Sich wodurch als Frau weiblicher fühlen?

Ich habe kürzlich einen Artikel gelesen, in dem von einem Fotografen die Rede war. Dieser Fotograf wollte wohl gezielt Aktfotos von Brustkrebspatientinnen machen. Eine Patientin hatte sich dann dazu entschlossen, da mitzumachen, wobei sie hinterher selbst über sich sagte, dass sie sich durch dieses Shooting viel weiblicher gefühlt hätte.

Ich habe dann darüber nachgedacht wodurch ich mich als Frau weiblicher fühle und mir ist ehrlich gesagt nichts eingefallen. Einen typisch weiblichen Tick wie Schuhe, Handtaschen, Schmuck oder Parfum sammeln habe ich nicht wirklich und selbst wenn ich ein Kleid trage, fühle ich mich dadurch nicht automatisch weiblicher, wenn ich ehrlich bin. Was meint ihr dazu? Wodurch fühlt man sich als Frau weiblicher und warum ist das so? Oder ist das eher eine Charakterfrage?

Ich glaube hier bewegen wir uns auf einer ganz anderen Ebene als um die Frage, welche Kleidung oder welches Accessoire ein weibliches Gefühl verleiht. Wenn man Brustkrebs hatte, wird in wohl den meisten Fällen mindestens eine Brust mehr oder weniger weitgehend entfernt und danach dann durch einen medizinischen Schönheitschirurgen wieder hergestellt. Teils wird sogar durch medizinische Tattoos eine Brustwarze als Ersatz hinzugefügt und so weiter.

Wenn man jetzt dazu das Klischee betrachtet, dass viele Männer auf die Frage was eine Frau attraktiv macht antworten, dass schöne Brüste oder ein schöner Hintern wichtig sei, kann nach so einer Erkrankung schon schnell der Eindruck entstehen, dass man jetzt nicht mehr so attraktiv ist wie vorher. Unsensible Kommentare von geschockten Lebensgefährten tragen dazu sicher auch ein Stück weit bei. Wenn dann also ein professioneller Fotograf kommt und den Frauen durch seinen Wunsch, Aktfotos von ihnen anzufertigen vermittelt, dass sie trotz allem noch sehenswert und ansehnlich sind, kann da natürlich das Selbstwertgefühl wieder ein gutes Stück weit aufbauen.

Vom daher würde ich nicht unbedingt sagen, dass es allein eine Charakterfrage ist. Eine Frau, die sich vielleicht vor so einer Krankheit umso weiblicher gefühlt hat, je höher die Absätze der Schuhe waren, wird nach so einer Erfahrung vermutlich ganz andere Prioritäten setzen. Wie ich nach so einer Krankheit reagieren würde, weiß ich nicht. Aber ich denke, das kann man sich auch schwer vorstellen, wie man als betroffener Mensch reagieren würde und wie man sich dann weiblicher fühlen würde.

Ich kann mir nicht vorstellen, das meine Geschlechtsidentität von irgendwelchen Äußerlichkeiten abhängt. Ich kann auch mit dieser Steigerung, die sich in dem Wort "weiblich-er" verbirgt nichts anfangen. Natürlich gibt es Menschen, die ihre Geschlechtsidentität für sich selber nicht so klar definiert haben, und für die macht so ein Ausdruck sicher auch Sinn.

Aber ich fühle mich immer weiblich. Selbst wenn ich maskulin oder geschlechtsneutral gekleidet bin oder einer eher maskulinen Tätigkeit nachgehe ändert das an meiner Geschlechtsidentität nichts. Das hat aber vielleicht auch etwas damit zu tun, dass ich Rollenklischees ablehne.

Ich glaube, was die Frauen in dem Beispiel eigentlich mit "weiblich" meinten ist, dass sie sich schön und wertgeschätzt fühlten. Und da sind wir eben wieder beim Thema Rollenklischees - bei Frauen hängt die Wertschätzung, die man erfährt, viel stärker von der körperlichen Attraktivität ab als bei Männern. Von Männern würde man wahrscheinlich ähnliche Aussagen bekommen, wenn sie es zum Beispiel nach einer Rückenoperation wieder schaffen die 30 Kilo Hantel zu stemmen. Denn laut Rollenklischee gilt ein starker Mann als männlich.