Sind "stille Feiertage" heute noch zeitgemäß?
Der Karfreitag, der bald sein wird, ist ein sogenannter "stiller Feiertag". Tanzveranstaltungen sind dann verboten und auch Diskotheken und Clubs haben geschlossen. Selbst die Kirchenglocken schlagen nicht an diesem Tag.
Sind denn solch "stille Feiertage" überhaupt noch zeitgemäß? Einige Gemeinden sehen es so, dass es nicht mehr zeitgemäß ist und erlauben Tanzveranstaltungen und wollen keinen derart stillen Feiertag nicht mehr. Denkt ihr, dass man Rücksicht auf die Kirche nehmen sollte und weiterhin solch "stille Feiertage" ernst nehmen?
Gegenfrage - warum nimmt man keine Rücksicht auf die Kirchen wenn man am Karfreitag seinen Club offen hat? Ich meine, das ist ein abgeschlossener, privater Bereich und niemand wird gezwungen diesen Club zu besuchen, egal an welchem Tag. Und so viele streng gläubige werden nicht in dem Bereich arbeiten, da wird man es sicher so arrangieren können, dass die wenigen an dem Tag nicht auf dem Dienstplan stehen.
Ja, ich finde es tatsächlich nicht zeitgemäß, dass die christlichen Kirchen immer noch so einen großen Einfluss auf das Leben von Nichtmitgliedern nehmen. Bei ihren eigenen Mitgliedern ist das ja in Ordnung, die haben sich ja für den Verein entschieden, aber doch nicht bei dem ganzen Rest. Zumal dieser ganze Rest je nach Bundesland sogar die Mehrheit darstellt.
Ich finde es ebenfalls nicht besonders zeitgemäß, dass die Kirche so einen starken Einfluss hat. Mag sein, dass wir kirchlich und christlich geprägt sind (Stichwort christliches Abendland), aber Staat und Kirche sollten doch unabhängig voneinander sein. Ich finde es auch nicht mehr zeitgemäß, dass wir Kirchensteuer zahlen müssen und der Staat diese eintreibt.
Bisher sind Sonn- und Feiertage im Grundgesetz geschützt. "Art. 139". Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt." Dies abschaffen hätte durchaus weitreichende Konsequenzen. Unsere Gesellschaft arbeitet daran stark in den letzten zwei Jahrzehnten. So war es damals üblich, dass es Arbeitstage und -zeiten gab und entsprechende freie Tage. Sonn- und Feiertage, an denen nicht gearbeitet wird, außer im Dienst der Menschen, bei Feuerwehr, Polizei, in Krankenhäusern, Kirchen und anderen Diensten.
Heutzutage verändert es sich immer mehr. An mehr und mehr Sonntagen dürfen Geschäfte öffnen, die Zeiten werden immer länger und da Sonn- und Feiertage immer wenigen Menschen heilig sind, freuen sich die Arbeitgeber, die in manchen Branchen an allen Tagen im Jahr auf ihre Arbeitskräfte zurückgreifen können und immer seltener immer weniger Zuschläge an Feiertagen bezahlen.
Wir entwickeln uns zurück zu Sklaven- Sklaven der Arbeit. Und drumherum sucht der Mensch mehr denn je nach Ruhe. Entspannungskurse, Yogazentren, Erholungsurlaube sind beliebter als jemals zuvor und boomen. Womöglich gibt es bald (oder vielleicht auch jetzt schon irgendwo als cooles Start-up) Plätze an denen man lediglich für einen Moment der Ruhe bezahlt.
Ich bin absolut gegen die Abschaffung von Feiertagen und diese sollten auch nicht zu Eventtagen werden. Davon gibt es genügend. Stille Feiertage, in denen wir uns unserer christlichen Wurzeln besinnen können schaden niemanden. Ganz abgesehen davon ist der Karfreitag der einzige durchgehende stille Tag. An den anderen zwei oder drei gelten öffentliche Tanzverbote nur zu bestimmten Zeiten. Für private Veranstaltungen in den eigenen vier Wänden gilt dieses nicht. Ein Clubbetreiber agiert jedoch nicht privat.
Wer spricht denn von der Abschaffung von Feiertagen? Hast du den Beitrag überhaupt gelesen? Die Frage ist, ob es noch zeitgemäß ist an bestimmten Feiertagen Tanzveranstaltungen zu verbieten. Seit wann schließen sich Tanzveranstaltungen und Feiertage gegenseitig aus?
Und warum ist es Christen überhaupt so wichtig, dass der ganze Rest der Bevölkerung Feiertage und Wochenende so verbringt, wie sie das für richtig halten? Was bringt es dir persönlich wenn andere Leute am Karfreitag nicht feiern gehen können? Ist es nicht genau diese sture, intolerante Haltung, die mit dazu beiträgt, dass die Kirchen immer irrelevanter werden?
Ein Clubbetreiber agiert jedoch nicht privat.
Schon mal an der Tür abgewiesen worden? Oder schon mal davon gehört, dass jemand anders abgewiesen wurde und nicht in einen Club kam? Das liegt daran, dass der Betreiber das Hausrecht hat und ein Club keine öffentliche Einrichtung ist.
Die Verbote an stillen christlichen Feiertagen schränken die Grundrechte anderer Weltanschauungsgemeinschaften und auch Einzelner über Gebühr ein. Mit welchem Recht verlangt zum Beispiel Trisa von mir, dass ich einen bestimmten Tag der Besinnung auf christliche Wurzeln widmen soll?
Und es gilt immer noch Artikel 2 des Grundgesetzes. Ich darf meine Persönlichkeit frei entfalten, sofern ich damit keine Rechte Dritter beschneide. Was verletzt bitte die christlichen Gefühle, wenn ich in einem gut gedämmten Club tanze? Warum ist eine Kinovorführung von Heidi verboten, aber im Fernsehen darf der Film gezeigt werden? Ich finde dieses Urteil schon ganz nett, aber es geht noch nicht weit genug.
Mein Problem liegt hier auch nicht darin, dass für bestimmte Religionsgruppen bestimmte Vorschriften gelten, dass man am Todestag des Herrn nicht unbedingt Party machen sollte (eine Meinung, die ich für mich selbst durchaus teile), sondern darin, dass diese objektiv nicht begründbaren Vorschriften dann von Staats wegen der gesamten Öffentlichkeit aufgedrückt werden. Das verstößt für mich gegen die Trennung von Kirche/Religion und Staat und auch gegen die Religionsfreiheit, die eben auch Freiheit "von" Religion bedeuten kann und muss.
Sprich, wenn ich an bestimmten Tagen fasten und beten und mich besinnen möchte, ist das eine gute Sache, aber wenn ich mein gesamtes Umfeld dazu zwingen möchte, hört hier der Spaß auf. Und wenn man die Menschen nicht (mehr) von klein auf dazu zwingt, sich einem bestimmten Weltbild oder einer Glaubensrichtung unterzuordnen, entstehen eben unterschiedliche Auffassungen und Vielfalt. Man kann nicht einerseits den Leuten ihre Freiheit in Religions- und weltanschaulichen Fragen lassen, andererseits doch ein rigides christliches Weltbild erzwingen.
Deswegen finde ich stille Feiertage schlicht unlogisch. Wenn die Mehrheit immer noch traditionell-christlich geprägt würde, käme niemand auf die Idee, ausgerechnet an Karfreitag die Kuh fliegen zu lassen, aber die Zeiten sind lange vorbei, wenn sie überhaupt jemals stattgefunden haben.
Ich habe noch so ein schönes Beispiel für die komische Logik. Warum dürfen sich Christen und Nichtgläubige an den stillen Feiertagen in der Kneipe die Kante geben, wenn nur keine Musik gespielt wird? Außerdem leben wir nicht mehr im Mittelalter, es geht doch nicht um Freiern auf dem Dorfplatz direkt vor der Kirche.
Die Sonntagsgesetze der Länder schützen die Umgebung der Kirchen immer während der Gottesdienste. Das ist ungestörte Andacht möglich. Und die Sonntagsruhe schützt den Rückzug und die stille Einkehr in den eigenen vier Wänden. Warum genügt das nicht? Warum müssen sich alle auch dort einschränken, so es niemanden stört.
Wenn andere den Karfreitag begehen, argumentiert auch niemand mit stillem Feiertag, sondern es werden Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung und die Straßenverkehrszulassungsverordnung geahndet.
cooper75 hat geschrieben:Warum ist eine Kinovorführung von Heidi verboten, aber im Fernsehen darf der Film gezeigt werden?
Hast du mal diese FSK Verbotsliste gesehen? Da steht völlig willkürliches Zeug drauf, bei dem ich mich frage, ob da nicht einfach Leute für die Filme gestimmt haben, die sie nicht mögen oder nicht kennen. Bei Thomas Gottschalks filmischen Meisterwerken kann ich es ja noch irgendwie nachvollziehen, dass man jede Gelegenheit nutzt um die Menschheit davon zu verschonen, aber Heidi?
Die Tatsache, dass das nur Kinos betrifft, ist aber schon irgendwie lustig und zeigt in welchem Jahrhundert die Befürworter von solchen Gesetzen leben. Als ob es sich heute ein Kino leisten könnte diese alten Schinken zu zeigen.
Klar kenne ich die Liste. In meinem früheren Regierungsbezirk versucht die Initiative Religionsfrei im Revier seit Jahren zum Klagen zu kommen. Erst wurde nur "Das Leben des Brian" gezeigt. Erst gab es Bußgelder, dann wurde die Vorführung genehmigt. In diesem Jahr sind sogar Film und anschließender Tanz genehmigt. So kommen die nicht zur Klage und alle anderen in Nordrhein-Westfalen müssen das Feiertagsgebot beachten.
Dass die Filmauswahl so krude ist, das liegt auch daran, dass seit Jahrzehnten kein neuer Film auf die Liste gekommen ist. Was ja nun auch ein deutliches Zeichen dafür ist, wie bekloppt die ganze Regelung ist.
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