Sollten Städte Räume für Drogenkonsum organisieren?
Ich habe in der Zeitung gelesen, dass meine Stadt wohl im Zentrum sehr lange nach einer geeigneten Immobilie gesucht hat, der für die Drogenszene zur Verfügung gestellt werden soll. Es ist auch schon eine passende Immobilie gefunden worden, es muss nur noch mit dem Vermieter verhandelt werden. Die Lage soll wohl günstig sein, in unmittelbarer Nähe der dortigen Drogenszene und damit eben ideal.
Dort soll es nicht nur möglich sein, sich mit Drogen vollzudröhnen, sondern in unmittelbarer Nähe soll man sich dort auch beraten lassen können zum Thema Drogensucht und die medizinischen Aspekte. Ich sehe das ehrlich gesagt zwiegespalten.
Einerseits finde ich nicht, dass die Stadt zuständig dafür ist, dass die Drogensüchtigen immer wissen, wo sie die nächste ungestörte Dröhnung bekommen können, aber andererseits bin ich der Ansicht, dass ja sonst alles auf den Straßen passieren wird und die Passanten und "Unschuldigen" damit belästigt werden, was ja auch nicht so schön ist. Wie seht ihr das? Sollten Städte Räume für den Drogenkonsum organisieren und zur Verfügung stellen oder geht das die Stadt einfach nichts an? Sollten Städte den Drogenkonsum nicht eher bekämpfen?
Ich denke eher, dass es bei Räumen für Drogensüchtige darum geht, dass so etwas durch Personal beaufsichtigt werden kann. Oft gibt es dort dann auch die Möglichkeit, saubere Nadeln zu erhalten, denn oft infizieren sich ja die Drogensüchtigen, die sich Heroin spritzen durch unsaubere Spritzen mit AIDS und anderen Krankheiten wie zum Beispiel Hepatitis C.
Die Zweifel sind aber schon etwas berechtigt, weil ich auch denke, wenn Raum für die Drogensucht geboten wird, dann wird sie sich immer weiter ausbreiten. Wenn man eine Therapie, die in den geschützten Raum einfließen würde, anbieten würde, wäre das eventuell besser.
Ich kenne eine Bekannte, die psychische Probleme als Jugendliche hatte, der in einer privaten jugendlichen Einrichtung dann geholfen wurde. Durch das Treffen mit anderen Jugendlichen wurde ihr erst der Kontakt durch Drogen ermöglicht. Und wenn sie nicht so eine starke Persönlichkeit gehabt hätte, wäre sie da heute noch nicht heraus gekommen.
Man muss das Ganze schon mit einem lachenden und einem weinenden Auge sehen, denn wenn es illegal ist, ist es natürlich etwas schwerer, da heran zu kommen und die Sucht dann wirklich aktiv auszuleben. Wenn ich aber in einem Raum mich mit anderen treffe, dann sind lauter Gleichgesinnte und ich sehe meine Sucht möglicherweise als normal an und habe gar kein Interesse mehr daran, hier wieder heraus zu kommen.
Ich finde es schon ein bisschen komisch, wenn man Räume anbietet, in denen man gezielt von der Stadt aus Drogen zu sich nehmen kann oder letztendlich auch zu sich nehmen soll. Die dort angebotene Therapie oder Beratung werden ja sicherlich die wenigsten Leute in Anspruch nehmen, wenn sei konsumieren. Wobei es schon gut ist, dass dort neue Nadeln und Spritzen angeboten werden, weil man sonst die Gefahr eingeht krank zu werden.
Ich kann doch als Stadt nicht auf der einen Seite sagen, der Drogenkonsum wird immer schlimmer, aber auf der anderen Seite organisierte Drogenplätze schaffen, wo die Leute hingehen können, sauberes Besteck vorfinden usw. Sicherlich mag der Sinn sein, besser als auf der Straße oder mit dreckigen Besteck sich ansteckende Krankheiten zu holen, aber dennoch verfehlt das meiner persönlichen Meinung nach den Sinn! Das geht so nicht.
Drogenkonsum kann und darf man so nicht unterstützen. Jeder Raum wird sowieso nicht von allen genutzt. Denn auch dort gibt es Regeln wie Netiquette und mehr. Viele sind jedoch so süchtig, dass sie sich nicht einmal mehr an alltägliche Gepflogenheiten halten können. Ist einfach so. Deswegen kommen viele Obdachlose mit Alkohol- und Drogensucht auch nicht in Unterkünfte pro Nacht mehr unter. Das geht einfach nicht.
Sinnvoller wäre es, Therapieansätze zu suchen, die den finanziellen Rahmen langsam ermöglichen. Viele wollen ja von der Sucht weg, so ist es nicht. Doch auf der Straße leben, die Freunde/Süchtige direkt nebenher usw. Das ist alles ein Kreislauf, der schwer und ohne Hilfe kaum durchbrochen werden kann. Da ist es schon surreal, wenn man ihnen da ständig Räumlichkeiten schafft und ihren Konsum irgendwie kontrollieren möchte, aber unterstützt.
Ich finde es immer wieder erschreckend, wie besserwisserisch Gesunde mit Suchtkranken umgehen und ihnen absolut gar nichts gönnen, wenn sie sich nicht fein in die Gesellschaft integrieren. Welche Folgen das für Betroffene und Gesellschaft hat, das ist egal. Schließlich hat man einen Sündenbock, der an allem Schuld ist. Welche Folgen das hat, dass ist egal, Hauptsache man kann sich moralisch überlegen fühlen.
Die Vorteile eines Raums zum Konsum liegen doch auf der Hand, wenn man mal von seinem hohen Ross herunter kommt. Erstens wird es für Krankenkassen billiger, wenn durch sauberes Besteck weniger Krankheiten verbreitet werden. Das schützt auch den ach so braven Familienvater und seine nichtsahnende Ehefrau, wenn er auf dem Heimweg noch schnell die Discount-Dienstleistungen einer einer drogenabhängigen Prostituierten wahrnimmt, die den nächsten Schuss braucht und deshalb für 15 Euro alles macht. Natürlich ohne Kondom, denn es soll sich doch gut anfühlen.
Außerdem bekommen die Menschen Hilfe, wenn es mit dem Stoff mal schief geht. So viel Menschlichkeit sollte wohl auch Suchtkranken zustehen. Fette oder alte mit Herzinfarkt lassen wir schließlich auch nicht einfach liegen. Außerdem belästigen die zugedröhnten Betroffenen brave Bürger nicht auf öffentlichen Plätzen, Kinder kommen weniger mit gebrauchten Spritzen in Kontakt.
Dazu bekommen Sozialarbeiter durch den regelmäßigen Kontakt eher Zugang zu den Betroffenen und eine Therapie wird wahrscheinlicher. Vertrauen ist da nämlich hilfreich. Man könnte hinnehmen, dass es Suchtkranke gibt und das beste daraus machen. Davon profitieren alle. Man kann auch mit dem Finger auf sie zeigen, alles so belassen und sich aufregen. Das hilft keinem, fühlt sich aber gut an. Nach der Logik sollte man auch jedes Methadonprogramm abschaffen.
Warum sind funktionierende Lösungen so schlimm, wenn sie nicht den Wunschvorstellungen der gesunden bürgerlichen Bevölkerung entsprechen? Was gab es für einen Aufstand, als schwere Alkoholiker in Essen kontrolliert Bier und Tabak erhalten haben und dafür Straßen gereinigt haben? In den Niederlanden ist das kein Ding. Die Betroffenen halten einen erträglichen Pegel, sie sind aber nicht volltrunken belästigen niemanden und tun etwas sinnvolles.
Wie groß wären hier Proteste, wenn es in der Entzugsklinik Alkohol geben würde? In den Niederlanden und in Kanada gibt es das. Die Leute lernen kontrolliert zu trinken, sie strukturieren ihren Tag und sind fähig, mit Therapeuten und Ärzten zu reden. Statt einer Flasche Wodka zum Frühstück gibt es Bier für den Grundpegel. Dann wird reduziert. Aber das ist natürlich zu nett. Dass die Leute so vielleicht nicht trocken werden, aber ins Leben zurückfinden und arbeiten können, das ist hier egal.
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