Ehemalige BRD: Kuppelleitgesetz?

Momentan behandeln wir im Unterricht die Gründung der Bundesrepublik Deutschland und die DDR. Dabei gab es ja den Ost und den Westblock. Unser Lehrer erzählte davon, dass es ungefähr zu Zeit der 1960er Jahre ein sogenanntes Kuppelleitgesetz gegeben haben soll, was endlich aufgehoben werden sollte.

Dieses Gesetz schrieb vor, dass Bürger, die nicht miteinander verheiratet waren, nicht während der Nacht zusammen bleiben durften. Das heisst, die Frau oder der Mann durfte nicht übernachten. Dies durfte man auch dann nicht, wenn es sich nur um eine gute Freundin bzw, Freund gehandelt hat. Es war einfach verboten, dass man bei jemandem übernachten durfte. Dieses Gesetz kam wohl noch aus der Zeit des Nationalsozialismus und wurde dann in den späten 60er abgeschafft.

Was mein Lehrer da erzählt hat, kommt mir ziemlich heftig vor, zumal in den 60ern man doch eigentlich was solche Sachen betrifft doch schon ziemlich modern und fortschrittlich war. Die 60er sind ja nun auch nicht allzu lange her. Kann mir jemand etwas über dieses Gesetz berichten? Mich würden da handfeste Informationen viel mehr interessieren, da ich mir einfach nicht vorstellen kann, dass solche "normalen" Dinge nicht erlaubt waren.

Ich würde sagen, du meinst das Kuppelei Gesetz ohne T. Mein Vater hat mir davon noch erzählt, denn der wusste gar nicht, dass das abgeschafft war. Als in den 90er Jahren mein Wunsch war, dass mein Freund bei mir übernachten darf, hat er mir nämlich dieses Gesetz vorgehalten und dass er sich strafbar machen würde, wenn er mir das erlaubt. Dass das längst nicht mehr stimmte, musste ich ihm erst beweisen.

Früher war das wohl auch üblich, dass Hauswarte dann gegengeschlechtlichen Besuch ab einer gewissen Uhrzeit nicht mehr geduldet haben und dass man da richtig Stress bekommen konnte. Aber es kam eben auch darauf an, in welcher Gegend man wohnte. Auf dem platten Land war man in den 60 ern weit weniger fortschrittlich als in den Städten.

Es ist richtig, dass die 60 er noch nicht allzu lange her sind. Aber 1960 war genau genommen 15 Jahre nach Kriegsende und wenn man das so betrachtet, dann ist das keine allzu lange Zeit, um eine Kultur von Grund auf zu verändern. Da fing es eben erst an, dass man moderner dachte.

Und was ist schon normal? Meine Eltern waren in den 60 ern ein junges Paar. Sie durften nicht mal alleine in einem Raum tagsüber sein oder alleine spazieren gehen. Da musste immer ein Anstandswauwau dabei sein. Beispielsweise der Bruder oder so, damit die beiden nicht mal auf die Idee kamen, sich zu küssen. An andere intime Dinge war da gar nicht zu denken, denn meine Oma war da wahnsinnig traditionsbewusst. Heute lachen die Teenager über so etwas. Aber was normal ist, bestimmt eben auch der Zeitgeist und das Umfeld und nicht das Lebensgefühl der Generationen, die Jahrzehnte Später geboren werden.

Die Nationalsozialisten sind an vielem Schuld, aber Kuppelei und das Beisammensein unverheirateter Paare ist in unseren Breiten seit dem Mittelalter verboten. Auch haben sich DDR und BRD nicht viel getan. Im Westen ist der Kuppelparagraph 1967 abgeschafft worden, im Osten war es ein Jahr später.

Seit 1900 konnten die Eltern oder die Frau eine Entschädigung fordern, wenn die Jungfräulichkeit verloren gegangen ist und nicht geheiratet wurde. Das Kranzgeld galt als Entschädigung, weil eine standesgemäße Eheschließung unwahrscheinlich wird, wenn die Frau keine Jungfrau mehr ist. In der DDR wurde das in den Fünfziger Jahren abgeschafft, die BRD tat es erst 1998!