Auf Arbeitsvertrag bestehen?
Vor ein paar Tagen war ich bei einem Vorstellungsgespräch und das ist ein bisschen seltsam abgelaufen. Als ich die Sprache auf den Arbeitsvertrag gebracht habe hat der Typ nur seltsam geschaut. Es kommt mir so vor als würden die mir überhaupt keinen Arbeitsvertrag geben wollen.
Sollte ich drauf eingehen oder ist das Risiko zu groß dass ich dadurch Nachteile bei der Bewerbung habe?
Zunächst ist es doch schön, wenn Du ein erfolgreiches Bewerbungsgespräch hattest! Offenbar sind die an Dir interessiert. Jetzt liegt es an Dir. Natürlich kannst Du auf einen schriftlichen Arbeitsvertrag bestehen. Aber wenn der zukünftige Arbeitgeber bei seinem Lachen bleibt und er für Dich einfach keinen Vertrag aufsetzen will, dann wirst Du das so hinnehmen müssen.
Ob das darauf bestehen Dir Nachteile bringt, kann im Forum übrigen keiner wissen. Wobei es natürlich schon so aussehen könnte, als wärst Du eher ein schwieriger Fall. Wenn genügend andere Bewerber mit gleicher Qualifikation bereit stehen, kann es natürlich sein, dass er den angenehmsten Mitarbeiter für sich gewinnen will (und nicht den Querulanten ). Und Angenehm ist es ja nicht, wenn Du vom vorgegebenen Plan abweichen willst.
Vielleicht aber zur Info: auch ein mündlicher Vertrag ist ein gültiger Vertrag. Nur sind Details später entsprechend schwerer nachzuweisen und damit hast Du bei berechtigten Forderungen eher einen Nachteil.
Was Du aber machen könntest, sofern Du den Job ohne schriftlichen Vertrag annimmst, it, für Dich immer alles aufzuschreiben, was Dir zugesagt wurde. Praktisch ein eigenes Protokoll führen und Pflegen. Das würde Dir im Streitfall schon helfen. Wenigstens als Gedankenstütze.
Grundsätzlich bedürfen Arbeitsverträge nicht der Schriftform. Die mündliche Vereinbarung gilt auch als Vertrag. Entscheidend ist, ob die Beschäftigung lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig ist. Falls ja, muss der AG zumindest deine Daten abfragen, sprich Steuerkarte und Krankenkasse. Auch bei einem 400 Euro-Job muss er fragen, ob du noch andere Beschäftigungen hast. Will er gar nichts vereinbaren, deutet das auf Schwarzarbeit hin, du bist dann nicht versichert, auch nicht bei der Berufsgenossenschaft und machst dich eventuell sogar strafbar.
Wenn die Arbeit nach Stunden vergütet wird, reicht eine mündliche Vereinbarung des Stundenlohns. Ob die Vereinbarung eingehalten wird, siehst du spätestens bei der ersten Lohnabrechnung. Sollte hingegen pauschal entlohnt werden, ist zu erfragen, was genau zu dafür leisten ist und welche Stundenbasis als Kalkulationsgrundlage dient.
Vielleicht hat "der Typ" auch nur deswegen ein wenig seltsam geschaut, weil er es einfach nicht gewohnt ist im Vorstellungsgespräch nach solchen Dingen gefragt zu werden. Vielleicht war er auf diese Frage nicht gefasst. Daher würde ich einen seltsamen Blick nicht gleich als Verweigerung eines Arbeitsvertrages interpretieren.
Die eigentliche Frage nach dem Arbeitsvertrag: Sicher sind auch mündlich geschlossene Verträge gültig, allerdings werden die dann doch inzwischen fast ausschließlich in Schriftform geschlossen. Es mutet also schon seltsam an, wenn ein Arbeitgeber das nicht möchte. Daher würde ich auf jeden Fall nachhaken, wenn der potentielle Arbeitgeber auf einem mündlichen Arbeitsvertrag besteht, und seine Gründe erfahren wollen. Sich vorher schon mal nach Erfahrungen anderer mit genau diesem Unternehmen zu erkundigen ist sicher auch eine Option.
Und nur am Rande: protokollieren würde ich meine Arbeit und alles drumherum trotz schriftlichen Arbeitsvertrages immer. Denn so ein Vertrag ist auch nur ein Gerüst.
Ich vermute eher, dass er es nicht gewohnt ist, darauf angesprochen zu werden. Meistens spricht der Arbeitgeber (der Potentielle) sowas an wie Gehalt, Arbeitsvertrag, Besonderheiten usw. und nicht unbedingt der Bewerber.
Für was genau hast du dich denn beworben? Vielleicht ein Putzjob oder so? Selbst wenn es auf 400,-€ Basis wäre, gibt es natürlich auch einen Vertrag. Für den Fall, dass deine Vermutung richtig ist und es keinen gibt würde ich die Finger davon lassen. Aber ehrlich gesagt vermute ich wirklich eher, dass es sich hier um ein Missverständnis handelt.
qwertzu hat geschrieben:Grundsätzlich bedürfen Arbeitsverträge nicht der Schriftform. Die mündliche Vereinbarung gilt auch als Vertrag
...
Wenn die Arbeit nach Stunden vergütet wird, reicht eine mündliche Vereinbarung des Stundenlohns. Ob die Vereinbarung eingehalten wird, siehst du spätestens bei der ersten Lohnabrechnung. Sollte hingegen pauschal entlohnt werden, ist zu erfragen, was genau zu dafür leisten ist und welche Stundenbasis als Kalkulationsgrundlage dient.
Und genau deswegen ist es absolut unsinnig einen mündlichen Vertrag zu akzeptieren. Rein rechtlich mag das reichen, aber ich würde mich nie auf einen mündlichen Vertrag einlassen. Wie genau willst du denn später beweisen, dass du zu viel gearbeitet hast oder zu wenig Geld bekommen hast oder deine Überstunden nicht bezahlt bekommst?
Sowas gehört einfach in einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Jeder Arbeitnehmer sollte etwas schriftliches über Arbeitszeit, Urlaubsanspruch, Vergütung und auch Überstundenregelung in der Hand haben. Ansonsten sind dem "Betrug" ja Tür und Tor geöffnet. Die schönsten übertariflichen Versprechungen bringen nunmal nichts, wenn sie nicht eingehalten werden.
Und ich arbeite doch nicht erstmal ein oder zwei Monate (wenn rückwirkend bezahlt wird), um dann erst dann festzustellen, dass sich mein Arbeitgeber nicht an die mündlichen Absprachen hält und ich dafür vielleicht ein anderes gutes Angebot abgelehnt habe.
Also für die Praxis gilt in meinen Augen ganz klar, dass man ohne einen schriftlichen Arbeitsvertrag keine Beschäftigung aufnehmen sollte.
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