Sollten Bahnhöfe für Obdachlose gesperrt werden?
Viele Obdachlose übernachten ja in Gebäuden von Bahnhöfen, sei es jetzt U-Bahnhof oder S-Bahnhof oder dergleichen. Laut Zeitungsberichten ist es in Berlin nun verboten worden, dass Obdachlose in U-Bahnhöfen übernachten und dort im Winter Schutz vor den Wetterverhältnissen bekommen. Was haltet ihr von solchen Regelungen? Sollte man Bahnhöfe für Obdachlose generell versperren? Oder könnt ihr solche Entscheidungen nicht nachvollziehen und empfindet sie als zu hart?
Ich finde das vollkommen in Ordnung. Der Bahnhof bei meinen Eltern hat schon immer nach Urin gestunken, weil da die ganzen Obdachlosen einfach ihrem Drang nachgehen. Jeder kann mal in so eine Lage kommen und gerade im Winter braucht es Möglichkeiten um unterzukommen und dennoch kann ein Bahnhof keine Lösung des Problems sein. Es müsste mehr Einrichtungen, mehr Hilfe geben. Unbürokratische Hilfe und vor allem schnelle Hilfe.
Natürlich nimmt man den Leuten nun ihren Platz weg und die wissen dann nicht wohin, aber man muss da andere Lösungen finden und nicht die Bahnhöfe besetzen.
Ramones, wie ignorant und weltfremd kann man eigentlich sein? In wenigen Tagen sind tödliche Nächte für Obdachlose zu erwarten und es gibt keine Ausweichlösungen. Aber weil der Bahnhof bei deinen Eltern nach Urin gestunken hat, macht es nichts, wenn Menschen erfrieren? Stell dir vor, der Bahnhof bei meinen Eltern stinkt auch. Da gibt es weit und breit keine Obdachlosen, aber es gibt auch keine Toiletten für die Reisenden.
Natürlich sollte man Bahnhöfe nachts für Obdachlose sperren. Es gibt zumindest in München genügend Angebote zum übernachten, die wahrgenommen werden können. Ich finde es auch nicht hinnehmbar, dass es an öffentlichen Plätzen nach Urin stinkt. Das hat mit Hartherzigkeit nichts zu tun, sondern man uriniert nicht in Parks oder in öffentlichen Gebäuden. Das gehört sich einfach nicht und ist eine Ordnungswidrigkeit.
Die Obdachlosen müssen die Hilfsangebote, die es gibt, zugegebenermaßen zu wenig, aber auch annehmen. Wenn sie psychische Probleme haben oder alkoholabhängig sind, gehören sie in eine Klinik. Die Stadt duldet das unsoziale Verhalten vieler Obdachloser, weil sie für Wohnungen und Therapien für diese Leute kein Geld ausgeben möchte.
anlupa hat geschrieben:Die Obdachlosen müssen die Hilfsangebote, die es gibt, zugegebenermaßen zu wenig, aber auch annehmen. Wenn sie psychische Probleme haben oder alkoholabhängig sind, gehören sie in eine Klinik. Die Stadt duldet das unsoziale Verhalten vieler Obdachloser, weil sie für Wohnungen und Therapien für diese Leute kein Geld ausgeben möchte.
Und die, die für die "zu wenigen" Hilfsangebote nicht in Frage kommen, weil sie schon zu lange auf der Straße leben oder aus anderen Gründen nur noch geringe Chancen haben, wieder in die Gesellschaft eingegliedert zu werden, die lässt man in der Kälte verrecken und jammert dann noch, dass die Einäscherung auf Staatskosten so teuer ist?
Ich finde auch nicht, dass es sich um eine ideale Lösung handelt, dass Menschen ohne Obdach, die sich oft genug auch in keinem ästhetischen Zustand befinden, in Bahnhöfen u.ä. herumlungern, aber wenn die Alternative Frieren oder gar Erfrieren handelt, halte ich die Anwesenheit dieser Menschen schon aus. Anders als diese verbringe ich schließlich nicht den ganzen Tag am Bahnhof, sondern habe eine saubere, warme Wohnung und ein sauberes, warmes Büro.
Dass Bahnhöfe nach Urin stinken, ist zudem bestimmt nicht nur die Schuld der Obdachlosen. Ich habe auch schon fein gekleidete Leute in der Öffentlichkeit gesehen, die Hauswände besudelt haben oder ihr Balg in den Grünstreifen an den Parkplätzen haben kacken lassen. Dieses spezifische Problem ist mit kostenlosen öffentlichen Toiletten eher gelöst, die zudem auch billiger sind als der Aufwand, die obdachlosen Leute regelmäßig zu verjagen und Wache zu halten, dass sie sich nicht heimlich wieder zurückschleichen, weil sie nicht wissen, wo sie sonst hingehen sollen. Gerade tagsüber sieht es da oft wirklich schlecht aus.
In Berlin ist es wie in meiner Stadt. Es gibt nicht genug Angebote. Und hier öffnet die Verkehrsgesellschaft nachts bestimmte Bereiche in den U-Bahnhöfen, wenn die Temperaturen einen bestimmten Wert erreichen. Komischerweise riechen diese Bereiche weder im Sommer, noch nach solchen Winternächten stark oder auffällig nach Urin.
Und selbst wenn das so wäre: Wie herzlos und ignorant muss man sein, um deshalb Kältetote zu riskieren? Natürlich haben wir Bahnhöfe, die unter aller Würde sind. Aber man sollte sich hüten, das einfach pauschal Obdachlosen in die Schuhe zu schieben. Dass Menschen Mitmenschen, die nicht in ihr Weltbild passen, so wenig Wertschätzung entgegenbringen, dass die deren Tod für ihren Komfort in Kauf nehmen, finde ich im Gegensatz zum Obdachlosen als wirklich asozial. Das erinnert frappierend an ein Menschenbild aus dunklen Zeiten.
Die Alternative ist doch nicht der Kältetod, sondern die Übernachtung in einer der Unterkünfte für Obdachlose. Im Münchner Bahnhof ist die Bahnhofsmission, die rund um die Uhr geöffnet hat und diesbezüglich berät. Frauen und Kinder können da sogar übernachten. Keiner muss bei Kälte draußen schlafen oder auf S-Bahn-Bänken. Es geht doch in dem ursprünglichen Beitrag um die Öffnung von S-Bahn-Stationen.
Was ich sagen will, dass man keine S-Bahn-Stationen öffnen sollte, sondern die Leute menschenwürdig in einer Unterkunft mit Toilette und Bad unterbringen sollte und zumindest in München auch kann. Ist zwar nicht schön dort, aber besser und sicherer als in einer S-Bahn oder U-Bahn. Dort wird unbemerkt und einsam gestorben oder schaut ihr bei jedem Obdachlosen nach, ob er noch lebt. Kann ich mir nicht vorstellen. In einer Unterkunft kann, falls nötig, schnell Hilfe geholt werden. Außerdem sind die Obdachlosen dort vor Jugendlichen geschützt, die sich ihren "Spaß" mit ihnen erlauben.
Ich habe mich noch nie ausführlich mit dem Thema beschäftigt, aber immer wenn ich etwas über Obdachlosigkeit lese oder sehe heißt es, dass es zu wenig Angebote gibt.
Wenn wir mal annehmen, dass das nicht so daher gesagt ist sondern den Tatsachen entspricht dann ist die Alternative zu einer Nacht in der U-Bahn Station in vielen Fällen eben nicht eine Nacht in einer warmen Unterkunft mit Bad und Toilette sondern eine Nachts im Park oder unter einer Brücke.
Natürlich würden in einer perfekten Welt alle Obdachlosen die Hilfsangebote freudig annehmen und sich auf den Pfad der rechtschaffenen Tugend zurückführen lassen. In einer wirklich perfekten Welt würde es nicht mal Obdachlose geben. So ist es aber nicht. Und die Gründe, warum von Obdachlosen die Wohnheime teilweise abgelehnt werden, sind derer mehrere.
Zum einen haben manche dort schlicht Angst. Vielleicht sind sie traumatisiert und müssen mit mehreren fremden Menschen in einem Zimmer schlafen, laufen Gefahr beklaut zu werden oder schlimmeres. Manche können es nicht ertragen, in einem geschlossenen Zimmer, dazu noch mit Fremden, eingesperrt zu werden. Und so komisch das klingen mag, manche wollen gar nicht mit den typischen "Pennern" in einen Topf respektive in einen Raum geworfen werden und so für sich den letzten Rest einer Würde bewahren.
Andere wiederum können nicht vom Alkohol weg, was übrigens eine Krankheit ist und keine Charakterschwäche. Und keiner, der einen Hund seinen Partner im Leben nennt wird diesen draußen lassen, denn leider sind Tiere in vielen Unterkünften nicht erlaubt. Ein nicht unerheblicher Teil hat psychiatrische Probleme, wenn nicht sogar die meisten, diese Menschen haben kein Vertrauen in Institutionen jedweder Art. Das ist dann aber auch keine freie Entscheidung, wie sie ein gesunder Mensch treffen könnte, sondern der Krankheit geschuldet.
An dieser Stelle wäre eher Mitgefühl mit diesen Menschen und ihrem widrigen Leben angezeigt, statt der Sorge um Uringestank am Bahnhof. Diese Leute haben es schwer genug, da dürfen die auch irgendwo in den Nischen unserer Gesellschaft nächtigen. Man kann froh sein, wenn man selbst nicht in dieser Lage ist.
Cloudy, natürlich ist das nicht so dahergesagt. Die offenen Bahnhöfe in Berlin gehörten seit Jahren zum Konzept der dortigen Obdachlosenhilfe. Wenn die nun einfach bei Minustemperaturen geschlossen bleiben, dann fehlen Plätze, wenn keine Alternativen gibt. Und die werden in Berlin noch gesucht.
Meine Stadt hat eine halbe Million Einwohner und einen(!) Notschlafplatz für Frauen. Aber das geht nur eine Nacht, dann muss(!)man sich für ein betreutes Wohnprogramm entscheiden. Ansonsten bleibt die Straße. Für Männer gibt es einige Plätze mehr, aber die Bedingungen sind gleich. Und falls ein Hund vorhanden ist, bleibt nicht einmal die eine Nacht.
Wer also nicht in ein Wohnprogramm mit Entzug, Therapie und Arbeitstraining will oder passt oder einen Hund hat, dem bleiben hier nur die Wartehäuschen am Bahnsteig und die geöffneten U-Bahnetagen oder die Kälte. Sollten tatsächlich die 60 bis 80 betroffenen Personen bei Frost die vorhandenen Angebote annehmen, müssten viele draußen bleiben. Denn mehr als eine Frau und etwa zehn Männer bekommt man hier nicht unter. Und ohne die Ehrenamtlichen, die das Kältemobil betreiben und Decken und heißen Tee in der Nacht verteilen, sähe es noch finsterer aus.
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