Sich wann für Abwesenheit entschuldigen?
Ich hatte kürzlich einen Anruf auf Arbeit, bei dem sich eine Frau entschuldigt hatte, dass sie am Vortrag bei einer Veranstaltung abwesend gewesen war. Ich habe erst gedacht, dass sie zu einem Vorstellungstermin nicht erschienen wäre, was aber nicht der Fall war. Stattdessen ging es um ein Seminar ohne Anwesenheitspflicht.
Ich fand es ehrlich gesagt wenig nachvollziehbar, warum sie extra angerufen und sich entschuldigt hat. Es war ja schließlich nicht verpflichtend und es entstehen von beiden Seiten auch keine Nachteile dadurch, dass sie nicht erschienen ist ohne sich abzumelden. Wann entschuldigt ihr persönlich euch für eure Abwesenheit? Wann findet ihr es notwendig und wann völlig übertrieben und wenig nachvollziehbar?
Eigentlich war es doch eine nette Geste, dass sich die Frau entschuldigt hat, dass sie eben nicht anwesend sein konnte. Das zeigt doch eigentlich nur, dass sie es ernst genommen hat und offensichtlich bedauert, nicht auf der Veranstaltung gewesen zu sein.
Ich würde mich für entschuldigen, wenn ich zum Beispiel irgendwo eingeladen war und eben nicht teilnehmen konnte. Ich finde es dann besser, wenn man vorher schon Bescheid sagt, aber man kann sich dann ja durchaus auch dafür entschuldigen. Es kann ja auch mal der Fall sein, dass plötzlich etwas unerwartetes dazwischen kommt, da fände ich dann auch eine Entschuldigung angebracht.
Meine Theorie ist, dass sich manche Leute selber einfach ein klein bisschen zu wichtig nehmen und in aller Unschuld zu glauben scheinen, dass ihre An- oder Abwesenheit ihrer Umwelt tatsächlich auffällt. Bei mir haben sich auch schon Leute persönlich entschuldigt, die irgendeinen Wisch vergessen oder verloren haben, offensichtlich in dem festen Glauben, dass ich nichts Besseres zu tun hätte, als an meinem Schreibtisch den Kopf zu schütteln: "Also die Frau Soundso, die kriegt auch nichts auf die Reihe!"
Mir kann es völlig egal sein, ob Frau Soundso den Passierschein A38 verbummelt hat und deswegen 50 Euro Ausfallgebühr zahlen muss. Das zu verwalten ist schließlich mein Job, und ich hätte viel zu tun, mir jeden Antragsteller zu merken. Aber weil es für die Sorte Leute selber wichtig ist, glauben manche anscheinend, dass es für andere Leute auch wichtig ist und entschuldigen sich entsprechend, weil in ihrer Welt ihre Abwesenheit nicht nur aufgefallen ist, sondern sich am Ende jemand Sorgen gemacht haben könnte. Nicht jeder kapiert früher oder später, dass es vielleicht ein Dutzend Leute überhaupt interessiert, ob du lebst oder stirbst, geschweige denn irgendwo im Publikum sitzt.
Ich würde den Leuten im Vorfeld gar nicht mal so eine narzisstische Motivation unterstellen, wahrscheinlich sind es vielleicht sogar sehr unsichere Menschen, die glauben, dass sie dadurch negativ aufgefallen sind. Gerade besonders unsichere Menschen neigen doch dazu, ihre vermeintlichen Verfehlungen gedanklich besonders hochzuhängen.
Worum es in dem Beispiel genau ging, weiß man ja nicht, vielleicht war ihr auch schlicht nicht bewusst, dass es keine Pflichtveranstaltung gewesen ist. Oder sie hat es als respektlos empfunden oder gewähnt, der Vortragende könnte es so auffassen, sodass sie das Gefühl hatte, sich erklären zu müssen. Und man kann hier im Forum ja schon auch sehr oft sehen, wer sich im echten Leben von was alles angefeindet, beleidigt, missachtet oder schlecht behandelt sieht.
Möglicherweise hat sie auch aus ihrem eigenen Erleben heraus extrapoliert und ging davon aus, dass sie es eben blöd gefunden hätte, wenn jemand ohne Not der Veranstaltung fernbleibt und hat diesen Gedanken ergo auch auf ihr Gegenüber übertragen.
Man weiß nun natürlich nicht, warum diese Frau angerufen und ihre Abwesenheit entschuldigt hat. Sicher kann es sein, dass sie sich selber eher wichtig nimmt, aber vielleicht hat sie einfach auch gedacht, dass eine Anwesenheitspflicht bei dem Seminar gewesen wäre. Auf jeden Fall muss ich sagen, dass ich in dem Moment eher nicht angerufen hätte, weil das ja eigentlich niemandem etwas bringt. Entschuldigen würde ich mich dann, wenn ich angemeldet war, aber aus irgendeinem Grund nicht zu dem Termin erscheinen konnte.
Ich würde auch zunächst denken, dass die Frau gedacht hat, dass es sich um eine Pflichtveranstaltung gehandelt hat und dass ihre Abwesenheit aus diesem Grund negativ aufgefallen ist. Man weiß ja nicht, weshalb sie sich wirklich entschuldigt hat und wie ihre Gedanken diesbezüglich waren. Es kann ja viele unterschiedliche Gründe für dieses Verhalten geben.
Vielleicht hat sie sich selbst auch wichtig genommen und dachte, dass sie von verschiedenen Personen auf der Veranstaltung vermisst wurde und viele eben an sie gedacht hatten. Ganz oft fällt es ja aber nicht einmal auf, wenn bei solchen Veranstaltungen mal eine Person nicht da ist - auch nicht bei Pflichtveranstaltungen, wenn viele Menschen anwesend sind. Bei freiwilligen Veranstaltungen ist das erst recht so.
Vielleicht ist sie sich nun aber sehr unsicher und macht sich Vorwürfe, dass sie die Veranstaltung verpasst hat und wollte auf diese Weise quasi genauer nachfragen, ob es schlimm ist, dass sie nicht dabei war und ob man ihr das negativ anhängen würde. Man kann eben nicht in den Kopf von anderen Menschen schauen. Ich würde mir da aber nicht viel aus solchen Anrufen machen, zumal ich mich in so einem Fall selbst auch nicht für meine Abwesenheit entschuldigt hätte. Das finde ich unnötig und übertrieben.
Vielleicht hat sie nicht so richtig auf den Schirm gehabt, dass da keine Anwesenheitspflicht war. Ansonsten kann es auch einfach sein, dass sie sich zu wichtig nimmt und sich als die Krone der Schöpfung sieht und sich deswegen entschuldigen musste nicht anwesend gewesen zu sein. Ich würde mich immer nur dann entschuldigen, wenn ich es auch muss oder wenn ich sozial gesehen den Drang dazu habe. Beim Letzteren meine ich, dass man zum Beispiel einen Abend mit Freunden verpasst hat oder so etwas und sich dann entschuldigt nicht anwesend gewesen zu sein.
Ich entschuldige mich jeweils dann, wenn ich mich angemeldet habe und meine Anwesenheit explizit erwartet wird. Zudem finde ich es richtig, sich jeweils wenn immer möglich vorgängig und nicht nachträglich zu entschuldigen / sich abzumelden. Wenn ich eine Einladung bekomme mit einem Anmeldetalon, schicke ich diesen meinst nur zur Anmeldung und nicht zur Abmeldung zurück.
Ich stelle mir immer vor was wäre, wenn alle sich nicht abmelden würden. Unter Umständen käme es dann vor, dass ein Seminar gar nicht oder kaum besucht ist und in diesem Fall kann sich der Dozent oder Veranstalter die Durchführung des Seminars natürlich auch sparen. Insofern finde ich es sehr nett, wenn man sich im Vorfeld abmeldet, auch wenn es keine Anwesenheitspflicht gibt.
Wenig nachvollziehbar finde ich es allerdings, dies im Nachhinein zu machen. Das macht eher den Eindruck, als würde man sein schlechtes Gewissen für das Nichterscheinen dadurch befreien wollen.
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