Spontan reagieren und erst hinterher darüber nachdenken
Ich reagiere meist spontan auf etwas und bin eher vertrauensselig. Ich glaube, bei mir hätten falsche Handwerker und falsche Polizisten gute Chancen, wenn die Polizei über die Medien nicht immer wieder davor warnen würde.
Gestern Abend klingelte es bei mir. Nachdem sich über die Sprechanlage an der Haustüre niemand meldete, schaute ich durch den Türspion, sah einen älteren Herrn und machte spontan auf. Er erzählte mir, dass das Tiefgaragenlicht defekt sei. Er wollte mir das nur mitteilen, falls ich ein Auto habe. Ich bedankte mich und schloss die Tür wieder.
Hinterher kam mir das ziemlich unlogisch vor. Ich wohne in einem großen Haus mit acht Stockwerken und über dreißig Parteien. Hat der Mann überall geklingelt, um zu sagen, dass das Licht in der Tiefgarage defekt ist? Ich habe zumindest nicht bewusst bemerkt, dass er bei meinem direkten Nachbarn geklingelt hat. Der Vorfall ist mir den ganzen Abend nicht aus dem Kopf gegangen. Vielleicht war es wirklich ganz harmlos und er war so nett, allen Leuten Bescheid zu geben. Aber warum? Und wenn nicht, was könnte er sonst bezweckt haben?
Reagiert ihr auch oft spontan und kommen euch hinterher erst Dinge merkwürdig vor? Bei welchen Gelegenheiten war das so?
Es ist bei mir schon so, dass ich öfter mal spontan reagiere und hinterher erst über Dinge nachdenke, weil sie mir doch nicht aus dem Kopf gehen und weil ich hinterher vielleicht denke, dass ich besser anders reagiert hätte. Aber bei mir ist es dann im Gegenteil so, dass ich eher nicht vertrauensselig, sondern mehr misstrauisch bin und mir später überlege, dass das Misstrauen vielleicht doch unangebracht war.
Ich falle eher ins gegenteilige Extrem, sprich, ich agiere oft so zögerlich und auf alle Eventualitäten bedacht, dass ich sicher auch schon Chancen und Gelegenheiten verpasst habe, weil ich mir sicher war, dass etwas zu schön gewesen sei, um wahr zu sein oder dass meine Bedenkzeit sämtliche Fristen überschritten hat.
Und wenn jemand an der Tür klingelt und ich nicht gerade den Lieferdienst erwarte, kann die Person lange klingeln. Von daher mache ich mir zumindest keine Sorgen, auf "falsche" Handwerker oder Polizisten herein zu fallen, zumal da ich sowieso kaum daheim bin. Ohne Termin und/oder Ausweis geht bei mir gar nichts!
Aus dieser nicht eben unverkrampften Haltung folgt auch, dass ich mir angewöhnt habe, Situationen schnell einschätzen zu können und lieber Abstand halte, wenn mir etwas spanisch vorkommt. Das heißt natürlich nicht, dass ich erst mal mit dem Fuß anstupse, wenn ein Ömchen auf Glatteis ausgerutscht ist und lang liegt, aber wenn mich jemand in der Öffentlichkeit anspricht, trete ich erst mal einen Schritt zurück und behalte mir vor, die Person kurz abzufertigen oder einfach stehen zu lassen.
Aber die Schattenseite ist eben auch, dass ich mir auch bei positiven Überraschungen wie etwa einem Ausflug oder einer Feier arg schwer tue, diese auch zu genießen. Ich brauche Planung und Vorlauf!
Bei gewissen Dingen bin ich schon sehr spontan. Würde also ein Freund vor der Tür stehen und einen Ausflug machen wollen, wäre ich natürlich mit Kindern dabei. Spontan kann ich auch entscheiden in den Urlaub zu fahren. Bei Sachen, die Finanzen angehen oder bei denen man mich hereinlegen möchte, handele ich überhaupt nicht spontan, da denke ich vorher gut nach.
Wobei ich schon die Tür öffnen würde gerade bei einem älteren Menschen, aber hier würde es auch sofort auffallen, wenn da jemand Fremdes kommt und einfach so klingelt, da dann der Hund des Nachbarn anschlägt und da schauen die Leute dann natürlich auch. Ich wohne aber auch in einem Dorf, in der Stadt würde ich das so auch nicht machen.
Wenn ich den Hauch einer Gelegenheit zum Nachdenken habe oder aus einem Erfahrungspool schöpfen kann, bin ich auch misstrauisch und vorsichtig. Aber in der hier beschriebenen Situation kam ja auch das Element der Überraschung an der eigenen Wohnungstür hinzu. Wenn dann noch jemand für einen selbst harmlos aussieht nach dem Schema "älterer Rentner" ist man eher geneigt, nicht so vorsichtig zu sein.
Mir ist mal etwas ähnliches passiert, da war die Person Typ "junge, hilflose Studentin", die im Winter abends an meiner Wohnungstür klingelte. Das ist schon sehr viele Jahre her. Sie gab an, in der Nachbarschaft zu wohnen, neu in der Stadt zu sein und kein Guthaben mehr auf ihrem Handy zu haben und noch kein Festnetz. Sie erzählte mir noch, aus welcher Stadt sie eigentlich kommt und bat mich, ob ich ihr 20 Cent bzw. Pfennig zum Telefonieren für die Telefonzelle geben könnte.
Im Nachhinein habe ich mich dann schon gewundert. Das Haus, wo sie wohnte, war ein richtig großes Hochhaus mit sicher weit über 80 Wohneinheiten denke ich. Warum geht man aus diesem Haus raus, läuft über die Straße und klingelt dann dort anstatt im eigenen Haus zu fragen? Auf dem Weg zu mir muss sie sicher auch Passanten begegnet sein und ist an anderen Wohnungen vorbeigekommen. Also, das war schon sehr dubios. Ich kann mir auch bis heute keinen Reim darauf machen.
Ich bin da auch eher zu misstrauisch und übervorsichtig, gerade wenn es um Fremde geht. Jemand wollte mir auch schon auf der Straße einen Apfel schenken, einfach so. Da habe ich auch abgelehnt. Wer weiß was das für ein Mensch war und sicher ist sicher. Ich bin der Ansicht, dass ein Mensch nicht grundlos wohltätig ist - gegenüber Fremden schon gar nicht. Daher bin ich bei so etwas grundsätzlich vorsichtiger. Das führt dann bei mir eher dazu, dass ich gegenüber Fremden eher abweisend, kalt und distanziert bin und es mir höchstens hinterher Leid tun könnte, dass ich eben so reagiert habe auf diese fremde Person, die ja nichts dafür kann. Aber zu vertrauensselig bin ich bei Fremden nicht.
Ich bin sehr misstrauisch und pessimistisch - meine Freunde und mein Partner ziehen mich sogar oft damit auf, weil ich meistens zuerst etwas Schlechtes vermute. Allerdings bin ich eigentlich ganz zufrieden mit meiner Sichtweise. Auf diese Weise wurde ich dann nämlich wiederum oft vor Fehlern bewahrt, die dafür meine Freunde durch ihren Optimismus begangen haben.
Ich reagiere selten spontan bei dem von dir genannten Fall. Wie ich mich kenne, hätte ich bei einer fremden Person noch nicht einmal die Tür aufgemacht, wenn ich niemanden erwarten würde. Noch dazu hätte ich mich auch nicht bedankt, sondern hätte da einfach nachgefragt oder einfach verwirrt reagiert.
Sicher lasse ich mich auch mal zu spontanen Handlungen hinreißen und es ist nun auch nicht so, dass ich über alles, was ich sagen will, erst einmal ausgiebig nachdenken muss. Ich bin aber schon eher vorsichtig. Mein Bauchgefühl ist da eigentlich ganz gut und wenn mir etwas komisch vorkommt, dann passe ich einfach sehr auf. Oft bin ich zu übervorsichtig, allerdings kann ich gut damit leben.
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