Speisen aus der Kindheit oft eine schlechte Angewohnheit?
Eine Bekannte von mir hat einen Mann, der lange Zeit stark übergewichtig war. Dies führte sie auf die Ernährungsgewohnheiten zurück, die er von zu Hause mitbekommen hatte. Dort wurde selten frisch gegessen. Frittierte und panierte Speisen spielten immer eine große Rolle.
Meine Bekannte hat ihrem Mann dann das Kochen beigebracht und dadurch hat er im Laufe der Jahre viel Gewicht abgenommen. Leider fällt ihr immer wieder auf, dass er in stressigen Phasen oder auch in Zeiten wo er trauert in alte Gewohnheiten zurück fällt und sich wieder sehr ungesund ernährt.
Sind Essgewohnheiten aus der Kindheit oftmals ein sehr negatives Laster, welches man auch als Erwachsener mit sich rumschleppt? Sollten Eltern mehr darauf acht geben, was sie ihrem Nachwuchs zum Trost oder auch generell zu Essen geben, damit dieser sich das nicht angewöhnt und sein Leben lang so isst?
Ich denke, dass es teilweise durchaus normal ist, dass Kinder die Essgewohnheiten der Eltern übernehmen, die ihnen diese einfach vorleben. Wenn es immer nur Dosenessen gab, ist das für die Kinder irgendwann sicher normal und sie übernehmen das auch schon mal als Erwachsene so.
Allerdings kenne ich auch Fälle, in denen es ganz anders ist. Bei einer Freundin von mir war es so, dass die Mutter wohl nicht so begabt ist, was kochen angeht und nie besonders Lust dazu hatte. Da gab es dann durchaus auch schnelle und einfache Gerichte wie Nudeln mit Ketchup oder Fischstäbchen und Co.
Meine Freundin hat jedoch eine andere Einstellung zum kochen und mischt dabei immer. Mal gibt es ein Fixtütchen und dann einen frischen Salat oder Gemüse dazu. Wenn sie viel Zeit hat, kocht sie auch gerne alles selbst und frisch. Sie hat mehr Spaß daran als ihre Mutter. Es muss also nicht immer zwingend so sein, dass Kinder auch als Erwachsene noch die Essgewohnheiten behalten, die sie von zu Hause kennen.
Ein Kind schaut sich alles bei den Eltern ab. Das fängt schon früh an mit Bewegungen, Mimiken und Gesten, auch beim Sprechen schaut es genau auf den Mund der Eltern. Deswegen verinnerlichen sich auch solche "Kochkünste", das Kind verinnerlicht diese und macht es später auch so oder muss sich ganz bewusst dagegen entscheiden. Bei mir war es ausgeglichen, mal gab es Fertigsachen, mal frisch gekocht. Ich koche lieber frisch, weil ich das als gesünder empfinde und finde auch, dass das besser schmeckt.
Selten, dass ich mal so eine weltfremde Behauptung lese. Was hat denn die Kindheit und die Prägung durch die Eltern damit zu tun? Sehr viel hängt auch von den persönlichen Präferenzen und vom Charakter ab. Meine Schwiegermutter zum Beispiel ist gelernte Köchin, sie hat ihr ganzes Leben lang für ihre Kinder nur frisch gekocht, mit viel Gemüse und sehr gesund und abwechslungsreich. Sie hat auch mal experimentiert in der Küche und Fertigessen gab es überhaupt nicht.
Als mein Freund aber ausgezogen ist und alleine gewohnt hat (vor meiner Zeit) hat er nur Fertigessen gekocht und gegessen. Er hat einfach keinen Nerv Stunden lang in der Küche zu schneiden und auch keine Geduld zig Gemüsesorten zu schnippeln. Für ihn muss alles sehr primitiv und einfach zuzubereiten sein, sodass er auf Gemüse und Obst sogar komplett verzichtet hat.
Nicht, weil es ihm nicht geschmeckt hätte, aber er hatte keine Lust genauso zu kochen wie seine Mutter, weil er Kochen generell als Stress empfindet. Wo hat das dann bitteschön was mit schlechter Ernährung in der Kindheit zu tun? In welche Verhaltensmuster soll er angeblich zurückfallen?
Täubchen hat geschrieben:Nicht, weil es ihm nicht geschmeckt hätte, aber er hatte keine Lust genauso zu kochen wie seine Mutter, weil er Kochen generell als Stress empfindet. Wo hat das dann bitteschön was mit schlechter Ernährung in der Kindheit zu tun? In welche Verhaltensmuster soll er angeblich zurückfallen?
Das sehe ich ebenfalls so. Sicherlich bekommt man einen Teil vom Elternhaus mit aber nur weil dort immer frisch gekocht worden ist und nie Fertigprodukte auf den Tisch kamen, heißt es hinterher nicht auch, dass das Kind dann ebenfalls nur frisch kochen möchte und es auch macht. Der Geschmack ändert sich im Leben doch sehr stark und wenn ein Kind nur mit frisch gekochtem vollgestopft wird, dann kann es sich beim ersten probieren vom Fertigfutter auch dazu hingezogen fühlen. Verbotene Früchte sind dabei auch immer die besten, von daher bringt es rein gar nichts, wenn man das Kind krampfhaft davon fernhalten will, irgendwann macht es damit Erfahrungen und je verbotener es ist, desto besser ist es auch und landet hinterher häufiger auf dem Teller.
Von daher sehe ich eine gesunde Mischung immer noch als das beste an. Etwas anderes mache ich hier ebenfalls nicht. Natürlich gibt es hier nicht das fertige Kartoffelpürree aus der Packung was nur mit Milch und Wasser angerührt wird sondern richtiges, aber ich untersage meinem Kind auch nicht das Pommes, Burger und Pizza essen wenn wir mal unterwegs sind oder er sich das Zuhause auch wünscht. Da ich auch nicht immer Zeit und Lust habe die Pommes selbst zu machen, kommen dann auch einmal die fertigen aus der Tiefkühltruhe auf den Tisch.
Mein Kind ist weder übergewichtig noch sonst irgendwie auffällig in dieser Richtung. Ich selbst bin ebenfalls nicht Übergewichtig sondern habe eher das Problem, dass sich mein Gewicht an der Untergrenze befindet zum Untergewicht. Das ist seit Ende der Schwangerschaft bereits so und ich esse ganz normal, bewege mich halt entsprechend viel und mein Körper verbraucht die zugeführte Energie auch. Selbst wenn ich nun 20 Burger essen würde, würde sich auf der Waage nicht viel bemerkbar machen aber ich stehe aus diesem Grund auch unter ärztlicher Aufsicht, da ich meinem Sohn kein falsches Vorbild in dieser Sache sein möchte.
Ich kenne das eigentlich eher anders, denn die Eltern bringen einem meistens schnelle, einfache, praktische und mehr oder weniger nahrhafte Rezepte bei. So habe ich als Jugendliche zum Beispiel Nudeln mit Tomatensoße gekocht, was eine vollwertige Mahlzeit ist, genauso wie mir Rührei oder Spiegelei vertraut gemacht wurde.
Natürlich ist ein arme Ritter nicht die gesündeste Speise überhaupt, aber es ist auch gut zur Resteverwertung geeignet. Außerdem hat mir meine Mutter auch gezeigt, wie man Fleisch anbrät, wie man Kartoffeln kocht und so weiter. Ja, meine Mutter hat mir auch gesagt, dass man für eine Tiefkühlpizza Backpapier braucht. Und worauf man beim Kauf einer Wassermelone achten muss.
Von daher müssen die Speisen aus der Kindheit nicht immer eine schlechte Angewohnheit sein. Ich muss aber zugeben, dass ich Zuhause oft Limonade und vor allem Cola bekommen habe. Ich liebe Cola und manchmal möchte ich gar kein Wasser trinken. Deswegen kann ich mir vorstellen, dass dein Bekannter in alte Gewohnheiten zurückfällt.
Meine Eltern haben immer auf ausgewogene Ernährung geachtet und Essen zum Trost gab es bei uns überhaupt nicht. Wenn es mir schlecht gibt hat man mich in den Arm genommen und sich mit mir unterhalten aber mir wurde kein Essen in den Mund gestopft.
Laut deiner Theorie hatte ich also die besten Voraussetzungen als ich zum Studium ausgezogen bin. Und was kam auf den Tisch? Erst mal der ganze Junk und das ganze Fertigfutter, das ich zu Hause nur selten bekommen habe. Und nein, ich bin in stressigen Phasen auch nicht in alte Gewohnheiten zurück gefallen und haben die Tiefkühlpizza ignoriert und mir statt dessen eine frische Gemüsepfanne zubereitet.
Diese Phase liegt nun schon lange hinter mir und ich bin wieder bei der ausgewogenen Ernährung angelangt, aber mein Geschmack hat sich im Vergleich zu meiner Kindheit auf jeden Fall verändert. Es gibt Sachen wie Oliven, die ich früher gehasst habe und die jetzt bei mir zum Sommer einfach dazu gehören. Und vor Kurzem habe ich eine Capri Sonne Orange getrunken, die ich früher geliebt habe. Diese "schlechte Angewohnheit" aus meiner Kindheit wird mir definitiv nicht erhalten bleiben, denn ich fand das Zeug einfach nur widerwärtig süß.
Ich denke einmal, dass der Zuckergehalt der Caprisonne einfach zugenommen hat im Laufe der Jahre. Früher waren viele Menschen nicht ganz so fett wie heute. Es gab keine bestimmten Speisen die für uns Kinder gemacht wurden. Auch nicht an Geburtstagen. Es gab immer nur alles für alle. Einmal bekam ich einen Grießbrei als alle anderen gefüllte Paprikaschoten und Kartoffelpüree zum Mittagessen hatten.
Das lag aber lediglich daran, dass ich krank war und starkes Bauchweh hatte, das war die Gelbsucht. Aber das wusste noch niemand wirklich, Befunde standen noch aus. Jedenfalls war das das einzige Mal als eine Extrawurst für mich gebraten wurde, im übertragenen Sinne. Als ich meine erste eigene Wohnung hatte, kochte ich wie ich es von daheim gewöhnt war.
Kartoffeln, Fleisch, Gemüse. Allerdings wuchs ich in der DDR auf und wir hatten damals nur eingeschränkte Möglichkeiten für kulinarische Ausflüge. Später probierte ich einige Fertigtütchen aus. Das tat ich aus reiner Neugier und ließ es dann auch ganz bald sein. Von daheim kannte ich das nicht. Das geschah aus eigenem Antrieb. Nur weil ein Mann in Kindheit und Jugend von den Eltern frittiertes und paniertes zu essen bekam, bedeutet das doch noch lange nicht, dass es in anderen Familien ebenso zuging. Welch krude Theorie.
Natürlich werden Essgewohnheiten maßgeblich dadurch geprägt, was man als Kind vom Elternhaus mitbekommt und welche Präferenzen und Gewohnheiten dort herrschen. Es macht schon viel aus, ob es überhaupt regelmäßige Hauptmahlzeiten gibt, inwieweit der Konsum von Süßigkeiten freigestellt oder reguliert wird, welche Lebensmittel besonders oft im Speiseplan auftauchen und welche eher gemieden werden, und ob man frisch kocht oder Fertigware zur Selbstbedienung bereitstellt. Dementsprechend finde ich eine ernährungsbezogene Erziehung und Beaufsichtigung im Kindesalter auch sehr wichtig.
Folglich kann man sicherlich nicht pauschal sagen, dass kindliche Essgewohnheiten immer ein Manko sind. Für manche mag es stimmen, dass sie mit dem Kleinkindalter Essattacken mit hemmungslosem Schokoladenüberkonsum verbinden, aber genauso wird es auch Kinder geben, die von ihren Eltern Obst bekamen, wenn sie etwas naschen wollten, und das bis ins Erwachsenenalter beibehalten haben. Wurde in der Herkunftsfamilie Wert auf gemeinsame und selbstgemachte Mahlzeiten gelegt, dann überträgt sich das vielleicht auch eher auf die eigenen Gewohnheiten nach dem Auszug von Zuhause, als wenn es schon immer so war, dass jeder frei zum Kühlschrank ging, wann er wollte. Nicht jedes Kind fährt, wie es die Klischees andeuten, auf Pommes mit Ketchup, kübelweise Eiscreme und XXL-Popcorneimer ab und verschmäht jegliches Grünzeug und gesundes Essen.
Ich sehe es auch als den Job von Eltern an, ihren Kindern vernünftige Essgewohnheiten beizubringen. Und wenn man selber von zu Hause aus als Kind eher fett und ungesund gefüttert wurde, ist das in meinen Augen kein Argument. Erwachsene Leute sollten in der Lage sein, ihr Verhalten zu überdenken und entsprechend anzupassen. Wenigstens, wenn sie die Verantwortung für andere Leute haben und deren Leben für die nächsten 80 Jahre entscheidend prägen.
Dass viele Eltern das nicht auf die Reihe bekommen, steht wiederum auf einem ganz anderen Blatt. Auch ändern sich bekanntlich die Zeiten. Meine oft erwähnte Oma selig hat ihre Enkelchen auch so gefüttert, wie sie es aus ihrer eigenen Kindheit und später dann als junge Mutter im ländlichen Schlesien kennengelernt hat. Entsprechend waren wir auch allesamt ziemlich kompakt und schnell außer Atem.
Ich sehe hier also die Eltern in der Pflicht, ihren Kindern nicht fürs Leben anzutrainieren, dass Essen möglichst fett und schwer sein muss. Auch als "Trost" oder Belohnung sollte man den lieben Kleinen keine Süßigkeiten reinstopfen. So entstehen falsche Angewohnheiten, die schwer loszuwerden sind. Aber der Krieg ist bekanntlich schon lange vorbei, weswegen ich keinen Grund mehr sehe, sich Sorgen zu machen, dass Kinder zu mickrig geraten.
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