim Essen statt, während sich die geladenen Trauergäste vielleicht ein bisschen zu fröhlich miteinander unterhalten, sondern vorher, während der Beerdigung. Die traurigen Gesichter und das Leid der Trauergäste könnte man in manchen Fällen sicher als Heuchlerei bezeichnen. Bei Beerdigungen trifft man dann plötzlich Menschen, die man vielleicht seit Jahren nicht gesehen hat und die sich seit Ewigkeiten nicht um den Verstorbenen bemüht haben, dann aber vor Leid und Elend am Grab fast schon zusammenbrechen. Das ist Heuchlerei.

Eine Beerdigung ist nicht in jedem Kulturkreis ein tieftrauriges Erlebnis und ich denke, dass man eine solche Sache mit einem lachenden und einem weinenden Auge betrachten sollte. Ohnehin ist es ja meistens so, dass nur wenige Menschen, in der Regel die direkten Angehörigen, von dem wirklichen Trauerschmerz betroffen sind. Ich denke daher auch nicht, dass die ganzen anderen Menschen Trauer zeigen müssen, auch wenn sie vielleicht gar nicht emotional ergriffen sind. Zudem gehört der Tod zum Leben einfach dazu und wenn man damit abgeschlossen hat, kann man auch wieder zufrieden und glücklich sein, auch wenn andere Menschen, die einem etwas bedeutet haben, nicht mehr da sind.

Was wäre deiner Meinung nach den angemessen? Sollte die Trauergemeinde sich zum gemeinsamen Weinen in die Friedhofskapelle setzen? Ich finde es viel schöner, wenn man sich zusammensetzt, Anekdoten aus dem Leben des Verstorbenen austauscht und ihn in seinen Geschichten noch einmal wiederauferstehen lässt. Solange das in einer normalen, respektvollen Weise geschieht, sehe ich kein Problem. Das Leben bleibt nicht stehen, nur weil ein Mensch gestorben ist.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich hatte zwar innerhalb der Verwandtschaft schon mehrere Todesfälle, aber den sogenannten Leichenschmaus habe ich nur die beiden Male im letzten Jahr bewusst wahr genommen. Wobei ich sagen muss, das es bei meinem Schwiegervater doch eher eine heuchlerische Veranstaltung war, was schon bei der Trauerrede begann, aber das ist ein anderes Thema.

Dann war Ende November die Trauerfeier für meinen Vater und wenn es nach mir gegangen wäre, hätte es das Kaffee trinken danach nicht gegeben. Sein Tod hatte mich so hart getroffen, das ich danach lieber allein sein wollte. Aber es wurde mir auch gesagt, das es für die eigene Trauerarbeit doch sehr wichtig wäre.

Und ich muss im Nachhinein sagen, das diese Meinung richtig war. Es waren viele Leute gekommen mit denen ich im Leben nicht gerechnet hätte. Alle noch lebenden Klassenkameraden, egal wie weit sie weg wohnten. Was doch so das erste Mal der Fall war. Auch sehr viele ehemalige Arbeitskollegen, obwohl mein Vater schon seit knapp 10 Jahren nicht mehr gearbeitet hat.

Es hat wirklich gut getan mit diesen Menschen über meinen Vater zu reden, die ihn doch teilweise anders kannten als ich selbst. Es wurde da auch manches zum schmunzeln berichtet, was mir sehr geholfen hat nicht nur den Verlust wahrzunehmen, sondern vorallem die tollen Erinnerungen in den Vordergrund zu rücken.

Das ganze, obwohl auf dem Dorf stattfindend, ist auch nicht in einem sinnlosen Besäufnis geendet, sondern war wirklich nur das Zusammensitzen und Reden danach bei Kaffee und Kuchen. Ich denke der Leichenschmaus ansich hat so einen bitteren Beigeschmack, weil es in früheren Zeiten wirklich dabei um das reine Fell versaufen ging. Sprich das Erbe wurde da aufgeteilt und je wohlhabender der Verstorbene war, desto mehr wurde aufgetafelt und eben auch an Alkohol getrunken.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Hallo zusammen!

Wer mag schon Beerdigungen? Aber ich denke, dass der Leichenschmaus eigentlich dazu gedacht ist, dass man nochmal zusammen kommt und an den Toten denkt. Ich kenne es auch so, dass dann oft noch Geschichten und Erlebnisse erzählt werden, die man mit dem Verstorbenen erlebt hat. Einige werden sicher auch Witze machen, um die traurige Stimmung etwas besser auf zu lockern.

Ich muss sagen, dass ich es besser finde, wenn mal einer von einem lustigen Erlebnis mit dem Verstorbenen erzählt. So ein Anlass ist schon traurig und schlimm genug. Ich finde allerdings das Wort " Leichenschmaus " schrecklich. Ich würde mir dafür eher ein Wort wünschen, dass zeigt, worum es dabei wirklich geht. Aber ich kann auch nachvollziehen, wenn jemand auf den Kaffee nach der Beerdigung verzichten möchte.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Ich selber mag den Begriff Leichenschmaus ja nicht sonderlich, sondern würde es eher als Beerdigungscafé bezeichnen. Aber auch vollkommen egal, wie man es nun auch immer nennt, es bezeichnet letztendlich dasgleiche und das wird wohl in den meisten Teilen Deutschlands eine Tradition sein und dementsprechend immer so gehandhabt werden.

Natürlich ist es irgendwie ein wenig paradox, wenn dann bei einem doch eigentlich traurigen Anlass beim Kaffeetrinken und Kuchen oder Schnittchen essen danach etwas fröhlichere Stimmung aufkommt. Ich denke aber auch, dass das nicht verwerflich ist und durchaus normal. Es ist uns einfach anerzogen, dass der tod und die Beerdigung etwas trauriges und schreckliches ist, aber das ist in anderen Kulturen ganz anders. Da wird ein Fest gefeiert, wenn jemand gestorben ist, da er dann in die bessere Welt übergegangen ist.

Ein weiterer Grund ist mit Sicherheit auch, dass man sich eben an die schönen Zeiten mit dem Verstorbenen erinnern möchte und schöne Zeiten sind nunmal meist mit Heiterkeit, Fröhlichkeit und Lachen verbunden. Man möchte ja auch nicht schlecht über den gerade Verstorbenen reden und die ganze Zeit nur Trübsal blasen. Deshalb ist es in meinen Augen völlig legitim, wenn man ein wenig heiter ist beim Beedrigungscafé, denn trauern kann man auch auf diese Art und macht man sehr oft auch innerlich und lässt es nicht nach aussen.

Naja, und zu guter Letzt spielt sicherlich auch der Alkohol, der eventuell beim Leichenschmaus ausgeschenkt wird, eine nicht unbedeutende Rolle, wenn es dann zu vorgerückter Zeit etwas heiterer zugeht.

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» diezeuxis » Beiträge: 1207 » Talkpoints: 964,75 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Hallo.

Also ich persönlich bin ja eine Gegnerin dieser "Veranstaltungen". Leider war ich auch schon auf einigen Beerdigungen und hinterher auf dem Leichenschmaus, weil man mich drängte, doch mitzukommen. Ich finde das so furchtbar. Man hat gerade einen lieben Menschen begraben, den man vielleicht wirklich sehr gerne mochte. Und die Leute betrinken sich zum Teil und feiern richtig.

Ich war erst einmal auf einem Leichenschmaus, wo es richtig zuging. Es wurde an die Verstorbene gedacht, über sie geredet, Tränen flossen natürlich auch und alles ging ziemlich ruhig und nachdenklich zu. Klar wurde hier auch mal gelacht, aber nur, weil wir uns vorstellten, was die Verstorbene jetzt wohl tun und sagen würde. So finde ich das ganze okay, aber wenn die Leute da richtig ausgelassen feiern, das finde ich wirklich fruchtbar, habe ich leider aber schon sehr oft so erlebt.

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» Brini » Beiträge: 543 » Talkpoints: 3,73 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich war noch nie auf einem Trauerkaffee nach einer Beerdigung und auch noch nicht auf so vielen Beerdigungen, aber natürlich ist das bei uns üblich, dass man so etwas durchführt. Ich muss Dir allerdings widersprechen, ich finde nicht, dass es immer Heuchelei auf so einem Trauerkaffee ist. Ganz im Gegenteil! Nachdem man den Verstorbenen schon ein paar Tage beweint hat und ihn sicher auch noch eine ganze Weile vermissen wird, kann man mithilfe des Trauerkaffees, auf den alle Bekannten gehen, auch mal auf ihn anstoßen.

Bei mir selbst würde ich mir das schon sehr wünschen, dass man bei meinem Tod nicht nur weint, sondern dass man sich auch gemeinsam immerwieder an mich und meine Eigenarten, die Storys, die man mit mir so erlebt hat, den Stuss, den ich mitunter erzählt habe, usw. erinnert. Und der Trauerkaffee ist da doch die optimalste Situation und Umgebung! Da treffen alle wichtigen Leute zusammen und können sich austauschen. Meine Beerdigung soll die Party des Jahrhunderts werden, alles andere fände ich recht langweilig.

Als meine Oma gestorben ist, war ich zwar nicht mit zur Beerdigung, weil...ach keine Ahnung, ich konnte einfach nicht. Aber an den Tagen danach habe ich es immer schön gefunden, wenn die noch anwesenden Verwandten alle möglichen Geschichten über die Oma erzählt haben und dabei doch ganz gut gelaunt waren. Auch jetzt erinnere ich mich lieber an ihre Art, ihre Aussprüche und alles, als dass ich trauere oder weine. Ich kann meine Trauer so einfach besser verarbeiten und vergesse sie außerdem auch nicht.

Allerdings geht ja auch jeder mit Trauer anders um. Die einen brauchen es dann laut und fröhlich, die anderen wollen dann Ruhe und brauchen Zeit, so wie Du. Das ist ja vollkommen okay. Man muss sich nur gegenseitig tolerieren in sachen Trauerarbeit. :wink:

» Mandragora » Beiträge: 1763 » Talkpoints: 0,49 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Bei der Beerdigung meines Opas und ein paar Jahre später bei der Beerdigung meiner Oma war der Leichenschmaus eher ein Abschluss der Beerdigung selbst. Man blieb noch eine Weile zusammen, im Rahmen der Familie eben, um alles sacken zu lassen, nicht alleine zu sein, noch ein paar Anekdoten zu erzählen oder zu hören, die das Leben des Verstorbenen beschrieben haben und eben einen Abschluss zu finden. Das fand ich angemessen, hilfreich und gut.

Als jedoch der Vater meines Vaters starb, also mein Opa väterlicherseits, fand ich den Leichenschmaus einfach nur furchtbar. Das lag hauptsächlich an meinem Vater, der sich einfach nur daneben benommen hat, ich kann das bis heute noch nicht ganz fassen. Es war tatsächlich so, dass er irgendwelche blöden Witze und Anekdoten aus seinem eigenen Leben zum Besten gegeben hat, die niemand der Anwesenden hören wollte.

Ich selbst würde so ein Beisammensein nach einer Trauerfeier auch eher befürworten als ablehnen, weil ich davon ausgehe, dass ein Leichenschmaus eher selten so abläuft wie im Falle meines Opas väterlicherseits. Und den eigentlich Sinn und Zweck des Ganzen finde ich, wenn er abläuft wie im Fall meines Opas und meiner Oma mütterlicherseits, wirklich gut, hilfreich und angebracht.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Als noch kein einziger naher Angehöriger von mir gestorben war, habe ich das auch immer als unterste Schublade gefunden, dass die Angehörigen, Verwandten und Bekannten in der Messe traurig sind und beim "Leichenschmaus" Witzchen reißen und scheinbar wie ausgewechselt scheinen.

Als dann mein Opa und meine Oma ziemlich kurz nacheinander gestorben sind, sah ich das ganz anders und verstand erstmalig den Sinn des Leichenschmauses. Es war wirklich eine Erleichterung für mich, dass ich nun nicht mehr traurig über den Verlust meiner geliebten Personen sein musste, sondern mich über das Leben und die gemeinsamen Dinge erfreuen konnte, die wir zusammen geteilt hatten.

Wenn es nach mir ginge, würde diese traurige Aufmachung des Todes so oder so nicht so populär werden. Wenn ich sterbe, möchte ich nicht, dass alle weinen. Sie sollten sich einfach freuen, dass ich nun erlöst bin von eventuellen Leiden, die ich hatte, als ich noch gelebt hatte. Wenn man sich ansieht, was der Tod für ein Kampf ist, dann sollte man eigentlich davon überzeugt sein, dass die Angehörigen sich eigentlich freuen müssten, wenn es vollbracht ist. Es klingt nun vielleicht hart, aber wenn man darüber nachdenkt, dann sollte der Tod eigentlich eher wie die Geburt behandelt und gefeiert werden.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Das hängt doch auch sehr von der Person ab, die verstorben ist. Auf einer Beerdigung bzw einem Leichenschmaus von einer Person, die ihr ganzes Leben lang total lustlos war und kaum gelacht hat, wird es sicherlich nicht dazu kommen, dass man als Gast überhaupt Spaß hat. Aber bisher war das immer so, dass ich selbst genau gewusst habe, dass die Person, die verstarb, unheimlich gerne gelebt hat und wahnsinnig Spaß daran hatte.

Sie hätte gewollt, dass man zusammen lacht und nicht, dass man trauert. Mit Heuchelei hat das in meinen Augen überhaupt nichts zu tun. Nur weil man sich an etwas zurückerinnert, das einem zum Lachen bringt, bedeutet das doch nicht auch automatisch, dass man froh ist, dass das vorbei ist - Es gibt doch auch so etwas wie Nostaligie, die dennoch eigentlich tiefe Traurigkeit und Sehnsucht ist.

» Sippschaft » Beiträge: 7575 » Talkpoints: 1,14 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Also ich denke auch nicht, dass es unbedingt etwas mit Heuchelei zu tun hat, wenn beim Beerdigungsessen eine vermeintlich "fröhliche" Stimmung aufkommt. Vermeintlich deshalb, weil ich nicht glaube, dass die Leute wirklich fröhlich sind und Spaß haben. Es hat wahrscheinlich mehr etwas damit zu tun, dass man irgendwie versucht sich gegenseitig aufzumuntern und die drückende Stimmung etwas zu heben, grade um die nahen Verwandten, Freunde etc. etwas "abzulenken" ohne dabei den Toten "auszuschließen". Oft sind diese gutgelaunten Menschen gar nicht wirklich gut drauf.

Jeder geht mit Trauer unterschiedlich um, deswegen kann ich es gut verstehen, dass dir dieses spaßige Anekdoten- erzählen nicht so passend kam.

Der Sinn des Beerdigungsessen liegt für mich ebenfalls darin, mit allen Verwandten, Freunden etc. des Verstorbenen zusammen zu sein und an die Zeit zu denken, die man mit ihm hatte und diese Zeit durch Geschichtenerzählen mit den anderen zu teilen.

Es ist noch gar nicht so lange her, dass ein sehr guter Freund meiner Eltern (für mich von klein auf so eine Art Onkel) durch einen tragischen Unfall gestorben ist. An der Trauerfeier (es gab keine richtige Beerdigung) war die Stimmung keinesfalls fröhlich- es floßen unmengen von Tränen. Worauf ich aber eigentlich hinaus will ist, dass ein paar Tage später eine "Party" in seinem Haus ihm zu Ehre veranstaltet wurde. Klingt erst einmal sehr komisch. Allerdings muss man den verstorbenen Menschen kennen. Bei ihm war allen sofort klar, dass er niemals gewollt hätte, dass sie um ihn trauern (obwohl sich das natürlich nie vermeiden lässt), sondern lieber gewollt hätte, dass gefeiert wird, dass sie zwar eine reltiv kurze aber sehr schöne Zeit miteinander hatten. Es wurden viele, viele Bilder von ihm geguckt, wozu auch viele Geschichten erzählt wurden und viel gelacht wurde. Anschießend wurde seine Asche an dem ihm liebsten Ort vertreut. Ich denke, dass ist ein gutes Beispiel dafür, dass Trauerfeiern auch anders ablaufen können ohne dass irgendwie Heuchelei mit im Spiel ist.

Der Tod ist natürlich etwas sehr Trauriges und besonders für die Hinterbliebenen schlimm, aber man sollte immer im Auge behalten, dass das Leben trotzdem weitergeht und die meisten Menschen nicht wollen würden, dass lange um sie geweint wird, sondern die Gedanken an die gemeinsame Zeit genossen werden.

LG, hera

» hera » Beiträge: 27 » Talkpoints: 1,79 »


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