Sollte man Blutdruckmedikamente nur im Alter brauchen?
Punktedieb hat geschrieben:@blümchen: Nein, man sollte immer als Patient hinterfragen, ob das Medikament wirklich zielführend ist. Gerade bei Bluthochdruck gibt es so viele Ursachen, die unter Umständen eben auch ohne Pillen abgestellt werden können.
Man kann das doch oft gar nicht beurteilen. Ich habe heute zum Beispiel ein Antibiotikum verschrieben bekommen, weil ich meine Blasenentzündung nach neun Tagen immer noch nicht selber in den Griff bekommen habe. Der Arzt hat mir genau erklärt, warum er mir ein anderes verschreibt, als ich vor einigen Jahren in derselben Gemeinschaftspraxis bekommen hatte.
Soll ich lieber auf Bekannte oder aufs Internet hören? Ich habe aber das Glück, dass mein Bruder Arzt ist, allerdings in einer anderen Stadt. Den habe ich dann nochmal zu dem Zusatzmittel gefragt, das mir der Arzt verschrieben und mir genau erklärt hat. Und der Apotheker hat mich auch nochmal bezüglich der Einnahme beraten und erklärt, warum ich es anders machen sollte, als es auf dem Beipackzettel.
Gerade Bluthochdruck kann unterschiedliche Ursachen haben. Man kann natürlich versuchen, durch die Änderung von Lebensgewohnheiten das einigermaßen in den Griff zu bekommen, aber bis das wirkt, sollte man wirklich etwas nehmen. Die meisten Präparate haben bei den meisten Leuten auch bei langfristiger Einnahme keine Nebenwirkungen. Was bei wem am besten wirkt, ist auch ein bisschen Trial and Error. Da helfen mir Tipps von Nicht-Ärzten gar nichts. Ein guter Arzt kontrolliert das und erklärt alles.
Blümchen, wie kommst du darauf, dass ein Bluthochdruck automatisch medikamentös behandelt werden muss, bis die Änderung des Lebensstils etwas bewirkt? Das ist bei einem Bluthochdruck Grad I ohne weitere Risikofaktoren nun wirklich nicht zielführend, zumal viele der entsprechenden Medikamente beim Absetzen dank Rebound-Effekt den Blutdruck erst in richtig gefährliche Höhen treiben.
Zumal es echt schräg ist, dass du anführst, dass die meisten Menschen gut mit den Medikamenten zurecht kommen. Nur belegt die aktuelle Forschung halt, dass man bei Grad I ohne weitere Risikofaktoren keinen Nutzen von der Behandlung hat. Das Risiko der Nebenwirkungen dagegen hat man komplett. Wo soll da bitte der Vorteil liegen? Eine Cochrane-Metastudie zeigt das deutlich und das ist der Goldstandard der Forschung.
Punktedieb hat geschrieben:
Und warum sollte ich zum Beispiel bei anderen Diagnosen ohne zu überlegen alles schlucken, was ich verschrieben bekomme?
Naja, nicht jeder, der Medikamente einnimmt, tut dies, ohne zu Überlegen, nur weil es ein Arzt verschrieben hat. Und was den Bluthochdruck betrifft, gibt es leider häufig keine erkennbare Ursache dafür, die man mit Ernährungsumstellung oder Sport beseitigen könnte. Da bleiben eben doch oft außer den Medikamenten wenig andere Optionen übrig.
Lascar, 95 Prozent der Patienten leiden an essentieller Hypertonie, die eben nicht durch andere Krankheiten oder genetische Vorbelastungen ausgelöst wird. Grund ist dabei ein in mehreren Punkten ungesunder Lebensstil. Den zu verändern bringt für das kardiovaskuläre Risiko mehr als die medikamentöse Behandlung. Die ist nur besser, als nichts zu tun.
@blümchen: Habe ich etwas von Bekannten oder Internet befragen geschrieben? Nein, ich habe hinterfragen geschrieben. Und wenn mir ein Arzt kommt, dass ich wegen Bluthochdruck täglich Pillen einwerfen soll, dann frage ich den Arzt nach Alternativen oder hole mir eine weitere Meinung ein.
Das ist nicht nur ein Recht für mich als Patient, sondern gegenüber meinem Körper auch eine Pflicht. Und wenn ich mit diversen Veränderung in meinem Leben eine tägliche Medikamenteneinnahme verhindern kann, dass ist das sicherlich gesünder.
cooper75 hat geschrieben:Grund ist dabei ein in mehreren Punkten ungesunder Lebensstil.
Aber ist genau das eben nicht der Fall bei essentiellem Bluthochdruck? Es liegt eben nicht (nur) an einem ungesunden Lebensstil, sondern der Bluthochdruck ist mehr oder weniger essentiell in den Körperorganen "verankert".
Auch was mich betrifft, habe ich Bluthochdruck, solange ich denken kann. Dabei treibe ich seit mehr als zwanzig Jahren sehr regelmäßig Sport und achte auf mein Gewicht und meine Ernährung, rauche nicht, und so weiter. Der Bluthochdruck ist aber trotzdem sehr hartnäckig und leider nur mit Medikamenten zu senken.
Allenfalls eine psychische Dauerbelastung als Ursache wäre möglich, da ich mich oft im Alltag gestresst fühle. Aber an dieser Stellschraube zu drehen ist leider nicht so einfach: der Job, der kranke Partner, die pflegebedürftige Mutter, alle zerren an mir und stellen Forderungen, die nicht so ohne weiteres abzuweisen sind.
Hausärzte klären Dinge ab. Dazu gehört auch das Gesamtbild: Herz, Gefäßstatus. Oft machen sich Blutdruckveränderungen über Herzbeschwerden bemerkbar. Hier sollte die Herzarbeit ökonomisiert werden, was unter anderem auch mit Blutdrucksenkern erreicht wird. Dabei gibt es aber eine chemische Keule, die in das Angiotensin-Renin-System eingreift.
Diese Mittel sind potenziell mit Vorsicht zu genießen (Niere). Oft wird dann eine kombinierte Arzneitherapie angewendet. Herzarbeit erleichtern mit Blut"verdünnern", dann diese "Keulen" in quasi-homöopathischer Dosierung. Und ständige Kontrolle des Blutdrucks zu Hause mindestens dreimal am Tag mit Langzeitprotokoll, das dem Hausarzt gezeigt werden soll, damit dieser die möglichst effektivste Dosierung der Medikamente herausfinden kann.
Viel hilft viel, ist bestimmt erfahrungsgemäß die ungünstigste Devise. Und ob das Alter eine Rolle spielt im konkreten Fall, das sollte man dem Hausarzt überlassen. Dass sich der Blutdruck aufgrund von Veränderungen im Gefäßstatus im Alter verändert, konnte ich bei der letzten Eintragung ins Protokollblatt meines Vaters sehen: Systolisch 190 Diastolisch 120. Und zwei Tage danach war er tot. Trotz "chemischer Keule".
Auf jeden Fall denke ich, dass es sinnvoll ist, regelmäßig einen Arzt zu konsultieren. Gegebenenfalls spricht nichts dagegen, auch eine weitere Meinung einzuholen, das ist nie verkehrt. Aber meiner Erfahrung nach plädieren halt doch die meisten Mediziner für eine medikamentöse Einstellung des Blutdrucks, sofern andere Methoden nicht ausreichend funktionieren.
Lascar, der Bluthochdruck ist essenziell, weil keine konkrete Erkrankung dafür verantwortlich ist. Schließlich gibt es diese Ursachen selten auch. In der Regel liegt es aber eben nur am Lebensstil. Der ist in der modernen Welt nicht gesund für uns. Wir brauchen weniger Stress, mehr Bewegung und anderes Essen, um gesund zu bleiben.
Natürlich ist es bequem, eine Tablette einzuwerfen, nur hat das erst ab Bluthochdruck Grad II einen positiven Effekt, wenn keine weiteren Risiken vorliegen. Und selbst dann mindert die Behandlung zwar den Druck in den Gefäßen, aber nicht die Ursachen. Der Lebensstil bleibt gleich und die schädlichen Mechanismen wirken weiter.
Und es ist vollkommen legitim zu sagen, dass einem die Veränderungen, die nötig wären, zu anstrengend sind oder die Lebensqualität zu sehr mindern und man lieber die Tabletten nimmt. Das ist viel besser, als nichts zu tun. Nur sollte das eben eine bewusste Entscheidung sein, weil die Therapie auf Dauer an die Grenzen kommt und sich mehr Baustellen auftun. Ist der Schaden zu groß, helfen Medis dann nur noch mehr schlecht als recht und den Lebensstil ausreichend ändern klappt auch nicht mehr. Das wird den meisten Patienten aber nicht erklärt.
Das ist viel besser, als nichts zu tun.
Und welchen meiner Beiträge entnimmst du, dass ich "nichts" tue? Du schreibst das so selbstverständlich, als ob wir uns persönlich kennen würden. Mir scheint aber, dass das nicht der Fall ist, und du eben nicht Bescheid weißt, wie ich mein Leben gestalte, wie viel Sport ich treibe, wie ich mich ernähre, und so weiter.
Generell geht es zumindest mir so, dass ich persönlich über die Lebensumstände anderer Bluthochdruckpatienten nicht Bescheid weiß, weder hier im Forum noch anderswo. Deswegen käme ich nie auf die Idee, davon zu reden, dass man überwiegend aus Bequemlichkeit "nichts unternehmen würde, außer Tabletten einzuwerfen." Jeder Mensch lebt anders, unter anderen Lebensumständen, mit anderen Erfahrungen, etc. Daher denke ich eben nicht, dass man hier pauschal klingende Urteile oder Meinungen über eine große Gruppe von Menschen äußern kann.
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