Sich Schönmachen als Akt der Selbstliebe betrachten?

Eine Bekannte von mir gehört zu der Kategorie Frauen, die nicht ungeschminkt und ungestylt aus dem Haus gehen. Wenn sie eh den ganzen Tag zu Hause ist, verzichtet sie auf MakeUp, aber es geht direkt ans Schminken und Stylen, wenn sie plant, aus dem Haus zu gehen und beispielsweise zur Vorlesung zu gehen, sich mit Freunden zu treffen oder aber zur Arbeit zu gehen.

Meine Bekannte geht sogar soweit und behauptet, dass das Schönmachen ein Akt der Selbstliebe wäre und wer sich selbst lieben würde, würde sich auch Zeit für MakeUp und Styling nehmen. Es war mehr als offensichtlich, dass sie versucht hat, mich ein wenig zu provozieren, da ich gepflegt, aber ohne Styling aus dem Haus gehe, gerade im Alltag.

Ich finde ihre Argumentation dennoch total unlogisch. Denn wenn das Schönmachen tatsächlich nur was mit Selbstliebe zu tun hätte, warum stylt und schminkt sie sich dann nicht, wenn sie zu Hause bleibt? Für mich sieht das schon so aus als würde sie das nur für andere und für die Öffentlichkeit machen, weil sie sich ohne sonst unsicher fühlt. Wie seht ihr das? Hat das Schönmachen etwas mit Selbstliebe zu tun? Oder seid ihr da anderer Meinung?

In erster Linie sollte ich mich ja für mich selbst Schönmachen. Wenn ich mich durch Make Up und ein Styling besser fühle, spricht ja nichts dagegen. Mit Selbstliebe hat das für mich auch eher weniger etwas zu tun, wenn ich mich nur schminke und zurechtmache, wenn ich das Haus verlassen möchte.

Ich muss auch sagen, dass ich meistens etwas Abdeckcreme bzw. Make Up verwende, um eine Hauterkrankung abzudecken. Allerdings habe ich das sonst auch immer zu Hause gemacht, egal ob ich eben noch aus dem Haus ging oder nicht. Mittlerweile lasse ich es auch schon mal weg, wenn ich nur zu Hause bin und gönne der Haut eben mal Luft.

Generell fühle ich mich jedoch besser, wenn ich alles abgedeckt habe. Aber aus Selbstliebe mache ich das auch eher nicht. Sondern einfach, um mich besser zu fühlen. Viele Leute glotzen ansonsten blöd oder es kommen auch schon mal wirklich dumme Sprüche und Fragen. Das kann man so leichter umgehen.

Ich denke, dass Selbstliebe so viele Gesichter hat, wie es Menschen gibt. Es hat ja auch nicht jeder den gleichen Traumjob, oder die gleichen Hobbys oder die gleichen Essensvorlieben. Von daher erscheint es mir eher unlogisch, davon auszugehen, dass sich "Selbstliebe", wie auch immer man sie definiert, bei jedem Menschen gleich auszusehen hat. Männer schminken sich in der Regel auch nicht, und denen unterstellt kaum jemand mangelnde "Selbstliebe", wenn sie am Wochenende unrasiert aus dem Haus gehen.

Ich selber kann mit Schminken und Stylen auch nichts anfangen, aber wenn es jemandem gut tut, bin ich die Letzte, die mit dem Finger auf die Person zeigt. Natürlich kann es auch ein Zeichen tiefer Unsicherheit und von mangelndem Selbstwertgefühl sein, wenn jemand sich nicht aus Spaß an der Freude anmalt, sondern weil sich die Person unter Druck gesetzt fühlt oder glaubt, so grottenhässlich zu sein, dass sich der Müll von selbst kompostiert, wenn sie ihn mit nacktem Gesicht zur Mülltonne bringt.

Beneidenswert finde ich diese Einstellung dann auch nicht. Aber umgekehrt kann ich mir eben auch vorstellen, dass mich jemand verachtet oder bemitleidet, weil ich offensichtlich nicht in der Lage bin, meine Augenbrauen zu zupfen und deswegen scheinbar keine "Selbstliebe" zeigen kann. Und da ich das auch nicht möchte, steht es mir umgekehrt auch nicht zu, jemanden zu verachten oder zu bemitleiden, weil er (meistens sie) großen Wert auf Make-Up legt. Daher bin ich der Meinung, dass es durchaus sein kann, dass Schminke etwas mit Selbstliebe, was auch immer das genau ist, zu tun hat, aber das tun Apfelkuchen, Modelleisenbahnen, Ausschlafen oder Aquarellmalerei und unzählige andere schöne Sachen auch.