Sollten retuschierte Fotos zukünftig gekennzeichnet werden?

vom 20.06.2021, 18:16 Uhr

Ich habe gelesen, dass in Norwegen sogenannte Influencer retuschierte Fotos künftig als solche kennzeichnen müssen, um dem durch soziale Medien verzerrten Körperbild von Kindern und Jugendlichen entgegenzuwirken.

Ich finde die Idee total prima, weil ich bei meinen heranwachsenden Nichten teilweise sehe, wie sie sich Influencer als Vorbilder nehmen. Sie, wie wahrscheinlich viele andere Jugendliche, orientieren sich an den Körperbildern dieser "Vorbilder" und wollen dem nacheifern, obwohl die Personen häufig ihre Bilder retuschieren, um "perfekt" auszusehen.

Für wie sinnvoll haltet ihr diese Regelung? Würdet ihr solche eine Regelung in Deutschland begrüßen? Wieso oder wieso nicht?

» Aguti » Beiträge: 3109 » Talkpoints: 27,91 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich finde das sehr gut und finde es auch wichtig gerade für Jugendliche. Menschen sind nicht perfekt, man hat vielleicht mal Hautprobleme, schaut blöd oder ist nicht absolut sportlich schlank, das sollten Jugendliche wissen und damit können sie sich selber auch besser akzeptieren. Man muss sich das ja nur mal vorstellen, die sehen immer diese perfekten Bilder, immer wieder wird ihnen suggeriert, dass man perfekt sein muss und da ist so ein Hinweis, dass das eben nicht so ist, schon sinnvoll. Vielleicht wird es dann auch den Trend zum echten Bild geben, das würde ich gut finden.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich finde die Idee total dämlich, weil man dann nämlich erst mal definieren müsste was "retuschiert" überhaupt bedeutet. Und wenn man eine genaue Definition hat dann findet man selbstverständlich auch Wege um sich weiterhin im legalen Rahmen zu bewegen.

Wenn du mit "retuschiert" digital bearbeitet meinst kannst du das direkt vergessen. Fast jedes Bild ist digital nachbearbeitet. Kontrast, Helligkeit, Filter, Weißabgleich, selektive Farbkorrektur und so weiter. Du würdest keinen Reiseaccount mehr finden, der seine Bilder nicht gekennzeichnet hätte, weil #nofilter bei Landschaftsaufnahmen total unüblich ist. Findet man vielleicht mal bei einem Sonnenuntergang, aber das wars dann auch schon.

Was hast du dann davon, wenn 90% deines Instagram Feeds aus gekennzeichneten Bildern bestehen? Würdest du diese Kennzeichnung dann überhaupt noch wahrnehmen? Oder würdest du nicht eher denken, dass das normal ist und du auch schauen musst wie du deine Strandbilder irgendwie dramatischer aussehen lassen kannst?

Und wer schützt die armen Jugendlichen eigentlich dann vor den "verzerrten Körperbildern", die gar nicht durch digitale Nachbearbeitung entstanden sind? Wenn ich mein Gesicht mit Make-up bearbeitet hätte, wenn ich mich in Shapeware gequetscht hätte oder wenn ich Speckfalten mit Klebeband aus dem Weg geklebt hätte und mich so hingestellt hätte, das man das auf dem Foto nicht sieht?

Oder was ist mit Brustimplantaten? Einer Nasenoperation für die perfekte Instagramnase? Oder wenn ich einen sportlichen Körper präsentiere, bei dem ich mit Dopingmitteln nachgeholfen habe? Oder wenn der Körper einfach das Resultat eines extrem Lebensstils ist, der für den Durchschnittsbürger einfach unerreichbar ist? Weil sich 8 Stunden Training täglich nicht mit Job und Privatleben vereinbaren lassen?

Ich könnte noch ganz viele andere Beispiele nennen, die zu unrealistischen Fotos führen würden und nicht als "retuschiert" gelten würden. Und was würde dann passieren bei den Jugendlichen mit den "verzerrten Körperbildern"? Das Foto von meinem Sixpack ist nicht gekennzeichnet, also muss es wohl echt sein. Also wird der Druck eher größer und man erreicht eher das Gegenteil. Gut gemeint ist eben nicht immer gut gemacht.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Generell begrüße ich alle Vorgehensweisen, die Jugendliche und Kinder schützen sollen, sich von falschen Weltbildern blenden zu lassen. Wenn eine krankhaft operierte Shirin David als Modepüppchen junge Kids infiltriert, ist das einfach nur grausam. Doch Fakt ist nun einmal auch, dass man retuschiert sehr weit dehnen kann als Begrifflichkeit und da wird es schon schwer, Instagram und weitere soziale Dienstleister entsprechend zu trimmen, dass dies bemerkbar gemacht wird.

Gleichzeitig ändert solch ein Vorgehen einfach überhaupt nichts daran, was das generelle Problem mit den falschen Idealbildern ist. Wenn eine Heidi Klum vermeidlich perfekten Mädels im TV dabei hilft, sich zum „Deppen“ zu machen, ihnen die Würde für eine Modellkarriere nimmt und sie dazu zwingt, sich zu verbiegen, damit andere sie angeblich mehr mögen, was soll das denn Kindern/Jugendlichen über sich beibringen?

Retuschiert ist zudem oftmals alles im Leben. Die Helligkeit im Hintergrund, das Licht und mehr. Gilt Make-up zukünftig auch als retuschiert, weil es nicht die Realität des eigenen Ebenbildes ist? All das sind Fragen, die ich mir jetzt zunächst stelle, aber trotzdem weiß ich, dass sich nichts an dem eigentlichen Problem mit einer solchen Filterung beziehungsweise Kennzeichnung verändern wird, solange im TV die „immer perfekten“ Mädchen und Männer abgelichtet werden, deren Verzicht auf alles, was Spaß macht und sie individuell macht, in dem Vordergrund steht.

Ich würde ungern noch dazu sagen, dass Eltern natürlich auch in der Verantwortung stehen ihrem Kind Werte, individuelle Persönlichkeiten usw. beizubringen und zu fördern. Das ist vielleicht auch gar nicht so leicht, aber auch hier ist es bestimmt hilfreich, wenn Eltern da ein genaues Auge drauf haben, auch wenn es bei Weitem nicht immer hilft. Deswegen ist der Begriff „Verantwortung“ hier etwas schwieriger, aber ich hoffe, dass man hier weiß, was ich damit meine.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



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