Heutige Trickserien immer minimalistischer?

vom 23.12.2009, 23:47 Uhr

Es beklagen sich viele Leute, auch hier bei Talkteria, darüber, dass das Fernsehen immer schlechter würde. Gerne wird dann beklagt, dass dies ja gerade beim Kinderprogramm sehr dramatisch wäre. Die Kinder würden ja nur noch schlechte Zeichnungen, Gewalt, und für Kinder ungeeignete Inhalte präsentiert bekommen, nicht, wie noch vor einigen Jahren.

Nun gut, dass die Sendungen früher alle besser gewesen seien, das lässt sich leicht widerlegen. Und ich weiß auch gar nicht, ob man bestimmte Dinge an heutigen Kinderserien überhaupt kritisieren kann, wie Realitätsferne oder meinentwegen auch den Zeichenstil. Aber ob "sehr realistisch gezeichnet" automatisch gut ist, darüber kann man sich ja auch streiten.

Hier soll es gar nicht um die Inhalte von Serien gehen, oder auch von Trickfilmen, sondern rein um die optische Darstellung. Bedenkt man solche Serien wie Shin Chan (auch, wenn die sicherlich nicht unbedingt für Kinder vorgesehen ist ;) ) oder aber auch solche wie Cosmo und Wanda oder Danny Phantom, um nur einige wenige Beispiele zu nennen, dann sind diese ja doch relativ minimalistisch dargestellt, stilistisch gesehen. Die Figuren sind zum Teil recht grob dargestellt und grob schattiert, zum Teil auch gar nicht. (schattiert, nicht gezeichnet ;) )

Ich frage mich, ob das ein neuer Trend ist. Oder gab es das früher auch schon? Wenn ja, was gibt es da für Beispiele, welche Serientitel waren das beispielsweise?

Ich möchte es gar nicht werten. Ich gehöre zu den Personen, denen Inhalte ohnehin wichtiger sind, und ich finde verschiedenste Stile einfach interessant, egal, ob minimalistisch oder sehr prunkvoll ausgestaltet. Was davon nun für Kinder "besser" sei, das weiß ich nicht, und darüber will ich auch gar nicht urteilen, eben aus Unwissenheit. Mir geht es hier also rein um den Zeichenstil der aktuellen und der alten Trickfilme und -serien, und ob dieser Minimalismus eben eine neue Sache ist, oder nicht.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich kann mich an eine sehr minimalistische Serie aus meiner Kindheit erinnern, allerdings nicht mehr an deren Namen. Muß gut dreißig jahre her sein - der Protagonist war eine Art zweidimensionale Strichfigur, die mit den Gegenständen und dem Boden im Bild eine Einheit bildete. Schwer zu erklären, aber vielleicht kennst Du einen Werbespot aus der jüngsten Zeit. Es geht um Fenistil gegen Hämorrhoiden, da taucht doch nach vielen Jahrzehnten genau dieser Strichzeichnungstyp mit Schmerzen am Allerwertesten auf und sitzt am Ende auf ´nem Kamel - weißt Du nun, was ich meine? Das gab es früher jedenfalls mal als Kurzfilm-Trickserie.

Desweiteren mit nicht viel Aufwand gezeichnet war wohl König Rolo, den ich allerdings nicht sehr mochte, im Gegensatz zu Lolek & Bolek. Die waren auch irgendwie spartanisch, aber deren Charme und Inhalt ist mir immer noch lieber als das ganze heutige Manga- und Pokemonzeugs und was es da sonst noch alles an grellbunten Filmen mit stupider Handlung gibt. Ganz schlimm finde ich allerdings, wenn nicht mal mehr gezeichnet wird, sondern Trickfilme komplett computeranimiert sind.

Die Kinder von heute können sich doch bei der Reizüberflutung mit der sie erschlagen werden in dreißig Jahren an kaum eine einzelne Serie aus ihrer Kindheit erinnern. Auch traurig, daß sie um so vieles gebracht werden, was unsere Generation noch hatte. Ich war mit wenig Spielzeug glücklich und habe es dafür intensiv bespielt und darauf geachtet und aufgepasst, manches hat bis dato überlebt - und heute...? Naja, das wäre ein anderes Thema. Aber Du siehst, daß es einfach gezeichnete Trickfilme auch früher schon gab.

» Fuzzy » Beiträge: 242 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Wenn Du einem Zeichentrickfilm auch das Attribut Kunst gibst, dann sollte doch klar sein, dass es schlicht verschiedene Künstler gibt, die ihr Werk einfach unterschiedlich darstellen wollen. Natürlich gibt es hier welche, die auf Minimalismus und scheinbare Einfachheit setzen.

Da kann man ja beliebige Zeichentrickserien immer gegeneinander stellen. "Die Simpsons" als Zeichentrick sind ja auch nicht gerade an der Realität orientiert. Wenn man diese aber mit "South Park" vergleicht, dann sind sie wiederum sehr realistisch gezeichnet.

Ebenso unterscheidet sich "Futurama" von "Family Guy" usw. usf. Natürlich gibt es da die Vertreter, die einfache Streiche und eine begrenzte Farbtiefe der fotorealistischen Darstellung vorziehen. Was aber nichts mit Qualität oder einer Bewertung von Kunst zu tun haben kann, sondern wirklich immer auf den Einzelfall ankommt.

Zusätzlich ist es ja so, dass bestimmte Formen auch einzelne Leute besonders ansprechen bzw. Andere wiederum unabhängig vom Inhalt abschrecken. Ich würde also im Bezug auf die Serien von Heute und Gestern da jeweils keinen Trend ausmachen wollen, sondern immer nur die Laune bzw. Vorlieben der Macher sehen.

Um aus der Vergangenheit was mit umgekehrten Vorzeichen zu zeigen: die Zeichentrickserie "Heidi", welche jetzt auf Kika wieder zu sehen ist, stammt aus dem Jahr 1974. Und meinem Empfinden nach ist sie sehr einfach gezeichnet. Es fehlen auch ganze Szenen, in denen sich der Mund der sprechenden Person bewegt usw. und dennoch wird dann die jeweilige Person mit Sprache unterlegt. Wohingegen "Captain Future" deutlich später produziert wurde (Ende 1970er) und sehr viel Detailreicher und realistischer gezeichnet wurde. Natürlich mit Abstrichen was die Farbwahlen angeht. Aber es ist wie ich finde ein Sprung zu sehen.

Also kein Trend sondern eine Frage des umsetzenden Künstlers.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Fuzzy, diese Werbung kenne ich. Ich meine jetzt auch, mich an diese Trickserie erinnern zu können. An den Namen erinnere ich mich leider allerdings auch nicht mehr. Das müsste so Anfang der 1980er Jahre gewesen sein, oder? Vielleicht auch schon in den 1970ern. Allerdings wurde sie Anfang der 1990er auch noch einmal gesendet, das weiß ich. Ich bin ja selbst noch nicht so alt. ;) Also vor den 90ern habe ich sie gar nicht sehen können.

Du hast Recht, der Charme einer Serie ist nicht zwangsläufig abhängig vom Zeichenstil. Manchmal kann es atmosphärisch eine Menge hermachen, wenn der Stil sehr realistisch ist. Aber genauso können auch simple Zeichnungen bei einer guten Handlung sehr gut ankommen, beziehungsweise wird dieser "Mangel" dann aufgrund der Atmosphäre dann schlichtweg ignoriert. Meiner Meinung nach ist das dann sogar eine Art Beweis, dass die Handlung, und damit die Serie, tatsächlich gut ist. Eine mitreißende Geschichte zu entwerfen, das schafft nicht jeder.

Wobei ich übrigens nicht alle Animes (Manga sind das unanimierte Äquivalent auf Papier) schlecht finde. Sie sind auch nicht alle unsinnig, grell oder hektisch. Es gibt eben sehr viele mehr, als nur das, was auch hier in Deutschland gesendet wird. Oder gibt es hier regelmäßig Ausstrahlungen von Animes, die für Erwachsene vorgesehen sind (in Japan nichts Seltenes)? Eben nicht. In Deutschland landet meist der Schrott, oder aber schrottreife Bearbeitungen, die der Produktion den letzten Sinn rauben, den es vorher im japanischen Original noch gab.

Wieso findest du computeranimierte Kinderserien schlecht? Ist es die Optik, die dir nicht gefällt? Computeranimation macht schon Mühe und ich empfinde es genauso als Art von Kunst, wie auch Zeichnungen per Hand. Und an sich meine ich ja, dass der Darstellungsstil (also nicht nur, ob Zeichnungen ausführlich oder minimalistisch sind, auch, ob es Computergrafiken oder Zeichnungen sind) an sich nichts über die Qualität einer Produktion aussagt. Auf den Inhalt kommt es mir an.

Dass du von "unserer Generation" sprichst, finde ich übrigens ein wenig amüsant. ;) Ich kann mich irren, aber ich glaube, du schätzt mich zu alt ein. Ich habe die 20 Jahre noch nicht so lange überschritten. Also meine Kinderzeit, in der ich hauptsächlich Kinderserien gesehen hätte, wäre so Mitte oder Ende der 1990er Jahre gewesen. Da lief auch schon viel vom heutigen "Schrott". ;) Und an den erinnere ich mich auch noch.

DerPunkt, ich denke, diese vertonten Stellen ohne passende Gesichtsanimation bei "Heidi" kann man nicht unbedingt den Produzenten zur Last legen. Du meinst diese japanische Zeichentrickvariante, wo Heidi schwarzes Haar hatte und etwas dicklich war, oder? Ich denke, diese Stellen, wo Animation und Ton nicht passen, waren ein Mangel der deutschen Synchronisation. Es ist ja heute leider noch öfters so, dass im Original ausländische Serien bei der deutschen Vertonung stark lippenunsynchron werden. Oder dass man sogar Sprache einfügt, wo im Original gar keine war (das kann ich gut vergleichen, da ich einige Serien in Originalsprache und auf Deutsch gesehen und verglichen habe). Natürlich fehlt dann die Lippenbewegung in der Optik. Dafür kann dann aber nur das unfähige Synchronteam etwas.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Also die gesuchte Figur ist "La Linea". Ich mochte Zeichentrickfilme nicht, früher so gut wie nicht und heute auch nicht. Das einzige was ich als kleines Kind mochte war Barbapapa, die waren auch nicht großartig umständlich gezeichnet, aber die Idee dahinter das die sich "Barbowick - Barba Trick" verwandeln konnten in was Sie wollten, glaube ich, gefiel mir denke ich.

Ich denke aber, dass die "dummen" Zeichentrickfilme nicht wirklich wegen ihres Aussehens als schlechtes Fernsehen dargestellt werden. Dann fällt mir noch Fix und Foxi ein.

Ob es früher schon so Schattierungen gab, wie es in den von Dir angesprochenen Zeichentrickfilmen gab, weiß ich nicht, jedoch hat sich der Trickfilm sehr entwickelt und es ist einfach heute möglich, die Schattierungen schneller mit entsprechender Software umzusetzen, würde ich sagen.

» ygil » Beiträge: 2551 » Talkpoints: 37,52 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Hallo Wawa666!

Sorry, wenn ich Dich mal pauschal in meine "Generation" einbezogen habe. Ich habe knapp die Mitte Dreißig überschritten. :P

Beim Lesen der Antworten ist mir etwas in den Sinn gekommen, weil Du geschrieben hast, daß Animes in Japan oft anders betrachtet und vielfach auch für ein erwachsenes Publikum entworfen werden. Da fiel mir spontan die Trickfilmsequenz aus "Kill Bill" ein, welche ja im japanischen Mafiamilieu spielt. Sehr realistisch gezeichnet mit dem Hang an künstlerischer Übertreibung (Mimik, Blutfontänen etc.), der irgendwie das gewisse Etwas ausmacht. Damit könnte ich mich auch anfreunden.

Zu den rein computeranimierten Filmen kann ich nur sagen, ich mag sie wohl deshalb nicht besonders, weil sie für mich zu modern sind und aber auch, weil ich finde (auch wenn viel Arbeit am Computer dahintersteckt), daß es kein richtiges "Handwerk" mehr ist. Naja, Ansichtssache.

Danke an ygil, für die Aufklärung, wie diese Strichserie hieß. Das werde ich mir dann mal zu Gemüte ziehen. Ich habe sie tatsächlich Ende der Siebziger schon gesehen...

» Fuzzy » Beiträge: 242 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ja, la Linea war es, definitiv! Aber sehr interessant, dass das, wenn ich mir das jetzt mal so ansehe, ja wirklich haargenau die Figur aus der Werbung ist. Also, dass sie diese Serienfigur als Werbemännchen verwenden. Ich hatte es anders in meinem Gedächtnis, nämlich so, dass es unterschiedliche Figuren, nur eben im gleichen Stil, gewesen wären.

La Linea stammt übrigens aus dem Jahr 1969, laut Wikipedia. So alt ist es schon, und es lief in meiner Kindheit, in den 1990ern, immernoch manchmal im Fernsehen, also die Serie, keine Werbung. Andererseits habe ich vorhin aus Nostalgie-Gründen den Zauberer von Oz gesehen, im aktuellen Kinderprogramm. Den habe ich als Kind auch schon gern gesehen. Und er ist im Original aus dem Jahr - 1939! Einige Kinderfilme, egal, ob Trick oder nicht, werden doch über Jahrzehnte immer wieder gezeigt. Also auch alte Serien und Filme laufen durchaus auch heute noch. Und da meckern so viele Eltern immer, dass heute ja nichts mehr "aus der guten alten Zeit" gesendet würdde. ;)

ygil, Ich habe durchaus von Eltern schon als Kritik gehört, dass der Zeichenstil der heutigen Trickserien immer ungeeigneter für Kinder sei. Zu abstrakt, unverständlich, zu hektisch, unrealistisch, was auch immer. Das wurde dann meist zusammen mit Kritik an den Film- und Serien-Inhalten genannt, das stimmt. Wobei einige Eltern wohl auch nur einen minimalistischen Zeichenstil schon schrecklich genug finden, um eine Serie als für Kinder nicht geeignet zu betrachten. Die schauen sich dann nicht einmal mehr die Inhalte an, sondern urteilen schon allein anhand des äußeren Eindrucks. Schade, so kann man Gehaltvolles in schlichterem Äußeren verpassen. Aber ist ja jedem selbst überlassen!

Fuzzy, Die Tricksequenz aus Kill Bill kommt tatsächlich dem Stil einiger (na gut, bei den Erwachsenenproduktionen doch sogar recht vieler) Anime-Produktionen nahe. Wobei es da riesige Variationen gibt. Es gibt da ja alles, von niedlich bis brutal, realistische und sehr abstrakte oder grobe Darstellungen, für alle Zielgruppen vom Grundschulkind bis hin zu Rentnern. Mit der Thematik variiert auch der Zeichenstil. Da gibt es dann, aufgrund dieser Varietät, eben auch viel, was einem nicht so gefällt, aber auch einige "Perlen". Jedenfalls geht es mir da so. Wobei das ja auch bei Nicht-Trickfilmen so ist. Aber das weicht, glaube ich, vom Thema zu weit ab.

Übrigens, das mag ich mir jetzt auch nicht verkneifen, mache ich auch recht viel 3D-Grafik-Zeug am Computer. ;) Das ist eine Heidenarbeit, glaub mir! Es ist sehr anders, von der Arbeit her, als Zeichentrick. Das stimmt auf jeden Fall. Aber es ist schon auch eine anstrengende Futzelarbeit. Zum Teil für mich noch schwieriger, als zu zeichnen (ich mache beides und kann daher gut vergleichen, wobei ja jedem Menschen Dinge anders gut liegen, es gibt sicherlich auch welche, die besser mit dem Computer Grafiken erstellen, als per Hand zu zeichnen). Mir geht es so, dass es beim Zeichnen irgendwie immer so "klappt", wie ich es möchte. Am Computer aber stimmt dann mit der Figurenhaltung oder -bewegung doch so oft etwas nicht, und dann ist es eine große Mühe, das alles zurecht zu drehen. Man kann halt nicht einfach einen Radierer nehmen, und die Linie dann neu zeichnen, binnen Sekunden, sondern es ist ein ewiges Hin- und Her mit dem 3D-Programm.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich denke auch nicht, dass man von Zeichenstil auf den Inhalt schließen kann. Wobei ich finde, dass die Simpsons oder Futurama usw. sich rein vom Äußeren Zeichenstil doch recht ähnlich sind. Nur die Umsetzung ist dann eben eine andere.

Die angesprochene Sequenz aus Kill Bill ist wirklich sehr interessant, weil sie alles andere als minimalistisch ist und trotzdem stark übetrieben dargestellt ist. Man kann sich wohl darüber streiten, ob diese nun realitätsnah oder-fern gezeichnet wurde. Interessant ist sie aber allemal.

Ich habe früher sowas geschaut wie "Die Schlümpfe", "Tom und Jerry", "Roadrunner", "Pantao" und jede Menge Disneyfilme. Ich fande die durchaus kindgerechte - auch und wegen ihres Zeichenstils - als zum Beispiel "Spongebob". Wobei auch hier der Inhalt natürlich ausschlaggebender ist als der Rest.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


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