Vermeintlich unbeherrschte Sprache doch verstehen
Ich persönlich habe in der Schule vier Fremdsprachen gelernt: Englisch, Französisch, Latein und Italienisch. Zugeben muss ich, dass ich das Französische nie so toll beherrschte. Es lag mir nicht, ich fand es auch nicht so interessant, wie die anderen Fremdsprachen, das muss ich ehrlich sagen. Vom Italienischen und von Latein war ich beispielsweise völlig begeistert, aber die Französischstunden schleppten sich einfach so. Und als ich dann mit der Schule fertig war, hatte ich das Gefühl, fließend Englisch, Italienisch und sogar Latein zu sprechen (was sich dann auch testen ließ, und tatsächlich, meine Kenntnisse waren super), aber Französisch, das Gefühl hatte ich, hatte ich zwar all die Jahre gelernt, aber letztendlich könne ich damit wohl kaum kommunizieren.
Dann stand im Jahr 2008 im Herbst eine Reise nach Paris an. Ich dachte mir, dass ich da mit meinem Französisch wohl kaum zurecht käme. Aber, ich war zuversichtlich, es würde auch so irgendwie klappen, mit Hilfe anderer Sprachen, wenngleich es auch immer heißt, dass in Frankreich Fremdsprachenkenntnisse nicht so verbreitet seien. Ob das ein Gerücht ist, das sei mal dahin gestellt.
Als ich dann in Paris ankam, staunte ich nicht schlecht. Ich kam sprachlich völlig problemlos zurecht, verstand alles (Gesprochenes wie Geschriebenes) und konnte auch halbwegs verständlich Französisch sprechen. Jedenfalls haben mich alle verstanden, mit denen ich während der einwöchigen Reise kommunizierte. Und wir hatten keinerlei deutsche Reiseleitung oder so etwas, ich war auf eigene Faust dort. Tja, und einige Male wurde ich wohl sogar für einen Französisch-Muttersprachler gehalten, das erstaunte mich wirklich. Wobei ich schnell merkte, es gab Lebensbereiche, für die hatte ich das nötige Vokabular, aber bei einigen Bereichen war es etwas schwieriger. Das variierte eben. Aber insgesamt zeigte sich: Wider erwarten konnte ich irgendwie doch Französisch.
Mangelndes Selbstbewusstsein? Ich weiß nicht, ob das der Grund für solch eine Fehleinschätzung ist. Ich bin eigentlich kein Mensch, der sonst so wenig Vertrauen in sich selbst hätte, im Gegenteil. Nur sprachlich glaubte ich, es realistisch zu sehen, wenn ich sage "Französisch beherrsche ich nicht wirklich". Aber da hatte ich mich wohl doch getäuscht.
Wobei ich denke, es ist vielleicht das Umfeld, mit all den frankophonen Menschen, und auch dieser "Zwang", diese Sprache nun zu beherrschen, um zurecht zu kommen, was noch einmal einen "Schub" gegeben hat, sich mit der Sprache tatsächlich anzustrengen. Da kamen die alten Vokabeln wieder aus dem Hinterkopf hervor, wie von ganz allein. Und man lernt ja auch dadurch, dass man seinem Umfeld zuhört. Nicht umsonst soll man Sprachen im Ausland, wo diese Sprache als Muttersprache gesprochen wird, am besten lernen können. Vielleicht war es hier ja genau so.
Ein weiterer seltsamer Fall war der, den ich vor wenigen Monaten erst erlebte. Ich hatte mir einmal vorgenommen, Japanisch zu lernen, jedoch bin ich damit noch nicht wirklich weit gekommen, was ich sehr bedauere. Immerhin sehe ich oftmals japanische Filme und Serien mit englischem Untertitel. So kann ich zumindest einen Teil Vokabular klanglich zuordnen, also verstehe, wenn ich sie höre, einige japanische Worte, durch die parallele schriftliche Übersetzung durch die Untertitel. Aber ich war der Meinung, dadurch natürlich noch lange keine Ahnung von der japanischen Sprache zu haben! Dieser ganze Mangel an Grammatik, und ein paar wenige aufgegriffe Worte, was sollte das schon bringen?
Dann sah ich mal rein zufällig bei einer Bekannten, die sich für Japan noch mehr begeistert, als ich, gerade japanische Nachrichten. Sie hatte gerade online einen Live-Stream laufen. Und ich habe gedacht, ich träume. Ich habe dann ganz plötzlich einen beachtlichen Teil dessen, was dort gesagt wurde, verstanden. Ich weiß bis heute nicht, wie ich das gemacht habe, aber ich verstand wirklich fast alles. Dass ich nicht einfach irgendeinen Blödsinn übersetzt hatte, weiß ich, weil ich danach noch einmal die Bekannte fragte, ob ich das alles richtig verstanden hätte. Sie staunte dann auch vollkommen.
Das war schon sehr merkwürdig. Ich glaube einfach, dann durch die Filme möglicherweise doch unterbewusst eine Menge Vokabular und Grammatik mitbekommen zu haben. Die kann ich nun bewusst nicht unbedingt äußern, und wenn man mich nach einzelnen Vokabeln fragen würde, wäre ich eventuell ahnungslos. Aber so im Zusammenhang, wenn ich es höre, verstehe ich irgendwie doch viel, als käme es von selbst. Also unterbewusst scheint eine Menge da zu sein, ich müsste nur noch wissen, wie ich es bewusst mache. Vielleicht durch eine Reise nach Japan? Da fehlt leider das Geld.
Bin ich ein Einzelfall mit merkwürdigen Gehirnfunktionen oder kennt ihr solche Fälle auch, also gibt es so etwas oft?
Das mag sich jetzt komisch anhören, aber ich habe die deutsche Sprache am Anfang mit Hilfe des Fernsehens gelernt. Alleine das Zuhören hat mir geholfen vieles zu verstehen. Die Schule erledigte den Rest. Heute spreche ich fehlerfrei (bitte nicht von der Rechtschreibung täuschen lassen).
Wie lernen über akustische und optische Reize. Unser Gehirn speichert auch unbewusst Informationen, die dann zusammen mit den bewussten Informationen hervorgeholt werden, wenn sie gebraucht werden. Wir glauben zwar dieses und jenes nicht zu wissen, noch zu können, doch tatsächlich ist alles in unserem Gehirn abgespeichert wie auf einem USB-Stick.
Neben Deutsch spreche ich auch noch Russisch, Englisch, Französisch und Spanisch. Bis auf Russisch und Englisch bin, beziehenungsweise war ich, der Meinung diese Sprachen nicht wirklich zu beherrschen. Aber in der Anwendung verhält es sich dann erstaunlicherweise ganz anders.
Ich habe während ich französisch lernte zufällig einen französischen Film im Fernsehprogramm erwischt. Die mir unbekannte Handlung erschien durch die Darstellung sehr interessant. Ich blieb beim Film hängen und verstand tatsächlich trotz meiner "mangelnden" französisch Kenntnissen den ganzen Film. Noch heute staune ich darüber wenn mir französische Begriffe sofort bekannt sind und ich gelegentlich auch selbst das ein oder andere Wort, ja sogar ganze Sätze übersetzen und verstehen kann. Es ist alles im Gehirn irgendwo gespeichert, unglaublich aber war.
Mit Spanisch durfte ich sogar praktische Erfahrungen in Spanien sammeln. Durch meine Unsicherheit habe ich jedoch lieber zur Universalsprache Englisch gegriffen. Jedoch verstand ich das Spanische ansonsten mühelos und konnte auch mich zum Teil ganz gut auf spanisch artikulieren, wenn es denn sein sollte.
Bei Englisch ist es so, dass ich so gut wie alles verstehe. Englische Filme, englisch sprechende Personen bilden für mich keine Geheimnisse. Die sprache ist mir so verständlich wie Deutsch. Nur bei Fremdwörtern muss ich dann doch manchmal nachschlagen, wenn sich der Sinn nicht durch den Satz und der Situation ergibt.
Das Sprechen verläuft im Gegensatz zum Verständnis viel holpriger, da die Erfahrungen diesbezüglich meist magerer sind. Dann baut man mal einen grammtikalisch unkorrekten Satz ins Gespräch ein. Hier gilt: "Übung macht den meister." Im übrigen empfehlen Sprachlehrer wärmstens das Schauen von fremdsprachigen Fernsehkanälen und das Lesen fremdsprachiger Literatur, weil man sich dadurch erwiesen sehr in der Fremdsprache verbessern kann.
Du siehst, du bist kein Einzelfall. Natürlich lernt man eine Fremdsprache am besten im Heimatland dieser Sprache. Du kannst fürs erste jedoch auch nur japanischen Fernsehen schauen.
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