Sollte es mehr rehabilitative Pflegeheime geben?

vom 04.04.2023, 22:39 Uhr

Wer als Senior in ein Pflegeheim muss, wird dort normalerweise bis zum Ende seiner Lebenszeit wohl auch wohnen bleiben, das ist zumindest so alltäglich. Für die meisten pflegebedürftigen Menschen ist die Chance wieder in ein eigenes Zuhause zurück zu können ziemlich gering.

Beim Konzept der "Rehabilitativen Pflege" im Pflegeheim geht es allerdings genau darum, um einen Aufenthalt im Pflegeheim mit dem Ziel irgendwann wieder in ein eigenes Zuhause ausziehen zu können. In Mühlheim an der Ruhr hat ein gelernter Altenpfleger und früher Leiter der Einrichtung, Oskar Dierbach, dieses Konzept entwickelt. 15 bis 20 Prozent der Heimbewohner hätten es bisher geschafft, durch gezielte Therapie bzw. Reha im Heim aus dem Pflegeheim wieder auszuziehen. Dierbach sagt:

Wir haben entdeckt, welcher Reichtum das ist, wenn man Menschen in den Mittelpunkt stellt und nicht über ein Verwahren nachdenkt, sondern über das Wiederhineinhelfen ins Leben

Momentan fehlt es leider wohl an der gesetzlichen Grundlage, dass therapeutische Rehabilitationsmaßnahmen in allen Pflegeheimen stattfinden können. Getestet werde dies erstmal in wenigen Pflegeheimen.

Wie findet ihr das, wenn man Pflegeheimbewohnern die Motivation gibt, möglicherweise irgendwann doch wieder ausziehen zu können - selbstverständlich nur auf realistischer Grundlage? Sollte jedes Pflegeheim nach so einem Konzept arbeiten? Findet ihr, dass das in jedem Pflegeheim umsetzbar wäre, oder ist das beim derzeitigen Pflegenotstand sowieso eher eine nicht umsetzbares Konzept?

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich finde es großartig, dass es mittlerweile Konzepte wie die Rehabilitative Pflege gibt, welche sich darauf fokussieren, Pflegeheimbewohnern die Chance zu geben, irgendwann wieder in ein eigenes Zuhause ausziehen zu können. Gerade im Alter ist es wichtig, dass man nicht das Gefühl hat, aufgegeben oder "verwahrt" zu werden, sondern dass man noch immer am Leben teilhaben und Fortschritte machen kann.

Ich denke, dass solche Konzepte in jedem Pflegeheim umsetzbar sein sollten. Natürlich hängt dies auch von den Ressourcen und der Finanzierung ab, aber letztendlich sollte es das Ziel jedes Pflegeheims sein, den Bewohnern bestmöglich zu helfen und ihnen eine Perspektive zu geben. Natürlich muss dabei auch die Realität berücksichtigt werden und es kann nicht jeder Bewohner wieder ausziehen, aber die Chance und Motivation sollten dennoch gegeben werden.

Ich habe persönlich Erfahrungen mit der Pflege von älteren Familienmitgliedern gemacht und weiß, wie wichtig es ist, dass man sich nicht aufgeben fühlt und dass man das Gefühl hat, dass man Fortschritte machen kann. In einem Pflegeheim, in dem die Bewohner das Gefühl haben, dass sie unterstützt werden und dass man sich um sie kümmert, steigt auch die Motivation, etwas zu erreichen und sich zu verbessern. Natürlich sollte dabei auch auf die individuellen Bedürfnisse und Möglichkeiten jedes Bewohners geachtet werden.

Ich denke, dass die Rehabilitative Pflege ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist, um die Lebensqualität von Pflegeheimbewohnern zu verbessern und ihnen Perspektiven zu geben. Es sollte auf jeden Fall weiter daran gearbeitet werden, dass solche Konzepte flächendeckend in Pflegeheimen umgesetzt werden können.

» Aguti » Beiträge: 3109 » Talkpoints: 27,91 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Als jemand, der selbst ältere Familienmitglieder hat, die in Pflegeheimen leben, ist es ein Thema, das mich persönlich betrifft und berührt. Es ist eine traurige Realität, dass die meisten pflegebedürftigen Senioren im Pflegeheim bis zum Ende ihres Lebens verbleiben müssen und dass die Chance, wieder in ein eigenes Zuhause zurückzukehren, sehr gering ist. Dies kann oft das Gefühl von Verlust und Einsamkeit verstärken und das Wohlbefinden älterer Menschen beeinträchtigen.

Deshalb finde ich das Konzept der "Rehabilitativen Pflege" sehr interessant und ermutigend. Die Idee, den Pflegeheimbewohnern gezielte Therapie und Rehabilitation anzubieten, um ihre Selbstständigkeit zu erhöhen und sie in die Lage zu versetzen, wieder in ein eigenes Zuhause zurückzukehren, gibt Hoffnung. Es ist toll zu hören, dass ein gelernter Altenpfleger und früherer Leiter einer Einrichtung, Oskar Dierbach, dieses Konzept entwickelt hat und dass es bereits Erfolge gezeigt hat.

Für mich persönlich zeigt dies, dass es wichtig ist, innovative Ansätze zu fördern, um älteren Menschen eine höhere Lebensqualität und mehr Unabhängigkeit zu ermöglichen. Pflegeheime sollten nicht nur Orte sein, an denen ältere Menschen leben und sterben, sondern auch Orte, an denen sie die Unterstützung und Behandlung erhalten, die sie benötigen, um wieder in ihr eigenes Zuhause zurückzukehren.

» GoroVI » Beiträge: 3187 » Talkpoints: 2,66 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich finde das super, dass sich alle hier freuen und die Idee super finden... Nur wäre vielleicht ein Abgleich mit der Realität und den gesetzlichen Rahmenbedingungen sinnvoll, um zu erkennen, dass nicht wenigen Betreibern, dem medizinischen Dienst und der Bevölkerung die Versorgung Älterer am Bobbes vorbei geht.

Theoretisch zahlen die Krankenkassen Rehabilitationsmaßnahmen im Altenheim und seit sieben Jahren gibt es laut Gesetz Millionen für die Prävention auch in teil- und vollstationären Pflegeeinrichtungen. Außerdem ist das Konzept der aktivierenden Pflege nun schon ewig Standard.

So, und nun gehen wir mal in die Realität. Die Vergütung erfolgt nach dem Grad der Pflegebedürftigkeit. Schwer Pflegebedürftige bringen nicht nur Mehr Geld, sie sind auch unkomplizierter zu versorgen. Personal fehlt an allen Ecken und Kanten. Es wird mit "qualifizierten" Hilfskräften gestopft, die vom ersten Tag allein voll arbeiten müssen . Und obwohl ein- und dreijährige Auszubildende die Häuser nichts kosten, werden die Leute oft kaum angeleitet.

Unter diesen Bedingungen fehlt das Wissen, es fehlt die Zeit und externe Dienstleister, die den gerade so irgendwie funktionierenden Ablauf stören, sind eine Belastung. Und statt endlich vernünftige Bedingungen zu schaffen, wird jetzt nur gejammert, wie belastend der Pflegemindestlohn ist. Vernünftige Dienstpläne, Fortbildungen und eine Mitarbeiter und Bewohner wertschätzende Kultur findet man aber nur selten. Wobei unter solchen Bedingungen automatisch gefördert würde.

» cooper75 » Beiträge: 13372 » Talkpoints: 508,32 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Es ist ja nicht so, dass in den Heimen nur die Zeit abgesessen wird. Es ist durchaus so, dass da Menschen kommen, die die alten Leuten mobilisieren sollen und auch Übungen machen, damit alles fit bleibt oder sich verbessert. Natürlich ist da viel Luft nach oben, aber das ist es generell im Pflegeheim. Es wäre schön, wenn man generell personell aufstocken könnte oder auch die Leute mehr Geld bekommen.

Es ist natürlich schön, wenn man das Menschen ersparen kann. Nicht jeder hat ja wirklich etwas mit dem Geist und wenn man da nur sitzt, weil man schlecht laufen kann, aber geistig noch fit ist, ist das sehr schade. Solche Leute zu mobilisieren macht Sinn und ist wirklich schön. Allerdings ist es auch fraglich, ob das alles so leicht umsetzbar ist. Immerhin hat man im schlechtesten Fall eine angemietete Wohnung, die man bezahlen muss, neben der Pflege die bezahlt werden muss und das ist dann nicht eben wenig Geld und mit einer geringen Rente wird man sich das nicht leisten können. Es wäre also durchaus schön, wenn man nicht die Heime vollmachen würde, sondern vorher Leistungen anbietet um die Menschen zu mobilisieren, die es betrifft.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Es ist billig, die Idee, Menschen bis ins hohe Alter ein selbst bestimmtes Leben zu ermöglichen, supertoll und großartig zu finden. Das wollen wir doch alle, für uns selber wie für unsere Angehörigen. Aber wie üblich hapert es an der Umsetzung, und wie so oft unter dem Strich am lieben Geld.

Es ist nämlich nicht damit getan, dass irgendwelche Leute in die Heime kommen und die Bewohner "mobilisieren". Am besten noch ehrenamtliche Laien oder Hilfskräfte mit drei Monaten Grundausbildung. Geriatrische Reha ist ein hoch spezielles und anspruchsvolles Fachgebiet, welches wie der ganze Pflegesektor nicht gerade überlaufen ist und vor qualifizierten Fachkräften wimmelt.

Es braucht ein ganzes Team von Spezialisten, um jemanden, dessen Regenerationsfähigkeiten altersbedingt nicht mehr die besten sind, wieder so weit auf die Beine zu bekommen, dass ein halbwegs selbstständiges Leben möglich ist und entsprechend hoch sind Aufwand und Kosten. Ich habe nicht den Eindruck, dass die Gesellschaft als Ganzes bereit ist, diesen Aufwand zugunsten der Älteren und Schwächeren zu übernehmen. Toll finden ist das Eine, Kohle lockermachen etwas ganz Anderes.

» Gerbera » Beiträge: 11310 » Talkpoints: 47,17 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


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