Strafbarkeit von Schwarzfahren noch zeitgemäß?
In anderen Beiträgen ist bereits diskutiert worden, dass das Schwarzfahren in Deutschland eine Straftat ist und 60 Euro Strafe zur Folge haben kann. Im Wiederholungsfall droht sogar eine Freiheitsstrafe.
Nun habe ich gelesen, dass die Justizminister der Bundesländer in Deutschland sich darüber streiten, ob es überhaupt noch zeitgemäß ist, das Schwarzfahren unter Strafe zu stellen. Einige Bundesländer sind sogar der Ansicht, dass man die Strafbarkeit abschaffen sollte, weil dies die Justiz entlasten würde.
Was haltet ihr von dieser Diskussion? Meint ihr, dass das Schwarzfahren nicht mehr bestraft werden sollte? Sind die Gesetze in dieser Hinsicht noch zeitgemäß oder schon lange überholt?
Ich könnte mir vorstellen, dass eine Anschaffung der Strafen bei Schwarzfahren eine Art Freifahrtschein ist. Dann würden sicherlich viel mehr Fahrgäste ohne ein Ticket fahren. Ich denke daher, dass es nur sinnvoll wäre, wenn es sich um Strecken handelt, bei denen schon überlegt wird, ob diese zukünftig kostenlos für die Fahrgästen angeboten werden sollen. Ansonsten steigen die Zahlen der Schwarzfahrer sicherlich.
Wenn man Schwarzfahren nicht mehr unter Strafe stellt muss man das Ganze meiner Meinung nach auch kostenlos machen, denn wozu sollte ich zahlen, wenn mich keine Strafe erwartet? Natürlich muss alles auch bezahlt werden, aber letztendlich ist das doch jedem egal und die Strafe hält davon ab einfach so mitzufahren. Es wurde ja auch schon diskutiert, dass man kostenlos den Nahverkehr anbieten möchte und das finde ich schon richtig.
Ich bin juristisch nicht so firm, aber vielleicht gibt es ja auch eine Zwischenlösung, die Schwarzfahren irgendwo zwischen Straftat und "Wer jetzt noch ein Ticket kauft, ist selber schuld!" ansiedelt. Es hat ja immer noch eine abschreckende Wirkung, wenn die Leute immer noch Strafe zahlen müssen, aber der ganze Papierkram wegfällt, der die Justizbehörden beschäftigt, wenn man den Vorgang als Straftat behandelt und entsprechend verwaltet.
Ich bin durchaus der Meinung, dass es Konsequenzen haben sollte, wenn man eine Leistung in Anspruch nimmt, ohne dafür zu bezahlen. Der Verwaltungsaufwand ist nicht zu unterschätzen, aber genauso gut könnte ja eine Ladenkette beschließen, Ladendiebstähle unter einer bestimmten Schadensgrenze nicht mehr zu verfolgen und so die Getränkedosen und Schokoriegel praktisch anfangen zu verschenken. Das macht auch niemand, wieso sollten dann ausgerechnet die Betreiber von Bussen und Bahnen hier so viel Kulanz zeigen?
Ich hätte selbstverständlich auch nichts dagegen, wenn der Nahverkehr zumindest unter bestimmten Bedingungen kostenlos wäre, aber ich sehe als Pendlerin eben auch die Nachteile. Gerade in der Stoßzeit ist das System in vielen Städte sowieso hart an der Leistungsgrenze, und es wäre ja auch unfair, nur noch die Berufspendler zur Kasse zu bitten. Das Geld, das man bei der Verfolgung von Schwarzfahrern, der Ticketkontrolle und der Verwaltung von Strafgebühren einspart, reicht zudem bestimmt nicht für eine nennenswerte Vergrößerung der Busflotte oder den Ausbau von Tramlinien.
Ich kann Überlegungen, die sich mit den Kosten im Vergleich zum Nutzen beschäftigen, schon nachvollziehen. Aber man macht es sich doch wesentlich zu einfach wenn man die 60 Euro Strafe mit einem Verwaltungsaufwand vergleicht, der vielleicht bei 65 Euro liegt.
Man müsste in diese Rechnung nämlich auch den Verlust durch Ticketverkäufe mit einrechnen, denn wer würde denn ein Ticket kaufen wenn man ohne Ticket maximal damit rechnen muss, dass man aus der Bahn geworfen wird und auf die nächste warten muss? Also wenn dann überhaupt noch kontrolliert wird, denn die Kontrollen gehören ja auch zum Verwaltungsaufwand.
Als zahlende Kundin würde ich ja sagen, wenn die Kosten wirklich zu hoch sind dann müssen halt die Strafen entsprechend angehoben werden. Die Ticketpreise werden doch auch regelmäßig erhöht.
Und dieses Gerede über kostenlosen Nahverkehr halte ich für ganz großen Quatsch. Das ist aus verschiedenen Gründen nicht mal eben in ein paar Jahren zu realisieren, alleine schon aus technischen Gründen. Und vor allem frage ich mich, wie man das finanzieren will. Soll dann die Oma aus dem Dorf, in dem gerade zwei Busverbindungen in die Stadt gestrichen wurden, dafür blechen, dass die ganzen Städter ihre Autos schonen und Geld sparen können? Das wäre doch wohl mehr als ungerecht.
Ich bin auch der Meinung, dass Schwarzfahren strafbar bleiben sollte. Wenn die Strafbarkeit weg fiele, würde zwar immer noch der Schadensersatz und die Strafgebühr bleiben, die das Beförderungsunternehmen einziehen dürfte. Es bliebe also insofern eine geringe Strafe. Aber es hätte wohl einen geringeren Abschreckungseffekt.
Doch ich sehe auch, dass allein die ganzen anfallenden Kosten und die Zeit, die die Justiz mit solchen Verfahren zubringt, in keinem Verhältnis zu einer solchen Tat stehen. Ich denke, hier müsste man neue Wege gehen und vielleicht ein Standardverfahren entwickeln, das auch sehr viel zeitnaher vollstreckt werden könnte. Der Verwaltungsaufwand muss sehr viel geringer und kostengünstiger werden.
Irgendwie geht es hier schwer durcheinander. Das "erhöhte Beförderungsentgelt", das Schwarzfahrer entrichten müssen, hat nichts mit der Strafbarkeit zu tun. Das ist eine "Strafe", die die Verkehrsunternehmen aufgrund ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen erheben. Wer das nicht zahlt, hat eben ein Inkassounternehmen an der Backe.
Es geht darum, was in Paragraph 265a des Strafgesetzbuches steht. Dort ist festgelegt, dass das Erschleichen von Beförderungsleistungen wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe belegt. Das hat mit den meist 60 Euro für das Verkehrsunternehmen aufgrund des Beförderungsvertrags so gar nichts zu tun. Das kommt oben drauf, wenn das Verkehrsunternehmen eine Strafanzeige stellt.
Und hier liegt das Problem. Wer die vom Gericht verhängte Geldstrafe nicht bezahlen kann oder will, muss eine Ersatzfreiheitsstrafe antreten. Das kostet etwa 130 Euro pro Tag, abgesessen wird mit dem Aufwand der wundervolle Betrag von 10 Euro pro Tag. 300 Euro Geldstrafe bedeuten bei Zahlungsverweigerung demnach 30 Tage Haft, was den Steuerzahler ungefähr 3900 Euro kostet. Von den Gerichtskosten reden wir gar nicht. Gibt es direkt eine Haftstrafe, weil man Wiederholungstäter ist, ist das genauso unsinnig teuer.
Nun könnte man das Schwarzfahren von der Straftat zur Ordnungswidrigkeit herabstufen. Dann brauchte man kein Gericht und wenn die Geldbuße nicht bezahlt wird, kann am Ende zwar Erzwingungshaft angeordnet werden. Aber im Gegensatz zur Ersatzhaftstrafe mindert die den offenen Betrag um keinen Cent. Und wer definitiv nicht zahlen kann, kommt nicht in Haft. Das wäre definitiv die bessere Lösung.
Ob etwas zeitgemäß ist, ist schwer zu beurteilen. Wir reden hier weiterhin von der Erschleichungen von Leistungen, wo Millionen pro Jahr draufgehen, weil es Menschen gibt, die sich Fahrkarten nicht leisten können und welche gibt, die es sich nicht leisten wollen. Mein Problem liegt in der nachhaltigen Behandlung der Menschen, dass diese im Bau sitzen und benötigte Plätze kosten, während Körperverletzter und Missbrauchsekel draußen frei rumlaufen können. Das ist eher eine Relationsfrage.
Im Ernst jetzt, wer sich bei uns die 2,70 Euro für ein Ticket nicht leisten kann, der konnte sich damals weder die 40 Euro Strafe noch die heute 60 Euro Strafe leisten. Ist einfach so. Im Gefängnis wird dann diese als Ersatzhaftstrafe geltend gemacht und was bringt das? Ich kenne „Schwarzfahrer“ denen gehört wohl schon vor lauter Knastaufenthalte und Geldstrafen ein ganzer Bus oder die Straßenbahn selber. Sie können es sich einfach nicht leisten und wer jetzt sagt, dann geh laufen im Ernst? 1 Stunde, um Termine beim Amt wahrzunehmen usw?
Es sind eine nicht gerade unerhebliche Anzahl ans „Schwarzfahrer“ im Gefängnis, während andere draußen sitzen und sich buchstäblich die „Eier schaukeln“ und das ist in meiner Auffassungsgabe nicht nachvollziehbar. Wie jemand, der wiederholt Kinder missbraucht hat, raus darf, dann wieder auffällig wird. Wie jemand, der wiederholt Menschen verprügelt nochmals mit einem „blauen Auge“ davon kommt und jemand dann aber fürs „Schwarzfahren“ sitzt ist mir schleierhaft.
Es sollte natürlich nicht frei von Strafe sein, was natürlich sonst dazu wirken würde, dass jeder nur noch schwarz fährt. Doch es muss eine bessere Lösung herhalten. Es gibt viele Länder, wo das Fahren kostenfrei möglich ist, da klappt es. Dafür wurden anderswo ein wenig die Preise erhöht. Doch hier ist ja sowieso immer nichts möglich, seltsamerweise, was in ärmeren Ländern klappt.
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