Sollte die Schule auf das selbstständige Leben vorbereiten?

Bei uns im Freundeskreis kam vor Kurzem eine Diskussion auf, zu der mich auch eure Meinung interessieren würde.

Es ging darum, dass die Tochter einer Bekannten in eine andere Stadt gezogen ist, um dort zu studieren. Sie hat ein sehr gutes Abitur gemacht und war in der Schule immer überdurchschnittlich gut, so dass sie jetzt auch studieren und sich auf ihren Job vorbereiten möchte.

Die Eltern haben nun festgestellt, dass die Tochter zwar in der Schule die absolute Leuchte war, allerdings kaum etwas über das alltägliche Leben wusste. Sie hatte keine Ahnung, wie man ein Konto eröffnet, was eine Mietkaution ist, worum es sich bei Nebenkosten handelt und wofür man eine Haftpflichtversicherung benötigt.

Auch über die Kosten zur Lebensführung war sie überhaupt nicht vorbereitet, genauso wenig wie sie etwas von Haushaltsführung wusste. Plötzlich stand sie da und hatte keine Ahnung mehr, was zu tun war. Sie konnte nichtmal eine Glühbirne auswechseln und musste Papa anrufen als in ihrer neuen Wohnung das Licht ausging.

Klar sind die Eltern in der Pflicht, ihre Kinder auf das praktische Leben im Alltag vorzubereiten. Ich denke nicht, dass man die Schule dafür verantwortlich machen kann, wenn Kinder so etwas wie einen Glühbirnenwechsel nicht auf die Reihe bekommen. Ich finde aber schon, dass man in der Schule ein Fach einführen könnte, in dem soetwas wie "Lebensführung" unterrichtet wird und in welchem man dann mit Alltagssituationen vertraut gemacht werden könnte.

Selbst wenn es dabei nur um Geldangelegenheiten, Versicherungen und Alltagstipps etc. geht, wäre vielen Jugendlichen damit sicherlich schon geholfen.

Was meint ihr? Wäre so ein Fach in der Schule sinnvoll oder ist es ganz allein die Aufgabe der Eltern, sich um soetwas zu kümmern?

Normalerweise sollte insbesondere ein Abiturient dazu befähigt sein, sich selbstständig die nötigen Informationen zu beschaffen. Er muss sicherlich keine Ahnung von Versicherungen haben, wenn man dieses Beispiel nimmt. Denn er hat gelernt, wie er Informationen bekommt und wie diese zu verstehen und zu bewerten sind.

Alles, was mit Bankkonto, Versicherung, Steuern, Mietverträgen, etc. zu tun hat, sollte einem Schüler eines Gymnasium keine Schwierigkeiten bereiten. Denn die Schule hat ihm dieses Wissen zwar nicht vermittelt. Aber die Schule hat ihm alle Fähigkeiten gelehrt und antrainiert, die er braucht, um in der Welt zurechtzukommen. Das ist schließlich das Ziel der "höheren" Schulbildung.

Und für solche Dinge wie die Pflege der Wäsche, Kochen, Einkaufen und so weiter ist das Elternhaus zuständig. Was hat die Schule damit zu tun? Das sind völlig normale Fähigkeiten, die Eltern ihren Kindern vermitteln sollten. Das ist schließlich deren Job.

Ich fände so ein Fach schon sehr sinnvoll. Mir ging es ähnlich, als ich mit einundzwanzig ausgezogen bin. Ich hatte keine Ahnung, worauf man alles bei einer Mietwohnung achten muss. Ich bin einmal in eine Mietwohnung gezogen, in welcher noch mit Strom geheizt wurde. Hätte ich gewusst, dass das schweineteuer werden würde und alle nicht umsonst immer von Strom sparen reden, hätte ich nicht für ein einziges Jahr fast 2.000 Euro Stromkosten bezahlen müssen trotz regelmäßig bezahltem Abschlag.

Ich wusste ja noch nicht mal, dass man einen Energieausweis als Vermieter vorlegen muss. Meine Eltern haben Zeit meines Lebens nie in einer Mietwohnung gelebt. Woher sollte ich das also wissen?

Ich wusste auch nicht, wie wichtig die richtigen Versicherungen sind. Ich wusste nicht, wie viel man im Monat für Essen ausgibt. Ich wusste nicht, dass ich nun regelmäßig an die GEZ bezahlen sollte, die ja plötzlich auch Geld wollte.

Ich musste mich plötzlich auch selbst um meine Autoversicherung kümmern, um An- und Abmeldung, musste die Kraftstoffkosten im Blick behalten. Ich hätte vor meinem Auszug niemals gedacht, wie viel das alles kostet, und sah meine Eltern plötzlich in einem ganz anderen Licht.

Eine Freundin von mir ist noch relativ jung und würde auch gerne bald ausziehen, weil sie der Stress zuhause nervt. Ich habe ihr sehr ans Herz gelegt, dass sie dafür erst mal gut sparen soll. Man muss ja nicht nur Mietkaution zahlen, die gut und gerne tausend Euro betragen kann, wenn nicht noch mehr. Die meisten Wohnungen waren zur Zeit meines ersten Auszugs auch noch mit Makler. Die wollen natürlich auch alle ihr Geld. Dann kommt man als junger Mensch, der noch nie von den Eltern ausgezogen ist, doch gar nicht darauf, dass man ja eventuell zu der Küche, die man ja auch noch kaufen muss, das dazugehörige Geschirr und Besteck kaufen muss. Dass man dann auch Waschmaschine und eventuell Trockner braucht. Man braucht eine eigene Couch, eventuell ja auch noch eine Wohnwand... Das alles verschlingt Unmengen Geld. Fernsehen, Telefon und Internet will auch angemeldet werden.

Bei einer Mietwohnung gibt es dann auch Rechte und Pflichten, die man auch erst mal kennen muss. Man kann nicht einfach tun und lassen was man will. Und nicht zu vergessen: Ein Umzugswagen muss auch besorgt werden, der auch Geld kostet.

Oh und wer noch nicht im Elternhaus gelernt hat selbständig zu kochen, wird dann auch ganz schnell ins Restaurant umsteigen oder kochen lernen müssen. Und es gibt auch keine Mama mehr, die einem das Zimmer putzt.

Es gibt so viele Punkte, bei denen man bei Unwissen auf die Nase fallen kann. Deswegen wäre es schon sinnvoll, wenigstens ein paar Stunden auf solche Themen zu verwenden.