Welchen Stellenwert haben DDR Berufsabschlüsse heute?
Es geht hier um die Generation 40 Plus, denn sie haben in der ehemaligen DDR eine Berufsausbildung begonnen und auch abgeschlossen. Einige konnten sogar ihren Berufswunsch erlernen und konnten sich dem entsprechend auch weiter qualifizieren. Diese Arbeiten oder besser gesagt Berufe haben denn Leuten damals auch richtig Spaß gemacht.
Jetzt hat sich natürlich die Technik und die dazu gehörigen Produktionsabläufe rapide verändert und man kann mit dem damals erlernten Wissen in der Regel nicht mehr viel anfangen. Aber lässt sich nicht auf der Basis dieser Abschlüsse auch aufbauen. Viele Leute würden gerne wieder in einen solchen Bereich tätig sein, weil man schon praktische Erfahrungen damals gesammelt hat und einen die Arbeit gefiel.
Gibt es hierfür Möglichkeiten der Weiterbildung oder auch andere Qualifizierungsmaßnahmen? Werden diese Berufsabschlüsse überhaupt heute noch anerkannt oder gibt es für einzelne Bereich auch gewisse Unterschiede?
Was hast Du eigentlich eine Vorstellung vom Leben und Arbeiten in der DDR? So große Unterschiede gab es gar nicht, auch wenn es in der DDR oft genug an Material mangelte und sich beispielsweise mein Vater ein ganz spezielles Werkzeug von seinem Begrüßungsgeld kaufte, dass in der DDR echte Mangelware war.
Schon mit dem Einigungsvertrag wurden die verschiedenen Berufsabschlüsse in der Regel anerkannt bzw. den westdeutschen Abschlüssen gleichgesetzt. Insbesondere Facharbeiter- und Meisterabschlüsse wurden in der Regel als gleichwertig anerkannt. Ist ein Abschluss nicht anerkannt kann man eine Anerkennung beantragen und diese gegebenenfalls mittels einer Prüfung erlangen.
Ansonsten hat sich in den letzten 20 Jahren ohnehin so viel verändert, dass nicht nur die Ostdeutschen sondern auch die Westdeutschen viel dazu lernen mussten und eine Unterscheidung in Ost und West schon deswegen keinen Sinn mehr macht.
Du unterstellst, dass diese Leute also bisher nichts gemacht haben? Wer im goldenen Westen einen Beruf erlernt hat, dem geht es doch genauso. Das Wissen von "damals" ist heute in vielen Fällen sogar als Basiswissen nicht mehr zu gebrauchen.
Aber normalerweise ist es doch so, dass man nicht auf dem Wissensstand der Ausbildung einfriert, und sich damit bis zur Rente durchschlägt. Jedenfalls hoffe ich, dass mein KFZ Meister, der auch schon gut über 35 Jahre im Beruf ist, sein Wissen und seine Fähigkeiten laufend erneuert hat und eben weiß, das man heute auch einen Fehlerspeicher hat, den es auszulesen gilt. Ganz anders, als noch 1975.
karlchen66 hat geschrieben:Viele Leute würden gerne wieder in einen solchen Bereich tätig sein
Was haben die Leute denn nach deren Ausbildung bis heute gemacht? Wenn sie natürlich die letzten Jahrzehnte völlig Branchenfremd gearbeitet haben, wird es schwer. Das hat aber nichts mit der Ausbildung in der DDR bzw. deren Abschlüssen zu tun.
Das die Leute nichts gemacht haben, habe ich nicht gesagt, aber es gab damals einige Unterschiede speziell in der Berufsausbildung. Beispielsweise gab es den sogenannten Teilfacharbeiter für bestimmte Berufsgruppen, man bekam auch einen Facharbeiterbrief nach erfolgreichem Abschluss, aber mit dem Vermerk Teilfacharbeiter.
Dann gab es Berufe wie beispielsweise den des Werkstattschreibers, den es in der damaligen BRD nicht gab. Bei diesem Berufsbild musste man damals sämtliche Schreibarbeiten erledigen, die in einer Werkstatt anfielen. Natürlich gab es damals auch Weiterbildungen, aber diese helfen in der heutigen Zeit nicht viel weiter. Es gab damals viele schöne und interessante Berufe, darauf lässt sich doch sicherlich auch aufbauen. Das war eigentlich meine spezielle Frage dazu.
Naja, bestimmte Qualifikationen wurden ja im Rahmen der "Ost-Kolonisation" abgeschafft, bzw. die Staatsexamen nicht anerkannt. Das hatte aber (vermutlich ) mehr damit zu tun, dass man schlecht Beamte kündigen oder degradieren kann - außer eben sie erfüllen nicht die entsprechenden Anforderungen - und man nur ungern die hohen Pensionen zahlen wollte. Das war also mehr der Notwendigkeit geschuldet um diese auszutauschen.
Ansonsten ist es eigentlich, wie derpunkt, schon ansprach, völlig egal welchen Job man damals erlernt hat. Einfach deswegen, weil es heute sowieso schon egal ist, was man vor 2 - 5 Jahren (je nach Branche) mal gelernt hat, da man aus Arbeitgebersicht ausgelernt ist durch mangelnde Praxis im Job. Da kann man eigentlich gleich wieder eine neue Ausbildung anfangen oder eine Umschulung / Weiterbildung unabhängig vom Job vergeben.
Also ich denke schon das Karlchen66 recht hat, die Ausbildungen in der DDR werden und wurden tatsächlich nicht alle einfach so anerkannt. Ich selbst gehöre zwar nicht nur 40+ Generation entstamme aber einer großen Familie, die selbst in dern DDR großgeworden ist und kenne somit einige Beispiele.
Das erste wäre meine Tante. Diese wollte Lehrerin werden und hat die Lehramt in den Fächern Deutsch und Englisch studiert. Nachdem dieses Studium zu ergattern schon so ein Kampf war, denn ihr Papa war selbstständig, hat sie ihr Studium direkt zur Wende beendet. Als sie dann komplett abgeschlossen hatte teilte man ihr freundlicherweise mit, das sie sich so gar nicht erst bewerben brauche, da die DDR-Maßstäbe nicht ausreichen für eine Anstellung, aber sie könne ja nochmal drei Jahre Studium dranhängen dann darf sie sich zum Referendariat bewerben. Der Stellenwert ihres Studiums war also gleich null.
Mein Vater hatte Betriebswirtschaft studiert direkt über die Wende am Ende des Studiums teilte man ihm dann mit, das er sein Zertifikat gegen eine kleine Summe gegen ein allgemeingültiges Umtauschen könne, dann dürfte er in Gesamtdeutschland arbeiten. Hier wurde zumindest nicht gleich alles weggeschmissen was in dem Studiengang gelehrt wurde.
Das denke ich geht noch in Ordnung und ist nicht so dramatisch, allerdings das Beispiel meiner Tante finde ich schon sehr krass, wenn man bedenkt wieviel Zeit und Geld in so ein Studium investiert wurde. Letztlich ist es ja auch kein Wunder das es gewisse Unterschiede in der Berufswelt gab schließlich haben sich DDR und BRD einige Jahre möglichst unabhängig voneinander entwickelt.
Wenn man seit dem in seinem Beruf nicht mehr gearbeitet hat hat das Facharbeiterzeugnis gar keinen Stellenwert mehr. Etliche Leute mit Fach- und Hochschulabschluss standen gleich nach der Wende vor einem ähnlichen Problem. Es gab dazu extra eine Verordnung zum Einigungsvertrag über die Anerkennung von Bildungsabschlüssen.
Gerade im öffentlichen Dienst haben es viele Fachschulabsolventen schwer gehabt ihren Bildungsabschluss anerkannt zu bekommen. Alles lief auf Antrag und als Kannbestimmung, großes K.O.-Kriterium war die fehlende Praxis besonders im Verwaltungsrecht oder eine besonders rote Ausbildung. Langgediente Mitarbeiter konnten relativ einfach durch die Teilnahme an sogenannten A- und B- Lehrgängen im Verwaltungsrecht diesen Nachweis erwerben. Dazu musste man mehrere Wochen an diesen Lehrgängen teilnehmen die abgewrackte und wieder reaktivierte Beamte oder große Schaumschläger aus den alten Bundesländern durchführten. Wie Subbotnik schon schrieb, man musste eine relativ leichten Weg der Ausbildung wählen um als Behörde arbeitsfähig zu bleiben.
Ganz hart hat es diejenigen im öffentlichen Dienst getroffen die nicht mindestens fünf Jahre als Ingenieur in ihrem Ausbildungsberuf gearbeitet haben. Die mussten quasi noch einmal ein mehrjähriges Ergänzungsstudium auf sich nehmen mit allem was dazu gehört sowie die Grundlagenfächer Mathe, Physik und Chemie (nur auf Russisch hat man verzichtet) noch einmal absolvieren. Das war Voraussetzung dafür um im gehobenen Dienst zu bleiben. Manche haben dann einfach in die freie Wirtschaft gewechselt die durch traumhafte Gehälter, Dienstwagen und lockere Ausbildung lockten.
Na so wie manche Abschlüsse der DDR nicht anerkannt wurden, gibt es doch auch Berufe aus dem westlichen Teil mit dem man heute nichts mehr anfangen kann, weil es sie einfach nicht mehr gibt. Ich selbst habe 1989 meine Ausbildung begonnen und 1992 abgeschlossen. Das fachliche selbst was in Ost und West gleich. Nur hatte man in diesen drei Jahren zwei Berufe zusammengeschmissen und eine ganz neue Ausbildung aus dem Boden gestampft.
Sowas passiert aber heute auch noch und gab es auch schon vor über 20 Jahren. Also kann man das nicht an Ost oder West festmachen. Wer in der DDR den Beruf des Malers gelernt hat, kann genauso den Pinsel schwingen und die Tapete an die Wand kleistern, wie einer, der es in der BRD gelernt hat.
@pichimaus
Deine Tante mag sicher Zeit in ihr Studium investiert haben. Aber Geld war da nicht so viel dabei im Gegensatz zu heute. Und es sollte eigentlich kein Geheimnis sein, das die Schüler und Studenten der ehemaligen DDR Defizite in Sprachen und auch Geschichte hatten. Dagegen hatte man gleich bei Untersuchungen nach der Wende festgestellt, das wir in den naturwissentlichschaftlichen Bereichen mindestens ebenso gut waren.
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