Sind viele Taufpaten eigentlich ungeeignet?
Als ich selbst getauft wurde, war ich wenige Monate alt. So geht es sicherlich vielen Getauften. Die Patenauswahl wird dann meistens im Familien- oder Freundeskreis getroffen. Oftmals scheint es mir fast ein Tausch zu sein- einer wird Taufpate des Kindes, der andere im Gegenzug Trauzeuge oder ähnliches. Und wer formell für das Amt in Frage kommt, sieht es meistens als Ehrenamt an, dass man natürlich nicht ablehnt.
Doch wissen die Paten überhaupt um ihre eigentliche Aufgabe, nämlich der Glaubenserziehung des Kindes? Können sie diese gewährleisten? Mir scheint es, dass immer mehr ihre Aufgaben darin sehen das Kind bei der Taufe zu halten und danach an Festtagen Geschenke zu kaufen. Auch seitens der Eltern sind dies eher die Erwartungen als gemeinsame Krabbelgottesdienste, Gebete, Glaubenszeugnisse oder der Besuch religiöser Veranstaltungen.
Vorbilder im Glauben stellen heute doch die wenigsten Paten dar oder seht ihr das anders? Warum übernimmt man dann dennoch ein solches Amt? Und warum entscheiden sich Eltern für Paten, von denen sie doch wissen, dass diese kaum etwas mit der Kirche zu tun haben und nicht mal das Glaubensbekenntnis beten können?
Um den Glauben geht es bei der Kindstaufe doch schon lange nicht mehr. Es geht primär darum, eine Tradition zu wahren und die Erwartungen der Mitmenschen zu erfüllen. Ich habe schon oft mit Menschen über ihre Ansicht über die Kindstaufe gesprochen und in 99,99 Prozent der Fälle stand dabei gar nicht wirklich der Glaube im Hintergrund - die Betroffenen waren selbst total ungläubig und ihnen war der Glaube oder Gott völlig gleichgültig. Aber weil die Oma, die Mutter oder sonstige Verwandte das unbedingt wollten, es erwartet worden ist und eine Tradition war (und weil man das Geld wegen der Konfirmation wollte) hat man das eben so gemacht.
Ich bin sogar auch schon gefragt worden, ob ich Patentante werden würde, was ich aber abgelehnt habe. Denn die Mutter des Kindes war überhaupt nicht gläubig, lebte auf dem Land und wollte die Kindstaufe nur, damit das Kind später kein Außenseiter wird. Ihrer Ansicht nach wäre das Kind sonst ausgegrenzt, wenn die anderen Kinder alle konfirmiert werden, nur das Kind eben nicht.
Ich habe auch schon damals als Single mit Männern bei der Partnersuche darüber gesprochen, wie sie über die Kindstaufe denken. Da war dann auch oft der Fall, dass das aus Traditionsgründen aufrecht erhalten werden sollte. Ich bin aber der Ansicht, dass man das Kind später selbst entscheiden lassen sollte und lehne eine Kindstaufe daher ab. Bei so einer verschiedenen Basis ist eine Beziehung dann sinnlos, denn da gibt es für mich keine Kompromisse. Eine halbe Taufe existiert schließlich nicht.
Es wäre natürlich im Sinne des Glaubens, dass das so passiert und geschieht, aber tatsächlich finde ich das einfach schlecht umsetzbar. Immerhin wohnt man nicht mehr in vielen Generationen zusammen, sondern jeder hat sein eigenes Leben. Was sollen die Taufpaten denn dann machen um das Kind im Glauben mitzuerziehen? Man sieht sich ja nicht unbedingt jeden Tag.
Ich glaube oft möchte man einfach nur etwas darstellen, sich "normal" verhalten und dann nimmt man einfach irgendeine nahestehende Person. Meine Schwiegermutter beispielsweise hatte sich extra taufen lassen, einen Kurs gemacht und das alles nur um Patentante werden zu können, weil sie gefragt wurde. Im christlichen Glauben lebt sie aber weder noch wurde das Kind dementsprechend gefördert oder erzogen. Es war einfach nur wegen dem Schein etwas zu sein, was man nicht ist, weil es scheinbar richtig ist.
Man zeigt dem Taufpaten heutzutage wohl eher, dass es eine geschätzte Person von einem ist. Nicht mehr, aber auch nicht weniger und das ist ja schon mal etwas. Außerdem muss man ja nicht bei der Erziehung mitwirken um einen guten Einfluss zu haben. Man kann auch einfach mal für das Patenkind da sein und so weiter, so eng würde ich das nun auch nicht sehen.
Ramones hat geschrieben:Man kann auch einfach mal für das Patenkind da sein und so weiter, so eng würde ich das nun auch nicht sehen.
Das wäre in meinem Fall schlecht umsetzbar gewesen. Denn ich lebe von dem besagten Kind 400 km weit weg und bin seit über 10 Jahren nicht mehr in dieser Gegend gewesen. Wie man da für ein potentielles Patenkind da sein soll, erschließt sich mir nicht. Man hat schließlich sein eigenes Leben. Ich habe jedenfalls die Patenschaft abgelehnt, was die Mutter sehr gekränkt hat. Ich lehne aber Kindstaufen generell ab, was aber mit der Ablehnung des Kindes gar nichts zu tun hat. Man kann theoretisch auch für ein Kind da sein und die Eltern unterstützen ohne dass das Kind getauft ist (sofern man das möchte und nicht zu weit weg wohnt).
Ramones hat geschrieben:Man sieht sich ja nicht unbedingt jeden Tag.
Es ist sicherlich auch nicht notwendig sich jeden Tag zu sehen. Meinen Paten für die Konversion sah ich auch nicht jeden Tag, das wäre auch sicherlich zu viel. Und auch bei Kindern ist es doch nicht notwendig jeden Tag etwas kirchliches zu machen. Vielmehr geht es darum, die christliche Erziehung mitzugestalten und Ansprechpartner zu sein in religiösen Fragen.
Wenn man die Kindstaufe jedoch nur als Event sieht, wie hier beschrieben oder meint irgendwo mithalten zu müssen, dann läuft meiner Meinung nach etwas arg schief. Ich hätte früher wohl ähnlich gehandelt wie Täubchen und abgelehnt. Da ich konfessionslos lebte aus Überzeugung stellte sich die Frage mir aber nie.
Ich wusste gar nicht, dass es bei der Patenschaft um die Glaubenserziehung gehen sollte. Ich muss sagen, dass ich mich aber noch nie wirklich damit auseinandergesetzt habe. Ich bin zwar getauft, wobei ich auch im Alter von einigen Monaten getauft wurde, so dass ich mich daran natürlich nicht mehr erinnern kann. Ansonsten war ich nur als Kind bei Taufen dabei und ich wurde auch nie gefragt, ob ich denn Taufpatin werden möchte.
Bei meinem Taufpaten handelt es sich um meinen Onkel, bei meiner Patin um eine mir völlig unbekannte Frau, die direkt nach der Taufe den Kontakt zu meinen Eltern abgebrochen hatte. Von daher hatte ich noch nie etwas mit mir zu tun. Mit meinem Onkel habe ich auch nichts zu tun, seitdem ich ich aus meinem Elternhaus ausgezogen bin und ihn seither auch nicht mehr sehe. Ich würde schon sagen, dass die beiden Personen denkbar ungeeignet dafür sind.
Im Endeffekt ist mir das aber auch völlig egal und ich mache mir nicht wirklich etwas daraus. Ich bin nicht gläubig und stehe der Taufe allgemein auch eher kritisch gegenüber. Ich weiß nicht, ob ich mein Kind, wenn ich denn mal eins haben sollte, taufen lassen würde. Wahrscheinlich würde ich auch eher abwarten, bis es alt genug ist und das selbst entscheiden kann und das davon abhängig machen.
Prinzessin_90 hat geschrieben:Ich wusste gar nicht, dass es bei der Patenschaft um die Glaubenserziehung gehen sollte.
Das ist vielleicht ein eigenes Thema, ob Patinnen dies heutzutage noch so wahrnehmen. Allerdings bin ich mir sicher, dass es zumindest in der katholischen Kirche vorab besprochen wird und als Teil der Zeremonie versprochen wird.
Für mich kam es in all meinen atheistischen Jahren niemals in Frage, so etwas öffentlich zu versprechen. Für mich war klar, dass ich mit Religion nichts zu tun haben will und deshalb war für mich vollkommen klar, dass ich diesen Zeremonien nicht beiwohnen will- und schon gar nicht Teil dessen sein würde. Umso mehr wundert es immer auch Jahre nach der Threaderstellung noch, warum es dennoch immer Menschen anders handhaben.
Und warum wählen Eltern jemanden aus, von dem sie wissen, dass er das Versprechen nicht einhält, bzw. jemand der dies direkt so kommuniziert? Ich stelle mir dies für andere Bereiche vor, z.B. dass jemand verspricht dem Kind regelmäßigen Sport zu ermöglichen. Bei mir war es sehr früh das Schwimmen und bevor ich mit 5 Jahren in der DLRG angemeldet wurde, war klar, dass meine Großmutter mich häufig dorthin begleitet, sogar ohne selbst aktiv zu sein.
Wenn ich mir vorstellen, dass sie dies zugesagt hätte ohne sich dann daran zu halten, hätte dies vermutlich (zu Recht) zu Diskussionen geführt. Beim Glaube scheint es hingegen von vielen Karteileichen stillschweigend akzeptiert zu sein, dass das abgegebene Versprechen nichts wert ist und nicht gilt.
Ich bin auch Taufpatin, aber wie in vielen Fällen auch vor allem deswegen, "weil es sich so gehört". Ich zahle immerhin noch Kirchensteuer, bin katholisch sozialisiert und habe einen kirchlichen Arbeitgeber, sodass die liturgische Abfolge, diverse Traditionen und Vorschriften zumindest geistig präsent sind. Deswegen konnten die stolzen Eltern immerhin davon ausgehen, dass ich bei der Tauffeier vor versammelter Verwandtschaft korrekt aufs Stichwort das Richtige sage. Das Kind halten musste ich glücklicherweise auch nicht. Babys machen mich nervös.
Dass ich in der Theorie dazu "verpflichtet" bin, mein Patenkind nicht nur mit Geschenken zu überhäufen (was ich aus Gründen der Kapitalismuskritik und Bewahrung der Schöpfung sowieso nicht tue), sondern auch in der Glaubenserziehung mitzuwirken, weiß ich auch, nur mit der praktischen Umsetzung tue ich mir schwer. Wie die meisten Eltern reagieren auch die Erziehungsberechtigten des Täuflings zu Recht allergisch auf Einmischungen von außen und ziehen es vor, auch die religiöse Einwirkung größtenteils selber zu übernehmen. Was ich auch gutheiße, da ich von Erziehung im weitesten Sinne ebenfalls keine Ahnung habe.
Taufpatin sein "weil es sich so gehört"? Ist es nicht eher so, dass es sich so "gehört" abgegebene Versprechen einzuhalten? Es irritiert mich, warum man das macht, wenn sowieso allen Beteiligten klar ist, dass man das nicht möchte. Für mich liest sich das eher wie eine Showeinlange- und dafür gibt es doch heutzutage geeignetere Möglichkeiten als eine Kirchengemeinde dafür zu gebrauchen.
Ich frage mich auch, warum Eltern diesen Weg wählen. Warum wählen sie jemanden, der weder den Täufling halten möchte, noch besonders viel schenken will und auch nicht im eigentlichen Sinne für das Kind da sein möchte.
@Trisa Warum sollten Taufpaten irgendein Versprechen einhalten, das heutzutage in der Regel von den Eltern gar nicht so vorgesehen ist??? Schließlich gehört für die meisten Menschen, die ihre Kinder taufen lassen, der Glaube gar nicht mehr zum Alltag und zum Leben. Die erwarten ganz bestimmt keinen Einsatz der Paten in dieser Richtung und würden sich ein entsprechendes Engagement als übergriffige Indoktrinierung verbitten.
Man darf sich nichts vormachen. Ein großer Teil der Bevölkerung heiratet kirchlich für die Atmosphäre und die Fotos und getauft wird dann, weil man das so macht und es schöne Bilder gibt. Paten sind da Statisten und spätere Geschenkegeber, fertig.
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