Sind ältere Ostdeutsche eher Markenresistent?

vom 18.11.2014, 03:07 Uhr

Ich habe einen Bekannten, der in der ehemaligen DDR aufgewachsen ist und erst nach der Wende volljährig wurde. Aber ganz klar in einem ostdeutschem Elternhaus aufgewachsen ist und die DDR noch live mit erlebt hat. Heute lebt er zwar noch in Ostdeutschland, arbeitet aber in den alten Bundesländern und nutzt durchaus die Vorzüge des Mauerfalls.

Was mir bei ihm immer wieder auffällt, dass er sehr bewusst einkauft. Was ich generell auch richtig finde. Nur wird sein Einkaufsverhalten dadurch geprägt, dass eben alles möglichst billig sein muss. Warum Milka Schokolade, wenn man auch billige Schokolade von Aldi haben kann, die wesentlich weniger kosten und nach seiner Meinung genauso schmeckt. Das zieht sich durch alle Bereiche. Ob es Lebensmittel, Hygieneartikel oder Bekleidung ist, ist dabei nur zweitrangig.

Ähnliche Beobachtungen habe ich bereits bei anderen Menschen gemacht, die noch in der DDR aufgewachsen sind. Also ihre Kindheit in der DDR erlebt haben oder gar schon volljährig waren, als die Mauer fiel. Da werden immer wieder solche Behauptungen aufgestellt, dass No Name Artikel genauso gut oder gar besser sind, als Markenartikel. Warum Nike Turnschuhe kaufen, wenn es die No Name Schuhe aus dem Discounter auch machen? Generell wird alles was eine Marke hat als schlecht hingestellt. Oder überteuert.

Nun frage ich mich, ob ältere Ostdeutsche dazu neigen markenresistent zu sein? Vielleicht aus ihrer Geschichte heraus? Habt ihr vielleicht ähnliche Beobachtungen gemacht?

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



Ich selbst bin 1991 geboren, ticke allerdings genau wie dein Bekannter. Ich glaube allerdings nicht, dass es an der Vergangenheit liegt, sondern an den Verdienstmöglichkeiten in Ostdeutschland. Wenn ich beispielsweise mein Gehalt mit dem vergleiche, was ich in den alten Bundesländern bekommen würde, dann muss man hier schon öfter mal zu den No-Name-Produkten greifen, wenn man über die Runden kommen will.

Ich persönlich bin markenresistent, weil ich durch eigene Erfahrung festgestellt habe, dass Marken zumindest mir nichts bringen. Das fängt schon bei Lebensmitteln an. Warum sollte ich teures Markenmineralwasser trinken, wenn mir das No-Name-Produkt sehr gut schmeckt? Selbiges gilt für Fertigprodukte, Süßigkeiten, Wurst etc. Natürlich gibt es Ausnahmen, beispielsweise schmecken die Lasagneplatten der Eigenmarke nicht so gut wie die Marke, aber das sind definitiv wenige Einzelfälle.

Auch bei Kleidung kann ich nur feststellen, dass man mit Marken meistens preislich im Nachteil ist. Meine Mutter hatte mir vor einigen Jahren hochwertige Rieker-Turnschuhe zum Geburtstag geschenkt. Die habe ich genau ein Vierteljahr getragen, dann brach die Sohle. Seitdem kaufe ich nur noch No-Name-Turnschuhe für 20 €. Angenommen, diese halten zwei Jahre (durchaus realistisch), Markenschuhe würden aber 80 € kosten und vier Jahre halten, dann hätte ich immer noch einen finanziellen Gewinn gemacht.

Auch bei Textilien sehe ich das inzwischen genauso und schaue bei Bedarf immer erst bei Kik vorbei. Meine Kunstlederjacke für 10 € habe ich beispielsweise schon fünf Jahre. Da habe ich mit Markenjacken schon viel schlimmere Erfahrungen gemacht.

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» ninjafan » Beiträge: 1455 » Talkpoints: -0,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Das hat weder was mit dem Alter, noch mit der Herkunft zu tun. Mein Ex-Mann und ich sind vom Alter nicht weit auseinander. Aber er ist in einem Elternhaus aufgewachsen, wo der reine Konsum ein wichtiger Bestandteil im Leben war. Ob man es benötigte oder nicht, es wurde eben gekauft. Das ist heute noch so und je teurer etwas war, desto besser konnte man sein Image nach außen pflegen. Für meinen Ex-Mann wäre es zum Beispiel ein Rückschritt, wenn man sich ein kleineres Auto kaufen würde. Nein, die Leute sollen was zu gucken haben und man kauft eben einen Familienvan, auch wenn man ihn fast ausschließlich allein nutzt.

Meine Eltern haben mir dagegen vorgelebt, dass man nicht alles besitzen muss, was einem gefällt. Wir hatten erst am Wochenende bei einer Feier das Thema einkaufen. Da wird eben in den Werksverkauf eines Verkaufssenders gefahren, auch wenn man nichts benötigt und gekauft wird am Ende eben doch. Ich ticke da auch anders und kaufe keine neuen Dinge für den Haushalt, wenn sie nicht benötigt werden.

Und so ist das auch mit Marken. Mein Cousin ist nur vier Jahre älter als ich und schwört auf Marken. Auch wenn er damit wesentlich schlechtere Erfahrungen gemacht hat, als ich mit meinen No Name Produkten. Da musste es eben damals ein teurer Videorecorder sein, den er am Ende mehrmals umgetauscht hat, weil immer ein Fehler kam. Ich habe mir zu selben Zeit ein Billigteil gekauft, wo ich belächelt wurde, was aber auch einige Jahre ohne Probleme funktioniert hat.

Ich würde da eher behaupten, dass es effektives Einkaufen ist. Vor allem, wenn man erlebt hat, dass die teuren Markenturnschuhe, die wirklich nur zum Sport genutzt wurden, eher kaputt waren, wie meine Treter für damals 20 Mark, die täglich ihren Dienst leisten mussten. Warum sollte ich dann auf Marken umsteigen, wenn ich sehe, dass ich mit meinen Billigeinkäufen wesentlich besser bedient bin?

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Ich finde auch nicht, dass das ein Verhalten ist, das von Alter oder Herkunft abhängig ist. Möglicherweise hängt es ein wenig mit dem Einkommen einer Person zusammen. In meinem Elternhaus beispielsweise hatten wir wegen dem Haus und den Krediten nie sonderlich viel Geld, daher musste gespart werden ohne Ende. Im Elternhaus meines Freundes wurde dagegen nie so wirklich gespart und man hat durchaus mal zu den teureren Sachen gegriffen, auch bei Lebensmitteln, eben weil kein Kredit da war, den man abbezahlen musste und man gut verdient hat.

Ich sehe diese Prägung auch heute noch, obwohl mein Freund und ich altersmäßig nicht weit auseinander liegen. Wenn wir beispielsweise einkaufen gehen, dann greift er zu der teureren Marke Zucker und ich greife zu der Eigenmarke, weil ich eben festgestellt habe, dass es da geschmacklich und qualitativ gar keinen Unterschied gibt und ich sehe nicht ein, warum ich bei gleichwertigen Produkten das teurere kaufen und dafür mehr bezahlen soll. Mein Studenten-Status und mein vergleichsweise geringes Budget tun da natürlich auch ihr übriges und beeinflussen zusätzlich in diese Richtung. Mein Freund hat das mittlerweile auch gemerkt, dass es bei Zucker und auch etlichen anderen Produkten keinen Unterschied gibt, manchmal kaufen wir sogar gezielt das billige und das Markenprodukt, damit man direkt vergleichen kann. Mittlerweile kauft er dann auch gezielt die billigere Variante, obwohl er genug Geld verdient und es sich leisten könnte und aus Ostdeutschland ist er definitiv nicht.

Ich sehe einfach nicht ein, warum ich mich "abzocken" lassen sollte um für das gleiche Produkt mehr zu bezahlen. Es gibt ja auch genug Markenhersteller von Lebensmittel die dasselbe Produkt nur als Billigvariante im Supermarkt verkaufen. Hier kann man ganz gut nachlesen, dass wirklich oft Markenhersteller hinter den so genannten No-Name-Produkten stecken. Gerade diese Leibniz-Kekse mit Schokoladenüberzug kaufe ich ganz gerne, aber eben gezielt die Billigvariante, weil die genauso schmeckt. In dem Text steht auch, dass die Rezeptur oft dieselbe ist oder eben minimal verändert, aber es ist im Prinzip dasselbe wie das Markenprodukt und es gibt wirklich keinen Unterschied. Ich persönlich bin nicht bereit mir durch eine derartige Abzocke das Geld aus der Tasche ziehen zu lassen. Man muss schon ein ziemliches "Marken-Opfer" sein, wenn man mehr Wert auf den Markennamen auf dem Produkt legt als auf den Preis für dasselbe Produkt nur mit einem anderen Namen darauf.

Ich bin durchaus auchmal bereit, etwas mehr Geld für ein Produkt auszugeben, auch bei Lebensmitteln. Aber dann muss der Preis auch gerechtfertigt sein und es darf keine billigeren und gleichwertigen Alternativen geben. Ich habe schon so manches Mal festgestellt, dass die Billigvariante irgendwie nicht schmeckt und habe dann zu einem teureren Produkt gegriffen, von dem ich wusste, dass es schmeckt. Ich habe beispielsweise mal bei Kaufland einen Becher Schmand gekauft und der war so labbrig von der Konsistenz, dass er mehr Ähnlichkeit mit Schlagsahne hatte als mit Schmand, obwohl definitiv Schmand auf dem Becher gestanden hat. Auch der Geschmack war irgendwie anders als gewohnt, sodass ich da auf ein anderes Produkt ausgewichen bin, das etwas teurer ist mit dem ich aber zufrieden bin.

Bei Klamotten sehe ich das auch etwas anders. Wenn die Billigmarke qualitativ hochwertig ist, dann würde ich eher billige Schuhe und Klamotten kaufen als die Markensachen. Aber wenn die Qualität mir nicht zusagt, kaufe ich beim nächsten Mal etwas teuer. Bei mir halten Turnschuhe von Graceland beispielsweise knapp über 6 Monate und da sehe ich nicht ein, mir jedes Mal neue Schuhe zu kaufen, weil diese Marke nichts taugt. Daher kaufe ich da lieber etwas teurere Schuhe und hoffe, dass die Marke mehr aushält als Graceland.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Finde ich gut, dass diese Leute etwas Marktresistenter sind. Markenprodukte, habe ich herausgefunden, sehen oft nur gut aus, aber strapazierfähig sind sie nicht. Die Nähte gehen öfters auf und nach intensivem waschen verlieren sie an Qualität. Natürlich sind nicht alle Markenklamotten so, aber solche schwarze Schafe gibt es schon. Wenn ich höre, dass die Ostdeutschen es anders machen, heißt das im Umkehrschluss, dass sie weniger aufs äußere bedacht sind und mehr Wert auf andere Sachen legen.

» Schmitty » Beiträge: 9 » Talkpoints: 1,73 »


Das kann ich überhaupt nicht wiedergeben. Ich habe ein "älteres" Exemplar von einem Ostdeutschen hier zu hause und er legt doch gerade bei Lebensmitteln sehr viel Wert auf die Marke, weil einiges einfach nicht schmeckt aus dem Billigsortiment. Nutella wird durch keine andere Schoko oder Nougatcreme ersetzt. Bananen müssen von Chicita sein und auch gerade bei den Süßigkeiten schmecken ihm die No Name Sachen nicht. Selbst bei Nudeln oder Reis sind die Markenartikel schmackhafter und da besteht mein Mann auch auf die Marke, weil es leckerer ist. Auch Kaffee muss es Jacobs sein und kein Billigkaffee.

Bei Elektrogeräten ist es genauso. Er würde sich niemals eine Gorenje Waschmaschine kaufen, solange wir uns eine Miele leisten können. Auch würde er keine Billigspülmaschine kaufen, wenn es ein Markengerät gibt. Bei den Unterhaltungsmedien ist es ähnlich und da ist es auch so, dass Billiggeräte nicht gerate zu seinen Favoriten gehören.

Meine Schwiegermutter, die leider schon verstorben ist, ist 2004 aus dem Osten zu uns in den Ort gezogen und wenn ich mit ihr einkaufen ging, dann hat sie auch nur Markenartikel gekauft. Und die war ja nun dann um einiges älter. Ich habe viele Bekannte aus der früheren DDR und ich kann eigentlich dass, was du beobachtet hast überhaupt nicht weitergeben. Sicher kauft man zwischendurch immer mal auch günstige Sachen. Aber die Regel ist es nicht.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Ich finde, welche Produkte bevorzugt gekauft werden, das hängt ziemlich davon ab, wann und wie jemand "geprägt" wurde. Als ich (Westkind) klein war, da gab es kaum No-Name-Produkte. Entweder etwas stammte aus dem normalen Supermarkt und war eine Marke oder es kam von Aldi. Eigenmarken kamen fast nicht vor und andere Discounter gab es noch nicht.

Einerseits gibt es Produkte, die kann man nicht ersetzen. Nutella oder Nuspli von Zentis, das war damals die Auswahl. Und man mochte das Produkt, das in der eigenen Familie normal war. Wer Nuspli bevorzugt kann leichter Eigenmarken probieren als die Liebhaber von Nutella. Ähnlich ist es bei der Kinderschokolade. Auch die kann man nicht ersetzen.

Und damals war es einfach so, dass die No-Name-Produkte zu einem großen Teil nicht schmeckten. Mayonnaise und Ketchup waren gruselig. Nudeln oft einfach matschig, der Reis nicht schön und die Backeigenschaften vom Mehl durchaus schlechter. Ich erinnere mich noch sehr gut an die damalige River Cola: Die war auf eine komische Art sauer und die Zähne waren nach einem Glas einfach nur rau und unangenehm.

Daher werden viele Menschen, die damals zwar das günstige Angebot probiert haben aber eben wenig begeistert waren, zu Markenprodukten greifen. Sie können es sich leisten und haben ihre Erfahrungen gesammelt.

Ich habe zu der Zeit als Lidl, Penny und Eigenmarken aufkamen studiert. Da saß das Geld nicht so locker. Daher habe ich mir günstige Alternativen gesucht, die auch schmecken. Ich war den günstigen Produkten gegenüber immer aufgeschlossen. Und heute kaufe ich quer Beet. Die Sachen, die günstig gut sind, nehme ich gerne. Bei anderen Produkten greife ich auf die Marke zurück.

Und bei der Waschmaschine: Da habe ich früher nie eingesehen, das Geld für eine Miele auszugeben. Heute sehe ich das anders, aber wirklich klug bin ich nicht geworden. Das heißt, in meiner Küche steht eine ältere Miele und im Keller ein von mir verschmähtes, modernes Gerät. Die Waschleistung ist einfach nicht zu vergleichen, von der Haltbarkeit reden wir erst gar nicht. :whistle:

Ich denke also nicht, dass es an Ost oder West liegt. Wobei ehemalige DDR-Bürger natürlich den westdeutschen Marken sozusagen kritischer gegenüber stehen. Wir Westler sind damit aufgewachsen und kennen den Geschmack oder die Haptik genau. Oft muss ein Produkt "einfach so sein". Ostbürger haben ihre Marken weitgehend verloren und verglichen nach der Wende ohne diese jahrelange Prägung auf bestimmte Geschmackskomponenten oder das Gefühl in der Hand.

» cooper75 » Beiträge: 13382 » Talkpoints: 510,79 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Ich bin 1989 geboren und habe somit nichts mehr davon miterlebt. Meine gesamte Verwandtschaft lebt aber im "Osten" und ist daher auch in der DDR groß geworden. Diese ganze Einteilung finde ich als Deutsche schon sehr lächerlich. Wir sind ein Land, es gibt den bösen Ossi oder den bösen Wessi nicht mehr und es wäre schön, wenn das nach 25 Jahren mal so langsam ankommen würde. Das ist so traurig, überall wollen wir tolerant und weltoffen sein, aber das eigene Land noch in Ost und West einteilen.

Natürlich hat man im Osten nicht alles bekommen und so waren nach der Grenzöffnung einige Dinge sehr beliebt, aber mal ganz ehrlich, das ist 25 Jahre her und selbst bei letzten Dörfchen ist das angekommen. Dennoch gibt es immer sparsame Menschen und welche, die das nicht so sind, das hat aber mit Ost oder West nichts zu tun.

Ich merke immer wieder, dass es Menschen gibt, die den Ossis Blödheit unterstellen und dem Wessi Arroganz vorwerfen, so sollte es aber nicht sein. Jeder kann da leben wo er will, wir sind freie Menschen und die Mauer in den Köpfen ist auch nach so vielen Jahren noch nicht weg, mich macht das sehr traurig, weil es immer noch heißt, dass man sich von dieser Diktatur bestimmen lässt.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


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