Sich in Shopping Malls zum Lernen verabreden?

Ich lese gerade einen sehr interessanten Artikel über das Wachstum in Tigerstädten, also Metropolen in Südostasien, die in 30 Jahren so schnell wachsen wie europäische Städte in 300 Jahren.

In einem Abschnitt des Artikels heißt es, dass sich viele Schüler dort in den Shopping Malls verabreden würden, um gemeinsam die Hausaufgaben zu erledigen. Begründet wird das damit, dass dort eben Klimaanlagen vorhanden wären und es dort vom Klima her angenehmer wäre.

Ich persönlich kann mir aber trotzdem nicht vorstellen, dass es so sinnvoll ist, in einem Einkaufszentrum seine Hausaufgaben für die Schule oder die Uni zu erledigen. Denn oft ist es dort auch ziemlich laut, durch die anderen Passanten, die sich auch laut unterhalten, weil alle durcheinander reden. Auch wird es da je nach Tageszeit richtig voll sein und vernünftige Tische zum Lernen gibt es da bestimmt auch nicht.

Findet ihr es sinnvoll, sich in Shopping Malls zu treffen um gemeinsam Hausaufgaben zu machen? Wird man da nicht eher abgelenkt durch die vielen Einflüsse und Angebote der Shops? Würdet ihr euch dort zum Lernen treffen oder zieht ihr andere Orte vor?

Nein, natürlich ist das kein guter Ort zum Lernen. Dort ist es furchbar laut und durch die ganzen Passanten gibt es auch ständig etwas zu entdecken. Und außerdem lockt natürlich eine viel angenehmere Freizeitunterhaltung. Man könnte auch shoppen, dort einen Smoothie trinken oder dort einen Happen essen.

Aber es ist natürlich auch traurig, dass die Schüler dort keinen besseren Ort finden. Die Klimaanlage ist schon ein ziemlicher Pluspunkt in heißen Gegenden. Aber gibt es die nicht auch in Bibliotheken oder daheim?

Aber es ist natürlich auch traurig, dass die Schüler dort keinen besseren Ort finden. Die Klimaanlage ist schon ein ziemlicher Pluspunkt in heißen Gegenden. Aber gibt es die nicht auch in Bibliotheken oder daheim?

Bei diesem Kommentar kann ich leider nur ungläubig den Kopf schütteln und mich wundern. In beinahe allen südostasiatischen Ländern ist mindestens die Hälfte der Bevölkerung noch immer von Armut betroffen. Selbst in den "Mittelklassefamilien" in Ländern wie Indonesien, Vietnam oder sogar Thailand sind Klimaanlagen in den Wohnungen oder Häusern nicht vorhanden. Öffentliche Bibliotheken gibt es nur in sehr, sehr wenigen Städten überhaupt.

Schüler treffen sich zum lernen in Shopping Malls, weil es dort Klimaanlage gibt. Die Geräuschkulisse einer Shopping Mall ist angenehmer als die in einer einfachen Hütte, in der die Kinder Zuhause sind, während Mutter und Großmutter das Essen zubereiten, fünf Geschwister herumbrüllen, im Hintergrund der Dieselgenerator auf Hochtouren läuft und auf der Rückseite des Hauses eine Hauptverkehrsstraße durch das kleine Dorf führt.

Ich spreche da aus Erfahrung, da ich Südostasien eineinhalb Jahre lang bereist habe und oft genug in genau solchen Hütten übernachtet habe. Die Shopping Mall ist für viele Schüler der einzige Ort außerhalb der Schule, an dem sie einigermaßen ungestört lernen können. Als Europäer versteht man das natürlich erst einmal nicht, das ging mir am Anfang genau so.

Man stellt aber relativ schnell fest, dass sich auch für die Jugendlichen das "öffentliche Leben" oftmals in den Shopping Malls abspielt. Dort trifft man seine Freunde auch dann, wenn man keine Hausaufgaben machen muss, hat seine ersten Dates und so weiter.

Nicht zu vernachlässigen ist für viele südostasiatische Länder nämlich auch der Aspekt, dass Shopping Malls oftmals der einzige Ort sind, an dem sich die Jugendlichen auch nach Einbruch der Dunkelheit noch gefahrlos verabreden können, dank des dortigen Sicherheitspersonals.

Als ich im Urlaub in Sri Lanka war, habe ich auch sehr viel Armut mit ansehen müssen. Gerade am Straßenrand gibt es richtige Slums, die Häuser sind wirklich winzig und sehen aus, als würden sie jeden Moment zusammenbrechen. Dass diese Häuser keine Klimaanlage haben, ist nur logisch, wobei es sich bei so einer enormen Luftfeuchtigkeit und über dreißig Grad sicherlich nicht gut zu Hause lernt. Gerade dann, wenn man kein eigenes Zimmer hat, sondern dieses noch mit vielen Geschwistern teilen muss, dann kann man das Lernen zu Hause doch vergessen.

Sicherlich ist eine Shopping Mall kein perfekter Ort, um zu lernen, aber ich denke, dass die Temperaturen angenehmer sind und man vielleicht auch nicht die ganze Zeit von der Familie und von jüngeren Geschwistern gestört wird. Die Passanten, die vorbeigehen, sind ja sicherlich nicht so ablenkend, wie die Familie, die auf engstem Raum zusammenlebt.

Für mich persönlich wäre das nun nichts, wobei ich mich aber auch schon einmal mit Kommilitonen im Einkaufszentrum in einem Cafe verabredet habe, um ein Referat vorzubereiten. Das war eigentlich sogar recht gemütlich und hat die ganze Sache auch gleich viel angenehmer gestaltet. Für jeden Tag wäre das nun auch nichts für mich, aber ab und zu kann man das schon machen.

Gerade dann, wenn man an die kleinen Behausungen denkt, in denen die Familien oft leben müssen, dann kann ich es mir schon vorstellen, dass eine Shopping Mall wegen der Klimaanlage und vielleicht auch wegen besserer Beleuchtung der bessere Ort ist, um dort zu lernen. Aber ideal ist das sicher nicht, weil ich zum Beispiel nur vernünftig lernen kann, wenn ich Ruhe habe und die ist im Einkaufszentrum sicher nicht gegeben.

Aber ich vermute, dass die Schüler dort keine großen Alternativen haben und man gewöhnt sich sicher auch ein Stück weit daran, dann zu lernen, wenn um einen herum die Leute einkaufen und sich davon nicht ablenken zu lassen. Vermutlich gibt es keine Tische, aber ein bisschen kann man ja auch improvisieren, indem man vielleicht mit dem Ordner auf den Knien arbeitet.