Tödliche Krankheiten auf die leichte Schulter nehmen?

Wenn man mit der Diagnose Krebs oder Herzschwäche mit möglicher Todesfolge die Praxis verlässt, geht das den meisten Menschen schon nahe. Sie nehmen diese Diagnose ernst, holen vielleicht eine zweite Meinung ein, informieren sich selbst und beginnen dann den Kampf gegen die Krankheit, der vielleicht aussichtslos ist, vielleicht aber auch nicht.

So kenne ich das von Freunden und Verwandten, denn spätestens die Angst vor einem qualvollen Tod treibt die Menschen zum Arzt. Aber selbst wenn man sich gegen einen Arzt entscheidet und seinen eigenen Weg finden will, so hat man sich dennoch damit auseinandergesetzt. In der Familie meines Mannes ist er jedoch der einzige, der aktiv auf seine Gesundheit achtet und auch regelmäßig zum Arzt geht. Das hat ihm bereits ein Mal das Leben gerettet, als er es mit schweren Herzrhythmusstörungen gerade noch so in die Notaufnahme schaffte.

In seiner Familie schert man sich darum einfach nicht so. Diagnosen wie Krebs werden beiläufig erwähnt, das Leben geht normal weiter, wenn man die Zeit und die Lust findet, lässt man sich eventuell behandeln, aber das eilt jetzt nicht. So verlief das immer und ist der Grund dafür das von 11 Geschwistern jetzt noch eines am Leben ist, mit Brustkrebs. Sie sind größtenteils an vermeidbaren Sachen gestorben, eine verschleppte Erkältung, nicht diagnostizierter Herzfehler und Anzeichen wie Herzschmerzen, Atemprobleme und Schwäche, die komplett ignoriert wurden.

Mich schockt es immer wieder, wie lax die ganze Familie damit umgeht und frage mich woher diese Einstellung kommt. In den USA habe ich das schon des Öfteren erlebt, hier ist es jedoch der Selbstbeteiligung an den Kosten geschuldet bzw. einer nicht vorhandenen Krankenversicherung. Bei uns sind die Möglichkeiten gegeben, werden aber nicht in Anspruch genommen und dann ist es zu spät. Kennt ihr auch Menschen die so mit ihrem Leben spielen? Würdet ihr eine gefährliche Diagnose einfach ignorieren? Wie denkt ihr kommt es zu dieser Einstellung?

Ja solche Menschen kenne ich durchaus. Ich selber mache mir nichts aus gefährlichen "Diagnosen", da ich die Erfahrung gemacht habe, dass man mit dem selben Symptom zu 5 Ärzten gehen kann und von "harmloser Husten" bis hin zu "Lungenkrebs" über "Psychosomatik" ist dann an Diagnosen alles dabei.

Ob man dann wirklich sehr krank ist, weiß man dann immer noch nicht. Kann es daher voll verstehen, dass man sich dann nicht behandeln lässt, wenn es vielleicht nur ein harmloser Husten ist.

Es wäre ja schön, wenn man auf "gefährliche Diagnosen" einfach nichts zu geben braucht, und voilà - man wird gesund hundert Jahre alt. Manchmal wünsche ich mir auch ein derartiges Maß an Naivität. Knoten in der Brust? Einfach ignorieren oder dem Arzt glauben, der ihn als harmlos deklariert. Problem gelöst. Ich frage mich, wieso überhaupt noch Leute sterben, wenn man so einfach darum herum kommt.

Aus Erzählungen und Beobachtungen kann ich mir jedoch vorstellen, dass es einfach eine Frage der Mentalität sein kann. Meine Mutter hat mir erzählt, dass in ihrer Jugend, gerade auf dem Land, 60 schon ein schönes Alter war und kaum jemand auf die Idee gekommen ist, für die ältere Generation Fachärzte zu konsultieren, die es sowieso nur in größeren Städten gab. Dazu kam noch die Rolle der Religion, die auch dazu beigetragen hat, dass man nicht um jedes Lebensjahr bis zuletzt gefeilscht hat.

Der Tod war damals einfach noch näher am Leben, und ich kann mir vorstellen, dass es Kulturen und Mentalitäten gibt, die es bis heute ähnlich sehen, und eher Schicksalsergebenheit praktizieren als mit allen modernen medizinischen Mitteln zu kämpfen. Auch so sieht ja nicht jeder den Sinn darin, das Leben mit allen Mitteln zu verlängern, und noch eine Zeit lang vor sich hin zu vegetieren.