Sollten die Autos pro Haushalt begrenzt werden?

vom 10.01.2017, 19:37 Uhr

Neulich in der Mittagspause gab es die Diskussion, dass es ja viel zu viele Staus geben würde und wie man diese Verkehrsstaus am besten reduzieren könnte. Es wurden dann verschiedene Ansätze genannt, zum Beispiel, dass durch den vermehrten Einsatz von autonomen Fahrzeugen keine Staus mehr geben würde oder aber, dass diese Entwicklung auch möglich wäre, wenn man die Anzahl der Autos auf den Straßen reduziert.

Eine Kollegin hatte dann die Idee, dass man doch einfach ein Gesetz auf den Weg bringen könnte, dass die Anzahl der Autos pro Haushalt begrenzt. So dürfte es ihrer Meinung nach nur ein Auto pro Haushalt geben und in dem Fall wäre das Problem der Staus vollkommen vom Tisch. Dann müsste man eben vermehrt auf den ÖPNV zurückgreifen, aber dann wären die Straßen wenigstens nicht mehr so verstopft.

Ich finde, sie hat aber auch leicht reden, ihr Arbeitsplatz ist nur 5 Minuten Fußweg entfernt, die Kinder fahren Schulbus und ihr Mann kriegt dann das Auto. Wie seht ihr das? Sollten die Autos pro Haushalt tatsächlich begrenzt werden? Würde das tatsächlich zu weniger Verkehrsstaus führen?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



So dürfte es ihrer Meinung nach nur ein Auto pro Haushalt geben und in dem Fall wäre das Problem der Staus vollkommen vom Tisch.

Diese Argumentation könnte ja sehr gut zu einer Diskussion unter 8-jährigen passen. Solch eine Begrenzung wäre ja überhaupt nicht durchsetzbar und auf so eine Idee würden ja selbst die Grünen nicht kommen. Welche Partei will sich denn derart mit der Autoindustrie anlegen? Und selbst wenn, zu weniger Stau würde solch eine Maßnahme auch nur bedingt führen.

» textmarker » Beiträge: 113 » Talkpoints: 3,30 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich würde mal in den Raum werfen, dass eine solche gesetzliche Regelung ein absurd tiefer Einschnitt in mein Persönlichkeitsrecht wäre. Diesbezüglich wäre eine Umsetzung dieses abstrusen Gedankens undenkbar. Die Umlegung auf den ÖPNV plus Alternativen würden zum gleichen Problem führen. Nämlich Stau, wen auch durch Alternativen ausgelöst.

Die Begrenzung von einem Auto pro Haushalt sehe ich als absolut realitätsfern an. Wie soll diese Umsetzung denn funktionieren bei einer 4 köpfigen Familie bspw.? Bei einer normalen 4 köpfigen Familie würde ich behaupten, dass maximal 2 Autos vorhanden sind. Unser Haushalt hat insgesamt 16 Autos, wovon höchstens 4 im Dauereinsatz sind, weil 3 von uns berufstätig sind.

Ein Auto pro Haushalt wäre auf Grund der Arbeitswege, schlechter öffentlicher Anbindung und zu teuren Unterhaltskosten für den ÖPNV gar nicht denkbar und lohnenswert. Ich könnte tatsächlich bzgl. meinem Einsatzort auf ein Auto für diese Strecke verzichten. Allerdings sehe ich es nicht ein, einen dreistelligen Betrag für die Monatsfahrkarte zu bezahlen. Für das Geld betanke ich mein Auto einen ganzen Monat. Eine andere Alternative gäbe es für mich nicht.

In Berlin hingegen könnte ich größtenteils auf das Auto verzichten, da die Anbindungen gigantisch gut sind und man schnell überall ist. Da viele von uns keine Verkehrsplaner sind, ist es wohl auch schwierig, sich über die Fragestellung ein wirklich fachliches Urteil bilden zu können, da zu viele Faktoren für einen Verkehrsfluss voneinander abhängig sind wie Ampelphasen, Rush-Hour, örtliche Gegebenheiten etc.

Ohne persönlich zu werden finde ich den Gedankengang naiv, egoistisch und ziemlich realitätsfern. Nur weil es bei einem selbst in gewisser Maßen organisiert läuft, muss es bei dem Rest der Gesellschaft nicht genau so funktionieren. Um für ein Problem eine Lösung zu schaffen, muss immer das Gesamtbild und deren Individualitäten betrachtet werden und nicht sich selbst als Grundlage für die Lösung sehen.

» Dr.Holleck » Beiträge: 49 » Talkpoints: 3,00 »



Der Vorschlag ist dermaßen altmodisch, dass ich mich frage, wie man auf so etwas kommt. In den 50er Jahren, wo meistens nur der Mann berufstätig war und locker die ganze Familie damit ernähren konnte, hätte das auch klappen können. In Zeiten wo die Löhne teils so niedrig sind, dass ein Alleinverdiener gleich welchen Geschlechts nicht immer eine Familie ausreichend versorgen kann, ist ein Auto pro Familie schon unsinnig.

Nicht alle Paare arbeiten in der selben Firma und teilen sich den Arbeitsweg. Nicht alle Familien wohnen in der Großstadt wo man bequem von A nach B mit den öffentlichen kommt. Wenn jemand auf dem Land ein Haus hat und dort maximal abends und morgens ein Bus kommt, kann man nicht automatisch auf das Auto verzichten. Selbst wenn der Partner dort nicht außer Haus berufstätig ist, muss dieser meist mobil sein, um zum Beispiel mit Kindern zum Arzt zu kommen, einzukaufen und so weiter.

Wenn wirklich jemand versuchen würde, so eine Beschränkung einzuklagen, würde sicher eine ganze Menge Menschen auf die Idee kommen, dagegen zu klagen und dagegen zu halten, dass Staus nicht alleine durch die Menge der fahrenden Autos zu Stande kommen, sondern auch durch ständige Baumaßnahmen an Brücken und Straßen.

Außerdem frage ich mich, wie man das mit einer Gleichbehandlung vereinbaren kann. Wenn in einem Haushalt nur eine erwachsene Person lebt, dürfte die nach der Logik ein Auto haben. Wenn man eine Familie gründet oder in Partnerschaft lebt und dort zwei Erwachsene zusammen wohnen, dürfte dann jeder nur noch rechnerisch ein halbes Auto haben. Mit welchem Recht dürfte man Paare oder Familien gegenüber Singles benachteiligen? Und was ist dann mit Großfamilien, wo drei Generationen in einem Haushalt leben?

Zum Beispiel die Oma mit den Eltern und den Kindern beziehungsweise den Enkeln? Dürfte dann jeder quasi nur noch ein drittel Auto besitzen, obwohl neben drei Erwachsenen auch noch die Kinder Ansprüche an Mobilität haben? Wie will man das begründen, wenn man so ein Gesetz auf den Weg bringen wollte? Welcher Politiker möchte sich nicht nur bei der Autoindustrie sondern auch beim Volk so in die Nesseln setzen, dass er so etwas ernsthaft anregt?

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



trüffelsucher hat geschrieben:Welcher Politiker möchte sich nicht nur bei der Autoindustrie sondern auch beim Volk so in die Nesseln setzen, dass er so etwas ernsthaft anregt?

Dieser Politiker möchte ich definitiv nicht sein. Die Autoindustrie hat einen nicht unerheblichen Einfluss auf die gesamte Politik und genießt einen Lobbyismus. So schnell, wie der jeweilige Politiker ein solches Gesetzt vorschlagen würde, so schnell wäre er auch aus dem Amt entlassen, auf Lebenszeit.

Ich wohne in einer normalen Stadt mit 60.000 Einwohnern und bin selbst erschrocken, wie stark das Verkehrsaufkommen in den letzten Jahren gestiegen ist. Mir gehen die zunehmenden Staus tatsächlich total auf den Keks. In Stoßzeiten muss ich für einen Weg, für den ich vor 2-3 Jahren noch 15 Minuten brauchte, heute teilweise 45 Minuten einplanen. Und all das, weil ein hohen Verkehrsaufkommen ist.

Eine Alternative wäre mir da lieber. Aber es ist zu erklären, dass die umgrenzenden Autobahnen + Umleitungen der Navigationsgeräte eine nicht unerhebliche Teilschuld haben. Unsere Stadt wird sehr gerne als Durchleitungsstadt bei Staus der umliegenden Autobahnen genutzt und das nervt höllisch. Und da ergibt sich schon der erste Grund für die Staubildung. Eine Lösung, wie das Szenario verhindert werden kann ist eben nicht vorhanden.

Ich fahre sehr viel Autobahn im Jahr und muss feststellen, dass der Mensch selbst für einen Großteil der Staus verantwortlich ist. Es geschehen so viele Unfälle verschuldet durch die Unachtsamkeit der jeweiligen Verkehrsteilnehmer, dass ich mich immer frage, woher viele Menschen ihren Führerschein haben.

Ich wohne nah an der A1 und was auf Höhe unserer Stadt abgeht ist unfassbar. Jeden Unfall hier bekomme ich sofort zu spüren und wenn ich den Grund dafür in den Nachrichten erfahre, zweifel ich mittlerweile an der Eigenschaft vieler Menschen, überhaupt Autofahren zu können. So entstehen die richtigen Staus, aus Unachtsamkeit und nicht durch das "hohe" Aufkommen von Autos.

» Dr.Holleck » Beiträge: 49 » Talkpoints: 3,00 »


Das mit den Navis ist mir hier auch schon aufgefallen. Früher, als man noch mit der gedruckten Landkarte navigieren musste, hat man eher im Stau auf der Autobahn ausgeharrt, statt einen Schleichweg zu versuchen. Wenn bei uns auf der Autobahn ein größerer Stau oder Unfall ist, merkt man das auch sofort, dass plötzlich Unmengen an Autos die Landstraßen zwischen den Autobahnauffahrten verstopfen.

Da einige der Ortschaften hier Straßendörfer mit schmalen, zugeparkten alten Wegen sind, merkt man das kolossal, weil auch hier der Verkehr dann recht zäh fließt, wenn die Autos sich einzeln zwischen den am Straßenrand geparkten Fahrzeugen durchfädeln müssen und solche Ortschaften dann kurz vor dem Kollaps stehen. Aber auch die Navigationsgeräte wird man nicht verbieten können, denn in jedem Smartphone ist ja so eine Funktion eingebaut.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Und diese Tatsache geht mir persönlich echt auf den Keks. Statt mal die Nachrichten einzuschalten zu geregelten Zeiten, wo Staumeldungen bekannt gegeben werden, verlässt man sich nur noch auf das Navi und schwups, steht man in der angrenzenden Stadt ebenfalls im Stau. Bei vielen Fahrer heißt die Nachricht des stockenden Verkehrs schon Stau, weshalb man direkt von der Autobahn herunter fährt und als Kollektiv eine ganze Stadt zusetzt. Ich kann fast täglich von diesen ganzen penetranten Egoisten berichten, die hier alles umfahren und deutlich länger brauchen, als einfach mal im Stau zu warten.

Aber sich aufzuregen bringt eben nichts. Bei mir sind solche Ausweichrouten echt katastrophal und führen oft zum absoluten Stillstand innerhalb meiner Stadt, weil man mit 10 Kilometer Umweg auf einer Stunde Fahrtweg 2 Kilometer Wartezeit bei 30 Minuten im Stau gewonnen hat. Klasse Rechnung. Verblödung auf ganzer Linie dank dem Navi. Und dann wundern sich die ganzen Stauumfahrer auch noch, dass die Ausweichroute auch voll ist. Manche Menschen haben ihr Gehirn eben aus einem 50 Cent Kaugummiautomaten.

» Dr.Holleck » Beiträge: 49 » Talkpoints: 3,00 »



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