Sollten Ärzte im Berufsalltag Schmuck tragen?
Ich hatte kürzlich das Vergnügen, bei einer anderen Frauenärztin in der Praxis zu sitzen. Da ich sie vorher noch gar nicht kannte, habe ich sie besonders unter die Lupe genommen. Was besonders auffällig war, ist, dass sie mit Schmuck behängt war wie ein Weihnachtsbaum, besonders die Hände.
Sie erzählte dann auch irgendwann, dass sie ja Hygieneschulungen mitgemacht hätte, was ich aber beim Anblick ihrer Hände nur schwer glauben konnte. Um ehrlich zu sein finde ich es ziemlich unhygienisch und moralisch verwerflich, wenn man als Arzt mit Patientenkontakt so viel Schmuck an den Händen trägt. Wie will man da vernünftig die Hände desinfizieren (können)? Vor allem, da ich bezweifle, dass die jedes Mal den Schmuck an und auszieht, wenn sie jemanden untersuchen muss.
Wenn man Hygieneschulungen mitgemacht hat, dann weiß man, wie die Fingernägel aussehen müssen und dass man keinen Handschmuck tragen sollte, weil Schmuck sich als Keimfalle entpuppen kann. Daher habe ich schnell das Weite gesucht. Sollten Ärzte eurer Meinung nach im Berufsalltag (wenn sie Patientenkontakt haben) Schmuck tragen? Haltet ihr solche Ärzte für seriös?
Leider ist es keine Seltenheit, dass Ärzte im direkten Patientenkontakt ihren Schmuck anbehalten. Dabei ist das genau genommen strafbar. Selbst ein Ehering muss eigentlich vor der Arbeit am Menschen abgelegt werden. Wenn ein Patient nach der Behandlung eine Infektion bekommt und nachweisen kann, dass der Arzt Schmuck getragen hat, dann ist dieser erst einmal in Schwierigkeiten - selbst, wenn der Schmuck gar nicht die Quelle für den Infekt war. Allein die Tatsache, dass gegen eine Hygieneregel verstoßen wurde, reicht für weiterführende Nachforschungen schon aus.
Es gibt ja genug schöne Dokumentationen, in denen Abstriche oder Abklatsche von getragenem Schmuck im Labor untersucht wurden. Von diversen Bakterien über Dreck und Pilze haftet da allerlei ekelerregendes Zeug an, was man nicht an oder in den Patienten bringen will. Selbst eine Händedesinfektion genügt meistens nicht, um diese Keime restlos zu entfernen. Daher bin ich der Meinung, dass man so konsequent sein sollte, seinen Schmuck vor der Arbeit abzulegen und erst danach wieder anzuziehen.
Mir persönlich erscheint das auch praktischer und angenehmer. Wie ich mit drei Armbändern und 5 Ringen eine digital-rektale Untersuchung durchführen sollte, möchte ich mir gar nicht vorstellen; und der Gedanke daran, den Schmuck danach noch weiter zu tragen, dreht mir auch schon den Magen um. Da finde ich es teilweise unverständlich, wie manche Ärzte da so überhaupt keinen Gedanken daran verschwenden.
MaximumEntropy hat geschrieben:Leider ist es keine Seltenheit, dass Ärzte im direkten Patientenkontakt ihren Schmuck anbehalten. Dabei ist das genau genommen strafbar. Selbst ein Ehering muss eigentlich vor der Arbeit am Menschen abgelegt werden.
Wie kommst du darauf, dass es generell strafbar ist? Zum einen gilt hier immer noch im Zweifel für den Angeklagten, können die Infekte und Keime nicht eindeutig zugeordnet werden, dann passiert da herzlichst wenig bis auf eine Abmahnung und ggf. auf Öffentlichen Druck werden ein paar Entlassen aber mehr auch nicht.
Denn es gibt zwar entsprechende Hygienevorschriften, die kann der Arbeitgeber aber je nach Umfeld entsprechend anpassen. So ist es klar und eindeutig untersagt, dass ein Chirurg der gerade operiert seinen Ehering trägt wenn er die Hände Waschung vornimmt, aber mehr auch nicht. Eheringe und Siegelringe sind eine Besonderheit und auch in einigen Bereichen ausgenommen.
Denn auch unter Ärzten fummelt nicht jeder am und im Patienten herum. Der Psychologe ist auch ein Arzt, fummelt aber nicht im Patienten herum und trägt auch keine Handschuhe. Dieser wäscht und desinfiziert sich mit Sicherheit auch nicht dauerhaft die Flossen, nachdem er etwas angefasst hat oder dem Patienten die Hand gegeben hat. Gleiches auch nicht manch ein anderer Arzt, genug gesehen als Rettungassistentin, dass manche der Auffassung sind Handschuhe reichen und ansonsten nie Hände waschen oder desinfizieren zwischen einzelnen Arbeitsschritten oder Patienten. Weiß das mal nach als Patient oder willst du direkt die Spurensicherung antanzen lassen die seine Flossen checkt ob sie gewaschen sind, bevor er dich anfasst?
Auch hier ist es ein Vertrauen was man zum Arzt haben muss, dass er sich daran hält. Gleiches auch an der Fleischtheke, beim Schlachter und sonst wo. Kontrollen gibt es zwar in Stichproben und auch die von dir angesprochenen Abklatschproben aber wenn diese genommen werden nachdem die Putzfrau gerade vor 5 Minuten dort war, dann kommt da auch etwas anderes raus als wenn dort nie gewaschen und gereinigt worden ist. Und angemeldete Kontrollen, ich bitte dich da reinigt jeder Arbeitgeber vorher und achtet für den Moment darauf, ansonsten fällt das Thema sehr gerne unter den Tisch.
Eine Desinfektion soll auch nicht alle Keime entfernen und kann sie auch nicht, es wird damit nur reduziert oder inaktiv geschaltet und es macht einen gewaltigen Unterschied, ob ich aktive Erreger auf dem Goldring sitzen habe oder inaktive. So unappetitlich es dann auch ist wenn man sich das unter dem Mikroskop mal anschaut, jeder der nicht in diesen Branchen arbeitet und über Jahre seinen Ehering trägt, ganz normal Hände wäscht, hat noch mehr darunter und daran, als wenn ein Arzt die Ringe mal eben mit wäscht oder desinfiziert. Ganz weg ist alles nicht, bekommt man so oder so nicht, aber die Anzahl ist hier das entscheidende und welche Erreger. Denn auch nicht alles bleibt auf jedem Metall sitzen oder überlebt dort, sprich auch das Material des Ringes spielt eine Rolle.
Klar sollte man aus dem logischen Menschenverstand schon heraus darauf kommen, dass weder lange Krallen noch Schmuck in bestimmten Bereichen getragen werden sollten. Vorschriften gibt es auf Papier viele, Papier ist geduldig und die Einhaltung ist mehr als Lückenhaft und die Kontrollen noch geringer die auch abgehalten werden, besonders in manchen Bereichen wo man meint, dass dort doch mehrmals am Tag geschaut, kontrolliert und geputzt werden müsste.
Aber wie so oft ist das Äußerliche meistens wichtiger, denn das sieht man. Die Keime sieht man nicht und was man nicht sieht, ist nicht da. Würde dich das Clostridium anspringen, neben dir am Tisch sitzen oder von deinem Ehering winken, dann würde sich auch so manche Hausfrau oder Büroangestellte ganz schnell davon verabschieden und ihn eben nicht dauerhaft an den Flossen tragen oder gar nicht mehr tragen.
Aber zu der Frage ob ich das seriös empfinde. Empfindest du eine Fleischerin mit 2 cm Krallen seriös wenn sie damit im Hackfleisch wühlt mit oder ohne Handschuhe? Einen Arzt der mit langen offenen Haaren ohne Haube sich über einen aufgeschnittenen Menschen im Op beugt, die Büroangestellte die in ihrer Unterwäsche wühlt um danach weiter am Computer zu tippen? Nein tue ich nicht, aber wenn es danach geht dann halte ich auch 99% aller anderen Berufstätigen im Bezug auf die Hygiene und entsprechende Vorschriften bzw. Denkweisen nicht für seriös. Denn ich habe auch schon oft gesehen, wie am Rechner gegessen wurde, nachdem die Fettbemme in der Hand gehalten wurde mit dreckigen Händen auf der Tastatur weiter gehämmert wurde und am nächsten Tag dort eine ganz andere Person saß, die das gleiche gemacht hat.
Mal davon abgesehen, dass ich so oder so nicht weiß, ob sich diese Menschen alle nach dem Toilettengang die Hände waschen und zwar richtig. Denn 30% waschen gar nicht, und weitere 40% unzureichend (nur kurz Wasser laufen lassen ohne Seife) oder zu kurz. Richtig dagegen machen es gerade mal 5% und wen wundert es, die anführenden Berufsgruppen dabei sind Chirurgen die ja auch Ärzte sind. Sprich nehme ich das als Referenz, dann haben Chirurgen was die Handhygiene betrifft bei mir den seriösesten Status.
Die Unfallverhütungsvorschrift für den Gesundheitsdienst ist doch eindeutig formuliert, oder? In Bereichen mit erhöhter Infektionsgefahr dürfen keine Ringe, Armbänder, Uhren oder sonstiger Schmuck an Hand oder Unterarm getragen werden. Es gibt nun auch genügend Studien zu Keimzahl und Keimart in Abhängigkeit zur Anzahl der Ringe.
Außerdem wird kein Chirurg im Operationssaal seinen Ehering tragen. Denn der Elektrokauter schaltet ab, weil der Ring die Messung an der neutralen Elektrode stört. Um den Patienten nicht zu grillen, arbeitet das Ding dann einfach gar nicht.
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