Sind eure Freundschaften im Laufe der Zeit tiefer geworden?
Viele meiner Freundschaften sind sich im Laufe der Zeit im Sand verlaufen, dafür habe ich aber wieder neue Freunde kennengelernt. Einige sind dann wiederum umgezogen, so dass wir nun weniger Kontakt haben als vorher, mit anderen habe ich wiederum aber mehr Kontakt als damals. Das ist also bei allen unterschiedlich, so dass ich die Aussage eines Bekannten kürzlich etwas merkwürdig fand.
Dieser meinte, dass eine Freundschaft nur dann eine wahre Freundschaft sei, wenn sie mit den Jahren immer tiefer und inniger werden würde. Er meinte, dass eine Freundschaft wie auch eine Liebe wachsen muss. Und während man in Beziehungen immer vertrauter miteinander wird, sollte das in Freundschaften auch so sein. Wie seht ihr das? Sind alle eure Freundschaften im Laufe der Zeit tiefer geworden? Würdet ihr dem so zustimmen?
Ich habe auch Freunde, die ich noch nicht so lang kenne und wir haben eine tiefere Freundschaft als mit Leuten,die ich schon jahrelang kenne. Das kommt doch auch daran an, wie man mit dem anderen auf einer Wellenlänge ist. Finde nicht, dass das unbedingt was mit der Dauer zu tun haben muss. Allerdings ist es natürlich auch was Schönes wenn man Freunde hat, die man schon jahrelang kennt und die viele Phasen mit einem durchgemacht haben und einen schon sehr lange begleiten.
Ich denke, dass es gar keine richtigen Freundschaften sind, wenn das einfach so im Sand verläuft. Denn ich erwarte von einer Freundschaft, dass sie auch den Kontakt halten und sich bemühen und wenn das der Fall ist, dann sollte da eigentlich nichts im Sand verlaufen. Freundschaft wäre für mich etwas ganz Besonderes und nicht nur sich halbwegs leiden können und ab und zu sehen, sondern eine tiefe Verbundenheit und wer sich jemandem tief verbunden fühlt, der bemüht sich doch um den Kontakt. Also zumindest ist das meine Vorstellung. Eine Freundschaft kann auch von Anfang an tief sein, aber sie sollte nie einfach nur oberflächlich bleiben, sondern schon eine gewisse Tiefgründigkeit bieten.
Wellenlänge hin und Wellenlänge her, bis bei mir aus einer Bekanntschaft eine echte Freundschaft wird, das dauert. Und natürlich wächst eine Freundschaft über die Jahre und wird tiefer. Das ergibt sich doch automatisch, weil man immer mehr gemeinsame Geschichte hat.
Bekanntschaft ist es für mich, wenn man gut miteinander auskommt, eine gute Zeit miteinander hat, aber nicht tiefgründig spricht, immer nur oberflächlich ist und so weiter. Eine Freundschaft ist für mich etwas, was sich über die Jahre entwickelt. Das sind für mich Menschen, mit denen man eine ganz schöne Zeit hat, intensiv und über alles reden kann und denen man blind vertrauen kann. Das ist alles etwas, was sich aber entwickeln muss und das meiner Meinung nach auch über Jahre.
Nö, sie haben sich eher auseinander dividiert. Jeder ist nach der Schullaufbahn seine eigene Wege gegangen, Familien wurden gegründet oder man ist weggezogen. Freundschaften sind oft sowieso nicht mehr dass, was sie früher waren, wohl auch weil man heutzutage weniger abhängig voneinander ist wie früher, beispielsweise zu DDR Zeiten, je nach dem auf welcher Seite der Mauer man damals gewohnt hat.
Da müsste ich lügen. Ich habe auch eher die Erfahrung gemacht, dass die Freundinnen und Freunde aus meiner Jugend sich eher verlaufen haben, und als Erwachsene neue Freundschaften zu schließen, finde ich als introvertierter Mensch gar nicht so einfach. Und wenn ich ehrlich bin, reichen mir auch relativ lockere Kontakte, etwa zu sympathischen ArbeitskollegInnen schon ziemlich weit, was mein Bedürfnis nach sozialem Miteinander angeht. Ich kenne es beispielsweise gar nicht, sich jede Woche mit Freund*innen zu treffen. Mir reicht maximal einmal im Quartal ganz gut aus.
Deswegen bin ich aber auch nicht verbittert oder sehne mich nach der "guten, alten Zeit.". Ich verstehe vollkommen, dass sich Freundschaften auch verlaufen, weil eben jede*r viel um die Ohren hat und die Leute nicht mehr als Jahrgänge geschlossen durchs Leben marschieren und ihren Geburtsort zeitlebens nicht verlassen. Manche ziehen das Familiending durch, entweder brav mit Anfang 20 oder erst mit Ende 30, andere bleiben Single, wechseln das Ufer, den Job, das Land - natürlich ist es da schwieriger, in Kontakt zu bleiben.
Aber mir ist ein Leben mit vielen Möglichkeiten und Wendungen für mich und meine Freunde lieber als eine erzwungene Schützengrabengemeinschaft, weil wir uns gegenseitig die Kinder betreuen müssen, die die Hälfte von uns nur aus Mangel an Alternativen gekriegt hat, und uns das Hausfrauendasein gemeinsam schön trinken.
Bei einigen Milliarden Menschen und einer mathematisch für mich gerade nicht mehr nachvollziehbaren Anzahl an denkbaren Freundschaftskonstellationen ist es in meinen Augen fast vermessen zu behaupten, eine wahre Freundschaft müsse so und so gestaltet sein, um überhaupt als "wahr" angesehen werden zu können. Fragt sich sowieso, was eine wahre Freundschaft ist. Was ist dann alles andere? Sind das dann alles falsche Freunde? Nur Bekanntschaften? In meinen Augen ist dieser überzogene Anspruch, der sich durch alle möglichen Fragen des Lebens wie ein roter Selbstoptimierungsfaden zieht, Ursache für viele Probleme und Unzufriedenheit. Alles muss immer dem höchsten denkbaren Ideal entsprechen, um einen echten Wert zu haben.
Ich sehe es ebenfalls so, dass Freundschaften im Fluss sind und zu unterschiedlichen Zeiten auch unterschiedliche Intensitäten und Gefühle von Nähe aufweisen können. So habe ich eine Freundin, die jahrelang nur eine lockere Bekannte war, bevor wir plötzlich durch ein gemeinsames Thema einen engen Kontakt bekamen. Andere Freundschaften wiederum sind auch bei mir über die Jahre inhaltlich und emotional ausgedünnter, wenn nicht sogar die Mehrheit. Das klassische hier schon zitierte Auseinanderleben oder die Verschiebung der Prioritäten kennt doch jeder irgendwann. Wiederum zwei besonders langjährige Freundschaften mäandern seit teilweise Jahrzehnten zwischen bester Freundin zu fast völliger Funkstille, bis das Band dann allmählich oder durch ein äußeres Ereignis wieder enger wurde. Die Basis ist aber immer da.
Und dann kommt ja noch die eigene Einstellung hinzu. Wie eng will man seine Freundschaften überhaupt mit zunehmendem Alter noch haben? Ab den Vierzigern ändert man seine Ansichten in dieser Frage oft und ist von vielen Dingen im Leben derart eingespannt, dass das Ideal der Freundschaft, in der man sich bedingungslos nachts um drei anrufen kann, weil man in einer Krise ist, durch Lebensrealitäten ins Hintertreffen gerutscht. Aber deswegen würde ich nicht sagen, dass es keine Freundschaften mehr sind. Es ist nur anders als früher, wahrscheinlich sogar deutlich weniger tief. Aber bedingt weniger Nähe automatisch, dass es dann keine "wahre" Freundschaft ist? Für mich ist das nicht so.
Ich denke, dass die Aussage meines Bekannten etwas zu pauschal ist. Natürlich kann es Freundschaften geben, die mit der Zeit immer tiefer und inniger werden, aber das ist nicht bei allen Freundschaften der Fall und es muss auch nicht zwangsläufig so sein, damit es eine wahre Freundschaft ist. Freundschaften können sich auch einfach auf einer oberflächlichen Ebene bewegen und trotzdem sehr wertvoll sein. Jeder Mensch hat unterschiedliche Freunde, die unterschiedliche Bedürfnisse und Anforderungen erfüllen.
Ich persönlich habe Freunde, mit denen ich mich seit Jahren regelmäßig treffe und bei denen ich merke, dass wir uns immer besser verstehen und vertrauter werden. Gleichzeitig habe ich aber auch Freunde, die ich nur gelegentlich sehe oder mit denen ich hauptsächlich online kommuniziere. Trotzdem würde ich nicht sagen, dass diese Freundschaften weniger wertvoll sind.
Ich denke, es ist wichtig, dass Freundschaften auf einer gegenseitigen Wertschätzung und Akzeptanz basieren. Wenn man sich gegenseitig unterstützt und füreinander da ist, ist das eine gute Basis für eine Freundschaft, unabhängig davon, ob sie immer tiefer und inniger wird oder nicht. Wichtig ist auch, dass man ehrlich und offen miteinander kommuniziert, um Missverständnisse und Konflikte zu vermeiden.
Letztendlich denke ich, dass es bei Freundschaften nicht darum geht, dass sie immer tiefer und inniger werden müssen, sondern dass sie sich organisch entwickeln und auf eine Weise funktionieren, die für beide Seiten angenehm und erfüllend ist.
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