Sich selbst ganz toll finden weil man viele Selfies macht?

Meine Mutter behauptet man wäre wahrscheinlich unausstehlich arrogant und selbstverliebt, wenn man viele Selfies von sich macht. Einen anderen Grund für viele Selfies gibt es ihrer Meinung nach nicht, da man auch keine Selfies machen würde, wenn man sich nicht schön oder toll finden würde. Das soll vor allem Personen betreffen, die in der Öffentlichkeit stehen.

Sie selbst würde nie so viele Selfies von sich machen, meinte sie zu mir. Ich schiebe das allerdings eher auf den Generationenunterschied. Viele Jugendliche wachsen doch mit Selfies aus und für sie ist das normal. Manchmal werden auch einfach besondere Tage oder ein Treffen mit der Freundin festgehalten, besonders finde ich das nicht mehr.

Irgendwann lernt man vielleicht auch, welche Schokoladenseite man auf Fotos zeigen kann und aus welchem Winkel man sich präsentieren kann, damit man vorteilhaft und richtig gut aussieht aussieht, selbst wenn das Selbstwertgefühl schon im Keller ist und man sich fast nicht sehen kann.

Außerdem gibt es doch auch viele Filter und Bearbeitungsprogramme, so dass man einige Makel gezielt verstecken kann, damit man ein wenig hübscher aussieht. Das kann das Selbstwertgefühl von Personen mit Selbstzweifeln vielleicht auch ein wenig aufwerten, oder etwa nicht? Wie seht ihr das?

Ich denke, dass es einfach die heutige Art ist Bilder zu machen und man sicherlich ein gewisses Selbstbewusstsein haben muss, wenn man immer wieder Bilder nur von sich selber zu machen, aber deswegen muss man ja nicht selbstverliebt sein. Ich denke, dass deine Mutter einfach eine andere Generation ist und den Trend nicht versteht.

Ich finde es kommt darauf an, wie man die Selfies macht, also was zu sehen ist und was man anschließend mit diesen Bildern macht. So finde ich es gar nicht schlimm, wenn man ausgeht mit seinen Freunden und da dann eben ein Gruppen-Selfie macht. Das ist eine schöne Erinnerung und da würde ich niemandem einen Strick draus drehen.

Aber auffällig finde ich es schon, wenn Einzelpersonen sich regelmäßig übertrieben aufdonnern und dann vor dem Spiegel ein Selfie knipsen und das anschließend bei Facebook hochladen und darauf aus sind dass mindestens 10.000 Freunde das Bild liken und die Person mit Komplimenten überschütten. Wenn das nämlich nicht eintritt, geht die Welt unter. So ein Verhalten finde ich schon bedenklich und es gibt bei Facebook so einige Personen, die ich in die letzte Kategorie packen würde.

Meiner Meinung nach ist das schon eine Art, sich selber zu präsentieren und sich ins Licht zu rücken, gerade wenn man ständig dabei ist, irgendwelche Selfies von sich zu machen. Bei den Jugendlichen beobachte ich es ständig, dass in jeder Situation und zu jeder Zeit Fotos gemacht werden, um auch ja alles fest zu halten und sich in jeder Lebenslage zu präsentieren.

Ich selber mache sehr selten Selfies. Eigentlich nur mit irgendwelchen anderen Leuten zusammen, wenn wir einen besonderen Moment festhalten wollen oder eine außergewöhnliche Situation ist. Ich habe aber auch generell sehr wenig Fotos von mir.

Ich weiß nicht, ob man sich unbedingt toll finden muss, wenn man sich so selber darstellt, aber natürlich ist das eine Form der Selbstdarstellung. Bilder, die man zusammen mit Freunden macht, oder die zeigen, dass man sich an einem besonderen Ort befindet sind etwas anderes. Das gab es ja auch schon, bevor das Wort "Selfie" erfunden wurde. Da hat man dann eben jemanden gefragt, ob er ein Bild macht, aber das Ergebnis war mehr oder weniger das gleiche.

Die typische selbst verliebte Selbstdarstellung sind für mich Bilder, auf denen wirklich nur die eine Person zu sehen ist und für die es keinen anderen Grund außer "schaut mich an" gibt. Also auch kein Bild, das man macht um die neue Haarfarbe oder die neuen Ohrringe oder irgendwas zu zeigen. Es gibt ja wirklich genug Accounts auf Instragram, wo man dutzende von Bildern findet, die alle mehr oder weniger gleich aussehen.

Also Leute, die nahezu jeden Tag mindestens ein Selfie von sich posten und sich dabei nicht an einem besonderen Ort befinden oder mit einer Person auf dem Bild sind, sondern schön aufgetakelt zu Hause im Schlafzimmer sind für mich auf jeden Fall selbstverliebt und sowas geht mir auch extrem auf die Nerven, wenn ich ehrlich bin.

Wenn man hingegen hauptsächlich Selfies postet, auf denen man mit Freunden zu sehen ist, ist man nicht selbstverliebt, hat aber trotzdem ein sehr ausgeprägtes Mitteilungsbedürfnis. Das interessiert ja nun im Grunde auch nicht jeden, sondern wohl in erster Linie die Leute, die dabei waren und vielleicht noch ein paar andere Freunde.

Ich muss deiner Mutter schon ein Stück weit recht geben, weil ich es auch so sehe, dass es arrogant rüberkommt, wenn man ständig Selfies macht und diese dann auch immer schön ins Netz stellt. Das macht dann für mich schon den Eindruck, als wäre man total von sich überzeugt und eben auch ein Stück weit eingebildet. Sicher ist es auch eine Generationenfrage und es kommt mit darauf an, ob man mit diesem Trend aufgewachsen ist oder ihn erst mitbekommt, wenn man schon erwachsen ist.