Sich mit Studentenverbindung nicht mehr verbunden fühlen

Ich war im Studium in einer Verbindung. Damals war das irgendwie faszinierend für mich und es war eine einfache Möglichkeit, ein paar Leute kennenzulernen, man fand Anschluss und musste nicht so viel dafür tun. Das ist nun schon aber eine Weile her und inzwischen hat sich einiges verändert.

Die Verbindung ist gar nicht mehr aktiv, also es gibt keine studentischen Mitglieder mehr, es kamen irgendwann keine Neuen mehr nach und alle, die Mitglied sind, sind mit dem Studium fertig. Und kurz nach Ende meines Studiums haben sich auch mehrere miteinander zerstritten. Ich kam auch mit zwei Leuten, die da sehr viel mitgemischt haben, nicht klar und habe dann eher Abstand gehalten.

Es ist auch nicht so, wie man das vielleicht aus Filmen kennt, dass diese Verbindung reich wäre oder berühmte Mitglieder hätte oder eine tolle Villa besäße. Es gibt aktuell einmal im Jahr ein Stiftungsfest mit etwas Kulturprogramm, mehr findet nicht mehr statt.

Derzeit bin ich noch Mitglied, gelte nicht mehr als aktiv, weil mein Studium beendet ist, muss aber noch keine Beiträge bezahlen, weil ich noch promoviere. Ich gehe eigentlich davon aus, dass es keine Aktivitas mehr geben wird und dass dann irgendwann keiner mehr Beiträge bezahlt.

Durch diese ganzen Streitereien fühle ich mich auch nicht mehr so mit den anderen verbunden. Es gibt einige, die ich mag, mit denen kommuniziere ich auch, aber so ein Gemeinschaftsgefühl ist nicht mehr da. Wenn es tatsächlich so wird, dass wir irgendwann alle keine Beiträge mehr bezahlen, würde ich aber Mitglied bleiben.

Wenn ihr in einer Verbindung seid, fühlt ihr euch dann noch mit dieser verbunden? Würde euch was fehlen, wenn es die nicht mehr geben würde?

Das ist ja schade, dass das bei eurer Verbindung so gelaufen ist. Ich denke aber, dass es normal ist, dass du dich mit so einer Studentenverbindung nicht mehr verbunden fühlst. Immerhin scheint ihr ziemlich weit auseinander zu gehen. Ich kenne keinen, der in so einer Verbindung ist, denke aber durchaus, dass man sich nicht mehr verbunden fühlt, wenn die Verbindung an sich keinen Zusammenhalt mehr hat. Dann bringt das Ganze auch nichts mehr.

Ich kenne einige Leute, die in einer Verbindung sind oder waren. Ich bin 54 und kenne das noch aus früheren Zeiten, als es in der Tat doch etwas anders ablief. Ich muss vorausschicken, dass ich absolut kein Freund von diesen Verbindungen bin. Ich kannte nur schlagende Verbindungen, und dort war es wirklich so, wie es einem die Klischees aufzeigen. Alles eher reiche Leute, verbunden auch in der Zeit nach dem Studium. Es herrschte dort ein seltsamer Ehrenkodex, und wer einmal drin war, der hatte auch im Nachhinein allerlei Vorteile.

Doch ich bekam auch mit, wie die studentischen Verbindungen nach und nach an Bedeutung verloren, wie die Mitglieder schwanden und der Nachwuchs fehlte, ja das irgendwann jeder dort mit Leichtigkeit aufgenommen werden konnte, was in früheren Zeiten absolut nicht der Fall war.

Die Mitglieder der schlagenden Verbindungen erwiesen sich zu meiner Studentenzeit als arrogant, sehr national und teilweise sogar noch weiter rechts gerichtet. Im Grunde bin ich sehr froh, dass aus diesen eher gefährlichen Verbindungen dann doch Vereine wurden, die man kaum noch ernstnehmen muss.