Spendenaufrufe ignorieren als verwerflich betrachten?

vom 20.11.2016, 12:48 Uhr

Gerade vor Weihnachten wird immer und fast überall zum Spenden aufgerufen. Man bekommt dann schlimme Bilder und Videos gezeigt, die einen wirklich betroffen und traurig machen. Ich muss auch sagen, dass ich mich doch schwer tue, mir die Bilder im Fernsehen und Zeitschriften anzusehen.

Ich muss dennoch sagen, dass ich deswegen nicht gleich etwas spende. Ich denke, dass die Menschen und Tiere, die Spenden gut brauchen, diese ja auch das ganze Jahr über brauchen können. Wenn ich dann etwas spenden möchte, suche ich mir die Organisation selbst aus und das kann dann auch mitten im Sommer der Fall sein.

Nun habe ich jedoch eine Bekannte, die meint, dass sie immer vor Weihnachten etwas spendet. Sie meint, dass sie einfach ein schlechtes Gewissen hätte, wenn die alle Spendenaufrufe ignorieren würde. So würde sie dann wenigstens einer Organisation etwas spenden. Allen Aufrufen nachzukommen, geht ja natürlich schlecht.

Findet ihr es verwerflich und ignorant, wenn man einem Spendenaufruf nicht nachkommt? Fühlt ihr euch gleich schlecht, wenn ihr dem nicht folge leistet? Oder ist das genau die Masche, auf die diese Aufrufe abzielen?

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Ich finde es nicht verwerflich wenn man den Spendenaufrufen nicht nachkommt und mache es auch nicht. Gerade in der Weihnachtszeit tritt das ganze vermehrt auf und jeder will einen Stück vom Kuchen abhaben. Es ist zu keiner Jahreszeit einfacher an das Geld zu kommen, es wird das Mitgefühl und auch die Predigten von Nächstenliebe kommen in dieser Zeit extrem auf, dass man doch teilen möge wenn man etwas hat.

Viele fühlen sich dann genötigt auch etwas von ihren Dingen abzugeben und zu Spenden und beruhigen damit das restliche Jahr ihr Gewissen, da sie doch an Weihnachten etwas geben oder etwas machen in Form von Hilfe. Schau dir mal die Tafeln an, die sich an Weihnachten kaum retten können vor Sachspenden und im restlichen Jahr dann förmlich darum betteln dürfen genug zu haben. Anders sieht es im finanziellen Bereich auch nicht aus und dann kommen noch die unseriösen Anbieter auf die Straße die ebenfalls kassieren.

Ich spende dann, wenn ich das ganze als Sinnvoll erachte und mache es nicht von einer Jahreszeit abhängig. Genauso wenig beruhige ich damit mein Gewisse und informiere mich vorher um was für eine Organisation es sich handelt. So Unterstütze ich auch nichts, bei dem ich nicht genau weiß wo es am Ende landet z.B. pauschale Spenden für das DRK. Auch nicht, wenn ein großer Teil der Spenden für Verwaltungen drauf gehen, denn das geht definitiv billiger und von Verwaltungskosten haben weder hungernde Menschen etwas noch das leidende Tier. Und wenn es mal über ein Jahr nichts ist, dann ist es eben auch nichts. Zum Spenden lasse ich mich jedenfalls nicht drängen.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Ich bin eigentlich gegen solche Spendenaufrufe, weil ich finde, dass diese häufig sehr manipulativ geschehen. Man sieht Bilder von traurig guckenden Kindern usw., meist auch noch in Großaufnahme, damit jeder Mitleid mit den weinenden Augen haben kann. Das ist keine faire Werbung, das ist emotionale Manipulation. Ich frage mich schon, ob es diese Kinder wirklich gibt, denn die Kinder auf den Plakaten sehen manchmal etwas zu perfekt aus. Das wirkt eher so, als hätten die ein Kindermodel engagiert, dem die Haare zerzaust und etwas Dreck ins Gesicht geschmiert.

Spenden haben sicherlich ihren Sinn und es ist auch ok, um Spenden zu fragen. Aber ob man spendet oder nicht, sollte eine freiwillige Entscheidung sein. Und wenn man Menschen mit hoch emotionalen, vermutlich gestellten Bildern manipuliert, dann umgeht man diese freie Entscheidung, weil man dann Leute irgendwie dazu drängt. Das finde ich dann nicht mehr statthaft. Und ich spende auch nichts, ich habe eigentlich noch nie etwas für irgendwelche Organisationen gespendet.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich habe einen "guten Zweck", für den ich monatlich einen kleineren Beitrag spende. Da habe ich auch gut recherchiert und kann mir ziemlich sicher sein, dass mein Geld gut verwendet wird. Es handelt sich zudem um eine kleine, aber gut vernetzte Organisation, sodass ich auch davon ausgehen kann, dass meine Spende nicht in eine Plakatkampagne oder in einen Fernsehwerbespot gesteckt wird.

Damit betrachte ich meine persönliche Pflicht eigentlich als getan, da ich mir auch denke, dass die Leute mehr von kleineren, aber regelmäßigen Beiträgen haben als von dem Schlechtes-Gewissen-Hunderter einmal im Jahr oder einmal in zehn Jahren, weil man blindlings der Organisation mit den traurigsten Kinderaugen Geld in den Rachen wirft.

Der Spendenterror in der Vorweihnachtszeit lässt mich aus unterschiedlichen Gründen relativ kalt. Erstens empfinde ich es als Zynismus und emotionale Erpressung, wie manche Organisationen mit Bildern von halb verhungerten Kindern Werbung machen. Erstens wird dafür das Elend von Menschen ausgenutzt, die garantiert für ihren waidwunden Blick kein Schauspieler-Honorar erhalten werden, und zweitens finde ich es irgendwo geschmacklos, gerade die Einwohner von ärmeren Ländern immer halbnackt, von Fliegen umschwirrt und in der Lehmhütte auf dem Boden kauernd darzustellen. Das zementiert doch nur Vorurteile und Arroganz, und davon haben wir hierzulande reichlich.

Statt dessen würde ich Beispiele für gut laufende Projekte bringen und darauf hinweisen, dass das landwirtschaftliche Mustergut einen neuen Ziegenstall braucht oder was auch immer. Also eine positive und lösungsorientierte Darstellung, zumal da das ewige Elend die potenziellen Spender sowieso nur abstumpfen lässt. Organisationen, die mir so in der Vorweihnachtszeit auf die Nerven gehen, bekommen von mir sowieso kein Geld.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Wenn es tatsächlich moralisch verwerflich ist, Spendenaufrufe zu ignorieren, dann ist es mindestens genauso moralisch verwerflich, wenn man Spendenaufrufe so manipulativ gestaltet, dass Menschen zu Spenden verleitet werden, die sie unter normalen Umständen nie gemacht hätten. Ich falle auf solche Tricks nicht herein und ich habe auch noch nie etwas gespendet. Diese Organisationen müssen sich schon mehr einfallen lassen als hungrige Kinder mit großen, traurigen Augen, um mein Geld zu bekommen. Dann bin ich eben in deren Augen ein schlechter Mensch, aber diese Organisationen sind doch viel schlimmer, wenn das Geld in der Verwaltung verschwindet und nicht bei den hungrigen Kindern in Afrika.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Ich spende wann und wo ich möchte und suche mir Zweck und Organisation selbst aus. Bei Organisationen, die große Spendenaufrufe im Fernsehen schalten bin ich eher vorsichtig. Da denke ich dann immer, dass mindestens fünfzig Prozent für Public Relations und so draufgehen. Da wäre ich mir unsicher, wie viel von meiner Spende wirklich ankommt.

» sugar-pumpkin » Beiträge: 661 » Talkpoints: 67,64 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich finde es eher moralisch verwerflich nur ein Mal im Jahr darüber nachzudenken, was in der Welt nicht richtig läuft. So sehen sich Menschen rund um Weihnachten animiert etwas zu tun und spenden dann und haben ihr Gewissen für ein ganzes Jahr erleichtert. Das finde ich persönlich viel schlimmer als es zu ignorieren und nichts zu spenden, dafür im Jahr immer mal wieder etwas zu machen.

Man kann ja auch nicht sein letztes Geld spenden nur weil es anderen Menschen scheinbar schlechter geht. Man muss selber schauen, was geht und was nicht und wenn man solche Aufrufe nicht Ernst nimmt ist es auch nicht weiter schlimm. Immerhin bestehen die Probleme das ganze Jahr und jeder darf für sich selber entscheiden was er wann spenden möchte.

Selber beachte ich solche Aufrufe nicht. Wenn ich etwas gebe, dann mache ich das eher lokal und wenn ich es will und nicht weil ich ein schlechtes Gewissen habe und mich dazu genötigt sehe. Ich werde nicht gerne emotional erpresst.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



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