Sich nicht seinem Alter entsprechend verhalten?
Ich kenne einige Personen, die sich nicht ihrem Alter entsprechend verhalten - zumindest ist das meine Meinung. Ich denke, dass das jeder auch etwas anders sieht und dass gerade verschiedene Generationen das unterschiedlich auffassen können.
Allerdings benimmt sich die fünfjährige Tochter meiner Bekannten doch sehr erwachsen - sie verbringt gerne Zeit vor dem Spiegel, frisiert sich und interessiert sich für Mode. Wenn andere Kinder sie fragen, ob sie mit auf den Spielplatz kommt, sagt sie selbst, dass ihr das zu kindisch ist und sie sich nicht schmutzig machen will.
Allerdings kenne ich auch den umgekehrten Fall - einen Mann um die dreißig, dem nichts peinlich ist und der sich oft benimmt, wie ein kleines Kind. Ich kann mir aber vorstellen, dass das für ihn einfach auch ein Ausgleich zu seinem seriösen Job ist.
Kennt ihr Menschen, die sich eurer Meinung nach, nicht ihrem Alter entsprechend verhalten? Woran macht ihr das fest? Würdet ihr das vielleicht sogar auch von euch selbst behaupten oder hat das schon einmal jemand über euch gesagt? Fändet ihr das schlimm?
Der Vater einer Freundin fährt mit über 70 noch total gerne in Freizeitparks und auf Volksfesten in irgendwelchen Kinderkarusselln und Break Dancern mit. Das wäre mir auch schon irgendwie peinlich.
Ich selber finde mich vom Verhalten her für 32 auch oft unreif. Ich denke das kommt daher, dass ich durch meine Krankheit einfach vieles verpasst habe (Einstieg ins Berufsleben, Kinder, Beziehung) und daher in solchen Dingen einfach noch auf dem Stand eines Abiturienten festhänge. Schlimm finde ich das aber nicht.
Ich finde es überhaupt nicht schlimm, wenn man sich nicht seinem Alter entsprechend benimmt. Wo steht auch geschrieben, dass ich mich entsprechend Verhalten muss nur weil ich über 30, 40 und 50 bin? Wenn ich meine Generation ansehe, habe ich nur Freunde, die zwar Arbeiten gehen, Steuern zahlen, selbstständig sind oder eine Familie haben, aber trotzdem benehmen wir uns alle privat immer noch so, als wenn wir 16 Jahre sind, setzen uns auf der Backbank, hängen ab und mehr.
Wir sind im Grunde wirklich genau so geblieben, wie früher, außer älter und reifer. Doch an unserem Charakter haben wir nichts verändert sowie unserem Verhalten nicht. Natürlich sehen wir einiges anders, gehen mit mehr Respekt in Konfrontationen, wo wir damals womöglich direkt Ohrfeigen verteilt hätten, gehen Stress generell aus dem Weg und mehr, aber trotzdem sind wir im Grunde genau gleich geblieben.
Die Generation vor mir wie meine Mutter, mein Erzeuger, meine Verwandten und die Verwandte meiner besten Freunde sind ebenfalls noch so geblieben wie immer. Das finde ich auch vollkommen in Ordnung, wenn man sich treu ist, etwas beibehält und damit zusammen glücklich ist. Da spricht doch dann überhaupt nichts gegen oder?
Auch im Bezug auf die Kleidung sehe ich nicht aus, als wenn ich in den frühen 80er Jahren geboren sei. Nicht mal im Ansatz. Manchmal werde ich von Jugendlichen auf 18 Jahre geschätzt und bin dabei deutlich älter. Ich werde immer jünger geschätzt, auch weil mein Jargon privat nicht dem meines Berufsstands und Alters entspricht.
Auch ich kann „Alter“ oder den Gossenjargon aus dem Pott weiterhin gut sprechen und trotzdem noch mit Niveau rüber bringen. Ich habe eben meine Art zu Leben und das muss niemand verstehen, aber ich verändere mich nicht, weil es andere gesellschaftlich gerne von meinem Alter wünschen. Ich bin ich und bleibe wie ich bin.
Mein Freund ist ebenfalls so, meine beste Freundin, mein bester Freund und all unsere Bekannten auch. Selbst unsere Bekannten mit Kindern sind noch immer so, als würden wir mit 16 irgendwo abhängen, einen Saufen und etwas Quatsch machen. Daran hat sich nichts geändert und manchmal glaube ich, dass es unser „jugendhaftes Geheimnis“ ist.
Wir sehen alle nicht aus wie 30-50 Jahre, sondern teilweise bis zu 10-15 Jahre jünger. Ungelogen werden wir jedenfalls, wenn wir auf Fußballspiele gehen, irgendwo abhängen, unterwegs sind usw immer so geschätzt. Wir kleiden uns auch jung, lässig, eben unserem Geschmack entsprechend. Das macht offenbar viel aus.
Ich bin einfach, wie ich bin und so sind auch die anderen in meiner Umgebung. Das finde ich gut und es reicht doch wohl, wenn man erwachsen ist, arbeiten geht, gesellschaftlich all das tut, was man von mir verlangt. Da darf ich mir doch beibehalten, so zu bleiben, wie ich eben bin.
Ich finde es immer schade, wenn man versucht, Menschen nicht nur in Schubladen, sondern auch in Schablonen und Schemen zu quetschen und es dann kritisiert, wenn diese Menschen sich nicht in irgendwelche Schemen oder Schubladen pressen lassen. Ich finde, dass man immer das Individuum betrachten sollte und nur weil Gleichaltrige vielleicht nicht bestimmte Vorlieben oder Interessen haben ist man doch nicht gleich "unnormal" oder verhält sich nicht altersgemäß.
Ich habe zum Beispiel nie wirkliches Interesse an Blumenmuster auf Kleidung, Geschirr und Bettwäsche gehabt. Ich finde Blumenmuster einfach nicht schön und ich mochte auch als Kind nie die Farben Rosa oder Pink. Daher war ich da schon untypisch sagen wir so. Ich mochte auch nie Kleidung mit irgendwelchen Motiven oder Pailletten, Glitzer oder dergleichen. Das war schon immer so, seit ich denken kann. Jetzt könnte man auch argumentieren, dass ich eben "untypisch" war für mein Alter, weil die Gleichaltrigen sich alle eher mädchenhaft angezogen haben und das bei mir nie der Fall war.
Um ehrlich zu sein finde ich es persönlich nicht bis ins Letzte positiv, wenn Leute sich überhaupt nicht weiterentwickeln, ihr Alter nicht anerkennen können und immer noch dem Freizeitideal nacheifern, welches sie mit 16 gepflegt haben.
Und es kann mir auch niemand erzählen, dass er es lustig fände, wenn Mutti mit 39 Jahren noch im Schneidersitz vor dem Boden an der Bushaltestelle hockt, die Sonnenbrille im Haar, eine nach der anderen raucht und auf die andere Straßenseite grölt "ey, Tina und Dany, los, ihr Hühner, kommt rüber". Oder wer fände einen Vater über 40 toll, der nachmittags um vier mit der Bierdose in der Hand durchs Dorf strauchelt und dabei mit seinen Kumpels Wett-rülpsen veranstaltet?
Ganz ehrlich, das ist doch eine ganz besondere Klientel bzw. Schicht, die sich immer noch so verhält und einfach hängengeblieben ist. Ich habe auch so eine Bekannte, die ihre vermeintliche Jugendlichkeit pflegt, sich auch mit 50 noch für hip und jung hält, aber nicht merkt, dass viele andere Leute das eher etwas mitleidig betrachten. Es ist eben peinlich, wenn eine Frau in diesem Lebensabschnitt noch Sätze raushaut wie "Alter, das Outfit von der war sowas von geil und rattenscharf."
Natürlich gibt es zum Glück keine Etikette mehr, die jeden unserer Schritte festlegt, aber ich denke schon, dass man sich die meiste Zeit seines Lebens als Erwachsener auch ruhig halbwegs so verhalten sollte und das derbe und unreife Verhalten ruhig den Jugendlichen überlassen darf.
Wichtig ist sicherlich, dass man von der Reife her ab Ende Pubertät beginnt, in den wichtigsten Lebenszügen wie ein Mann / eine Frau zu denken. Gewisse Lebensaufgaben werden kommen und für die braucht es eine reifliche Verhaltenswese. Das ist unausweichlich.
Wie man sich sonst verhält oder wie die innere Persönlichkeit einer Person ist, da sehe ich es anders. Eine Alterszuschreibung macht für mich da keinen Sinn. Für mich ist es darum auch falsch, wenn man Leute dafür beurteilt, weil sie etwas machen, das nicht ihrem Alter entspricht. Man soll das tun, worauf man Lust hat. Leben und leben lassen.
Sternenbande erwähnte den 70-jährigen Vater, der dennoch gerne Freizeitparks besucht. Klar ist das irgendwo peinlich. Aber mir ist es ehrlich fast schon lieber, wenn jemand dennoch jugendliches Blut in sich hat und dies auslebt, anstatt sich um die Urteile der anderen zu scheren. Auch von mir behaupte ich, "das Kind in mir" zu haben. Das zeigt sich auch in gewissen Verhaltensweisen und das wird sich auch nie ändern.
Aincrad hat geschrieben:Sternenbande erwähnte den 70-jährigen Vater, der dennoch gerne Freizeitparks besucht. Klar ist das irgendwo peinlich.
Das wiederum finde ich irgendwie überhaupt nicht peinlich, im Gegenteil. Ich kann gar nicht genau den Finger darauflegen, wo ich den Unterschied sehe, aber offensichtlich gibt es ja für mich einen. Mit Narrenfreiheit als Rentner ist es nicht erklärbar, den Spieltrieb finde ich in jedem Alter legitim. Ich erinnere mich daran, mit welch kindlicher Begeisterung manche Freunde oder Bekannte von mir die Sommerrodelbahn runtergesegelt sind.
Ich glaube, der Unterschied liegt darin, wenn Leute mittleren Alters jugendliche Verhaltensweisen bewusst nachahmen, um die eigene angeblich noch vorhandene Jugendlichkeit zu dokumentieren, weil sie vielleicht, wie die von mir erwähnte Bekannte, ein eigenes Problem mit dem Älter werden haben. In dem Fall habe ich das Gefühl, dass da eine Konkurrenz zu den jungen erwachsenen Töchtern aufgebaut wird, die mir irgendwie unangemessen scheint.
Es gibt aber auch positive Beispiele, die mir einfallen. Aus dem Nachtleben kannte ich eine Frau, die sogar schon Mitte 50 war, aber immer noch in bunter bzw. eher schwarzer Kleidung feiern ging. Bei ihr wirkte das auf mich aber einfach nur authentisch und nicht so gewollt oder gar verzweifelt.
@Verbena: Das, was du beschreibst, ist doch aber nicht unbedingt alterstypisch, sondern eher plakativ für ein bestimmtes Klientel. Denn Leute, die Laut rülpsen und solche Sprache verwenden, die gehören vermutlich einer Schicht an, die sich eben so verhält. Ich habe in meiner Jugend auch nie solche Formulierungen verwendet. Bei dir wirkt das aber so, als wären alle jungen Leute so und als würden manche das beibehalten. Ich denke eher, dass es Menschen, egal welchen Alters, gibt, die sich so verhalten und das nicht unbedingt jugendtypisch ist. Es sind doch nicht aller Jugendlichen so derbe und unreif.
Ich bin nie mit der Bierdose in der Hand herumgelaufen, aber ich war schon immer etwas verspielt und habe auch mal gerne herumgealbert. Das ist auch heute noch so; man wird etwas ruhiger, aber ich spiele immer noch gerne. In gewisser Hinsicht mache ich auch einige Dinge, die man typischerweise als erwachsen ansehen würde, mache ich auch nicht mit. Da eckt man schnell an, wenn man beispielsweise sagt, dass man keine Lust zum Kochen hat und gerne Cola trinkt, weil das darf man offenbar nicht als erwachsene Frau. Aber eigentlich ist es doch schlimm, dass andere so feste Wertvorstellungen haben und es nicht aushalten, wenn man davon abweicht.
In Anbetracht der Tatsache, wie gerne ich noch Kinderserien und -filme schaue und dass ich jetzt gerade in meinem sehr gemütlichen Stitch-Onesie vor dem Computer sitze, verhalte ich mich garantiert auch nicht meinem Alter entsprechend. Andererseits werden diese Filme sicher nicht von Kindern gemacht, es gibt also genug Leute meines Alters und älter, die sowas nicht nur mögen, sondern sogar so sehr, dass sie mehr davon produzieren. Also ist es vielleicht doch nicht so altersuntypisch, wie gedacht?
Worauf ich hinaus will, ist, dass ich diese Einteilung sehr schwierig finde. Schön war auch der Moment, als ich mit damals um die 14 herum von einer Gleichaltrigen als "kindisch" eingestuft wurde, von einer Älteren dagegen als "erwachsen". Irgendwas passt da nicht zusammen.
Wir verhalten uns ja auch nicht in jeder Lebenssituation gleich. Mit 17 habe ich unglaublich gerne mit meiner kleinen Gastcousine, damals 10, gespielt, weil es mir eine Entschuldigung gab, so zu tun, als sei ich ein Ninja, und heute würde ich sicher genauso empfinden. Das ist sicher kindisch. Andererseits war ich aber auch reif genug, um nicht nur ein Austauschjahr zu machen, sondern ein Jahr später völlig selbstständig einen zweiwöchigen Urlaub in diesem Land zu planen, um meine Gastfamilie und alte Freunde wiederzusehen. Das würde ich dann eher weniger als "unreif" oder "kindisch" einordnen.
Ich sehe also gar kein Problem damit, wenn Leute immer noch an denselben Dingen Spaß haben, die ihnen als Kind Freude bereitet haben. Dafür gibt es andere Bereiche, in denen man natürlich langsam reifer werden sollte, aber das sind die, die man als Außenstehender nicht unbedingt sehen kann. Natürlich sollte mit Mitte dreißig nicht immer noch Mutti alles für einen regeln, aber es ist durchaus möglich, kindische Interessen zu haben und trotzdem reif genug zu sein, um im Alltag sinnvoll zu funktionieren.
Zitronengras, das waren jetzt auch nur Beispiele, die man abstrahieren muss. Ich habe als Jugendliche schon eine ganze Menge Verhaltensweisen an den Tag gelegt, die ich heute so nicht mehr machen würde. Um mal etwas harmloses zu wählen: Als ich fünfzehn war, hatte ich keine Probleme mich im Frühling mitten in der Innenstadt auf den Boden zu hocken, wenn keine Plätze auf den Bänken mehr frei waren. Ich glaube, das würde ich heute nicht mehr so machen.
Genauso wenig würde ich mit Freundinnen irgendwo im Wohnviertel hinter den Garagen auf der Wiese liegen und dort "abhängen". Aus manchem wächst man einfach raus. Kätzchens Schilderung zum Beispiel kenne ich so gar nicht, ich kann mir einfach nicht vorstellen, mit Freunden aus der Jugend in der Art und Weise irgendwo rum zulungern, dummes Zeug zu erzählen und auch zu machen wie damals als Teenager. Ich denke, die meisten Leute mit einer durchschnittlichen Jugend werden Sachen finden, die sie mit 30 oder 40 so einfach nicht mehr tun würden und die sie als nicht mehr altersgemäß empfinden.
Aber das ist eine eigene Entscheidung, die einem ja auch von niemandem vorgeschrieben wird. Für mich heißt das im Umkehrschluss aber auch nicht, dass man plötzlich keinen Spaß mehr haben darf, nur noch Nadelstreifenanzüge und Blusen trägt, die Wochenenden in der Oper und mit gediegenem Essen verbringt. Und Cola Light trinke ich heute auch noch in rauen Mengen.
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