Praktikum in Österreich - Worauf kommt es an?

vom 04.12.2007, 23:23 Uhr

Dass Auslandsaufenthalte ein klares Plus im Lebenslauf sind ist ja allen bekannt – doch man muss nicht in die Ferne reisen wenn das gute doch so nah liegt. Man kann es ja genauso im deutschen Kulturraum absolvieren, zum Beispiel im kleinen Bruderland Österreich.

Zwar hat jeder gegenüber dem anderen einige Vorurteile aber die lassen sich mit dem richtigen Verhalten leicht ausräumen – und wenn man nicht als „Piefke“ durchgehen will, muss man im Grunde im Gegensatz zu anderen Ländern nur wenig beachten. Piefke ist übrigens eine abwertende Bezeichnung für uns Deutsche in Österreich, die aber meist nur dann gebraucht wird, wenn man „typisch deutsches“ Verhalten wie ein forsches Auftreten oder unangebrachte Direktheit an den Tag legt. Solange man sich also freundlich zurückhaltend verhält und nicht gleich mit der Tür ins Haus fällt oder zu fordernd ist – also keine spießigen, verstockten, preußisch-angespitzten Kasernenhof Manieren lebt – hat man als Deutscher bei den Ösis einen guten Stand. Und in Österreich sollte man auch Humor an den Tag legen können – das preußisch-humorlose und bierenste Getue ist dort wenig gefragt, man sollte aber auch nicht auf Teufel komm raus witzig sein wollen, denn künstliches Gehabe mögen auch wir nicht.

Obwohl Österreich im Grunde dank derselben Wurzel fast genau das gleiche ist wie Deutschland sollte man auf Feinheiten und Unterschiede achten: So besteht man in Österreich eher auf einem respektvollen Sie als bei uns und legt auch Wert auf die entsprechende Titulierung in der Anrede – heißt in der Praxis: Wenn man mit einem Ingenieur oder Doktor zu tun hat, sollte dieser auch als „Herr Ingenieur“ oder „Herr Doktor“ angesprochen werden, damit er sich nicht beleidigt fühlt. Höflichkeit und höfliches Benehmen zählt in Österreich noch viel und sollte nicht unterschätzt werden. Eine andere „Gewöhnungssache“ ist der Patriotismus, auch wenn wir Deutschen hier langsam unter unserem Stein wieder hervorkriechen und uns wieder an diesen gewöhnen: Ein Österreicher liebt sein Land und von daher wird bei Verleihungen gerne die Nationalhymne gesungen oder ein Gelöbnis auf Österreich ausgesprochen.

Wer sich beim Händeschütteln, Siezen und Duzen unsicher ist und zwischen Strebsamkeit und Gemütlichkeit wankt sollte sich am Besten an seinen österreichischen Kollegen. Wer wird wie von wem gegrüßt? Wo ist das Rauchen erlaubt? Über was lacht man in Österreich besonders gerne? Und wo wir beim Thema Lachen sind: Wenn mal ein Witz über Deutsche in Anwesenheit fällt, ist dieser meist nicht negativ, sondern eher augenzwinkernd und nett gemeint und man wartet auf eine nette Retourkutsche, auch wenn wir lieber böse Scherze über unseren kleinen Bruder reißen – also nicht von sich auf andere schließen, aber das merkt man recht schnell. Also ruhig den Mut zur Selbstironie haben.
Wenn man sich unsicher ist, heißt es sowieso immer fragen, aber dabei höflich bleiben – z. B. wenn man mal ein Wort nicht versteht oder eine Anspielung.

Daneben gilt es in Österreich auch auf andere Sachen zu achten – zum Beispiel sollte man schon vor dem Start des Praktikums, im Gegensatz zu uns, auf die verschiedenen Definitionen des Praktikums achten und die Art des Praktikums vorab klären, denn hier gibt es große Unterschiede. Grundsätzlich unterscheidet man in Österreich zwischen Ferialpraktikum, einem echten Ferialpraktikum und einem Volontariat sowie einem Ferialjob. Was bedeutet nun was?

Ferialpraktikum, echtes Ferialpraktikum, Volontariat
- ähnlich wie das freiwillige Praktika oder studienbegleitende Pflichtpraktikum bei uns
- keine Arbeitspflicht und freie Zeiteinteilung, daher auch
- kaum Kündigungsschutz, schnelle Kündigung möglich
- dienen hauptsächlich Schulungsmaßnahmen oder Lernzwecken, werden daher kaum bis nicht bezahlt
- kann das ganze Jahr über absolviert werden

Ferialjob
- ähnlich einem Studentenjob oder Werkstudent
- man erhält ein Gehalt
- man ist mit einem befristeten, normalen Arbeitnehmer gleichgestellt, das
- beinhaltet Arbeitnehmerrechte und
- man muss Steuern in Österreich zahlen.

Soweit sollte das geklärt sein, ansonsten wie gesagt im Vorfeld höflich nachfragen. Doch was gibt es noch zu wissen auf das man achten sollte?

Sozialversicherung und Krankenversicherung
- egal welches Praktikum man absolviert, der Arbeitgeber muss eine Unfallversicherung für einen abschließen
- ob man normal weiter krankenversichert ist sollte im Vorfeld mit der Krankenkasse geklärt werden, ansonsten benötigt man einen Auslandskrankenschein oder Extra Versicherungsschein für das Ausland.

Steuern & Steuerpflicht
- wenn man weniger als 6 Monate in Österreich arbeitet kann man sich dort von den Steuern freistellen lassen, ausgenommen
- bei einem Ferialjob ist man dadurch, dass man normal bezahlt wird abgabepflichtig
- egal was für Einkünfte man erhält, dies sollte dem Finazamt in Deutschland mitgeteilt werden um sich vor bösen Überraschungen zu schützen

Meldepflicht
Auch in Österreich besteht wie in Deutschland eine polizeiliche Meldepflicht. Nach der Ankunft sollte man sich als bei der Polizei oder auf dem Gemeindeamt melden um keinen Ärger zu riskieren.

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