Sich innerhalb der Familie nie über Politik unterhalten?

Die vergangene Woche war die Familie meiner Partnerin für zwei Tage bei uns zu Besuch. Ich verstehe mich mit der Familie meiner Partnerin im Grunde auch sehr gut, was vor allem daran liegt, dass wir uns nur einige wenige Male im Jahr sehen.

Da ich dann aber nie genau weiß, über welche Themen ich mit ihnen reden kann, war ich dieses Mal froh, dass mit der derzeitigen Flüchtlingskrise ein offensichtliches Thema zur Diskussion bereitstand.

Allerdings meinte der Vater meiner Partnerin recht schnell, dass sie sich innerhalb der Familie nie über Politik unterhalten würden. Dies würde nur zu vermeidbaren Streitereien führen, weswegen sie irgendwann aufgehört haben, sich innerhalb der Familie über politische Themen zu unterhalten.

Ich finde das schon recht gewöhnungsbedürftig, obwohl ich es natürlich in gewisser Weise nachvollziehen kann. Jedoch bin ich es von meiner eigenen Familie gewohnt, dass man sich auch über Politik unterhält, wenn man das möchte.

Ist es in eurer Familie auch so, dass ihr euch bewusst nicht über politische Themen unterhaltet? Und wenn ja, warum tut ihr dies nicht? Nur um Streitigkeiten zu vermeiden oder weil es euch schlicht nicht interessiert? Könntet ihr euch vorstellen, solche Themen bewusst auszusparen?

Ein Hauptthema ist das bei uns am Tisch sicherlich nicht. Wobei wir schon bei aktuellen Themen schon mal in das Gespräch kommen und dann eben unsere Meinungen austauschen. Da man sich nun aber nicht immer regelmäßig im großen Kreis sieht, bespricht man in großer Runde doch eher andere Dinge, wie beispielsweise was einen gerade emotional bewegt oder was die Kinder so machen und so weiter.

Ich spreche mit meinem Partner ständig über Politik, teilweise direkt am Esstisch. Auch in seiner Familie ist das absolut üblich, so diskutieren er und sein Vater immer gerne am Esstisch darüber. Ich wüsste nicht, warum das Thema zu Streitereien führen sollte. Ich finde das Thema Religion viel konfliktreicher und sensibler, wenn ich ehrlich bin.

Also ich kenne durchaus auch sehr viele Menschen die sich sehr schnell über politische Dinge aufregen und es dann zu Streit kommt. Mein Freund sagt beispielsweise auch sehr gerne seine Meinung und wenn jemand mit irgendwelchen unwahren Stammtischparolen kommt, dann stellt er das gerne mal klar.

Aber ich finde nicht, dass es eine Lösung ist solche Themen dann ganz zu vermeiden. Vielmehr sollte man eher damit klar kommen und lernen, sich so zu unterhalten, dass kein Streit entsteht. Manche Menschen müssen sowas erstmal üben, aber das sollte man vielleicht auch. Es ist doch keine Lösung das Thema Politik gänzlich auszuschließen.

Bei mir wird in der Familie eigentlich immer sehr viel über Politik gesprochen. Mein Freund mag das Thema auch sehr gerne. Allerdings hat er auch gelernt, sich zurückzuhalten. Wenn jemand eine Meinung hat, die mein Freund gar nicht teilt. dann redet er mit dieser Person nicht. Oder er tut so, als ob er die Meinung teilen würde, bis sie komplett ins lächerliche übergezogen wird.

Zu Streit kommt es dabei aber nicht. Manchmal fühlt sich sein Gesprächspartner ein wenig übers Ohr gehauen, mehr aber auch nicht. Als erwachsener Mensch sollte man über solche Themen reden können und sie nicht meiden, weil man Angst vor Streit hat.

Hängt das nicht eher von den Beteiligten ab? In meiner Schwiegerfamilie kann man sich offen über Politik unterhalten, das stört niemanden und führt auch nicht zu Streit. Bei meiner Familie sieht es ähnlich aus. Ich habe nur einen Onkel und eine Tante, wo man eben aufpassen muss, wenn die anwesend sind. Denn die haben politisch komplett gegensätzliche Ansichten und neigen schon mal dazu, den jeweils anderen "bekehren" zu wollen. Das kann dann schon anstrengend werden, sodass allgemein dazu geraten wird, das Thema Politik nicht anzuschneiden, wenn die beiden in der Nähe sind.