Sind Ärzte heutzutage zu arrogant?
Ich habe letztens den Film ''Der Medicus'' gesehen. Mediziner zu sein und Menschen zu heilen wurde in früheren Zeiten ja doch mit etwas anderen Augen betrachtet, als dies heute der Fall ist. Heute halten sich die meisten Ärzte für erhaben und sind arrogant, das merkt man bereits bei den Medizinstudenten. In dem Film war es eher so, dass die Ärzte sich als Diener der Menschheit betrachtet haben und immer gefragt haben ''darf ich Sie behandeln'', ''darf ich Ihnen ein Beruhigungsmittel'' geben.
So ausgeprägt muss das heute natürlich nicht sein, dass will ja auch wieder keiner. Aber es ist schon oft so, dass Ärzte meinen sie wären die Götter schlechthin, obwohl sie das ganz und gar nicht sind. Wie viele falsche Operationen und Amputationen gab es in Deutschland bevor eine Leuchte mal auf die Idee gekommen ist, dass man vor der Operation jeden im OP-Saal fragt, ob er mit dem Eingriff einverstanden ist, nachdem man am Vortag den zu operierenden Teil gekennzeichnet hat? Wie viele Ärzte verschreiben regelmäßig falsche Medikamente mit ungeeigneten Wirkstoffen oder falscher Dosierung? Nun sollen ja in Krankenhäusern auch immer Pharmazeuten zu Rate gezogen werden, was den Ärzten aber auch nicht in den Kram passt.
Als ich im Krankenhaus war, war es bei mir eigentlich auch so, dass immer über meinen Kopf hinweg entschieden wurde, was ich an Medikamenten bekomme und so weiter. Kein Arzt war so freundlich und zuvorkommend, wie es in dem Film rüberkam und es gab auch nicht diese Wohlfühlatmosphäre. Habt ihr den Film gesehen und wenn ja, wünscht ihr euch, dass es bei uns auch ähnlich ist oder findet ihr es in Ordnung, wie es im Moment ist?
Der "Medicus" ist ein fiktionaler Film, der in einem ebenfalls fiktionalen Persien um das Jahr 1000 (!) herum spielt. Keine Ahnung, ob die Leute oder Ärzte damals höflicher waren oder ob es sich um kulturelle Unterschiede handelt. Jedenfalls könnte man sich vom Realitätsbezug genauso gut fragen, ob die drei Musketiere ihre Spitzenkrägen immer selbst gewaschen und gestärkt haben. Jedenfalls bin ich mir sicher, dass die allermeisten Menschen außerhalb von Isfahan damals kaum jemals einen Arzt gesehen haben und relativ früh an Krankheiten gestorben sind, die wir gar nicht mehr kennen. Oder im Kindbett.
Ich kenne sowohl arrogante als auch mitfühlende und höfliche Ärzte. Manchmal nervt es mich schon, wenn mich mal wieder jemand behandelt, der erkennbar genervt ist, dass es sich bei mir nur um eine Blasenentzündung handelt und nicht um eine interessante Form von Krebs, aber eigentlich ist es mir egal, da ich gottseidank nur selten zum Arzt muss. Ärzte sind auch nur Menschen, und es gibt auch in diesem Metier gute und weniger gute, ebenso wie bei Bäckern oder Lehrern.
Im Fernsehen ist mir jedoch in einer Reportage mal aufgefallen, dass in Großbritannien drüben zumindest teilweise ein anderer Ton zu herrschen scheint. Wieweit die Darstellung realistisch ist, kann ich natürlich nicht beurteilen. Jedenfalls haben sich die Ärzte dort immer penibel mit Vornamen vorgestellt und sich entschuldigt, wenn die Spritze oder Blutentnahme weh getan hat.
Das ist mir in Deutschland noch nicht untergekommen, dass jemand beim Impfen zu einem Erwachsenen gesagt hat: Es tut mir ja so leid, dass ich ihnen weh tun muss, aber es ist gleich vorbei, und sie sind ja so tapfer. Entschuldigen Sie noch mal vielmals! Da käme ich mir eher lächerlich vor, da ich ja weiß, dass mich die Leute nicht pieksen, um mir weh zu tun, sondern weil das ihr Job ist.
Ein Film ist immer etwas anders als die Realität. Es gibt aber durchaus höfliche und nette Ärzte. Nur ist ein Arzt sehr oft im Stress. Gerade im Krankenhaus werden Doppelschichten geschoben, man wird angerufen muss wieder zum Arbeiten kommen und mit dem Schlafmangel muss man dann noch wichtige und vor allem aber schwierige Entscheidungen treffen. Wenn nebenan Menschen am Sterben sind kann man sich vielleicht auch nicht immer die paar Minuten nehmen um seine Entscheidung zu vertreten.
Ich habe den höchsten Respekt vor Ärzten und habe bisher noch nie einen Studenten erlebt, der das Ganze arrogant betrachtet hat. Gerade im Studium muss man den ganzen Tag nur lernen, kann wenig in seiner Freizeit machen und das ganze Leben besteht nur aus lernen. Studenten, die doch mal öfter ausgehen müssen meistens länger machen. Es ist ein hartes Studium Arroganz kann man sich da nicht wirklich leisten, zumal auch viel Wert auf ein ordentliches Auftreten im Studium gelegt wird.
Von außen kann man immer sagen, dass es ein Arzt leicht hat und man kann sicherlich auch davon ausgehen, dass man selber immer am schlimmsten dran ist, aber man darf auch mal über den Tellerrand schauen. Besten Beispiel ein Arzt belebt mit seinen Kollegen einen zusammengebrochenen Patienten im Gang wieder und da kommt ein Patient vorbei und fragt warum er bei seinem Essen keinen Käse dabei hat. So etwas passiert und da kann man ruhig auch schon mal unfreundlich werden als Arzt.
Man kann sicherlich den Stand der Mediziner von heute nicht mit denen vor mehreren hundert Jahren vergleichen. Und ich muss ehrlich sagen, dass ich bisher nur mit zwei Ärzten recht unangenehme Erfahrungen machen musste. Einmal war das vor rund 12 Jahren als ich mit vorzeitigen Wehen im Krankenhaus lag. Da gab es eine Ärztin auf der Station, die war die Unfreundlichkeit in Person.
Das letzte Erlebnis hatte ich dieses Jahr am Pfingstsonntag. Eine meiner Töchter hat nun mal Heuschnupfen und sie reagierte an dem Tag so heftig, dass ein Auge nur noch tränte und fast zugeschwollen war. Sie sah eher aus, wie in die Faust eines Boxers gerannt. Die Augenärztin, die an diesem Wochenende Bereitschaft hatte, war mehr als unfreundlich. Aber solche Leute kann man eben auch in Zukunft meiden.
Ich würde deswegen aber nicht behaupten, dass alle Ärzte arrogant wären und sich als Götter fühlen würden. Ich habe auch schon sehr viele positive Erlebnisse mit Ärzten gehabt. Da hatte ich manchmal das Gefühl, dass ich weit und breit die einzige Patientin wäre, um die man sich kümmern müsse.
Ich muss leider sagen, dass ich schon mit mehreren Ärzten negative Erfahrungen gemacht hatte. Bei dem ersten war ich nach einem Sportunfall in der Notaufnahme und musste versorgt werden. Damals hatte mich der Arzt angeschnauzt, warum ich wegen so einer "Bagatelle" zu ihm komme und hat sich allen Ernstes darüber aufgeregt, dass ich mir nichts gebrochen hatte. Er ist dann gleichgültig und wahnsinnig enttäuscht gegangen und hat seinen Assistenten die ganze Arbeit machen lassen.
Das zweite mal war bei meinem aktuellen (ehemaligen) Hausarzt. Ich war im Februar vorsorglich bei ihm wegen familiären Schilddrüsenproblemen (es gibt sogar Fälle von Schilddrüsenkrebs in unmittelbarer Blutsverwandschaft) um mich routinemäßig durchchecken zu lassen. Weder bei der Blutuntersuchung noch beim Ultraschall wurde irgendetwas gefunden und auf meine Nachfrage hin, wann ich zur Kontrolle wiederkommen soll, meinte er nur: "Kommen Sie erst wieder, wenn irgendetwas weh tut."
Er kannte die Krankengeschichte meiner Familie und es war ihm trotzdem total egal. So ein arrogantes Verhalten muss ich mir persönlich nicht gefallen lassen. Ich bin seitdem auf der Suche nach einem neuen Hausarzt.
Ich habe den Film gesehen und kannte auch schon das Buch, aber trotzdem ist es eben einfach eine Geschichte. Heutzutage gibt es schon einige arrogante Ärzte, die sich für etwas besseres halten, aber so sind doch nicht alle Ärzte. Ich würde da kein allgemeines Urteil abgeben und auch sagen, dass es wie in allen Berufsgruppen auch bei den Ärzten Leute gibt, die auf andere Menschen herabblicken und denen das auch zeigen. Aber gleichzeitig gibt es auch die Ärzte, die sich Mühe geben, die Patienten gut zu betreuen.
Ärzte sind auch nur Menschen und die Zeiten der Götter in Weiß sind nun wirklich schon lange vorbei. Privat, als Patient und beruflich hatte ich nun schon mit ein paar hundert Medizinern zu tun. Und ich finde, die entsprechen ziemlich genau dem Schnitt der Bevölkerung. Von total nett über abweisend bis arrogant ist alles dabei. Genau wie es bei anderen Menschen eben auch ist.
Ich glaube, dass viele Menschen, die im Krankenhaus arbeiten, wirklich gerne "Wohlfühlatmosphäre" verbreiten würden, wenn sie denn Zeit dafür hätten. Wenn man Ärzte fragen würde, ob sie bei der Visite lieber von Zimmer zu Zimmer hetzen oder mit jedem Patienten ein Schwätzchen halten wollen würde sich wahrscheinlich die meisten für die gemütlichere Variante entscheiden.
Aber so funktioniert das Gesundheitssystem 2018 eben nicht und ich finde es auch völlig absurd das irgendwie mit einem Film über einen Arzt im Mittelalter vergleichen zu wollen. Oder würdest du dich tatsächlich lieber von einem mittelalterlichen Quacksalber behandeln lassen, der dann zwar mehr Zeit für dich hat aber blöderweise einen Aderlass anordnet, der dich umbringt?
Ich finde Ärzte übrigens nicht mehr oder weniger arrogant als andere Berufsgruppen auch, das ist wohl eher eine Frage der Persönlichkeit. Ich habe eher die Erfahrung mit Handwerkern gemacht, dass sie mir gegenüber überheblich sind. Aber das trifft auch nicht auf alle zu. Es gibt genug, die nicht annehmen, dass ich als Frau eh keine Ahnung haben.
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