Sich wegen traumatischem Erlebnis frei nehmen sinnvoll?
Eine Kollegin von mir hat vor einigen Tagen leider einen Suizid mitbekommen, weil ein junger Mann sich bewusst und absichtlich von einem fahrenden Zug erfassen ließ. Da sie Augenzeugin war, ist sie entsprechend aufgewühlt. Sie hat dann auch eine Nachricht über WhatsApp hinterlassen, dass sie heute nicht zur Arbeit erscheinen wird. Sie nahm sich sozusagen frei, wobei sie aber noch nicht wusste, ob sie morgen dazu in der Lage sein würde, zur Arbeit zu kommen. Sie möchte stattdessen zur Seelsorge gehen und eben versuchen alles so gut es geht zu verarbeiten.
Da ich so etwas noch nie erlebt habe, weiß ich gar nicht, wie es mir dabei gehen würde. Manche Menschen sagen ja, dass man bei einem "normalen" Todesfall oder einer Trennung lieber arbeiten gehen sollte, weil Arbeit eben ablenkt. Ob mir allerdings nach Arbeit zumute wäre, wenn ich so etwas traumatisches mitangesehen hätte, wage ich zu bezweifeln. Findet ihr es sinnvoll, wenn man sich bei einem traumatischen Erlebnis einfach frei nimmt? Würde euch das eigentlich helfen oder würde das alles nur noch verschlimmern eurer Meinung nach?
Sie nimmt sich ja nicht frei um zu Hause auf dem Sofa zu sitzen, sondern macht etwas für sie sinnvolles, indem sie sich helfen lässt. Sie hat damit verständlicherweise ein Problem gehabt und möchte es nun aufarbeiten. Ich bin keine, die es befürwortet dann sofort weiterzumachen, denn letztendlich verdrängt man es doch dann nur und das ist nicht gut, weil es der Seele dann nicht gut gehen wird.
Ich erachte es durchaus als sinnvoll sich mit dem Erlebten auseinander zu setzen, es gezielt zu verarbeiten und auch darüber zu reden. Was bringt es denn auch, wenn man unter Schock arbeiten geht? Das kann dazu führen, dass man am Ende einen Unfall bei der Arbeit hat, Dinge falsch macht und so weiter, da sollte man sich lieber frei nehmen oder krankschreiben lassen.
Ich finde es immer reichlich anmaßend, Leuten vorzuschreiben, wie sie mit ihren Gefühlen und Erlebnissen umzugehen haben und welches Verhalten sozial akzeptabel ist und welches nicht. Es kommt immer auf den Einzelfall an, und Arbeit ist nun wirklich kein Allheilmittel, wenn es um schlimme Erlebnisse geht. Und nur weil man selber schon Auslandseinsätze mit der Bundeswehr gemacht hat oder was auch immer, und von daher den Anblick von Blut und Leichen achselzuckend gelernt hat abzutun, heißt das ja noch nicht, dass jeder andere genauso zu reagieren hat.
Auch die werten Kollegen werden es verkraften, wenn mal jemand nicht wegen Grippe daheim bleibt, sondern um sich psychisch zu sortieren. Es redet schließlich auch keiner davon, dass die Person gleich ein halbes Jahr arbeitsunfähig ist. Außerdem hat auch niemand etwas davon, wenn sich jemand nach schlaflosen Nächten schwer gebeutelt in die Arbeit schleppt und dort die meiste Zeit vor sich hin starrt. Von daher denke ich, dass man die psychische Gesundheit genauso berücksichtigen sollte wie die körperliche und die Anwesenheit an einem Arbeitsplatz nicht unbedingt als das Maß aller Dinge nehmen sollte.
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