Sollte Feuerwehrdienst für Bürger zur Pflicht werden?
Weil es nicht genügend freiwillige Feuerwehrleute gibt, verpflichtet Grömitz in Schleswig-Holstein - als bereits 4. Gemeinde - seine Bürger zum Dienst in der Feuerwehr. Es wurden acht Männer zum Feuerwehrdienst verpflichtet, weil die erforderliche Anzahl an freiwilligen Helfern nicht mehr gedeckt wurde.
Die Gemeinden sind verpflichtet den Brandschutz zu gewährleisten und wenn es nicht genug Freiwillige gibt, dann müsste man laut Bürgermeister die Bürger verpflichten. Die Bewohner der Gemeinde werden ganz offiziell mit einem Verpflichtungsbescheid einberufen. Alle Bürgerinnen und Bürger zwischen 18 und 50 Jahren sind damit verpflichtet, Dienst in der Pflichtfeuerwehr - als ehrenamtliche Tätigkeit - für die Gemeinde zu übernehmen. Ausgenommen sind nur Personen die nachweislich den gesundheitlichen Anforderungen nicht gewachsen sind. Die gesetzliche Möglichkeit dazu haben die Gemeinden. Auch in anderen Bundesländern gibt es schon solche Fälle.
Ein "Zwangsverpflichteter" erwähnte in einem Interview, dass er ja noch mit der Teilnahme an Löscheinsätzen einverstanden wäre bzw. sich damit abfinden könnte, aber dass der Dienst weitaus mehr Freizeit in Anspruch nehmen würde. Es kämen neben ca. 150 Einsätzen pro Jahr auch jeweils zwei Übungsabende im Monat sowie weitere Übungen und Lehrgänge am Wochenende hinzu. Laut ihm wäre es die beste Lösung wenn man in solchen Fällen Feuerwehrmänner bei der Gemeinde einstellt.
Ich wohne in einer Stadt in der es neben der freiwilligen Feuerwehr sowieso auch eine Berufsfeuerwehr gibt. Dennoch hört man immer wieder, dass gerade in der Jugend das Interesse am freiwilligen Feuerwehrdienst immer weniger wird. Ich kann verstehen, dass eine Lösung gefunden werden muss, finde es aber schon traurig, dass man hierzu auf Zwangsverpflichtung zurückgreifen muss. Man wird sicher gut trainiert, aber dennoch ist so ein Ehrenamt bei der Feuerwehr ja auch nicht gerade risikofrei. Ich sehe das schon kritisch, wenn man Mensch dann dazu zwingt. Wenn man das aus freier Entscheidung tut, hat das einen ganz anderen Charakter.
Wie findet ihr diese Handhabung von Gemeinden zur Zwangsverpflichtung? Wollen die Gemeinden damit eurer Meinung nach nur Gelder sparen (sie könnten ja auch Feuerwehrleute anstellen)? Was könnte man eurer Meinung nach tun, um das freiwillige Interesse an solchen Ehrenämtern wieder zu steigern?
Du hast merkwürdigerweise Ansichten zur Feuerwehr. Es gibt kaum Berufsfeuerwehren in Deutschland. Das sind bundesweit nur rund 100, das heißt, selbst wenn man nur die kreisfreien Städte nimmt, hat nur jede zweite eine Berufsfeuerwehr. Insgesamt gibt es über 3000 Städte.
Der Normalfall ist die Freiwillige Feuerwehr. Das ist auch vernünftig, weil es anders kaum zu bezahlen wäre und es schlichtweg nicht genügend Arbeitskräfte gäbe. Damit man mal eine Vorstellung bekommt: Ein Dorf mit 1.000 Einwohnern braucht bei einem Brand schnell mal 40 Feuerwehrleute. Die Anfahrt aus der Stadt dauert gut 20 Minuten. Ohne eigene Feuerwehr sind die verloren. Aber da nicht so oft was größeres passiert, ist eine Berufsfeuerwehr unpraktisch.
Außerdem ist die Freiwillige Feuerwehr in Orten mit Berufsfeuerwehr kein netter Verein. Die Mitglieder sind normalerweise verpflichtet, ein gewisses Stundenkontingent pro Monat zu arbeiten. Das entlastet die Berufsfeuerwehr. Dazu kommt, dass die Freiwillige Feuerwehr nicht automatisch nur aus Ehrenamtlern besteht. Der Zeugwart und der Rettungsdienst, das sind meist Festangestellte.
Es ist halt ein Problem, dass immer mehr Bürger glauben, dass der Staat und die Gemeinden Dienstleistungsunternehmen. Die kommunale Selbstverwaltung und das Gemeinwesen funktionieren eben nur durch Engagement der Nutznießer. Auch Wahlhelfer, Schöffen, Gemeinderäte und Bezirksbürgermeister und so was werden verpflichtet. Und wenn sich keine Freiwilligen finden, hat man Pech.
Natürlich ist es eine Arbeit, die gemacht werden muss, allerdings sehe ich eine Zwangsverpflichtung auch eher kritisch. Man sieht doch jede Menge schlimme Dinge und gerade wenn man dann noch aus dem Ort kommt, sieht man dann auch das Schicksal dahinter, weiß vielleicht auch, dass da kein Geld mehr da ist und die Leute nun vor dem Aus stehen oder was auch immer, außerdem kann sich ja auch nicht immer jeder aus dem Feuer retten und eine Leiche zu sehen ist auch nicht für jeden etwas.
Gewisse psychische Voraussetzungen sollte man daher meiner Meinung nach schon erfüllen, einfach deswegen, weil man die Leute ja dauerhaft dabei haben will und dann braucht es natürlich stabile Menschen, was ein anderer Mensch vielleicht nicht immer so gut einschätzen kann.
Die "schlimmen Schicksale" dürften für die Dorffeuerwehr doch eher überschaubar sein. Mein Cousin arbeitet bei einer Werksfeuerwehr und meinte mal, dass er teilweise wochenlang nur dann Feuer zu sehen bekommt wenn er selber für die Jugendgruppe, die er trainiert, eines anzündet. Dagegen gibt es wohl erstaunlich viele Einsätze aus der Kategorie "ihr habt doch eine lange Leiter ...".
Ich habe schon öfter mal was über zwangsverpflichtete Feuerwehrleute gelesen oder gehört und das scheint sich zunächst mal immer um kleine Gemeinden zu handeln, für die sich eine Berufsfeuerwehr überhaupt nicht lohnen würde. Überleg mal, 150 Einsätze im Jahr. Das bedeutet, dass der Löschtrupp teilweise tagelang herum sitzt und nichts zu tun hat. Und ein Einsatz ist halt auch so etwas wie Katze retten, Ölspur wegmachen oder Baum von der Straße räumen. Das ist relativ schnell erledigt.
Ja, in einer idealen Welt gäbe es für jeden ehrenamtlichen Job, der der Allgemeinheit zugute kommt, genügend Freiwillige und jeder fände genau das Ehrenamt, das zu ihr oder ihm passt. Es wäre diesen Feuerwehren wahrscheinlich auch lieber wenn sie lauter Kollegen hätten, die mitmachen weil sie schon seit dem Kindergarten Feuerwehrmann/frau werden wollten. Aber das reale Leben ist eben nicht "Wünsch dir was".
Ich denke es ist auch irgendwo Einstellungssache wie man damit umgeht wenn man für die Feuerwehr einberufen wird. Nur weil man sich nicht freiwillig melden würden bedeutet ja nicht automatisch, dass man daran keinen Spaß finden kann.
Es ist ja nicht nur auf den Dörfern so. Wir leben in einer Großstadt und haben über 300 hauptamtliche Feuerwehrleute, von denen immer gut 100 im Einsatz sind. Aber es gibt eben auch über 350 Freiwillige. Die sind auch bitter nötig, denn mehrere Stadtteile sind auf die Freiwilligen als Erstausrücker angewiesen, sonst brennt es halt länger, bevor jemand da sein kann.
Dazu sind die Freiwilligen für jeden Massenanfall von Verletzten zuständig, weil die Berufsfeuerwehr das nicht leisten kann. Die stemmen den Fernmeldedienst bei großen Einsätzen und verantworten die Koordination. Brandwachen wären ohne die Freiwilligen nicht drin und Großveranstaltungen oder nur Theater und Oper müssten ausfallen.
Ich sehe diese Zwangsverpflichtung auch eher kritisch. Ich kenne einige Leute in meinem Bekanntenkreis, die entweder bei der freiwilligen Feuerwehr oder beim THW ehrenamtlich arbeiten. Für die Leute, die da Interesse dran haben, ist das ja auch alles schön und gut. Diese Leute sind ja dann auch motiviert und genau das braucht es auch in diesem Job. Man muss aber auch mit den verschiedenen Situationen umgehen können. Wenn man mal einen Öl-fleck weg machen muss, oder einen umgestürzten Baum zersägen muss, dann ist das ja auch alles ok, was aber auch bei fehlender Motivation eher schlecht als recht ist. Kritisch wird es erst, wenn man an Einsätzen teilnimmt wo Menschen zu Schaden gekommen sind.
Nicht jeder ist psychisch genug gefestigt, um so einen Job durchstehen zu können. Selbst das THW, hilft ab und an schon mal dabei, wenn es darum geht, irgendwelche Wasserleichen aus irgendeinem See oder Fluss zu ziehen. Ein Einsatz kann da genügen, um die einen Menschen für den Rest seines Lebens zu belasten, wenn es schlecht läuft. Wenn es Tatsächlich daran liegt, dass es immer weniger freiwillige Helfer gibt, dann sollte man mal überlegen, woran es liegt. Vielleicht sollte man sich mal überlegen, ob man diese freiwilligen Helfer, nicht vielleicht doch finanzielle ein wenig für ihre Leistungen entschädigt. Ich arbeite selbst eigentlich ehrenamtlich als Trainer in einem Verein und selbst dieser zahlt für die geleisteten Stunden einen kleinen Obolus. Es ist nicht viel, aber eben eine nette Geste. Es sind nur 6 Euro die Stunde, aber da es immer im Quartal abgerechnet wird, kommt da schon ein wenig was zusammen.
Die Gemeinden werfen oft so viel Geld für irgendeinen Mist aus dem Fenster, da wäre es doch wesentlich besser, die Leute, die sowas freiwillig machen, für den Dienst in ihrer Freizeit etwas zu entlohnen.
Ich würde mich auf jeden Fall nicht für so einen Dienst heranziehen lassen. Erstens mache ich schon genug und wüsste gar nicht, wo ich das Zeit mäßig noch einschieben sollte zumal die Einsätze ja eh nicht planbar sind. Zweitens weiß ich nicht wirklich, ob ich dafür geeignet bin, bzw. ob ich damit klar kommen würde, wenn doch mal ein Einsatz dabei ist, der einen psychisch sehr belasten kann.
Noch so ein Realitätsverweigerer. Nicht mal sieben Prozent aller Feuerwehrleute sind hauptamtlich unterwegs. Wenn die eine Million, die sich nicht vor Verantwortung drückt, angestellt werden müsste, dann hätten die Gemeinden und die Arbeitgeber ein Problem. Die Lohnersatzleistungen sind für die Gemeinden schon teuer genug.
Wenn Du das dann so krass siehst, warum nimmt man dann nicht zum Beispiel Sozialhilfeempfänger oder Arbeitslose dafür? Warum sollen dass dann Menschen machen, die normal ihren Lebensunterhalt verdienen müssen. Natürlich werden diese dann freigestellt für die Zeit des Einsatzes, aber es findet ja auch nicht immer ein Einsatz während der Arbeitszeit statt. Statistisch gesehen finden die meisten Einsätze wahrscheinlich sogar eher kurz nach Feierabend statt.
Zusätzlich kommt dann noch der körperliche Aspekt. Als Feuerwehrmann sollte man schon über einer gewisse Fitness verfügen, Ich glaube nicht, dass es viel Sinn macht von jemanden gerettet zu werden, der mit seiner Montur selber kaum die Treppe hochkommt. Und wie gesagt, die psychische Belastung darf man auch nicht unterschätzen. Es gibt genug Leute, die beim Anblick von Blut schon aus den Schuhen kippen, wie soll das dann sein, wenn die dann zu einem Verkehrsunfall mit Toten kommen. Grade wenn man dann dazu verpflichtet wird, sollte es dafür dann auch ein Entschädigung geben.
Die Satz "zur freiwilligen Feuerwehr verpflichtet werden" ist ja schon komplett falsch. Entweder ist es freiwillig, oder wir fangen wie zu Wehrdienstzeit an die Leute einzuberufen. Dann kann man mit Angaben von guten Gründen oder einem Attest, diesen Dient ablehnen, aber hinzugehen und jede Gemeinde da sein eigenes Süppchen kochen zu lassen, von wegen Verpflichtung oder nicht, ist da wohl der falsche Weg. Das ist am Ende dann schon ein Einschnitt der Grundrechte.
Ich wäre persönlich an sich schon bereit, mich zu einem Feuerwehrdienst heranziehen zu lassen, weil mich Hilfsdienste aller Art persönlich interessieren. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob ich noch alle Anforderungen an die Fitness erfüllen würde, die von einem Feuerwehrmann gefordert werden. Seitdem meine Probleme mit Arthrose in Gelenken im Fußbereich angefangen haben, kann ich zwar noch zu Fuß gehen, aber nicht mehr allzu schnell und allzu viel laufen bzw. rennen. Für eine Verwaltungstätigkeit wäre ich aber schon noch zu gebrauchen.
Kodi, irgendwie verdrängst du total, wer die Gemeinde und wer der Staat eigentlich ist. Das bist du, das bin ich und alle anderen dazu. Und damit das funktioniert, müssen viele ehrenamtlich mit anpacken. Und weil Freiwillige besser sind als Zwangsverpflichtete, versucht man zuerst, es so hinzubekommen.
Aber, und das scheint dir gar nicht bewusst zu sein, für ganz viele Ehrenämter bestehen schon ewig rechtliche Regelungen zur zwangsweisen Verpflichtung. Glaube bitte nicht, dass du frei entschieden kannst, ob du bei Wahlen hilfst. Du magst dich einmal freiwillig melden, danach kommst du ohne Umzug in eine andere Stadt oder den 65. Geburtstag nicht leicht aus der Nummer raus. Und einfach nicht antanzen, das wird teuer. Schöffen, Feuerwehr, Katastrophenschutz und so weiter funktionieren so. Meine Hunde und damit auch ich müssen im Notfall auch ran, weil die Ausbildung vorhanden ist, obwohl wir keiner entsprechenden Organisation angeschlossen sind.
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