Sich nach Aufmunterung nur noch schlechter fühlen?
Ich habe festgestellt, dass nicht alle Leute das Talent besitzen, andere aufzumuntern. Manche sind da wirklich nicht besonders feinfühlig und stellen sich sehr unbeholfen an, während sie dann auch noch genau das falsche sagen. Ich hatte es auch schon erlebt, dass mich mal eine Person aufmuntern und mich trösten wollte, während ihr aber genau das Gegenteil gelungen ist. Ich habe mich danach erst richtig schlecht gefühlt.
Kennt ihr so etwas auch oder hattet ihr es bisher nicht mit solchen Leuten zu tun? Wie habt ihr darauf reagiert? Woran liegt es, dass man sich nach einer „Aufmunterung“ nur noch schlechter fühlt? Was machen die entsprechenden Personen denn falsch?
Wenige Tage nach dem Tod von meinem geliebten Vater wollte mich ein Kumpel aufmuntern, indem er mir lustige Bilder schickte, worüber ich aber noch nicht einmal müde lächeln konnte. Er fragte mich, ob ich immer noch wegen dem Tod von meinem Vater traurig sei, was ich sehr heftig fand. Ich war eher so ein Papakind gewesen und nach drei oder vier Tagen erwartet man also von mir, dass ich den Tod von einem Angehörigen verarbeite, worüber ich nur stundenlang weinen konnte.
Einem anderen Kumpel gelingt es auch nicht wirklich mich zu trösten, denn er übt sehr viel Druck aus und lässt mich nicht in Ruhe, bis ich mich besser fühle oder seiner Meinung nach glücklicher klinge. Das ist natürlich sehr nett, aber es kann schon anstrengend sein, da er mich auch mit Fragen durchbohrt und sich quasi im Fünf-Minuten-Takt über mein Wohlbefinden informieren möchte. Wenn es mir nicht gut geht, dann kann mich das echt fertig machen, aber er meint es nur gut.
Solche Menschen kenne ich auch. Mein Partner gehört zu diesen Charakteren, die die Feinfühligkeit und Empathiefähigkeit eines Teelöffels besitzen, was mich aber im Alltag nicht besonders stört. Es hat mich nur am Anfang irritiert, wenn er teilweise Kommentare rausgehauen hat in der Meinung, dass mich das doch trösten und aufbauen müsste, aber der gegenteilige Effekt eingetreten ist. Mittlerweile ist es so, dass er - um mich zu trösten - sich sämtliche Kommentare verkneift und mich einfach nur in den Arm nimmt und mir zuhört. Mehr brauche ich einfach nicht, wenn ich mich schlecht fühle.
Es geht doch jeder anders damit um. Und manche können auch über lustige Bilder lachen selbst wenn der Vater gestorben ist, da das eine doch nichts mit dem anderen zu tun hat. Nur weil ein Mensch stirbt, muss man sich doch nicht aus dem kompletten gesellschaftlichen Leben heraus halten und nur noch durch die Gegend laufen wie ein Trauerkloß und keinen Gedanken mehr an etwas anderes verschwenden. Kann ich nicht verstehen, dass man nicht in der Lage ist so etwas zu differenzieren sondern sich nur auf eine emotionale Ebene begibt und dort auch sich alles nur um ein Thema dreht.
Somit sehe ich es nicht als Taktlos oder wenig Empathisch an, wenn jemand dann lustige Bilder von Katzen und sonstigen Zeug schickt um jemanden aufzumuntern. Denn auch jeder hat seine eigene Art wie man versucht jemanden zu trösten aber nicht jeder ist dafür empfänglich. Täubchen hat es doch auch beschrieben, dass sie ihren Partner nicht versteht mit ihren Kommentaren man sich aber inzwischen darauf "verständigt" hat einfach in den Arm nehmen und gut ist, ohne Worte dabei zu wechseln.
Für mich wäre das nichts, ich mag nicht einfach in den Arm genommen werden ohne das dabei etwas gesprochen wird. Solch eine Geste würde mich nur noch weiter nach unten ziehen und wenn dann würde ich doch eher abgelenkt werden wollen von meinem negativen Gedankengut. Somit wären die lustigen Bilder dann einer der Punkte, der bei mir ziehen könnte.
Was ich aber nicht leiden kann, sind kluge Sprüche zum aufmuntern ohne selbst Ahnung davon zu haben. So war es auch während meiner Krebserkrankung. Dort kamen auch die dämlichsten Sprüche und Ratschläge zum Aufmuntern, was ich alles machen sollte damit es besser wird usw. aber gebracht hat davon rein gar nichts und ich hatte auch nicht das Gefühl, dass die Leute wirklich hinter dem stehen was sie sagen.
Sozusagen nur eine Fassade die einem aufgedrückt wird. Von daher sage ich es auch offen und ehrlich was ich dazu sage, dass ist immer noch besser als sich hinter einer falschen Geste, coolen Sprüchen und sonstigem zu verstecken. Das ist meine Art und sie kommt sicherlich nicht bei jedem gut an, aber immerhin kann ich sagen, dass ich es ehrlich gemeint habe und mich eben ausmacht.
So würde ich auch nie einem Angehörigen meiner Patienten Beileid aussprechen, wenn ein Angehöriger verstorben ist unter meinen Händen. Das ist nicht ehrlich wenn ich es sage, denn ich kannte die Person nicht, kann den Verlust nicht nach vollziehen den diese Person in diesem Moment macht und diese künstlichen Floskeln sind auch nicht so meines.
Daher belasse ich es in solchen Fällen bei einem einfachen "Es tut mir Leid, dass wir nicht mehr machen konnten". Das sind Fakten und die Tatsache, auch wenn man das in dem Moment sicherlich nicht hören möchte. Aber einfach jemanden fremden in den Arm nehmen und drücken geht auch nicht, würde ich nicht wollen und mögen ohnehin nur die wenigsten.
Ich bin auch ganz schlecht im "Aufmuntern". Ich weiß nie, was ich sagen soll. Die üblichen Platitüden im Sinne von "das wird schon wieder" haben noch nie jemandem geholfen. Aber was soll ich denn sonst sagen, wenn jemand wegen irgendwelchem Alltagskram schlecht gelaunt oder unglücklich ist? Es stimmt ja normalerweise, dass es "wieder wird", und davon abgesehen gibt es nichts, was ich sagen oder tun kann, das den Liebeskummer, den Strafzettel, den Anraunzer vom Chef oder die hartnäckige Blasenentzündung wegmacht.
Und im Fall von wirklichen Katastrophen wie schwerer Krankheit, Verbrechen oder Tod finde ich es sowieso ebenso sinn- wie geschmacklos, die Betroffenen "aufzumuntern". Jeder Mensch hat auch ein Recht darauf, niedergeschlagen, in Trauer, wütend oder eine Mischung aus all dem zu sein und seine Gefühle gehören in meinen Augen eher respektiert als durch "Aufmuntern" relativiert, kleingeredet oder ignoriert. Mir sind die Leute eher suspekt, weil ich den Eindruck habe, dass ihnen negative Gefühle in ihrem Umfeld unangenehm sind und sie nur deswegen ängstlich bemüht sind, andere aufzuheitern, um sich selber nicht schlecht fühlen zu müssen. Das ist das Gegenteil von Empathie.
Von mir selber kann ich nicht behaupten, fehlgeleitete Aufmunterungsversuche erlebt zu haben. Wie schon erwähnt, geht es im Regelfall ja gar nicht darum, dass ich mich besser fühle, sondern dass der andere sich besser fühlt. Und dann zählt es in meinen Augen nicht als Aufmunterung, sondern als emotionale Manipulation.
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