Sind eure Kindheitserinnerungen auch so lückenhaft?

Wenn ich mich an meine Kindheit zurückerinnern möchte, dann tue ich mich meistens etwas schwer damit, weil ich das Meiste schon vergessen habe. Gerade an meine Kindergartenzeit habe ich gar keine Erinnerungen mehr und wenn ich mir mal die Grundschulzeit zurückholen möchte, dann fallen mir gerade mal zwei Namen von Lehrern ein und das war es dann aber auch schon. Geht es euch genauso, dass eure Kindheitserinnerungen so lückenhaft sind oder könnt ihr fast jedes Kindheitsjahr reproduzieren? Ist es normal, dass man vieles vergisst oder woran liegt das?

Was die Kindergartenzeit betrifft, dann erinnere ich mich noch an einzelne Aspekte und Begebenheiten (die schwarz gekleideten strengen Klosterschwestern als Betreuerinnen, oder dass mein Spind mit einem Eichhörnchen verziert war).

Aus der Grundschulzeit fallen mir schon deutlich Details ein. Zum Beispiel das Malen vieler Schleifen zur Vorbereitung auf das Schreibenlernen. Oder das Rechnenlernen mit bunten Legesteinen, um Mengenzuordnungen etc. darzustellen. Oder den strengen Lehrer aus der 3. Klasse, der zwar Akkordeon spielen konnte, aber die Kinder auch noch mit Tatzenschlägen auf die Handflächen bestraft hatte. Die Namen der Grundschullehrer weiß ich alle noch, ebenso den Namen der wichtigsten Schwester aus der Kindergartenzeit.

Ich habe nicht so lückenhafte Erinnerungen. Viele Dinge liefen bei mir nicht so super und deswegen sind sie mir sicherlich auch so im Gedächtnis geblieben, immerhin haben mich gewisse Sachen langfristig geprägt. Natürlich weiß ich nun auch nicht jeden Tag, aber ich weiß schon noch wer in meiner Kindergartengruppe war, mit wem ich da befreundet war und bestimmte Dinge, die ich da erlebt habe. Vielleicht kannst du dir das mehr ins Gedächtnis holen, wenn du die Orte nochmal besuchst.

Es ist doch völlig normal, dass man vieles vergisst. Das Ganze ist doch wirklich schon ewig her und es ist doch logisch, dass man sich als Erwachsener nicht an alle Details aus dem Kindergarten erinnern kann. Die Erinnerungen verblassen einfach im Laufe der Zeit und vieles wird auch einfach vergessen.

Besondere Ereignisse, also sehr tolle oder auch schlimme Erfahrungen, merkt man sich eher mal. Bei gewöhnlichen Erinnerungen sieht es anders aus. Allerdings hast du dir ja auch nicht alles gemerkt, was du letzten Monat getan hast. Ich wie teilweise manchmal nicht einmal mehr, was ich am Vortag alles gegessen habe.

Natürlich kann man sich nicht an alles aus seinem Leben bzw. seiner Kindheit erinnern, schon gar nicht mit genauer Benennung von Monat und Jahreszahl, aber so wenig Erinnerungen wie hier beschrieben, finde ich ungewöhnlich. Meine eigenen frühesten Erinnerungen müssten mit ungefähr drei Jahren anfangen und es sind derer zu viele, um sie hier alle nur ansatzweise aufzuschreiben. Aber es gibt unzählige kleinere Anekdoten oder Eindrücke, die mir aus der Zeit im Alter von drei bis vier Jahren geblieben sind.

Da wir in diesen Jahren in einer anderen Stadt wohnten, kann ich das zeitlich ganz gut einordnen. Es sind aus der Kindergartenzeit auch nicht nur dunkle, vage Bruchstücke, sondern klar umrissene Geschehnisse oder Gefühle und Gedanken, an die ich mich erinnern kann. Und das sind nicht nur jene, die tief im emotionalen Gedächtnis verankert sind wie ein dramatisches Ereignis, sondern auch banale Alltagsgeschehnisse wie ein Ausflug oder der vom Hort anberaumte und verhasste Mittagsschlaf.

Und bis zur Grundschulzeit ist man ja schon zehn Jahre alt. Wenn jemand bis dahin nur maximal zwei bis drei kleinere Erinnerungen hat und alles Sonstige im Dunkel der Zeit versickert ist, finde ich das ungewöhnlich.

Ich hatte vor meiner Schulzeit eine wunderschöne Zeit bei meiner Großtante auf dem Land. Diese liebte mich abgöttisch und ihr Sohn studierte bereits. Einen Onkel gab es auch noch dazu, der war auch sehr lieb und freundlich aber ich kann mich an diesen eher nicht erinnern. Ich weiß noch genau, dass mir meine Tante bei der Schneiderin ein Sommerkleid aus Baumwolle schneidern ließ. Diese Frau hatte das was man heute eine Lippen Kiefer Gaumenspalte nennt. Das beeindruckte mich schon sehr und ich fürchtete mich anfangs auch ein wenig vor ihr.

Dort bei meiner Tante auf dem Land gab es so tolle Erlebnisse für mich, dass ich noch vieles darüber weiß, obwohl es bereits über fünfzig Jahre her ist. Sonst kann ich mich eher an Sachen aus meiner früheren Kindheit erinnern, die unangenehm waren, wie die drückenden Lackschuhe zu meiner Einschulung. Oder als mir ein Mädchen versehentlich ein Eisengitter auf den Fuß fallen ließ. Das war dann letzten Endes übrigens auch der Grund, warum der Schuh bei meiner Einschulung so auf meinen Zeh drückte. Ich höre das Mädchen heute noch rufen "Oh, da ist ja meine Schippe!", dann ließ sie leider das Gitter fallen.

An einige Ereignisse aus meiner Ferienlagerzeit erinnere ich mich gut. Die Kindergartenzeit war wohl eher nicht so spannend. Ich weiß aber, dass ich mit fünf Jahren bereits allein dorthin ging, und dass der Weg ein recht langer war. Weiterhin weiß ich, dass ich mich weigerte Milch zu trinken und daher immer schwarzen Malzkaffee zum Frühstück bekam. Aber die Namen der Kindergartentanten kenne ich heute noch. Alles in allem kann ich mich für meine 55 Jahre schon noch gut an Geschehnisse aus meiner früheren Kindheit erinnern.