Sollte man Blutdruckmedikamente nur im Alter brauchen?
Mein Bruder, fast 70 Jahre alt, treibt Sport. Er läuft seit seiner Jugend regelmäßig, neulich hat er sogar einen 24-Stunden-Lauf absolviert. Seit seiner Rente hat er null Stress, finanziell ist er mehr als abgesichert und er ernährt sich normal. Seine Ehe ist in Ordnung. Trotzdem muss er Tabletten gegen Bluthochdruck nehmen. Soll er die absetzen, weil er irgendeine Studie gelesen oder im Internet recherchiert hat, obwohl sein Arzt ihm dazu rät, und selbst zusätzlich sein eigener Bruder, der selber Arzt ist? Bei uns ist der Bluthochdruck eindeutig familiär bedingt. Meine Ahnen sind meistens am Schlag gestorben.
Man kann das nicht über einen Kamm scheren, sondern muss das wirklich individuell klären. Manchen Stress kann man nicht so einfach abschalten, wenn man etwa allein erziehend für drei Kinder zu sorgen hat, von denen eines psychisch krank ist, und man noch nebenher arbeiten muss, wenn man kein Sozialfall werden möchte. Es ist leicht, von seiner eigenen Lebenssituation heraus Ratschläge zu geben. Die passen aber leider nicht auf alle.
blümchen hat geschrieben:Man kann das nicht über einen Kamm scheren, sondern muss das wirklich individuell klären.
Sehe ich auch so. Vor allem dürfte es schwierig sein, solche Ratschläge in Internetforen zu erteilen, wo man die anderen User ja so gut wie gar nicht kennt. Das heißt, Ratschläge sind schon in Ordnung, solange keine Vorwürfe mit dazu gepackt werden im Sinne von "ist nur zu faul" oder "wirft Tabletten ein, anstatt sein Leben ändern zu wollen".
Es spricht natürlich nichts dagegen, seinen bisherigen Lebensstil zu hinterfragen, oder neue Gewohnheiten (mehr Sport, andere Ernährung, mehr soziale Kontakte, etc.) einführen zu wollen. Aber solche Tipps sollten meiner Ansicht nach als freundliche Vorschläge daher kommen. Am besten würde ich zunächst einmal nur fragen, wie der bisherige Lebensstil aussieht, und ob man sich selbst vorstellen könnte, etwas dran zu ändern. Dann kann man vielleicht gemeinsam überlegen, welche Änderungen umsetzbar und sinnvoll ein könnten.
Wer sagt etwas von Vorwürfen, Lascar? Es geht darum, zu wissen, welche Möglichkeiten man hat. Das wissen die meisten Patienten nicht. Meist kommt der Befund eher zufällig zustande. Dann gibt es vielleicht noch eine Langzeitmessung und dann Tabletten. Das ist gut, wenn der Betroffene das so möchte. Er sollte dafür aber die Optionen und die langfristigen Auswirkungen kennen. Und die kennt er meist nicht, weil sie der Doc nicht erläutert.
Blümchen, verstehst du eigentlich, was du liest? Es geht nicht um irgendwelche Tipps aus Internetforen, es geht um valide Studienergebnisse und zwar ausschließlich bei Hypertonie Grad 1 oder weitere Risikofaktoren, die im täglichen Stress in der hausärztlichen Praxis oft nicht ankommen. Was das nun mit deinem Bruder zu tun hat, erschließt sich mir nicht. Denn der ist weder jung, noch ist seine Krankengeschichte genau bekannt. Was auch keine Rolle spielt. Und was heißt übrigens "normal essen". Unsere moderne Ernährung ist nicht gut für den Blutdruck und zwar die "ganz normale".
Dagegen spielt eine Rolle, dass viele Betroffene keine Wahl haben, weil sie nicht einmal wissen, dass es sie gibt. Und davon laufen dann ganz viele mit 70 eben nicht mehr Marathon, sondern sie leiden unter den Nebenwirkungen eines unüberschaubaren Medikamentencocktails weil sie multimorbide sind. Und ein nicht unerheblicher Anteil hätte sich mit mehr Wissen mehr Lebensqualität erhalten können. Ich finde eben schon, dass so informiert sein sollte, dass er selbst entscheiden kann. Nur hat man selten einen Arzt, der das tut.
cooper75 hat geschrieben:Und die kennt er meist nicht, weil sie der Doc nicht erläutert.
Ja, okay, wenn es sich um einen abstrakten "er" oder auch "sie" handelt, also eine prototypisch gedachte Person, dann mag das meinetwegen so gelten. Aber die realen Menschen leben eben doch ein reales Leben, haben in vielen Fällen schon vieles versucht, sind bei Fachärzten, Therapeuten etc. gewesen und haben im Lauf der Zeit mit Bekannten, Freunden und weiteren Personen darüber geredet, und haben verschiedene Lösungsansätze ausprobiert. Es ist ja normalerweise nicht so, dass man sein Leben lang nur zu einem einzigen Doktor geht und eine einzige Meinung einholt.
cooper75 hat geschrieben:Blümchen, verstehst du eigentlich, was du liest? Es geht nicht um irgendwelche Tipps aus Internetforen, es geht um valide Studienergebnisse und zwar ausschließlich bei Hypertonie Grad 1 oder weitere Risikofaktoren, die im täglichen Stress in der hausärztlichen Praxis oft nicht ankommen.
In meiner Wahrnehmung schreibst du häufig von oben herab. Du gibst doch in diesem Forum Tipps. Die Metastudie, von der du in einem Beitrag weiter oben schreibst, bezieht sich übrigens nur auf einen Zeitraum von fünf Jahren! Aber ich möchte hier nicht über Studien diskutieren. Dazu fehlt mir die Expertise.
Ich finde es gefährlich, selbst und gerade wenn du aus dem medizinischen Bereich kommst, wie ich deinen Posts entnehme, Leuten, vielleicht ist dir das gar nicht bewusst, einzureden, dass sie ihrem Arzt nicht trauen sollen. Es nehmen doch die wenigsten Patienten einfach das, was ihnen ein Arzt ohne Erklärung verschreibt. Vielleicht hast du bis jetzt noch keinen guten Hausarzt gehabt, aber meiner erklärt das immer sehr ausführlich. Ich möchte doch nur sagen, dass das alles sehr individuell ist und man das auch individuell behandeln muss.
Das ändert aber eben nichts daran, dass die meisten Betroffenen eben nicht wissen, was Besserung bringen könnte. Nimm Blümchen, die ihren Bruder als Beispiel anführt, der alles tut und sogar Marathon läuft, und "trotzdem" Bluthochdruck hat. Signifikant erhöhter Blutdruck ist allerdings bei Marathonläufern normal. Je besser die trainiert sind, desto höher ist der Blutdruck in Ruhe, um die niedrige Herzfrequenz, die durch das exzessive Ausdauertraining erreicht wird, auszugleichen.
Die wenigsten schaffen es, so lange und so niedrigschwellig und auch noch se regelmäßig zu trainieren, dass es etwas bringt. Das ist auch ok, wenn man das nicht möchte. Aber nur aus Informationsmangel zu scheitern, wenn man doch eigentlich möchte, das ist schade.
Blümchen, die meisten nehmen einfach das, was sie bekommen. Und das dann mehr oder weniger zuverlässig. Informationen werden nicht groß erfragt. Der Doc wird es schon wissen. Das ist der Alltag in den Praxen.
cooper75 hat geschrieben:Ich möchte doch nur sagen, dass das alles sehr individuell ist und man das auch individuell behandeln muss.
Sehe ich ganz genauso. Und letztlich sind die meisten Menschen eben doch weniger "einfältig", als man vielleicht als Außenstehender vermuten könnte. Nur weil jemand nicht denselben Lösungsweg beschreitet wie man selbst, sind andere Leute nicht automatisch dümmer oder unbedachter. Es spielen so viele Faktoren eine Rolle, wie man lebt bzw. bisher gelebt hat, und welche Behandlungsmethoden man schon versucht hat. Und ehrlich gesagt: dem Rat medizinischer Einrichtungen zumindest halbwegs zu vertrauen, finde ich nicht die einfältigste aller Lösungsoptionen.
cooper75 hat geschrieben:Informationen werden nicht groß erfragt. Der Doc wird es schon wissen. Das ist der Alltag in den Praxen.
Naja, dann lass ich dir mal wieder das letzte Wort und denke mir meinen Teil. Du scheinst den üblichen Ablauf in den Praxen in Bezug auf Bluthochdruck zu kennen.
cooper75 hat geschrieben:Die wenigsten schaffen es, so lange und so niedrigschwellig und auch noch se regelmäßig zu trainieren, dass es etwas bringt.
Schon wieder so eine Pauschalaussage. Woher nimmst du denn dieses Wissen? Arbeitest Du in einer Einrichtung für medizinische oder soziologische Statistik? Ich würde den Menschen ehrlich gesagt viel mehr zutrauen als Du.
Und was mich selbst betrifft: ich trainiere mindestens etwa dreimal pro Woche. Zu wenig? Zu unregelmäßig? Oder doch nicht? Jedenfalls ist mein Blutdruck trotzdem ohne Medikamente zu hoch. Was mache ich also falsch? Du scheinst es ja ganz genau zu wissen. Besser als ich selbst, besser als alle Mediziner, Therapeuten, Bekannten und andere Personen, mit denen ich bisher zu tun hatte. Und das, obwohl wir uns nicht kennen.
Lascar, dreimal die Woche ist zu wenig, wenn der Blutdruck zu hoch ist. Außerdem ist die Frage, was und wie und wie lange du trainierst. Denn das ist auch wieder entscheidend. Dazu kommt die Ernährung und damit meine ich nicht Salz. Und das Gewicht und so weiter.
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