Tod eines Familienmitglieds nach 1 Jahr nicht verarbeitet?

vom 16.03.2016, 19:39 Uhr

Auch ich habe in den letzten drei Jahren mehrere Todesfälle von Verwandten erleben müssen. Ich bin mittlerweile in einem Alter, wo es klar sein sollte, dass mir dies die kommende Zeit noch bevorsteht. So ist das, wenn man sich im 30er Alter aufwärts befindet. Andere werden ja nie jünger.

Ich muss jedoch gestehen, dass ich mit dem Tod nicht zurecht kommen kann. Wobei ich sagen muss, dass ich es auch niemals lernen musste, abgesehen von Tieren. Da war es schon für mich als Kind sehr traumatisch, weil ich Tiere immer sehr wertvoll empfunden habe. Sie nahmen mich in einer Zeit, wo es mir durch Missbrauchsfälle sehr schwierig ging, so wie ich war. Unterstützende Hilfe von meiner Mutter bekam ich nur vorübergehend, nach dem Motto "irgendwann muss auch gut sein".

Nun musste ich also schon viele Menschen die letzten drei Jahre beerdigen. Doch insbesondere bei einem Menschen fällt es mir noch immer schwer, das zu verstehen. So ergeht es jedoch jedem in der Familie, die näher mit entsprechender Person zu tun hatte. Der Todestag hat sich dieses Jahr genähert, wo die betreffende Person ein Jahr zuvor verstorben war.

Doch meine Wenigkeit, meine Cousine sowie Nichte leiden schon extrem daran. Es lag sicherlich auch daran, dass wir rundum die Uhr ohnehin mit der Person zu tun hatten. Wir wurden mehr oder weniger von ihr mit erzogen, damit aus uns irgendwie etwas anständiges werden konnte, weil der Rest unserer Verwandten eher alles dem Zufall überlassen hat.

Wir haben somit auch direkt erlebt, wie der Todeskampf der betroffenen Person begann, man die Heilung feierte und dann die schnellen Rückschläge bis zum Tod wieder betrachtet hat. Nun ist das ganze circa 1 Jahr und ein paar Tage her, aber was ist seither passiert?

Ich denke nahezu täglich an den Todeskampf, den ich miterleben musste. Ich träume zwischenzeitlich, aber nicht immer davon. Ich vermisse diese Person unendlich. Ich habe die Wohnung des Partners seither nie wieder betreten, schon wenn ich vorbeigehe zittert mein Körper. Ich kann damit irgendwie gar nicht umgehen.

Was mich daran so verwundert ist, dass ich bei zwei weiteren Todesfällen das Vermissen und in Erinnerungen schwelgen auch habe, aber niemals so schlimm, dass es mich beeinflusst. Da war ein Abstand von Kindheit bis zum Erwachsenenalter entstanden, sodass dies womöglich der Grund ist?

Wie lange kann so etwas andauern, dass es einem vorkommt, als sei eine liebste Person erst gestern verstorben? Ich bin immer super darin, anderen zu helfen, aber an mir selber prallt alles vollkommen ab! Wie lange habt ihr bei wirklich geliebten Menschen gebraucht? Kam es Euch nach einem Jahr immer noch so vor, als sei alles gestern gewesen?

Muss noch dazu sagen. Ich lebe weiterhin so wie zuvor - daran wurde keine Veränderung deswegen vernommen. Also es beeinflusst mich im Kopf. Nicht körperlich den ganzen Tag, sondern nur wenn ich nahe am Haus vorbei komme, wo sie mit dem Mann wohnte.

Mein Kopf macht da eher, was er will. Ein Szenario wie Krebs im TV, sofort kommt alles wieder hoch und mehr. Was glaubt ihr, könnte ich tun, um ein wenig wieder die Kontrolle über den Gedanken zu bekommen, dass ich mich langsam damit abfinden kann?

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Trauer ist kein Akt, den man in einer bestimmten Zeit erledigen und abhaken kann, das hast du sicher selbst schon gemerkt. Manchmal dauert es länger, bis man mit einem schweren Verlust umgehen kann.

Mein Rat ist: Nimm dir die Zeit und verlang nicht von dir selbst, dass es jetzt oder in den nächsten Tagen vorbei sein soll. Das funktioniert ohnehin nicht. Die Trauer hat ihren eigenen Zeitplan, da haben die Hinterbliebenen nicht viel mitzureden. Sie müssen nur leider da durch.

Vielleicht wird es einfacher, wenn du versuchst, einen Mittelweg zu finden: Sich mit dem Verlust beschäftigen, aber das Leben und den Alltag dabei nicht aus den Augen verlieren. Ich wünsche dir jedenfalls viel Kraft, um die Zeit, bis der Verlust für dich erträglicher wird, zu überstehen.

» tok_tumi » Beiträge: 837 » Talkpoints: 1,20 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Man kann sich doch nicht rational dazu bringen nicht mehr zu trauern. Das dauert nun mal und jeder geht damit auch anders um. Ich denke auch, dass das von Mensch zu Menschen verschieden ist und man das durchaus auch bei den Verstorbenen unterschiedlich stark ausgeprägt hat. Bei meiner Ur Oma kam ich beispielsweise sehr gut klar, sie war alt, hatte ein tolles Leben und man erkannte, dass das nur schlechter wird. Bei meinem Opa war es anders.

Er war noch jünger und er lag mir wirklich immer sehr am Herzen. Bei ihm ging alles viel schneller und war für mich weniger greifbar. Zudem hat ihn alles auch sehr belastet, wie ich weiß. Das hat bei mir auch ein paar Jahre gedauert bis ich einigermaßen darüber hinweg war, weil es ein sehr bedeutsamer Mensch in meinem Leben war.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich denke auch, dass jeder anders trauert und mit dem Verlust eines geliebten Menschen umgeht. Ich habe vor 3 Jahren auch einen sehr lieben Menschen verloren und bin heute immer noch traurig darüber und denke sehr oft an diese Person. Seit sie nicht mehr da ist, fühle ich mich oft sehr alleine und auch manchmal einsam. Manchmal besuche ich auch das Grab, aber es macht mich doch jedes mal wieder traurig.

Wenn ich dadurch allerdings Einschränkungen hätte und merke, dass ich mein Leben nicht mehr so leben kann, wie ich gerne möchte, würde ich mir Hilfe suchen. Es ist ja keine Schande, wenn man mit seiner Trauer nicht alleine fertig wird. Dafür gibt es ja spezielle Anlaufstellen, die sich damit auskennen und vielleicht helfen können.

Ich hatte auch nie direkt etwas mit dem Tot zu tun, eben auch nur durch Haustiere. Meine starb, als ich noch in der Grundschule war. Das war auch der einzige Todesfall, den ich bis dahin so nah miterlebt habe. Ich weiß auch noch, das mich die Situation eigentlich überfordert hat und ich nicht recht wusste, wie ich damit umgehen sollte. Teilweise geht es mir heute auch noch so, aber das haben wohl viele, wie ich schon durch Gespräche mitbekommen habe.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Ich muss wirklich zugeben, dass ich mich unter Umständen unter Druck setze, was die Trauer angeht und merke, dass ich diese gar nicht zu kontrollieren vermag, sondern sie macht, was sie will. Das scheint mir aus den Händen zu gleiten, sodass ich glaube, dass ich die Kontrolle über meine Gefühle verliere. Obwohl es Quatsch ist, weil trauern darf jeder und egal wie lange.

Leider kannte ich das Gefühl in dieser Intention zuvor nicht oder zum Glück. Das macht es mir persönlich natürlich nicht einfach, um die Trauer besser verarbeiten zu können, sondern leide ich mal mehr und mal weniger, aber täglich denke ich an den Verlust.

Trotzdem ist es wirklich erstaunlich, wie wenig Kontrolle jemand darüber hat, weiter zu trauern oder nicht. Ich glaube wohl, dass ich mich je mehr ich kontrollieren will, weiter ins "Aus" schieße, sodass meine Gefühle ohnehin tun, was sie wollen oder sollen. Schon ein seltsames Gefühl, muss ich gestehen.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Wie lange man trauert und wie schnell man einen Verlust verarbeitet hängt doch eher davon ab, welche emotionale Bindung man zu dieser Person hatte. Wenn mein Chef jetzt beispielsweise sterben würde, wäre ich zwar im ersten Moment geschockt und wüsste nicht, wie es weitergehen soll, weil es eben der Chef ist und man nicht weiß auf welche fixen Ideen ein (unberechenbarer) Nachfolger kommen würde und ob man vielleicht als nächstes wegen Umstrukturierung die Kündigung auf dem Tisch hätte.

Aber ansonsten würde mich sein Tod nicht jucken, selbst 10 Jahre später nicht, so kalt das auch klingt. Ich habe zu meinem Chef ein distanziertes Verhältnis und ich trenne beruflich und privat. Daher wäre mir das auch egal und ich würde seinen Tod höchstwahrscheinlich sehr schnell verarbeiten und letztendlich auch abhaken.

Was anderes wäre es, wenn eine Freundin stirbt, ein naher Angehöriger aus familiärem Umfeld oder der Partner, vielleicht sogar das eigene Kind. Ich glaube wenn mein Sohn durch einen Unfall oder Krankheit sterben würde, würde ich mir ewig Vorwürfe machen und ich glaube nicht, dass ich das auf meinem Sterbebett richtig verarbeitet hätte.

» Esri » Beiträge: 485 » Talkpoints: -0,11 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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