Sollte Geschichte in der Schule Hauptfach werden?
Eine Bekannte von mir ist promovierte Historikerin und möglicherweise liegt es eben daran, dass sie das Fach Geschichte sehr hoch schätzt und sehr hoch bewertet. Sie ist der Meinung, dass Geschichte der Schlüssel für alles wäre, also auch zu mehr Toleranz und weniger Vorurteilen.
Sie bedauert auch, dass der Geschichtsunterricht in der Schule viel zu sehr vernachlässigt werden würde und ist der Ansicht, dass man daraus mindestens ein Hauptfach machen sollte und damit das Fach auf dieselbe Stufe stellen sollte wie Mathematik, Deutsch und Englisch.
Ihrer Meinung nach würde das unsere Gesellschaft und die Prägung der Schüler zum positiven Sinne viel mehr bringen und wäre ein Gewinn für uns alle. Wie seht ihr das? Sollte Geschichte in der Schule tatsächlich Hauptfach werden und mit Fächern wie Mathe, Deutsch und Englisch auf eine Stufe gestellt werden? Oder haltet ihr das für unnötig und vernachlässigbar?
Vernachlässigbar ist Geschichte sicherlich nicht, aber ein Hauptfach muss es nun auch nicht sein. Und der Meinung bin ich nicht nur, weil ich einfach mies im Datenlernen bin und das Fach deshalb nie zu meinen besten gehört hat.
Ja, man muss aus der Vergangenheit lernen und darf sie auf keinen Fall vergessen. Ich weiß nun nicht, wie das an anderen Schulen aussieht, aber an meiner war das auch ohne Geschichte als Hauptfach gegeben. Die Nazizeit, die ja wahrscheinlich als der wichtigste Teil des Geschichtsunterricht angesehen wird, haben wir eingehend behandelt, sowohl in Geschichte als auch in Religion. Später in der Oberstufe war es dann für mich sogar profilergänzendes Fach, wo Weimarer Republik und NS-Zeit wiederholt wurden und wir dann zur DDR übergingen.
Alles durchaus wichtig, aber ich finde nicht, dass Geschichte die Lösung für alles ist. "Mehr Toleranz und weniger Vorurteile" klingt eher wie etwas, wofür Erdkunde hilfreich wäre. In Geschichte befasst man sich immerhin in erster Linie mit Europa, und da im Speziellen mit Deutschland, während man in Erdkunde deutlich eingehender in andere Länder schaut.
Auch Biologie könnte man als Fach gegen Vorurteile ansehen. Da haben wir auch kurz über Genozide gesprochen, und wenn man lernt, dass Hautfarbe und Co. auch nur bestimmte Gene sind und wir eh alle aus Afrika kommen, dann wäre das auch eine Begründung, wieso Vorurteile unnötig sind.
Ich könnte jetzt so weitermachen und noch einige weitere Fächer auflisten, die man so als Mittel für Alles nutzen könnte. Ich denke, deine Bekannte ist da einfach etwas voreingenommen, da ihr Geschichte sicher viel Spaß macht, denn sonst hätte sie darin ja nicht promoviert. An sich ist Geschichte aber in meinen Augen nicht unbedingt ein besseres Mittel gegen Vorurteile und dergleichen als andere Fächer wie Erdkunde, Bio oder Philosophie.
Ich bin auch der Meinung, das es zuwenig Geschichtsunterricht gibt oder dieser auch öfters mal ausfällt, aber ich wüsste keinen Grund daraus dann gleich ein Hauptfach zumachen. Wer sich für Geschichte interessiert, kann sich ja auch selber in diesem Fach weiterbilden und ich denke mir, da werden auch die Lehrer bestimmt gerne und ausführlich Hilfestellung geben, wie man das machen kann.
In einigen weiterführenden Schulen gibt es ja auch Möglichkeit Geschichte als Leistungskurs zu belegen und so hat man dann ja auch die Möglichkeit es so als ein Hauptfach zu wählen. Das jemand, der Geschichte studiert hat, diese Fach auch gerne als Hauptfach in Schulen sehen möchte, kann ich zwar nachvollziehen, denn da ist das Interesse bestimmt ja auch besonders groß.
Man kann Geschichte doch als Leistungsfach nehmen und somit zu einem Hauptfach machen, wenn man sich dafür interessiert. Als Hauptfach für alle finde ich es aber nicht passend. Immerhin muss man da viel auswendig lernen und das liegt nicht jedem. Es ist ein wichtiges Fach, aber sollte auch ohne Hauptfach in der Schule gemacht werden können. Wichtig sind ja die Inhalte und nicht die Anzahl der Wochenstunden.
Wie soll das wühlen in der Vergangenheit zu mehr Toleranz sorgen? Bringt es mir etwas, wenn ich mir anschaue wie Sklaven im alten Rom behandelt worden sind um das auf die jetzige Zeit zu übertragen? Ich darf mir hier keinen Sklaven mehr halten, schon lange nicht und das Arbeitsverhältnis mit den unterschiedlichen Schichten besteht nach wie vor noch.
Oder nehmen wir die Weltkriege? Wo ein kleiner Spinner aufsteht und mit seinen Reden allen eine Hirnwäsche verpasst, dass nur eine Rasse bestand haben sollte und alles andere Abschaum ist? Dann bist du genau auf dem Stand, den hier manche vertreten und sich auch darauf beziehen. Was das mit Toleranz zu tun haben sollte wüsste ich nicht.
Das hättest du nur, wenn du auf die Nachkriegszeit gehst mit dem Wirtschaftswunder und da sah es auch alles andere als rosig aus für die Gastarbeiter die hier eingezogen sind. Auf diese wurde auch mit dem Finger gezeigt, Misstrauen gesäht und sich nicht anders verhalten als es heute mit Flüchtlingen abgeht. Auch da wurde geplärrt, dass sie die Arbeitsplätze wegnehmen, das eigene Geld kosten usw. Sind wir mal realistisch, mit offenen Armen wurde da auch niemand empfangen auch wenn es manche schöne Bilder, Texte und Dinge zu vermitteln zu versuchen.
Geschichte ist ganz nett, damit kann man schon etwas anfangen und gehört auch zur Allgemeinbildung mit dazu. Aber ich denke nicht, dass es großartig etwas an der Toleranz und der Sichtweise der Menschen verändert. Schaut man sich die Geschichte an, dann ist das genauso abgelaufen wie jetzt auch und manches wird sich einfach nur schöner geredet als es ist. In jeder Epoche findest du Ausbeutung, Misshandlungen, schlechten Stand von bestimmten Schichten und nichts von offenen Armen und Friede, Freude, Eierkuchen.
Daher hat das für mich als ein Hauptfach rein gar nichts zu suchen in der schulischen Ausbildung. Da gibt es andere wichtigere Dinge die aufgenommen werden sollten z.B. Lebensführung. Wie viele kommen von der Schule und haben dort Wissen vermittelt bekommen, mit dem sie hinterher nichts anfangen können? Richtige Bewerbungen schreiben, also wenn ich mir das durchlese was nach Schulmeinung richtig ist, wird mir schlecht. Eine Versicherung abschließen und verstehen worum es dabei geht? Ebenfalls nicht vorhanden. Von kochen, putzen, Wäsche machen mal ganz zu schweigen, dass bekommen einige doch noch durch das Elternhaus mit aber welche Eltern bringen ihrem Kind vorher bei Versicherungen abzuschließen? Da ist Geschichte wirklich das kleinste Problem.
Ich finde, dass nicht nur Geschichte zum Hauptfach werden sollte, sondern auch andere Fächer, welche früher Stützpfeiler des Bildungssystems darstellten. Ich bin Jahrgang 1962 und kenne das alte Bildungssystem noch sehr gut. Aus der Sicht eines Gymnasiasten allerdings. Man musste früher Geschichte, Mathematik und eine Fremdsprache vorweisen, und ein Fach aus der Naturwissenschaft. Ich will jetzt nicht als einer gelten, der sich dem Satz „Früher war alles besser“ verschrieben hat. Viele Dinge sind heute viel besser, als zu meiner Jugendzeit. Angefangen vom Fernsehen bis zur Toleranz der Menschen untereinander. Aber die Bildung? Die ist meiner Meinung nach den Bach heruntergegangen.
Ein Abitur war früher etwas Besonderes, ein Realschulabschluss, also die Mittlere Reife auch. Heute haben wir einen Einheitsbrei an Schulabschlüssen. Die Anforderungen sind insofern niedriger, da eben die altbekannten Hauptfächer umgangen werden können. Es fing ja bereits zu meiner Zeit mit der sogenannten reformierten Oberstufe an, und der damit verbundenen Einführung von Leistungs- und Grundkursen. Man konnte sich sein Abitur nach Wahl zurechtschmieden und plötzlich stieg die Zahl der Abiturienten sprunghaft an. Damals galt ein Hauptschulabschluss noch nicht als etwas, das Jemanden als schlechteren Schüler auszeichnete.
Die Schulabschlüsse standen einträchtig nebeneinander. Hauptschule hieß damals in der Regel, dass man danach eine Handwerkerlehre machte, Realschule für die mittleren Angestellten und Abitur für Leute, die studieren wollten. Und keiner grenzte den anderen aus. Heute gilt ein Hauptschüler als Jemand über den so manche die Nase rümpfen. Im Gegenzug ist ein Abiturient Standard. Was soll das alles? Warum kann man die Schüler nicht nach ihren Neigungen und Fähigkeiten einteilen, Ohne irgendjemanden auszugrenzen?
Und als ob das alles noch nicht genug wäre, führt man mit riesengroßen Schritten die sogenannte Inklusion ein. Das heißt, dass beispielsweise lernbehinderte Schüler zusammen mit anderen Schülern, die keine Lernbehinderung haben, in einer Klasse sind. Ob das den behinderten Menschen hilft, muss noch bewiesen werden. Aber den ansonsten in dieser Beziehung nicht beeinträchtigen Schülern verhilft es zu weniger Lerninhalten. Das kann nicht Sinn einer vernünftigen Schulpolitik sein.
Freidenker28 hat geschrieben:Ich finde, dass nicht nur Geschichte zum Hauptfach werden sollte, sondern auch andere Fächer, welche früher Stützpfeiler des Bildungssystems darstellten. [...] Man musste früher Geschichte, Mathematik und eine Fremdsprache vorweisen, und ein Fach aus der Naturwissenschaft.
Die Zeit der ganz frei wählbaren Leistungs- und Grundkurse ist allerdings inzwischen auch schon vorbei, inzwischen kann man Profile wählen. Dabei hat jeder drei Kernfächer (Deutsch, Mathe, Fremdsprache), ein Profilfach und zwei profilergänzende Fächer. Beim sprachlichen Profil war beispielsweise das Profilfach Englisch, die profilergänzenden Fächer Geschichte und Erdkunde bzw später Geschichte und WiPo. Gesellschaftswissenschaftliches Profil hat, meine ich, je nach Schule entweder Erdkunde oder Geschichte als Profilfach, die PE-Fächer weiß ich da nicht auswendig.
Ansonsten ist Geschichte definitiv für alle Pflicht, auch wenn ich nicht sicher weiß, ob auf erhöhtem oder normalem Niveau. Auch mindestens eine Naturwissenschaft muss jeder behalten, selbst die Sprachler durften nur zwei der drei NaWi-Fächer abwählen. Insgesamt hat jeder Oberstufenschüler quasi sechs "Hauptfächer", bzw. generell Fächer, die auf erhöhtem Niveau unterrichtet werden. Wie viele willst du da denn noch unterbringen? Wenn alles "erhöhtes Niveau" hat, dann ist es ja auch irgendwann nur noch Normalniveau.
Ich finde auch nicht, dass man unbedingt starken Fokus auf eine Naturwissenschaft legen muss, wenn der Schüler in den sprachlichen Bereich gehen will. Grundlagen, ja, deshalb ist mindestens eine Pflicht und muss auch ins Abizeugnis eingebracht werden. Wenn man dagegen unbedingt in den naturwissenschaftlichen Bereich will, kann man das über das Naturwissenschaftliche Profil, wo man dann am Ende nur noch eine Fremdsprache hat, anstatt wie die Sprachler drei Stück.
Den Geschichtsunterricht habe ich nie sonderlich gemocht. Zum einen weil man da so viel auswendig lernen musste und zum anderen hat es mich über weite Strecken einfach nicht interessiert. Ich habe diese ganzen Zahlen dann für die Klausuren auswendig gelernt und danach wieder vergessen. Braucht man ja auch im Alltag alles nicht. Na gut, man braucht vieles, was in der Schule gelehrt wird, im Alltag nicht, bei dem Fach Gesichte sticht das aber besonders hervor.
Diese grundlegenden Informationen, wo unsere Gesellschaft herkommt und die Weltkriege, das bekommt man auch so mit. Dazu würde es meiner Meinung nach noch nicht einmal Geschichtsunterricht brauchen. Denn im Fach Geschichte selbst wird das immer und immer wieder wiederholt. Irgendwann reicht es auch mal. Im Geschichtsunterricht der Oberstufe kam dann gar nichts Neues mehr. Alles nur erneutes Durchkauen des bereits Bekannten in noch höherer Detailgenauigkeit.
Zudem finde ich, dass man nichts wirklich aus Geschichte lernt. Ob man heute eher ausländerfeindlich oder tolerant eingestellt ist, hat nichts mit dem schulischen Geschichtsunterricht zu tun, sondern resultiert eher aus dem eigenen Umfeld und den Werten, die Familie oder Freunde vermitteln. Daran würde noch mehr Geschichtsunterricht auch nichts ändern.
Ich bin froh, dass ich in der Abiturstufe Fächer abwählen konnte. Es wären ja ansonsten auch viel zu viele Fächer gewesen. Nur Geschichte konnte ich leider nicht abwählen, das durfte man damals nicht. Ist es heute anders?
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